Wohin treibt die Bun­des­re­publik – 2021?

Noch haben wir nicht die Wahl, aber auch aktuelle Umfra­ge­er­geb­nisse und „Polit­ba­ro­meter“ ver­sprechen nichts Gutes. Man mag von der Methode und den Ergeb­nissen von Wahl­um­fragen halten, was man mag, an einem gewissen Trend wird man nicht vor­bei­sehen können.

Die Wahl ist das Lebens­elixier der Demo­kratie und soll in einer par­la­men­ta­ri­schen Demo­kratie über Regierung und über Oppo­sition ent­scheiden. In der Ver­gan­genheit bestand nach den Wahl­er­geb­nissen immer eine gewisse Aus­sicht auf eine Lager­bildung mit ent­spre­chender Regie­rungs­bildung: hie das bür­ger­liche, eher kon­ser­vative Lager – da das links­li­berale oder sozia­lis­tische. Seltene Aus­nahmen bestä­tigten die Regel.

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Über­wiegend war und ist immer noch eine Mehrheit des „bür­ger­lichen Lagers“ fest­zu­stellen, was unser­einen beru­higen möchte.

Als die FDP aus dem Bun­destag flog, kam es zur großen Koalition, die im Grunde von beiden Seiten nicht geliebt wurde.
Derzeit – und es war 2017 schon so, haben CDU/CSU und FDP und – was natürlich ver­drängt wird – mit der AfD eine aus­rei­chende „Lager­mehrheit“; sofern die FDP nicht wieder unter 5 % „abschmiert“, dazu die aktuelle Tal­fahrt der Grünen anhalten möchte. Unab­hängig von jeg­lichem Trend wird es jedoch höchst­wahr­scheinlich wieder einen CDU-Kanzler geben. Also blickt man auf die Per­sonen, welche die Nach­folge der „ewigen Kanz­lerin“ antreten sollen.

Per­so­nalien 

Der Weg dahin soll über das Amt des Par­tei­vor­sit­zenden der CDU führen. Nach den aktu­ellen Umfra­ge­trends grätscht da aber ein CSU-ler dazwi­schen. Nach dem letzten Runen­orakel ist Söder der einzige Unions-Macker, welcher gewis­ser­maßen „papabile“ wäre, um andere aus dem Feld zu schlagen. Söder gegen Scholz, Söder gegen Habeck oder Baerbock usw., Laschet, Merz und Röttgen würden gegen Söder deut­lichst „abloosen“.

Bleiben wir bei den Spe­ku­la­tionen um den nächsten CDU-Vor­sit­zenden – oder -„Sit­zende“.

Laschet hat sich mit seinem schwachen und unge­schickten Lavieren in der Corona-Krise  selbst aus­ge­schlossen. Gut so, denn der Lascho aus NRW erschien nicht nur mir als der unap­pe­tit­lichste Wie­der­gänger von Merkel.

Merz prä­sen­tierte sich zuletzt immer als Schein­riese und wird sogar von seinen bis­he­rigen Sym­pa­thi­santen immer mehr als „fal­scher Fuff­ziger“ erkannt. Ich setzte auch mal Hoff­nungen in Merz. Aber wer sich den Grünen an den Hals wirft, kann nur ein Ver­räter an einer frei­heit­lichen und sozialen Markt­wirt­schaft sein, wie er auch durch jüngste Betrach­tungen zur Wirt­schafts­po­litik bestätigt. Weg mit diesem Machtschleimer!
In die gleiche Kate­gorie fällt Röttgen, einstmals „Muttis Klügster“. Eine solche Fir­mierung ist aber für viele schon ein starkes Ausschlusskriterium.

Spahn? Der hat sich auch nicht unbe­dingt als der große Macher und Durch­blicker erwiesen, und hat er nicht sein Schicksal an den Laschen aus NRW geknüpft?

Der CDU – damit deren Dele­gierten und Man­dats­trägern – ist nicht zu trauen. Es kann durchaus sein, dass irgendein Kasper aus der Kiste wie Ralph Brinkhaus, oder ein besonders Grünen-kom­pa­tibler Heini – Pardon: Daniel – aus dem hohen Norden plötzlich nach oben gehievt wird.

