Das Berliner Kanzleramt stellte sich gestern den Fragen der Journalisten zur Corona Epidemie.
Als einen halben Erdball entfernt, im japanischen Fukushima, ein Atommeiler havarierte, ging alles ganz schnell und die Atomkraft war für Deutschland innerhalb von drei Tagen als Technik passe. Gestern, 11 Wochen nach Ausbruch der Epidemie im chinesischen Wuhan, äußerte sich Kanzlerin Merkel zum ersten Mal vor der Presse über die Reaktionen und Aktionen ihrer Regierung. Und was sie sagte, sprach Bände.
Eine gewisse Dramatik konnte sich die ansonsten eher träge Kanzlerin nicht verkneifen. Eine Bundespressekonferenz nur zu einem einzigen Thema ist ein Novum für sie. Soviel Ernst der Lage muss sein.
Was Merkel dann allerdings sagte, klang nicht einmal mehr nach dem berühmt berüchtigten »Wir schaffen das«. Gestern ließ sie bloß noch verlauten: »Wir werden das Notwendige tun – als Land und im europäischen Verbund.« Was genau denn notwendig sei, dazu kam von ihr nichts. Muss Deutschland seine Grenzen schließen? Darf es überhaupt weitere minderjährige Migranten nach Deutschland holen, ohne das Risiko für die eigene Bevölkerung noch einmal deutlich zu steigern ?
In jedem Fall aber wird das Thema Corona nun an die erste Stelle platziert. Alle anderen Themen sind rangieren darunter. Selbst die Schuldenbremse ist nicht mehr so wichtig. »Wir werden nicht jeden Tag fragen: Was bedeutet das für unser Defizit?« Ob auch die Energiepolitik erstmal keine Priorität mehr genießt, ließ Merkel offen.
In einem Punkt aber war die Kanzlerin deutlich: Grenzschließungen lehnte sie als »nicht adäquate Antwort auf die Herausforderungen« ab. Dabei erhielt sie Unterstützung vom Präsidenten des Robert Koch-Instituts, der erklärte: »Abriegelung ist naiv. Das Virus wird trotzdem kommen.« Offenbar weiß der Mann nicht, wie man in Ostasien erfolgreich Corona eindämmt. Ob es tröstlich ist, wenn er weiter sagt: »Es wird irgendwann einen Impfstoff geben. Es wird sich eine Immunität der Bevölkerung ausbilden.« – Richtig! – Irgendwann.
Doch Merkel merkt: Sie ist geschwächt und in der Defensive. Sie muss ihr Schweigen zu Corona erklären, statt frech weiter zu schweigen, wie im Herbst 2015. »Ich kümmere mich nicht erst seit heute um die Sache«, erklärt sie und bestätigt damit eher den Vorwurf, zu wenig getan zu haben, statt ihn zu entkräften.
Anschließend wird es peinlich. Nachdem Merkels Minister Spahn bestätigt, was seine Chefin eben gesagt hat, führt Merkel aus: »Wir arbeiten im Kabinett immer super zusammen und jetzt noch sehr viel intensiver.« Das bringt dem Minister ein Lob: »Ich finde, dass Jens Spahn einen tollen Job macht in einer schwierigen Situation. Ich habe volles Vertrauen, es ist ein super Austausch.« – Super, toll und noch einmal super; bei soviel infantilem Gerede fragt man sich, von wem man in diesen Zeiten regiert wird.
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