Dr. Marcel Polte: Der Kampf um die abge­trie­benen Föten

Im Jahr 2015 sorgten mehrere heimlich gedrehte Videos für großes Auf­sehen in den USA.  Eine Orga­ni­sation von Abtrei­bungs­gegnern aus Kali­fornien namens Center for Medical Pro­gress hatte mit ver­steckter Kamera Gespräche mit Mit­ar­beitern von Planned Paren­thood gefilmt.

Wiki­pedia beschreibt Planned Paren­thood als „ame­ri­ka­nische Non-Profit-Orga­ni­sation, die in über 650 Kli­niken im Land medi­zi­nische Dienste, vor allem in den Bereichen Sexu­al­me­dizin, Gynä­ko­logie und Fami­li­en­planung anbietet“. Hierzu gehören neben Schwan­ger­schafts­tests auch Schwan­ger­schafts­ab­brüche. Soweit so gut, sollte man meinen. Doch ein Blick auf die Ursprünge dieser Orga­ni­sation macht stutzig. So erfahren wir von Wiki­pedia auch, dass Planned Paren­thood auf die 1921 in New York City gegründete Ame­rican Birth Control League zurückgeht (aus der eben­falls 1952 die deutsche Pro Familia her­vorging). Und dort stoßen wir auf einige sehr frag­würdige Gestalten: Die Prä­si­dentin Mar­garet Sanger , die sich für Zwangs­ste­ri­li­sation und Eugenik ein­setzte, sowie die Mit­be­gründer C. C. Little, einen US-Gene­tiker und Eugenik-Befür­worter, und den His­to­riker Lothrop Stoddard. Zu ihm erfahren wir, dass er Ras­sen­trennung, Anti­se­mi­tismus und Eugenik pro­pa­gierte und als einer der pro­fi­lier­testen ame­ri­ka­ni­schen Ras­sisten des 20. Jahr­hun­derts galt, abge­sehen von seinem Ein­fluss auf füh­rende Nationalsozialisten.

(von Dr. Marcel Polte)

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Auch die Under­cover-Videos mit Mit­ar­beitern von Planned Paren­thood geben erschre­ckende Ein­blicke in das Selbst­ver­ständnis dieser Insti­tution. Wie die Washington Times im August 2015 berichtete, beschreibt in einem der Videos ein ehe­ma­liger Tech­niker einer Gewe­be­ent­nah­me­firma, wie ein abge­trie­benes Baby am Leben gehalten wurde, damit sein Herz in einer Planned Paren­thood-Ein­richtung in Kali­fornien „geerntet“ werden konnte. Eine ehe­malige Tech­ni­kerin des Biotech-Startup-Unter­nehmens Stem­Ex­press habe zudem aus­gesagt, dass sie gebeten wurde, ein intaktes Gehirn von einem männ­lichen Fötus im Spät­stadium zu ent­nehmen, dessen Herz nach der Abtreibung noch schlug. Ein anderes (auch auf Youtube zu fin­dendes) Video wurde während eines Geschäfts­essens gefilmt und zeigt, wie sich die Filmer als angeb­liche Käufer von fötalem Gewebe (womit auch Organe gemeint sind) aus­geben und darüber mit einer frü­heren medi­zi­ni­schen Direk­torin von Planned Paren­thood dis­ku­tieren. Hierüber berichtete auch der Guardian. Zwar stellt die Zeitung klar, dass zwar der Verkauf von fötalem Gewebe zu Gewinn­zwecken gegen Landes- und Bun­des­ge­setze ver­stoße, aber es sei nicht illegal, wenn Kosten im Zusam­menhang mit dem Umgang mit Gewe­be­spenden erstattet würden. Insofern scheint sich die Ex-Direk­torin zumindest in einer Grauzone zu bewegen, wenn sie erklärt: „Das Geld ist für mich nicht das Wich­tigste. Aber es muss so viel sein, dass es sich für mich lohnt.“, gefolgt von dem Scherz, dass sie einen Lam­bor­ghini wolle. An anderer Stelle wird die Methode der Abtreibung erörtert. Hierzu teilt die Dame mit, dass sie den die Abtreibung durch­füh­renden Chir­urgen bitten müsste, ein bestimmtes Unter­nehmen ein­zu­schalten, das manuelle Vaku­um­sauger ver­kauft. Eine Änderung der Behand­lungsart ver­stoße zwar gegen das Pro­tokoll, aber sie würde sich mit dem Chir­urgen beraten, um zu sehen, ob er einer „weniger zer­mal­menden“ (less crunchy) Technik zustimmen würde, um die Chancen zu erhöhen, während des Ein­griffs voll­ständige Exem­plare zu entnehmen.

