Ursula von der Leyen hat nun doch zur Berateraffäre ausgesagt. Und offensichtlich – und wenig überraschend – passiert gar nichts. Sie kommt damit durch, dass sie hunderte Millionen aus dem Fenster in die Hände ihrer Freunde geworfen hat.
Da ich immer wieder über die Berateraffäre berichtet habe, will ich nun – nachdem auch von der Leyen vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt hat – der Vollständigkeit halber auch darüber berichten. Aber man kann es vorweg nehmen: Konsequenzen wird die mutmaßliche Korruption unter von der Leyen keine haben.
Ich habe schon in mehreren Artikeln darauf hingewiesen, dass die Affäre – wie auch alle anderen Affären – siehe Maut, BER, Stuttgart21, etc – keine Folgen haben werden. Wenn Politiker „Fehler“ machen, die eigentlich ein Staatsanwalt untersuchen müsste, dann tut das stattdessen ein Untersuchungsausschuss. Die Staatsanwaltschaft darf in der Regel nicht gegen Politiker ermitteln, selbst wenn sie offensichtlich gegen Gesetze verstoßen haben.
Der Grund dafür sind die Paragrafen 146 und 147 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG). Dort ist festgelegt, dass die Staatsanwälte den Anweisungen des Justizministers gehorchen müssen. Und wenn der Justizminister sagt, dass in einem bestimmten Fall nicht ermittelt werden darf, dann wird auch nicht ermittelt. Das ist keine Verschwörungstheorie, es ist Gesetz in Deutschland und auch der Europäische Gerichtshof hat das bereits in einem Urteil kritisiert. Wenn das für Sie neu ist, lesen Sie es hier nach.
Und so kam es auch, dass es reichlich Strafanzeigen gegen von der Leyen wegen der Berateraffäre gab, ohne dass die irgendwelche Konsequenzen hatten. Dabei ging es zum Beispiel um Veruntreuung. Und im Dezember haben auch die Grünen ganz großspurig eine weitere Anzeige wegen der von Uschi gelöschten Handydaten gestellt. Was in den Medien groß für das dumme Volk berichtet wurde, hatte natürlich auch keine Konsequenzen. Das wussten die Grünen und das wussten die Medien.
Und natürlich haben die gleichen Medien, die über all die Strafanzeigen berichtet haben, danach nie wieder ein Wort darüber verloren. Es gibt ja auch eigentlich nichts zu berichten, denn die Anzeigen wurden weggeheftet und verstauben im Schrank.
Wenn man all das weiß, dann weiß man auch, was man von dem Untersuchungsausschuss erwarten kann: Nichts.
Das ist Augenwischerei für das dumme Volk. Der Ausschuss wird irgendwann einen Bericht mit „Vorschlägen“ schreiben, wie man so etwas in Zukunft verhindern kann. Bestraft wird selbst für offensichtliche Straftaten wie Staatsterrorismus niemand. Das halten Sie für zu dick aufgetragen? Dann lesen Sie mal hier nach und Sie werden sehen, dass es in Deutschland auch schon Staatsterrorismus gegeben hat, aber niemand wurde zur Verantwortung gezogen. Stattdessen gab es einen Untersuchungsausschuss, der dann Vorschläge gemacht… aber das hatten wir ja schon.
Man kann sich einen solchen Untersuchungsausschuss also schenken, denn den Bericht könnte auch ich schreiben. Er würde nur aus einem Satz bestehen: „Auch Ministerien, Minister, Angeordnete und Beamte müssen sich an geltendes Recht halten, wenn das nicht geschieht, sollte die Staatsanwaltschaft ein ordentliches Verfahren eröffnen und den Sachverhalt vor Gericht bringen, das nach geltendem Recht ein Urteil zu fällen hat.„
Stattdessen wird den Deutschen regelmäßig die Show von Untersuchungsausschüssen vorgespielt.
Weil die Sache also sowieso keine Folgen haben wird, braucht man eigentlich auch gar nicht über den Untersuchungsausschuss und die Anhörungen von Uschi zu berichten. Daher fasse ich mich dazu kurz.
