Halle-Anschlag: Innen­mi­nis­terium sieht Par­al­lelen zu Christchurch

Zwei Monate nach dem Anschlag in Halle (Saale) hat die Bun­des­re­gierung erstmals eine aus­führ­liche Analyse der Tat vor­gelegt. “Bei der Tat­be­gehung sind Par­al­lelen zum Anschlag von Christ­church vom 15. März 2019 und dem Anschlag von El Paso vom 3. August 2019 aus­zu­machen”, heißt es in einer Antwort des Bun­des­in­nen­mi­nis­te­riums auf eine Anfrage der Grünen-Bun­des­tags­fraktion, über welche die Zei­tungen des “Redak­ti­ons­netz­werks Deutschland” (Frei­tags­aus­gaben) berichten. Die Bun­des­re­gierung sieht im Anschlag von Halle ein wei­teres “Bei­spiel für eine glo­ba­li­sierte Form des Anti­se­mi­tismus, des Rechts­ter­ro­rismus und eines digi­ta­li­sierten inter­na­tio­nalen Ideo­lo­gie­transfers ange­sehen werden”.Ein im Internet ver­öf­fent­lichtes Dokument weise Par­al­lelen zu den Schriften auf, die im Rahmen der Taten von El Paso und Christ­church ver­öf­fent­licht wurden. Weitere Par­al­lelen gebe es in den Bereichen Fokus­sierung auf Waffen und deren detail­lierte Beschreibung, in einem aus­ge­prägten Frau­enhass sowie Anleihen an die Gaming-Szene, heißt es in der Antwort des Innen­mi­nis­te­riums weiter. Der mut­maß­liche Täter hatte Anfang Oktober bei einem Angriff auf die Syn­agoge in Halle zwei Pas­santen getötet. Im neu­see­län­di­schen Christ­church waren zuvor in zwei Moscheen 51, in El Paso im US-Bun­des­staat Texas 24 Men­schen in einem Super­markt ums Leben gekommen. In beiden Fällen wurden weitere Opfer zum Teil schwer ver­letzt. Die Attentate wurden jeweils mit einer Kamera gefilmt und live über­tragen. Der Täter von Halle hatte im Internet sowohl Juden als auch die ver­meint­liche Mas­sen­mi­gration mus­li­mi­scher Migranten als Übel bezeichnet und seine Angst vor einem “großen Aus­tausch” aus­ge­drückt. Dabei handelt es sich um eine Ver­schwö­rungs­theorie, nach der die weiße Bevöl­ke­rungs­mehrheit angeblich durch nicht-weiße oder mus­li­mische Ein­wan­derer ersetzt werden soll. Die Bun­des­re­gierung geht davon aus, dass diese Theorie sowohl in der neu­rechten Szene in Deutschland als auch in der US-Alt-Right-Bewegung ver­breitet wird. Es ergäben sich aus den bis­he­rigen Ermitt­lungen der Bun­des­an­walt­schaft gegen den Beschul­digten B. keine Anhalts­punkte für Kon­takte zu regio­nalen, über­re­gio­nalen oder inter­na­tio­nalen rechts­extremen Kreisen, heißt es in der Antwort des Innen­mi­nis­te­riums, über welche die Zei­tungen des “Redak­ti­ons­netz­werks Deutschland” berichten. Auch in rechts­extremen Chat­gruppen habe B. nicht ver­kehrt. Aller­dings habe er 2015 über das Internet eine Zahlung von 0,1 Bit­coins von einer bislang unbe­kannten Person erhalten. Dies ent­spricht einem Gegenwert von aktuell etwa 620 Euro. Angaben darüber, ob der Täter von Halle vor dem Anschlag Kon­takte zu deut­schen Sicher­heits­be­hörden hatte, machte das Bun­des­in­nen­mi­nis­terium “aus Gründen des Staats­wohls” nicht. Kennt­nisse über die bun­des­weite Situation des Schutzes von jüdi­schen Gemeinden und Ein­rich­tungen lägen der Bun­des­re­gierung nicht vor. Sie führe auch keine Erhe­bungen darüber, wie viele Men­schen mit anti­se­mi­ti­scher Ein­stellung in Deutschland leben. “Über das anti­se­mi­tische Per­so­nen­po­tenzial wird keine Sta­tistik geführt”, heißt es in der Antwort von Innen­staats­se­kretär Günter Krings. Es gebe auch keine Zahlen über anti­se­mi­tische Vor­fälle in Bun­des­be­hörden. Die Grünen üben scharfe Kritik am Vor­gehen der Bun­des­re­gierung. “Die Sicher­heits­be­hörden dürfen nicht Gefahr laufen, die Suche nach mög­lichen Kon­takten zur rechts­extremen Szene früh­zeitig ad acta zu legen. Die offen­sicht­lichen Par­al­lelen zu den Anschlägen in Christ­church und El Paso legen nahe, dass der Täter in der vir­tu­ellen Welt des Rechts­extre­mismus fest ver­ankert war”, sagte Grünen-Innen­ex­pertin Irene Mihalic den Zei­tungen des “Redak­ti­ons­netz­werks Deutschland”. Die Bun­des­re­gierung könne nicht aus­schließen, dass es Erkennt­nisse von V‑Personen aus dem Umfeld des Halle-Täters gebe, die wichtige Hin­weise über mög­liche Kon­takte in die rechts­extreme Szene liefern könnten. “Es gibt schon zu viele Atten­täter, die aus­schließlich als Ein­zel­täter betrachtet wurden”, so die Grünen-Poli­ti­kerin weiter.
 

Halle (Saale) (dts Nach­rich­ten­agentur) — Foto: Trauer nach Anschlag in Halle, über dts Nachrichtenagentur