Den CDUlern ist alles zuzu­trauen, sogar, dass sie die Von der Leyen (re)aktivieren oder gar, wenn Söder abspringt, auch die Merkel inständig nochmal um eine erneute Kanz­ler­kan­di­datur ankriechen. Letz­teres könnte nur durch ein ehr­liches medi­zi­ni­sches Bul­letin ver­hindert werden.

Aktuell ist ja eine wider­liche Schleimtour von Söder bei Merkel zu beob­achten. Die NZZ faselt schon: „Königin Angela und Kron­prinz Markus“. Der Zit­teraal wird von Söder in einer Kutsche durchs Land kar­riolt und am Dienstag (14. Juli) findet eine Kabi­netts­sitzung mit Ehrengast Angela Merkel im prunk­vollen Spie­gelsaal von Schloss Her­ren­chiemsee statt. Will sich Söder dort von Merkel die Salbung zum Kanz­ler­kan­di­daten der Union abholen? Oder führt der „größte Kotz­brocken der deut­schen Poli­tik­szene“ anderes im Schilde, heckt neue „Schmut­ze­leien“ aus?

Wahl- und Macht­stra­te­gische Überlegungen

Unab­hängig von den ent­schei­denden und eigentlich erbärm­lichen Per­so­nalien ist letztlich die Wahl­arith­metik entscheidend.

„Nach den Wahlen 2009 im Saarland und 2019 in Bremen gab es weder für Rot-Rot noch für Schwarz-Gelb eine Mehrheit. Im ersten Fall votierten die Grünen für ein Bündnis mit der CDU und der FDP, im zweiten Fall für eines mit der SPD und der Partei Die Linke. Die Grünen hatten sich vor der Wahl jeweils bedeckt gehalten. Und bei der Bun­des­tagswahl 2021 droht erneut ein solches Sze­nario. Damit wären die Grünen das, was die Libe­ralen nie waren: das Zünglein an der Waage!“  So der Poli­tologe Eckardt Jesse – und: „Ent­wertet ist so die Stimme des Wählers. Dieser muss aber das «letzte Wort» behalten.“

Der Wähler hat z.B. der AfD fak­tisch ein „Mit­spra­che­recht“ ein­ge­räumt, das aber von den „Edel-Demo­kraten“ im Bun­destag igno­riert wird.

Wie es aus­sieht, wird wohl die AfD eher im Bun­destag ver­bleiben, als man das für die FDP pro­gnos­ti­zieren könnte. Bleibt die FDP über 5%, ergäbe sich, wie schon erwähnt, eine gewisse sichere bür­ger­liche Lagermehrheit.

Die AfD wird man weiter am Kat­zen­tisch sitzen lassen und pro­pa­gan­dis­tisch verteufeln.
Es sei aber die Über­legung erlaubt, warum keine Min­der­heits­re­gierung  – auch unter gele­gent­licher Duldung der AfD? Das sei einfach mal so dahin gesagt.

Bei allen Ver­laut­ba­rungen von poten­ti­ellen „Kanz­ler­kan­di­daten“ der CDU hat das aber wohl keine Chance auf Bil­ligung. Und Min­der­heits­re­gie­rungen haben in der Bun­des­re­publik Deutschland keine Tra­dition und erfahren törich­ter­weise auch keine Akzeptanz, bei Par­tei­po­li­tikern wie von Politikwissenschaftlern.

Die macht­stra­te­gi­schen Auspizien sind nicht hoff­nungs­stimmend. Die Grünen, der mar­xis­tisch-sozia­lis­tische, poli­tische „Flug­zeug­träger“ des neuen Deutsch­lands, werden wohl die Geschicke unseres Landes noch mehr als schon bisher bestimmen und umkrempeln.

Es sei denn, die CDU besinnt sich endlich und tat­sächlich auf ihre eigent­lichen anti­so­zia­lis­ti­schen Tra­di­tionen und Werte.

