Wer­te­Union und AfD – ein Schlag ins Leere

Ein unnö­tiger „Unver­ein­bar­keits­be­schluss“

Am 15. Februar fasste der Bun­des­vor­stand der rd. 4000 Mit­glieder zäh­lenden Wer­te­Union der CDU in einer außer­plan­mä­ßigen Sitzung auf Vor­schlag des Vor­sit­zenden Alex­ander Mitsch und unter Betei­ligung der Lan­des­vor­sit­zenden*) in Frankfurt ein­stimmig fol­genden Beschluss:

 „Da von meh­reren Seiten die Behauptung auf­ge­stellt wird, wir würden einer Zusam­men­arbeit mit der AfD offen gegenüber stehen, stellen wir fol­gendes noch einmal unmiss­ver­ständlich klar:

 AfD-Posi­tionen mit Werten der Wer­te­Union nicht vereinbar

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Die Wer­te­Union lehnt eine Zusam­men­arbeit mit der AfD und der Links­partei ent­schieden ab und hat auch nie eine Zusam­men­arbeit gefordert. Sie steht voll und ganz hinter den dies­be­züg­lichen Beschlüssen des CDU-Bun­des­par­teitags. Die AfD ver­tritt Posi­tionen, die mit unseren Zielen und Werten nicht ver­einbar sind. Vielmehr sehen wir es als unsere Aufgabe an, als wert­kon­ser­va­tives und wirt­schafts­li­be­rales Kor­rektiv zum Linkskurs der Kanz­lerin zu wirken.

Dieser Linkskurs ist es gewesen, der das Auf­kommen der AfD erst ermög­licht hat. Als Wer­te­Union wollen wir vielmehr dazu bei­tragen, die Union zurück in die poli­tische Mitte zu führen und kon­ser­vative Wähler zurück­zu­ge­winnen.“ (Soweit der Wortlaut des Beschlusses.)

*) An der Ver­sammlung hatte auch der frühere Chef des Bun­des­amtes für Ver­fas­sungs­schutz, Hans-Georg Maaßen, teilgenommen.

Tiefe Ent­täu­schung über diesen Beschluss

Als einer der Initia­toren des FKA – „Frei­heitlich Kon­ser­va­tiver Auf­bruch“ – und Mit­glied der Wer­te­Union macht mich dieser Beschluss des Bun­des­vor­standes fas­sungslos. In vielen Artikeln und Vor­trägen habe ich immer wieder auf die stra­te­gische Dimension einer Zusam­men­arbeit mit der AfD hin­ge­wiesen – und in der Regel sehr viel Zustimmung dazu geerntet. Dass heute die „Freunde von einst“ lieber auf Tauch­station gehen und das Wort AfD nur noch mit spitzen Fingern anfassen, über­rascht mich nicht; es bestätigt nur meine lang­jährige Erfahrung im „poli­ti­schen Geschäft“.

Was ant­wortet die Wer­te­Union denn auf die Frage, welche Partei sie im Bedarfs­falle für koali­ti­ons­fähig hält? Das Einzige, das ich auf diese Frage höre, ist der Abgren­zungs­be­schluss zur Linken und zur AfD. Der aber kann, wie das Bei­spiel Thü­ringen zeigt, schnell zu einem Patt bzw. zur poli­ti­schen Bewe­gungs­lo­sigkeit führen.

Der Ver­dacht liegt nahe, dass „irgendwie“ der Links­partei ein Türchen auf­ge­macht werden soll. Die Hin­weise darauf mehren sich, wobei auch der – aus­ge­rechnet von der Linken gemachte – Kom­pro­miss­vor­schlag „Lie­ber­knecht“ ein­deutig in diese Richtung weist.

Man will uns also weis­machen, die Linken seien die nicht so schlimmen Un-Demo­kraten, und die AfD sei viel böser. Eine wie auch immer geartete pro­gram­ma­tische Begründung habe ich bisher noch nicht gehört, es sei denn, man wertet die Meinung, Ramelow habe sich in seinem MP-Amt durchaus „gemäßigt“ ver­halten, als Nachweis für die tadels­freie Gesinnung der Kom­mu­nisten. Mehr „Inhalt“ finde ich aber nicht.

Genauso inhaltslos ist die Abwehr­be­gründung gegen die AfD. „Die AfD ver­tritt Posi­tionen, die mit unseren Zielen und Werten nicht ver­einbar sind“, heißt es im Bun­des­vor­stands­be­schluss. Da würde ich doch gerne nach­fragen, was das konkret heißt. Zum Bei­spiel, welche Pro­gramm­punkte der AfD gemeint sind und worin die ver­meint­liche „Unver­ein­barkeit“ besteht.