Die über einen Zeitraum von 30 Monaten gefilmten Mit­schnitte lösten in den USA eine heftige Dis­kussion aus. Planned Paren­thood wandte ein, dass die Videos stark geschnitten worden seien, um die Öffent­lichkeit gezielt zu täu­schen. Dennoch sahen sich der Kon­gress, zahl­reiche Bun­des­staaten und schließlich auch das US-Jus­tiz­mi­nis­terium zur Auf­nahme von Ermitt­lungen ver­an­lasst. Ein Verkauf von fötalem Gewebe zu Gewinn­zwecken konnte Planned Paren­thood aller­dings nicht nach­ge­wiesen werden. Das von den Repu­bli­kanern kon­trol­lierte Select Inves­ti­gative Panel ver­öf­fent­lichte im Dezember 2016 seinen Abschluss­be­richt und empfahl dennoch, Planned Paren­thood nicht länger zu finan­zieren. Doch auch der Chef des Center for Medical Pro­gress David R. Daleiden musste im November 2019 eine schwere juris­tische Nie­derlage hin­nehmen. Ein Bun­des­ge­richt in San Fran­zisco sprach Planned Paren­thood Scha­dens­ersatz in Höhe von 2,2 Mil­lionen Dollar zu, da die heim­liche Anfer­tigung der Videos durch Daleiden gegen mehrere Bundes- und Staats­ge­setze ver­stoßen habe.

Auch wenn ein Geset­zes­verstoß bislang nicht nach­ge­wiesen werden konnte, so wecken die Under­cover-Auf­nahmen zumindest ethische Zweifel am Umgang mit den toten Föten. Nicht ohne Grund ent­schul­digte sich die Prä­si­denten von Planned Paren­thood daher auch bereits im Juli 2015 für den Ton ihrer Mit­ar­beiter, während diese die Gewinnung von fötalem Gewebe erör­terten. Wie groß die Gefahr eines Miss­brauchs tat­sächlich ist, zeigte schließlich ein anderer Fall, der letztes Jahr in den USA für Schlag­zeilen sorgte: Die scho­ckie­rende Ent­de­ckung von 2.411 medi­zi­nisch kon­ser­vierten fötalen Über­resten in Illinois, die in einer Garage und im Kof­ferraum eines Autos zurück­ge­lassen wurden. Die toten Föten stammen aus der Praxis von Dr. Ulrich Klopfer, der über einen Zeitraum von 40 Jahren zehn­tau­sende Abtrei­bungen durch­ge­führt haben soll. Der Fund macht deutlich, dass offenbar nicht aus­rei­chend sicher­ge­stellt ist, was mit den Über­resten abge­trie­bener Föten geschieht.

Das Thema steht daher nach wie vor auf der poli­ti­schen Agenda. Wie im Juni 2019 US-Medien berich­teten, erließ die Trump-Admi­nis­tration eine neue Regelung, wonach Regie­rungs­wis­sen­schaftler keine For­schung mehr mit Gewebe von abge­trie­benen Föten durch­führen dürfen. Die Ver­wendung von fötalem Gewebe durch externe For­schern, die staat­liche Zuschüsse erhalten, solle von Fall zu Fall beur­teilt und die weitere Finan­zierung von der Emp­fehlung eines Ethik­aus­schusses abhängig gemacht werden. Aus den Reihen der Wis­sen­schaftler wurde jedoch auch Kritik an der neuen Regelung laut, da fötales Gewebe für die Erfor­schung kom­plexer Krank­heiten, ein­schließlich HIV, Alz­heimer und Krebs, von ent­schei­dender Bedeutung sei. Somit ist ein Ende der Dis­kus­sionen um die Nutzung von fötalem Gewebe noch lange nicht in Sicht und es bleibt abzu­warten, welche ver­stö­renden Prak­tiken hierzu noch auf­ge­deckt werden.


Quelle: connectiv.events