Ursula von der Leyen Image Courtesy: Mueller / MSC, Licensed under the Creative Commons Attribution 3.0 Germany | Wikimedia Commons

Von der Leyens Bera­ter­affäre — Die Show für das “dumme Volk”

Ursula von der Leyen hat nun doch zur Bera­ter­affäre aus­gesagt. Und offen­sichtlich – und wenig über­ra­schend – pas­siert gar nichts. Sie kommt damit durch, dass sie hun­derte Mil­lionen aus dem Fenster in die Hände ihrer Freunde geworfen hat.

Da ich immer wieder über die Bera­ter­affäre berichtet habe, will ich nun – nachdem auch von der Leyen vor dem Unter­su­chungs­aus­schuss aus­gesagt hat – der Voll­stän­digkeit halber auch darüber berichten. Aber man kann es vorweg nehmen: Kon­se­quenzen wird die mut­maß­liche Kor­ruption unter von der Leyen keine haben.

Ich habe schon in meh­reren Artikeln darauf hin­ge­wiesen, dass die Affäre – wie auch alle anderen Affären – siehe Maut, BER, Stuttgart21, etc – keine Folgen haben werden. Wenn Poli­tiker „Fehler“ machen, die eigentlich ein Staats­anwalt unter­suchen müsste, dann tut das statt­dessen ein Unter­su­chungs­aus­schuss. Die Staats­an­walt­schaft darf in der Regel nicht gegen Poli­tiker ermitteln, selbst wenn sie offen­sichtlich gegen Gesetze ver­stoßen haben.

Der Grund dafür sind die Para­grafen 146 und 147 des Gerichts­ver­fas­sungs­ge­setzes (GVG). Dort ist fest­gelegt, dass die Staats­an­wälte den Anwei­sungen des Jus­tiz­mi­nisters gehorchen müssen. Und wenn der Jus­tiz­mi­nister sagt, dass in einem bestimmten Fall nicht ermittelt werden darf, dann wird auch nicht ermittelt. Das ist keine Ver­schwö­rungs­theorie, es ist Gesetz in Deutschland und auch der Euro­päische Gerichtshof hat das bereits in einem Urteil kri­ti­siert. Wenn das für Sie neu ist, lesen Sie es hier nach.

Und so kam es auch, dass es reichlich Straf­an­zeigen gegen von der Leyen wegen der Bera­ter­affäre gab, ohne dass die irgend­welche Kon­se­quenzen hatten. Dabei ging es zum Bei­spiel um Ver­un­treuung. Und im Dezember haben auch die Grünen ganz groß­spurig eine weitere Anzeige wegen der von Uschi gelöschten Han­dy­daten gestellt. Was in den Medien groß für das dumme Volk berichtet wurde, hatte natürlich auch keine Kon­se­quenzen. Das wussten die Grünen und das wussten die Medien.

Und natürlich haben die gleichen Medien, die über all die Straf­an­zeigen berichtet haben, danach nie wieder ein Wort darüber ver­loren. Es gibt ja auch eigentlich nichts zu berichten, denn die Anzeigen wurden weg­ge­heftet und ver­stauben im Schrank.

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Wenn man all das weiß, dann weiß man auch, was man von dem Unter­su­chungs­aus­schuss erwarten kann: Nichts.

Das ist Augen­wi­scherei für das dumme Volk. Der Aus­schuss wird irgendwann einen Bericht mit „Vor­schlägen“ schreiben, wie man so etwas in Zukunft ver­hindern kann. Bestraft wird selbst für offen­sicht­liche Straf­taten wie Staats­ter­ro­rismus niemand. Das halten Sie für zu dick auf­ge­tragen? Dann lesen Sie mal hier nach und Sie werden sehen, dass es in Deutschland auch schon Staats­ter­ro­rismus gegeben hat, aber niemand wurde zur Ver­ant­wortung gezogen. Statt­dessen gab es einen Unter­su­chungs­aus­schuss, der dann Vor­schläge gemacht… aber das hatten wir ja schon.

Man kann sich einen solchen Unter­su­chungs­aus­schuss also schenken, denn den Bericht könnte auch ich schreiben. Er würde nur aus einem Satz bestehen: „Auch Minis­terien, Minister, Ange­ordnete und Beamte müssen sich an gel­tendes Recht halten, wenn das nicht geschieht, sollte die Staats­an­walt­schaft ein ordent­liches Ver­fahren eröffnen und den Sach­verhalt vor Gericht bringen, das nach gel­tendem Recht ein Urteil zu fällen hat.

Statt­dessen wird den Deut­schen regel­mäßig die Show von Unter­su­chungs­aus­schüssen vorgespielt.

Weil die Sache also sowieso keine Folgen haben wird, braucht man eigentlich auch gar nicht über den Unter­su­chungs­aus­schuss und die Anhö­rungen von Uschi zu berichten. Daher fasse ich mich dazu kurz.

