Fort­schritt im Kampf gegen Alters­armut oder Augen­wi­scherei? Die Grund­rente ist beschlossen

Die „gute Nach­richt“ der letzten Tage war, dass die Grund­rente beschlossen wurde. Was als großer Schritt für arme Rentner ver­kauft wird, zeigt in Wirk­lichkeit auf, wie egal der Regierung die Rentner sind.

Was war das für ein medi­en­wirk­samer Streit um die Grund­rente, den wir mona­telang beob­achten konnten? Und was für ein unsin­niges Ergebnis ist dabei her­aus­ge­kommen? Anstatt tat­sächlich eine Grund­rente ein­zu­führen, die jedem Rentner eine Min­dest­rente garan­tiert, ohne dass er Grund­si­cherung bean­tragen und sich als Bitt­steller fühlen muss, wurde ein büro­kra­ti­sches Monster geschaffen, dass nach völlig unver­ständ­lichen Berech­nungen den Men­schen ungleiche Zuschüsse zuteilt.

Aber das ist nicht einmal das Schlimmste. Nach all dem Hin und Her, das die Par­teien um die Grund­rente ver­an­staltet haben, kostet sie den Staat nur eine minimale Summe. Nach Berech­nungen der Regierung soll sie 1,5 Mil­li­arden kosten. Und selbst um diese kleine Summe gibt es nun wieder Streit, wie man im Spiegel lesen kann:

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„Die Union hat die SPD deshalb auf­ge­fordert, die offenen Fragen zur Finan­zierung zu klären. Bun­des­fi­nanz­mi­nister Olaf Scholz (SPD) müsse „einen Ersatz­vor­schlag vor­legen“, weil die Finanz­trans­ak­ti­on­steuer vor­aus­sichtlich nicht recht­zeitig umge­setzt werden könne, sagte der sozi­al­po­li­tische Sprecher der Uni­ons­fraktion im Bun­destag, Peter Weiß (CDU), dem Redak­ti­ons­netzwerk Deutschland. „Wir wollen präzise vom Bun­des­fi­nanz­mi­nister wissen, wo das Geld her­kommen soll.“ Weiß sagte: „Wir werden uns die Pläne im par­la­men­ta­ri­schen Ver­fahren noch einmal im Detail anschauen.““

Es wäre zu schön, wenn unsere Poli­tiker beim Geld immer so wachsam wären. Aber während es als unglaublich teuer dar­ge­stellt wird, die ärmsten Rentner mit lächer­lichen 1,5 Mil­li­arden zu unter­stützen und zumindest ein wenig gegen die wach­sende Alters­armut zu tun, bekam das Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium im letzten Jahr gleich 5 Mil­li­arden mehr spen­diert. Und niemand hat nach der Finan­zierung gefragt. 5 Mil­li­arden für Panzer sind kein Problem, aber 1,5 Mil­li­arden für Rentner, die ihr Leben lang gear­beitet haben, das ist ganz viel Geld. Schizophren!

Wenn es darum geht, den Rüs­tungs­kon­zernen Auf­träge zuzu­schieben, ist Geld da. Für einen wür­digen Lebens­abend für die Men­schen hin­gegen nicht.

Die US-Rüs­tungs­kon­zerne freuen sich, dass Europa inzwi­schen der am schnellsten wach­sende Markt für sie ist. Die Gelder gehen also nicht einmal an euro­päische Firmen, die dann wenigstens noch hier Steuern zahlen würden, sie gehen in die USA. Aber anstatt dieses Problem beim Namen zu nennen, pro­pa­gieren die Medien das „Zwei-Prozent-Ziel“ der Nato, anstatt auf die Pro­bleme der ein­fachen Leute hin­zu­weisen und für sie zu kämpfen. Dass das Geld im Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium ohnehin in einem schwarzen Loch ver­schwindet (siehe Bera­ter­affäre), weil wohl kein anderes Minis­terium so schlampig und ver­schwen­de­risch ist, kommt noch hinzu. Das habe ich mal ana­ly­siert und dabei stehen einem die Haare zu Berge, wie Sie hier nach­lesen können.

Wie gesagt ist die Grund­rente darüber hinaus auch noch ein büro­kra­ti­sches und unge­rechtes Monster geworden, wie fol­gende Bei­spiele im Spiegel zeigen:

„Die ganze Kom­ple­xität der Reform offenbart sich aller­dings erst, wenn man kon­krete Fall­bei­spiele bemüht. Da wäre der Fall der Sekre­tärin aus Neu­stadt, die 38 Jahre lang Ver­si­che­rungs­bei­träge bezahlt und gleich­zeitig zwei Kinder groß­ge­zogen hat. Für die Grund­rente werden nur 26 Jahre berück­sichtigt, denn in den anderen Jahren kam sie nur auf Bei­träge, die weniger als 30 Prozent des Durch­schnitts­lohns betragen. In den 26 Jahren aber kam sie auf 70 Prozent. Die Rente beträgt 754 Euro – der Grund­ren­ten­zu­schlag 75 Euro. Dagegen könnte die Ver­käu­ferin aus Dresden mit 39 Arbeits­jahren mit 60 Prozent des Durch­schnitts­lohns ohne andere Ein­künfte und 746 Euro Rente mit einem Zuschlag in Höhe von 195 Euro hoffen.“

Hä?

Was die Par­teien als Erfolg feiern, ist eine Pein­lichkeit. Es wäre genug Geld da, jedem Rentner genug zu zahlen, damit er nicht Grund­si­cherung bean­tragen muss und es wirk­liche Gerech­tigkeit gibt, die lautet: Wer sein Leben lang gear­beitet hat, hat auch ein Recht auf einen Lebens­abend in Würde. 

Das scheitert nicht am Geld, Geld ist genug da, wie das Bei­spiel Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium zeigt. Den Par­teien sind die Rentner schlicht unwichtig, sonst wäre das Problem der Alters­armut morgen gelöst.


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru

Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“