Große Hoffnung darf man nicht haben, denn das poli­tische Getriebe und der demo­kra­tische Rahmen haben sich dank des Ver­sagens der Eliten – ich meine eher absichtlich – ele­mentar gewandelt.

Kein Ausweg?

Wir haben einen Tief­punkt der poli­ti­schen Kultur und den Debatten erreicht, einen Tief­punkt der Demo­kratie, an dem sich Poli­tiker, Medien und die „kul­tu­rellen Eliten“ hem­mungslos betei­ligen. Den „Mäch­tigen“ geht es nicht mehr um das Große und Ganze und das Eigene von Volk, Staat und Gesell­schaft. Nicht mehr um die „Bän­digung des Levia­thans“, nicht mehr darum, „in der Demo­kratie zwi­schen diver­gie­renden und kon­kur­rie­renden Kräften zu ver­mitteln, im „Volk“ für Frieden und Aus­gleich zu sorgen“.

In kom­mu­ni­ka­tiver Inkom­petenz und poli­ti­scher Tollheit wurde eine immer klein­tei­ligere Zer­sie­delung des gesell­schaft­lichen Zusam­men­halts erzeugt. Das Synonym dafür lautet „Iden­ti­täts­po­litik“, die eine gewollte „Alle gegen alle“-Mentalität pro­du­ziert. Es ist das aktuelle und das Zukunfts-Konzept des herr­schenden links­li­be­ralen Milieus.

Man insze­niert „olym­pische Wett­kämpfe in der Dis­ziplin Dis­kri­mi­nierung … , in denen sich ein­schlägig Betroffene um die Spit­zen­ränge in der Opfer­hier­archie streiten.“ schreibt ein Kom­men­tator, und „Her­vor­ste­chendes Merkmal in diesen iden­ti­täts­po­li­ti­schen Gefechten ist der Allein­ver­tre­tungs­an­spruch der eigenen Wahrheit, mit der jede gesell­schaft­liche Debatte im Keim erstickt werden soll“.

Die SPD liefert das Para­de­bei­spiel für diesen Wandel. Sie hat sich von ihrer eigent­lichen „Man­dant­schaft“ und Wählern abge­wandt. Arbeiter und wirklich sozial Benach­tei­ligte inter­es­sieren nicht mehr. Aus dem Klas­sen­kampf des 19. und 20. Jahr­hun­derts hat man sich in die glo­ba­li­sierte Iden­ti­täts­po­litik begeben.

„Struk­tu­relle Dis­kri­mi­nierung, struk­tu­reller Ras­sismus – so reden linke Macht­men­schen, die mit meta­phy­si­schen Phrasen die Dis­kurs­hoheit erobern wollen“. Um neue Wäh­ler­schichten zu erschließen, beteiligt man sich aktiv an dem Bemühen, immer neue Pro­blem­gruppen zu defi­nieren, die dann mit pro­pa­gan­dis­ti­scher Auf­merk­samkeit, För­der­geldern und durch sozi­al­de­mo­kra­tische Minis­te­rinnen und beamtete Dis­kri­mi­nie­rungs­be­auf­tragte bei Laune gehalten werden. Man bemüht sich um Schwule, Lesben und „Trans­gen­derte“, die klas­sische Familie wird geächtet und bekämpft, wie der „alte weiße Mann“. „Schwarze Leben“ und migran­tische „Benach­tei­ligte“ haben Vorrang vor allen anderen. Mit Ein­griffen in die Hoch­schul- und Bil­dungs­po­litik werden Bekloppte, Rechen‑, Lesen- und Recht­schreib-Schwache als för­de­rungs­würdig hoch­ge­puscht, intel­li­gente und geschickte Schüler und „Stu­die­rende“ im Abseits gelassen. So wie es Methode wurde, alle wirk­lichen Leis­tungs­träger in Wirt­schaft, Wis­sen­schaft und Gesell­schaft zurückzusetzen.

Die angeblich kon­ser­vative Union betei­ligte und beteiligt sich unter Merkels Ägide aktiv an dem Regelwerk eines gesell­schaft­lichen Desasters.

