Hiesige Politiker verkünden gerne, dass angesichts der aktuellen Flüchtlingskrise Deutschland schon einmal mit Millionen von Zuwanderern fertig wurde, die herzlich aufgenommen und integriert wurden.
Gemeint damit sind die zwischen 14 bis 20 Millionen Vertriebene (die historischen Zahlen schwanken) aus Ost- und Westpreußen, Pommern, Brandenburg, Schlesien, Memelland, dem Sudetengebiet etc. Also Landsleute der im Westen lebenden „Reichsdeutschen“.
Doch eine diesbezügliche „Willkommenskultur“ gab es nicht!
Die Einheimischen im Westen verschlossen sich der solidarischen Hilfe, leisteten gar Widerstand und schöpften alle gesetzlichen Möglichkeiten aus (Beschwerden, Klagen, Anträge auf Eigenbedarf oder gewerblichen Nutzung), um keine Vertriebenen aufnehmen zu müssen.
Die Kreisbeauftragten für das Flüchtlingswesen in Württemberg-Baden gaben im Sommer 1947 an: „Die einheimische Bevölkerung versucht durch Beschuldigungen primitivster Art, wie durch Verleumdungen, die Neubürger in ein schlechtes Licht zu stellen und sie nach Möglichkeit aus ihrem Wohnbereich herauszubekommen (Kossert, S. 67, 121).“
Alliierte Militärgerichte verurteilten Hauseigentümer, die sich Zwangseinweisungen widersetzten. Der letzte US-amerikanische Landeskommissar, General Charles P. Gross, ging sogar so weit zu behaupten, dass das deutsche Volk offenbar nicht bereit sei, „seine Verantwortlichkeit für die Lösung des Flüchtlingsproblems anzuerkennen“. Die deutsche Bevölkerung zeige „Gleichgültigkeit und Mangel an Hilfsbereitschaft gegenüber ihren vertriebenen Landsleuten“.
(Quelle: Südkurier v. 16. Juni 1951).
Dabei schlug den Vertriebenen, die alles verloren hatten und denen fast alles fehlte, von den Einheimischen Verachtung und Abwehr entgegen. Oft ließ man ihnen nicht einmal das Nötigste zukommen.
Obwohl sie nicht als „Fremdkörper“, sondern als „Gemeindegenossen“ behandelt werden sollten, galten sie als die „böse Saat der Zukunft“ wie etwa die Presse 1946 im Lipper Land titelte.
„Die drei großen Übel, das waren die Wildschweine, die Kartoffelkäfer und die Flüchtlinge“, hieß es beispielsweise im Emsland.
Wiederum andere wurden abgeschätzt „wie Vieh“.
Die Bauern nahmen nur die, die arbeiten konnten.
Oder die Heimatlosen wurden als
– „Polacken“,
– „Flüchtlingsschweine“,
– „Flüchtlingspack“,
– „Gesindel“,
– „Verfluchte“,
– „Zwangsausgewiesene“ ,
– „dahergelaufenes Pack“ ,
– „Mulattenzucht“,
– „Mischlinge“,
– „Mischgut“,
– „Eindringlinge“,
– „Minderwertige“,
– „Dreckszeug“,
– „böse Saat“
– „Übel“,
– „Eiterbeulen“,
– „Scheiße“,
– „Hinterwäldler ohne Kultur und Zivilisation“
– oder „lästige Ausländer“
beschimpft, die nicht selten „vor den Säuen“ rangierten.
Man sah sie als
– „feige“,
– „herumzigeunernd“,
– „entwurzelt“
– oder „asozial“ an.
Sie gehörten zur absoluten Unterschicht, die in Baracken hauste,
– „faul“,
– „arbeitsscheu“,
– „dreckig“,
– „verlaust“
– und „voller Flöhe“ war.
Man kreidete ihnen aufgrund ihres scheinbar „verderblichen Lebenswandels“ jede Plage, jedes Vergehen an; Geschlechtskrankheiten, uneheliche Geburten, Scheidungen und vieles mehr.
So also sah die tatsächliche „Willkommenskultur“ deutscher Vertriebener im Westen Deutschlands aus.
Und das alles wollen die hiesigen Politiker nicht mehr wissen, vergleichen diese Schande gar mit dem kollektiven, öffentlichen und staatlichen „Empfangskomitee“ für heutige Flüchtlinge.
Was für eine Lüge!
Zusätzliche Quellen: Anke Hufschmidt: „… und dann blieben wir doch – Flüchtlinge und Vertriebene in Lippe 1945–1953“, Detmold 1994, S. 12, zit. nach Kossert S. 47/Andreas Eiynck (Hg.): „Alte Heimat – Neue Heimat – Flüchtlinge und Vertriebene im Raum Lingen nach 1945“, Lingen 1997, S. 44, 495, zit. nach Kossert, S. 47, 48/Katharina Elliger: „Und tief in der Seele der Ferne – Die Geschichte einer Vertreibung aus Schlesien“, Reinbek 2006, S. 182f., zit. nach Kossert, S. 48/Alena Wagnerová: „1945 waren wir Kinder – Flucht und Vertreibung im Leben einer Generation“, Köln 1990, S. 56, zit. nach Kossert, S. 48, 49/Frauke Dettmer: „Konflikte zwischen Flüchtlingen und Einheimischen nach Ende des Zweiten Weltkrieges“ in: „Jahrbuch für ostdeutsche Volkskunde 26/1983, S. 316).
Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors www.guidograndt.de
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