Ende November durfte die ehemalige Staatssekretärin Katrin Suder als Zeugin aussagen. Die Frau ist von McKinsey ins Verteidigungsministerium gekommen und hat viele ihrer alten Kumpel geholt, die als Berater teilweise bis zu 2.000 Euro Tagessatz in Rechnung stellen durften. Ein Beispiel:
„So spielte denn in der vergangenen Sitzung des Untersuchungsausschusses auch die Taufe der fünf Kinder des Unternehmensberaters Timo Noetzel eine Rolle, die im September 2016 stattfand. Denn Pate für die Kinder Noetzels war General Erhard Bühler, zu dem Zeitpunkt Abteilungsleiter Planung im Verteidigungsministerium. Anwesend bei der Feier war außerdem Staatssekretärin Katrin Suder, die in den vergangenen Jahren mehrfach lukrative Aufträge vergab, welche Noetzel direkt zugutekamen, und das teils auf fraglicher Basis hinsichtlich dessen im Vergleich zur benötigten Kompetenz. Noetzel ist ein Politologe mit McKinsey-Vergangenheit, wie sein Lebenslauf aus dem Jahr 2015 zeigt, in dem Suder als Referenz angegeben ist. Durch deren Auftragsvergabe erhielt er aber beispielsweise Tagessätze in Höhe von 1.705 Euro bei Verträgen, die laut Rahmenvereinbarung für Senior-Experten im Bereich IT anfallen, welche mindestens sechs Jahre IT-Beratungserfahrung mitbringen sowie weitere zwei Jahre im Bereich IT-Top-Management benötigen, welche Noetzel aber gar nicht vorzuweisen hat.“
Aber natürlich will Suder damit nichts zu tun gehabt haben, wie man im Spiegel lesen konnte:
„Auch als das Ministerium im Spätherbst 2018 wegen der vielen Unregelmäßigkeiten bei den Beraterverträgen Verwaltungsermittlungen eingeleitet hatte, gab Suder zu Protokoll: „Mir ist wichtig zu betonen, dass ich grundsätzlich nicht in Auswahlentscheidungen involviert war und mich auch grundsätzlich nicht in Auswahlentscheidungen involviert habe.“ Dies sei stets durch die Fachabteilungen erfolgt. (…) Auf Anfrage bestritt Suder, in die Auswahl von Orphoz oder PwC eingebunden gewesen zu sein.“
So ging es in einer Tour, Frau Suder hatte mit all dem nichts zu tun.
Und auch Uschi von der Leyen hatte mit all dem nichts zu tun, wie man nach ihren Aussagen vor dem Ausschuss am 13. Februar im Spiegel lesen konnte:
„Was sich in den kommenden Stunden im Saal 3101 abspielt, folgt stets dem gleichen Muster. Zwar räumt die Ex-Ministerin auf die vielen Fragen der Abgeordneten ab und an kleinere Fehler bei der Beauftragung von externen Beratern ein. Die Schuld dafür aber verortet sie stets „weit unter meiner Ebene“, irgendwo im Apparat ihres Ministeriums. Ähnlich wie ihre frühere Staatssekretärin Katrin Suder argumentiert auch von der Leyen, sie habe als Ministerin mit der konkreten Vergabe von Beraterverträgen nichts zu tun gehabt. Beide wollen nur für die großen Linien und Reformen für die Bundeswehr zuständig gewesen sein. Die Ausführung sei dann allein Sache der Vergabestelle gewesen.“
Dafür aber hat Uschi – in deren Amtszeit sich der Zustand der Bundeswehr sogar noch verschlechtert hat – ihre eigene Arbeit ausdrücklich gelobt:
„Aber in der beachtlichen Aufbauleistung sind auch Fehler passiert.“
Außer den Bankkonten der Berater wurde in ihrer Zeit im Verteidigungsministerium gar nichts „aufgebaut“.
Vor allem McKinsey, von wo Frau Suder ins Ministerium gekommen ist, hat viele Aufträge bekommen, die rechtswidrig und ohne die vorgeschriebene Ausschreibung vergeben worden sind. Und wie es der Zufall will, hat von der Leyens Sohn David ausgerechnet bei McKinsey in San Francisco einen guten Job bekommen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Wie gesagt ist es müßig, darüber weiter im Detail zu berichten, denn die Paragrafen 146 und 147 GVG schützen Politiker vor Strafverfolgung. Und dabei ist es auch egal, welcher der etablierten Parteien sie angehören. Kein Justizminister wird einen Politiker einer anderen etablierten Partei ans Messer liefern, indem er den Staatsanwalt von der Leine lässt, weil dann nach einem Regierungswechsel die Gegenreaktion kommen kann. Es gibt nur wenige Beispiele auf der Welt, zu denen das Sprichwort „Eine Krähe sticht der anderen kein Auge aus“ besser passt.
Weitere Beispiele für die Auswirkungen der Paragrafen 146 und 147 GVG finden Sie hier, aber nicht in den deutschen „Qualitätsmedien“. Für die ist all das – trotz Urteil des Europäischen Gerichtshofes – natürlich eine Verschwörungstheorie.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“
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