Zer­störung der Mei­nungs­freiheit I: Die Hass­jäger des BKA

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“Wie geht man vor, wenn man auf Hass­pos­tings stößt?”, so fragt das BKA und erklärt es in einem kleinen Filmchen, das letztlich dem Ziel dient, die Denun­ziation von Bürgern durch Bürger zu befördern. Dass staat­liche Stellen Bürger gegen andere Bürger instru­men­ta­li­sieren, hat in Deutschland eine lange Tra­dition. Das BKA tritt hier in die direkten Fuß­stapfen des Minis­te­riums für Staats­si­cherheit und von Amt IIIC des Reichssicherheitshauptamtes.
Man kann die Manie, die in Deutschland mit Hass­pos­tings ver­bunden ist, oder die Insze­nierung, die ein Kom­men­tator als “Nudging der Deut­schen in die Mei­nungs­dik­tatur” beschrieben hat, von zwei Seiten her aufzurren.
Die eine Seite fragt nach der Bedeutung von Hass­pos­tings: Wenn jemand seinem Hass auf X in einem Tweet Aus­druck ver­leiht, wieso wird diese soziale Inter­aktion zwi­schen zwei Nutzern zu einer Ange­le­genheit des BKA, die mit “Hass­posting” beschrieben werden muss? Deutschland hat einen umfang­reichen zivilen und straf­recht­lichen Rechtszug. Wer denkt, er sei von X beleidigt worden, der kann das Straf­recht anstrengen, wer denkt, er werde dif­fa­miert, der kann zudem eine Klage auf Unter­lassung anstrengen.
Die andere Seite setzt hier an und fragt: Was sind eigentlich Hasspostings?
Ein ver­meint­liches Hass­posting ist KEIN Straftatbestand.
Ein ver­meint­liches Hass­posting kann zu einem Straf­tat­be­stand werden, wenn es eine kon­krete Bedrohung von Leib und Leben des Adres­saten umfasst, diesen beleidigt, ihn mit übler Nachrede über­zieht. Damit ein Hass­posting eine Ange­le­genheit der Jus­tiz­be­hörden werden kann, bedarf es eines indi­vi­du­ellen Klägers. Der­jenige, dem das Hass­posting gewidmet ist, muss eine Anzeige erstatten, denn: Belei­digung, Bedrohung, üble Nachrede, das sind keine Offi­zi­al­de­likte. Ein Staats­anwalt wird hier nur tätig, wenn die ver­meintlich ver­letzte Partei eine Straf­an­zeige erstattet.
Deshalb ist die Denun­ziation hier so wichtig, denn ohne Anzeige, keine Straf­ver­folgung. Wer auch immer für die Orga­ni­sation der Straf­ver­folgung in den 1950er Jahren ver­ant­wortlich war, hat – ver­mutlich unter dem Ein­druck dessen, was im Dritten Reich Straf­ver­folgung war – der Initiative staat­licher Ver­fol­gungs­be­hörden enge Grenzen gesetzt, sie quasi auf Ver­brechen beschränkt und Ver­gehen ausgenommen.
Das BKA will diese Beschränkung nun dadurch auf­heben, dass inof­fi­zielle Mit­ar­beiter rekru­tiert werden, die ver­meint­liche Hass­pos­tings, auf die sie stoßen, melden. Wie die inof­fi­zi­ellen Mit­ar­beiter das tun sollen, zeigt das Video des BKA:
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Nun ist Hass­posting, wie oben klar­ge­worden sein sollte, KEIN Straf­tat­be­stand. Erst wenn das, was jemand als Hass­posting iden­ti­fi­ziert zu haben glaubt, unter einen Para­graphen des Straf­ge­setz­buches sub­su­miert werden kann, als Volks­ver­hetzung, Belei­digung, Bedrohung, wird ein straf­recht­licher Schuh daraus.
Dass das BKA dennoch von Hass­posting spricht und damit einen Begriff benutzt, der kei­nerlei straf­recht­liche Relevanz hat, ist Dushan Wegner auf­ge­fallen. Er schreibt:

Warum das Pro­pa­gan­dawort “Hass”, das kei­nerlei straf­recht­liche Relevanz hat?
Die Antwort lautet aus unserer Sicht: In Deutschland wird derzeit eine kon­zer­tierte Aktion umge­setzt, deren Ziel darin besteht, Mei­nungs­freiheit zu zer­stören. Vor wenigen Tagen haben wir darüber berichtet, dass Angela Merkel die Mei­nungs­freiheit zer­stören will. Nun berichten wir von den Maß­nahmen einer nach­ge­ord­neten, einer dem Innen­mi­nis­terium ange­glie­derten Behörde, die sich gezielt gegen Mei­nungs­freiheit richten.
Noch einmal vorweg: Hass­pos­tings bestehen aus Worten. Worte sind keine Taten. Worte können psy­chisch und in Repu­tation ver­letzten, sofern sie von anderen geglaubt und über­nommen werden, aber Worte können keinen phy­si­schen Schaden zufügen. Ein Rechter, der einen Migranten im Internet beschimpft, richtet keinen phy­si­schen Schaden an. Ein Linker, der einen Molo­tow­cocktail auf einen Poli­zei­be­amten wirft, nimmt einen phy­si­schen Schaden nicht nur bil­ligend in Kauf, er richtet ihn in der Regel auch an. Stellt man diesen ent­schei­denden Unter­schied zwi­schen einer phy­si­schen Handlung, die einen phy­si­schen Schaden nach sich zieht, und einer ver­balen Handlung, die im schlimmsten Fall die Repu­tation des Adres­saten beein­trächtigt oder einen psy­cho­lo­gi­schen Schaden ver­ur­sacht, in der Mehrzahl der Fälle (sicher in der Mehrzahl der Fälle von Para­graph 130 StGB) aber effektlos ver­pufft, dann ist die Tat­sache, dass das BKA Res­sourcen ein­setzt, um das zu bekämpfen, was es als “Hass­posting” bezeichnet, unverständlich.
Die fol­gende Frage drängt sich auf: Warum werden beim BKA bereits Res­sourcen ein­setzt und warum wird geplant noch viel mehr Res­sourcen ein­zu­setzen, um Hass­pos­tings zu bekämpfen, die als solche keinen Straf­tat­be­stand dar­stellen und somit nicht in die Zustän­digkeit des BKA fallen?
Die Antwort ist düster und hängt mit dem Wort “Hass­posting” zusammen.
Was ein Hass­posting sein soll, das wird an keiner Stelle defi­niert. Es wird, so ist zu ver­muten, absichtlich im Dunkeln belassen, um Unsi­cherheit und Willkür einzuführen.
Wer seinem Ärger Luft machen und dazu deftige Worte nutzen will, wird sich, wenn sich die Kunde vom BKA-Feldzug gegen verbale Aus­sagen ver­breitet, zweimal über­legen, ob und wenn ja, wie er seinem Ärger Luft macht. Schon diese Über­legung bei manchen aus­zu­lösen, stößt einen Prozess an, der in den Sozi­al­wis­sen­schaften zu denen gehört, die gut erforscht sind.
Es reichen zwei Prä­missen, um die Wir­kungs­weise von Kam­pagnen, wie der des BKA, die Unsi­cherheit und Willkür ver­breiten, deutlich zu machen:

  1. Der Mut von Men­schen ist unter­schiedlich ausgeprägt.
  2. Nicht nur bei Hand­lungen, die Mut erfordern, ori­en­tieren sich Men­schen an ihrer sozialen Umgebung.