Ende November durfte die ehe­malige Staats­se­kre­tärin Katrin Suder als Zeugin aus­sagen. Die Frau ist von McK­insey ins Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium gekommen und hat viele ihrer alten Kumpel geholt, die als Berater teil­weise bis zu 2.000 Euro Tagessatz in Rechnung stellen durften. Ein Bei­spiel:

„So spielte denn in der ver­gan­genen Sitzung des Unter­su­chungs­aus­schusses auch die Taufe der fünf Kinder des Unter­neh­mens­be­raters Timo Noetzel eine Rolle, die im Sep­tember 2016 stattfand. Denn Pate für die Kinder Noetzels war General Erhard Bühler, zu dem Zeit­punkt Abtei­lungs­leiter Planung im Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium. Anwesend bei der Feier war außerdem Staats­se­kre­tärin Katrin Suder, die in den ver­gan­genen Jahren mehrfach lukrative Auf­träge vergab, welche Noetzel direkt zugu­te­kamen, und das teils auf frag­licher Basis hin­sichtlich dessen im Ver­gleich zur benö­tigten Kom­petenz. Noetzel ist ein Poli­tologe mit McK­insey-Ver­gan­genheit, wie sein Lebenslauf aus dem Jahr 2015 zeigt, in dem Suder als Referenz ange­geben ist. Durch deren Auf­trags­vergabe erhielt er aber bei­spiels­weise Tages­sätze in Höhe von 1.705 Euro bei Ver­trägen, die laut Rah­men­ver­ein­barung für Senior-Experten im Bereich IT anfallen, welche min­destens sechs Jahre IT-Bera­tungs­er­fahrung mit­bringen sowie weitere zwei Jahre im Bereich IT-Top-Management benö­tigen, welche Noetzel aber gar nicht vor­zu­weisen hat.“

Aber natürlich will Suder damit nichts zu tun gehabt haben, wie man im Spiegel lesen konnte:

„Auch als das Minis­terium im Spät­herbst 2018 wegen der vielen Unre­gel­mä­ßig­keiten bei den Bera­ter­ver­trägen Ver­wal­tungs­er­mitt­lungen ein­ge­leitet hatte, gab Suder zu Pro­tokoll: „Mir ist wichtig zu betonen, dass ich grund­sätzlich nicht in Aus­wahl­ent­schei­dungen invol­viert war und mich auch grund­sätzlich nicht in Aus­wahl­ent­schei­dungen invol­viert habe.“ Dies sei stets durch die Fach­ab­tei­lungen erfolgt. (…) Auf Anfrage bestritt Suder, in die Auswahl von Orphoz oder PwC ein­ge­bunden gewesen zu sein.“

So ging es in einer Tour, Frau Suder hatte mit all dem nichts zu tun.

Und auch Uschi von der Leyen hatte mit all dem nichts zu tun, wie man nach ihren Aus­sagen vor dem Aus­schuss am 13. Februar im Spiegel lesen konnte:

„Was sich in den kom­menden Stunden im Saal 3101 abspielt, folgt stets dem gleichen Muster. Zwar räumt die Ex-Minis­terin auf die vielen Fragen der Abge­ord­neten ab und an kleinere Fehler bei der Beauf­tragung von externen Beratern ein. Die Schuld dafür aber ver­ortet sie stets „weit unter meiner Ebene“, irgendwo im Apparat ihres Minis­te­riums. Ähnlich wie ihre frühere Staats­se­kre­tärin Katrin Suder argu­men­tiert auch von der Leyen, sie habe als Minis­terin mit der kon­kreten Vergabe von Bera­ter­ver­trägen nichts zu tun gehabt. Beide wollen nur für die großen Linien und Reformen für die Bun­deswehr zuständig gewesen sein. Die Aus­führung sei dann allein Sache der Ver­ga­be­stelle gewesen.“

Dafür aber hat Uschi – in deren Amtszeit sich der Zustand der Bun­deswehr sogar noch ver­schlechtert hat – ihre eigene Arbeit aus­drücklich gelobt:

„Aber in der beacht­lichen Auf­bau­leistung sind auch Fehler passiert.“

Außer den Bank­konten der Berater wurde in ihrer Zeit im Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium gar nichts „auf­gebaut“.

Vor allem McK­insey, von wo Frau Suder ins Minis­terium gekommen ist, hat viele Auf­träge bekommen, die rechts­widrig und ohne die vor­ge­schriebene Aus­schreibung ver­geben worden sind. Und wie es der Zufall will, hat von der Leyens Sohn David aus­ge­rechnet bei McK­insey in San Fran­cisco einen guten Job bekommen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Wie gesagt ist es müßig, darüber weiter im Detail zu berichten, denn die Para­grafen 146 und 147 GVG schützen Poli­tiker vor Straf­ver­folgung. Und dabei ist es auch egal, welcher der eta­blierten Par­teien sie ange­hören. Kein Jus­tiz­mi­nister wird einen Poli­tiker einer anderen eta­blierten Partei ans Messer liefern, indem er den Staats­anwalt von der Leine lässt, weil dann nach einem Regie­rungs­wechsel die Gegen­re­aktion kommen kann. Es gibt nur wenige Bei­spiele auf der Welt, zu denen das Sprichwort „Eine Krähe sticht der anderen kein Auge aus“ besser passt.

Weitere Bei­spiele für die Aus­wir­kungen der Para­grafen 146 und 147 GVG finden Sie hier, aber nicht in den deut­schen „Qua­li­täts­medien“. Für die ist all das – trotz Urteil des Euro­päi­schen Gerichts­hofes – natürlich eine Verschwörungstheorie.


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru

Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“