Wenn sich die Aus­schlie­ße­ritis aller­dings auf Äuße­rungen ein­zelner AfD-Poli­tiker beziehen sollte, dann würde ich da auch gerne nach Ross und Reiter fragen. Und sofort nach­schieben, dass es „unver­einbare“ Mei­nungen in jeder Partei gibt, die nicht mit der Partei ins­gesamt gleich­ge­setzt werden können. Um das zu ver­deut­lichen, eine ein­fache Frage:

Wie würde denn der Bun­des­vor­stand der Wer­te­Union darauf reagieren, wenn sich die CDU die Posi­tionen eines Herrn Polenz zu eigen machte und behaupte, das sei das Pro­gramm der CDU? Warum aber gelten für die AfD offen­sichtlich andere Maß­stäbe? Da werden bei der AfD ein­zelne strittige Mei­nungen her­aus­ge­pickt, zur „pars pro toto“ erklärt und daraus fol­gernd behauptet, die AfD sei „…mit unseren Zielen und Werten nicht vereinbar“?

Bür­ger­liche Rebellen?

Und ein wei­teres: Wie bewertet der Bun­des­vor­stand der Wer­te­Union die „Grünen“ und deren Posi­tionen? Sind die alle mit den Zielen und Werten der Grünen ver­einbar? Dazu hört man von der WU nichts. Und auch zu mög­lichen Koali­tionen mit dieser Partei, die eine ganz andere Gesell­schaft will, gibt es keine Meinungsäußerung.

Nein, dieser Bun­des­vor­stands­be­schluss vom letzten Wochenende ergibt keinen Sinn – es sei denn, es handelt sich um einen „Angst-Beschluss“, Angst vor Muttis Zorn. Mutti droht mit dem Finger, die Knechte drum­herum rasseln mit den Ketten, und schon kuschen die „bür­ger­lichen Rebellen“.

Wie war das denn noch mit dem Grün­dungs­ge­danken der Wer­te­Union? Die WU wurde doch nicht als eso­te­ri­scher, von mir aus „kon­ser­va­tiver Gesprächsclub“ gegründet, in dem man sich zwanglos die Welt schön­reden kann. Nein, die Anfänge der WU waren geprägt von lauter Oppo­sition gegen den Kurs der „Merkel-CDU“, gegen das Abdriften nach links usw. (Jeder Leser weiß, was gemeint ist, sodass ich das hier nicht weiter aus­holen muss.)

Aber mit seinem Unver­ein­bar­keits­be­schluss wischt der Bun­des­vor­stand nicht nur das Grün­dungs­pro­gramm der WU weg, sondern ent­zieht der Wer­te­Union die Daseinsgrundlage.

Für was will die WU denn jetzt noch kämpfen? Die ach­tens­werten(!) Posi­tionen, mit denen sie sich bisher gegenüber der CDU stark gemacht hat, finden sich zu einem sehr großen Teil auch bei der AfD. Weshalb also sollten sie „unver­einbar“ sein?

Wenn es aber nicht mehr diese Posi­tionen sind, für die die Wer­te­Union steht, dann hat sie sich in der CDU (und CSU) über­flüssig gemacht, dann hat sie sich selbst zur Bedeu­tungs­lo­sigkeit ver­ur­teilt. Ob eine solche Wer­te­Union noch, wie Elmar Brok meint, als „Krebs­ge­schwür“ „her­aus­ge­schnitten“ werden müsste? Nach dem Beschluss von Frankfurt hat sich auch diese Frage erledigt. Das „Gesindel“ bleibt ins­künftig brav zuhause – und Mutti darf wieder eine weitere Peti­tesse abhaken.

Der Meinung von Jour­na­lis­ten­watch“  kann ich mich durchaus anschließen (https://www.journalistenwatch.com/2020/02/17/nach-afd-distanzierungsbeschluss/ ):

„…was immer Mitsch und seine Mit­streiter tun, wie immer sie sich posi­tio­nieren: Sie sind sowieso kon­ta­mi­niert, und aus Sicht der linken „Ver­öf­fent­lichkeit“ sind sie sowieso Nazis. All die Aus­gren­ze­ritis, Dif­fe­ren­zierung und der ganze Eiertanz wird ihnen nichts bringen. Da wäre es tau­sendmal ehr­licher, sich offen zu den eigenen Inhalten zu bekennen und klar­zu­machen, dass man zu diesen steht, und dass man mit allen poli­tisch koope­riert, die diese teilen – EGAL ob sie in der AfD oder in der Union sind. Es wäre sogar ehr­licher, mit der AfD – und zwar explizit mit deren gemä­ßigten Kräften – erst recht eine stra­te­gische Zusam­men­arbeit einzuschlagen.

Die Wer­te­Union ist dann am stärksten, wenn sie innerhalb der CDU die Rest­sub­stanz dieser Partei bewahrt und dazu bei­trägt, dass die Union über­haupt Kon­turen der poli­ti­schen Mitte bewahrt und für Bür­ger­liche oder Kon­ser­vative wählbar bleibt. Nach der jet­zigen Kam­pagne dürfte sich das end­gültig erledigt haben. Ent­weder wird sie nun vollends zer­quetscht – oder sie zer­quetscht sich selber bis zur Auflösung…“

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Peter Helmes ist Mit­glied der Wer­te­Union und war Mit-Initiator des FKA („Frei­heitlich Kon­ser­va­tiver Auf­bruch), einem Vor­läufer der WerteUnion.


Dieser lesens­werte Beitrag erschien zuerst auf dem Blog von Peter Helmes – www.conservo.wordpress.com