Die Unsi­cherheit, die das BKA (bewusst?) im Zusam­menhang mit Hass­pos­tings streut, einfach dadurch, dass niemand weiß, was ein Hass­posting eigentlich sein soll und natürlich dadurch, dass sug­ge­riert wird, Hass­pos­tings hätten generell straf­recht­liche Relevanz, führt bei denen, die zu den am wenigsten Mutigen gehören dazu, dass sie sich, aus Angst, etwas zu schreiben, was andere mit der Willkür, die aus der vom BKA ver­brei­teten Unsi­cherheit folgt, als Hass­posting ansehen könnten, aus Dis­kus­sionen im öffent­lichen Raum zurückziehen.
Andere, die nicht gar so wenig Mut haben, bemerken, dass die Dis­kus­sionen im öffent­lichen Raum, die sie z.B. auf Twitter führen, auf immer weniger Per­sonen begrenzt sind. Das führt zu einer Ket­ten­re­aktion, in deren Verlauf sich immer mehr Bürger aus dem öffent­lichen Raum zurück­ziehen, ihre Meinung ent­spre­chend zu einer pri­vaten Meinung machen, die sie öffentlich nicht mehr äußern.
Im Ende, so hoffen wohl die Draht­zieher dieser Politik, wird der öffent­liche Raum von Unsi­cherheit und Willkür beherrscht, so dass nur noch dis­ku­tiert wird, was einen staat­lichen Unbe­denk­lich­keits­stempel erhalten hat. Die Insze­nierung von Kam­pagnen wird damit ein leichtes, die Mani­pu­lation der öffent­lichen Meinung ist al gusto möglich, die Unter­drü­ckung von Kritik ist erfolg­reich gelungen, die Mei­nungs­freiheit ist tot.

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Das ist natürlich ein Ide­albild, ein Ziel, das nur dann zu erreichen ist, wenn es keinen Wider­stand in der Bevöl­kerung gibt, ein Ziel, das nur dann zu erreichen ist, wenn eine große Zahl inof­fi­zi­eller Mit­ar­beiter lieber ihre Mit­bürger denun­zieren, als dass sie sich fragen, welchen Zweck aus­ge­rechnet staat­liche Behörden damit ver­folgen, Bürger gegen Bürger in Stellung zu bringen. Ein kleiner Hinweis auf die Antwort: Herr­schaft ist immer ein­facher und weit­gehend unbe­grenzt möglich, wenn erstens staat­liche Insti­tu­tionen nicht von Bürgern kon­trol­liert und zur Rechen­schaft gezogen werden (können) und zweitens Bürger mehr damit beschäftigt sind, sich gegen­seitig bei staat­lichen Insti­tu­tionen anzu­schwärzen, sich zu Bütteln der Insti­tu­tionen zu machen, als damit, die staat­lichen Insti­tu­tionen zu kontrollieren.
Hass­pos­tings und die Unsi­cherheit, die den Begriff umgibt, sind bestens geeignet, einen wohl sys­te­ma­tisch betrie­benen Versuch, Mei­nungs­freiheit zu besei­tigen, erfolg­reich zu beenden. Die vielen Mini-Denun­zi­anten, die sich willig zu IMs des heute BKA, nicht mehr der Stasi machen, dürfen sich auf die Schulter klopfen und wissen ab sofort die Antwort auf die Frage, die His­to­riker jahr­zehn­telang beschäftigt hat, wenn das Dritte Reich ihr For­schungs­ge­gen­stand war: Wie war das möglich?
So, ist die ein­fache Antwort. Tota­litäre Systeme leben davon, Bürger gegen Bürger aus­zu­spielen. Sie sind auf die Kol­la­bo­ration von Bürgern ange­wiesen und leben um so länger, je mehr Bürger sie als inof­fi­zielle Mit­ar­beiter rekru­tieren können. Das war in Stalins Sowjet­union so. Das war in der DDR so. Das war im Dritten Reich so. Und es ist heute nicht anders.
Wie die Geschichte zeigt, sind die Kon­troll­fan­tasien der Ewig­gest­rigen, die immer noch hoffen, sie könnten Gesell­schaft planen und alles, was ihnen ideo­lo­gisch nicht passt, unter­drücken, kurz, viel­leicht auch mit­tel­fristig und mit viel Kon­troll­aufwand durch­zu­setzen. Lang­fristig, so zeigt die­selbe Geschichte, sind diese gesell­schaft­lichen Gefäng­nisse nicht über­le­bens­fähig. Sie gehen regel­mäßig zugrunde, nach mehr oder nach weniger Blutvergießen.

Quelle: sciencefiles.org