2020 – das Jahr der Erup­tionen? Kos­mische Strahlung und Vulkanausbrüche

Die Sonne ist wieder ohne Flecken.
Das wird den Puri­tanern in Thü­ringen gefallen, die so viel Wert auf Reinheit legen. Der letzte Son­nen­fleck, letzter Rest von Son­nen­zyklus 24, wurde vor sieben Tagen ver­ab­schiedet. Seitdem ist die Sonne wieder fle­ckenlos. Wir befinden uns in einem solaren Minimum. Das Royal Obser­vatory of Belgium zählt seit Jahren die Son­nen­flecken. Die aktu­ellen Abbil­dungen, die auf­grund dieser Zählung erstellt werden, sehen so aus:

 

Quelle; CC BY-NC
Quelle; CC BY-NC

Son­nen­flecken sind Regionen auf der Sonne, in denen des Magnetfeld der Sonne sehr stark ist. Ihre Anzahl ist ein guter Indi­kator, an dem sich bestimmen lässt, an welchem Punkt in ihrem 11-jäh­rigen Zyklus sich die Sonne gerade befindet. Das solare Minimum zeichnet sich durch wenige Son­nen­flecken aus, in der Regel keinen oder maximal 5. Im solaren Maximum beträgt die Anzahl der Son­nen­flecken zuweilen mehr als 100. Mit der Anzahl der Son­nen­flecken steigt auch die Stärke des Magnet­felds der Sonne, je mehr Son­nen­flecken, desto stärker das Magnetfeld. Nun ist Son­nen­zyklus nicht gleich Son­nen­zyklus. Wie man oben sieht, vari­ieren Son­nen­zyklen erheblich. Von 1796 bis 1820 war z.B. eine besonders geringe Son­nen­ak­ti­vität zu ver­zeichnen, das so genannte Dalton Minimum.

Mit der Inten­sität eines Son­nen­zyklus variiert nicht nur die Stärke des solaren Magnet­felds, je schwächer das Magnetfeld der Sonne, desto mehr kos­mische Strahlung von außerhalb des Son­nen­systems kann die Erde pene­trieren. Die Inten­sität der kos­mi­schen Strahlung, die auf die Erde trifft, wird an der Uni­versity of Oulu gemessen und doku­men­tiert. Hier die aktu­ellen Ergebnisse:

Die Inten­sität der kos­mi­schen Strahlung, die auf der Erde auf­trifft, ist in den letzten Jahren suk­zessive gestiegen, wie man der unteren der drei Abbil­dungen ent­nehmen kann. Die Inten­sität der kos­mi­schen Strahlung, die auf der Erde auf­trifft, ist wie­derum eine Funktion der Stärke des Magnet­felds der Sonne, da ein starkes solares Magnetfeld im Son­nenwind u.a. kos­mische Strahlung aus unserer Galaxie fernhält. Treffen kos­mische Strahlen in der oberen Atmo­sphäre der Erde auf Gas­atome, also z.B. auf Stick­stoff oder Sau­er­stoff, dann ent­stehen Myone, geladene Par­tikel mit einer erstaunlich hohen Energie, die sie in die Lage ver­setzt, durch Stahl, Beton und Boden weit­gehend unge­hindert zu pas­sieren. Diese Eigen­schaft hat die Auf­merk­samkeit von Vul­ka­no­logen erregt, die zum einen ver­suchen, mit Myonen quasi Rönt­gen­auf­nahmen von Vul­kanen zu erstellen, zum anderen mit Myonen gänzlich andere Kon­se­quenzen verbinden.

Toshikazu Ebisuzakia,Hiroko Miya­harab, Ryuho Kataokaa, Tatsuhiko Satoc und Yasuhiro Ishi­mined haben 2011 einen wis­sen­schaft­lichen Beitrag in der Zeit­schrift “Gondwana Research” (19(4): 1054–1061)” ver­öf­fent­licht, der den Titel “Explosive vol­canic erup­tions trig­gered by cosmic rays: Volcano as a bubble chamber” trägt. Darin haben die Autoren u.a. für Vulkane, deren Magma reich an Silikat ist, also für Stra­to­vulkane (Schicht­vulkane), unter­sucht, welchen Zusam­menhang es zwi­schen ihrem Aus­bruch und einer gerin­geren Son­nen­ak­ti­vität gibt.

“Vol­canoes with silica-rich and highly viscous magma tend to produce violent explosive erup­tions that result in dis­asters in local com­mu­nities and that strongly affect the global envi­ronment. We examined the timing of 11 eruptive events that pro­duced silica-rich magma from four vol­canoes in Japan (Mt. Fuji, Mt. Usu, Myojin-sho, and Satsuma-Iwo-jima) over the past 306 years (from AD 1700 to AD 2005). Nine of the 11 events occurred during inactive phases of solar magnetic activity (solar minimum), which is well indexed by the group sunspot number.”

Wie kommt man nun von einer geringen Son­nen­ak­ti­vität zu einem Vul­kan­aus­bruch? Die Autoren stellen die Ver­bindung über Myonen her:

“The strong negative cor­re­lation observed between the timing of silica-rich erup­tions and solar activity can be explained by varia­tions in cosmic-ray flux arising from solar modu­lation. Because silica-rich magma has rela­tively high surface tension (~ 0.1 Nm−1), the homo­ge­neous nucleation rate is so low that such magma exists in a highly super­sa­tu­rated state without con­siderable exso­lution, even when located rela­tively close to the surface, within the pene­tration range of cosmic-ray muons (1–10 GeV). These muons can con­tribute to nucleation in super­sa­tu­rated magma, as docu­mented by many authors stu­dying a bubble chamber, via ionization loss. This radiation-induced nucleation can lead to the pre-eruptive exso­lution of H2O in the silica-rich magma.”

Mit anderen Worten, mit der Anzahl der Myonen, die auf der Erde auf­treffen, steigt nach Ansicht der Autoren die Wahr­schein­lichkeit, dass sich in der sili­katreichen Magma eines Vulkans Gas­blasen bilden, die seine Eruption befördern können. Ein solcher Prozess hat nach Ansicht der Autoren zum Aus­bruch von Mount Pinatubo (1991) geführt. Indizien für einen Zusam­menhang zwi­schen einem solaren Minimum ver­stärktem Auf­prall von Myonen auf der Erde und einem Vul­kan­aus­bruch, lassen sich auch in his­to­ri­schen Daten finden. Der Tambora, der 1815 in einer hef­tigen Eruption aus­ge­brochen ist, ist ver­ant­wortlich für das Jahr ohne Sommer (1816), und sein Aus­bruch fällt in das Dalton Minimum. Insofern gäbe es bereits 11 Erup­tionen, die mit der Theorie der Autoren kon­gruent sind.

Die Liste der Vulkane, deren Magma reich an Silikat ist, umfasst u.a. die euro­päi­schen Vulkane

  • Ätna,
  • Stromboli,
  • Vesuv und
  • Eyja­f­jal­la­jökull.

Auch der gerade in Neu­seeland aus­ge­bro­chene Wha­kaari gehört in diese Klasse von Vulkanen.


Quelle: sciencefiles.org