Allen poli­ti­schen Par­teien kann man inzwi­schen unter­stellen, man möchte am liebsten Bertold Brechts rigo­rosem Rat folgen, das eigene Volk auf­zu­lösen und ein anderes zu wählen, wenn in Ein­stimmung des von ihnen Vor­ge­ge­benen das nicht gelingt.

Wirt­schaft­liche Sta­gnation, wach­sende soziale Spaltung und „pro­gressive“, wei­terhin über­wie­gende iden­ti­täts­po­li­tische Pro­jekte, die den Wähler eigentlich am Aller­wer­testen vor­bei­gehen müssten, werden wohl die Politik über 2021 hinaus bestimmen. Wenn es nicht zu grund­sätz­lichen Ein­sichten und Wen­dungen kommt. Wenn nicht auch hier sich die Masse der Wähler dem ver­ach­teten „Rechts­po­pu­lismus“ zuwendet.

Leider ver­misst man hier häufig kon­krete poli­tische Vor­schläge als pro­gressive Alter­na­tiven zum herr­schenden poli­ti­schen, tech­no­kra­ti­schen Status Quo, der von den Krallen der herr­schenden Kama­rilla fest­ge­halten wird.

Reichen ideelle For­de­rungen nach Sinn und Zusam­menhalt unter Berufung auf eigentlich unver­gäng­liche Werte aus? Sowie nach Eliten, die nicht „kos­mo­po­li­tisch-mobil“, sondern an einen kon­kreten Ort – und somit an das Schicksal nor­maler Men­schen – gebunden sind?

Man denke darüber nach, was wird unsere Kinder und Enkel ereilen?
Sie werden diese ver­hält­nis­mäßige „Tran­quil­lität“ und Fried­fer­tigkeit, die – cum grano salis – unsere Gene­ration erleben durfte, nicht mehr am eigenen Leib erfahren. Ohne dies in einen abso­luten Wert erheben zu wollen.

Was wird mit den so selbst­ver­ständ­lichen ange­se­henen Frei­heits­rechten wei­terhin geschehen?

Man denke darüber nach, wie werden wir noch oder unsere Nach­fahren mit dieser gege­benen „Ver­fasstheit“ umgehen – umgehen können oder wollen? Artikel 20 des Grundgesetzes:

(1) Die Bun­des­re­publik Deutschland ist ein demo­kra­ti­scher und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staats­gewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstim­mungen und durch besondere Organe der Gesetz­gebung, der voll­zie­henden Gewalt und der Recht­spre­chung ausgeübt.

(3) Die Gesetz­gebung ist an die ver­fas­sungs­mäßige Ordnung, die voll­zie­hende Gewalt und die Recht­spre­chung sind an Gesetz und Recht gebunden.

Und besonders damit:

(4) Gegen jeden, der es unter­nimmt, diese Ordnung zu besei­tigen, haben alle Deut­schen das Recht zum Wider­stand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist. 

Man kann nicht anders, als in eine Falle zu tappen: Was „diese Ordnung“ ist, bestimmen die Herr­schenden. Wir haben es zuhauf erfahren können, die Um- oder Ent­wertung von ver­fas­sungs­gemäß „garan­tierten“ Werten.

Es wird noch gefähr­licher werden – auch für Leib und Leben – als schon bisher, sich dem Diktat der herr­schenden Politik und deren Inter­pre­tation von unseren Grund­rechten wider­setzen zu wollen.

Und so habe ich mich schon mehrfach gefragt, ob nicht „der Waldgang“ – das „geistig-poli­tische Par­ti­sa­nentum“ – die bessere Alter­native ist, als das Ein­treten für einen öffent­lichen und aggres­siven Wider­stand; zumindest für meine Gene­ration, die ohnehin bald abtreten wird.

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„altmod“ ist Facharzt und Blogger (http://altmod.de/) sowie seit vielen Jahren Kolumnist bei conservo


Dieser lesens­werte Beitrag erschien zuerst auf dem Blog von Peter Helmes – www.conservo.wordpress.com