Schon im Juni verkündete das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe stolz: „#Warntag2020 kommt!“, als stünde ein großes Fest bevor. Die Freude des von einem Warnmodus in den anderen gehetzten Bürgers hält sich aber in Grenzen. Nach Klima-Alarm und FFF-Umzügen, Corona-Pandemie, Lockdown, Wirtschaftseinbruch und der vagen Drohung mit Zwangsimpfungen, kann angesichts der Tatsache, dass der erste Warntag seit 30 Jahren stattfindet, so keine rechte Begeisterung aufkommen. Warum jetzt plötzlich wieder nach so langer Zeit? Was ist da im Busche?
Die Pressemitteilung auf der offiziellen Seite des Ministeriums gibt da auch keine befriedigende Auskunft. Der Warntag wird „aufgrund eines Beschlusses der Innenministerkonferenz“ ab jetzt jährlich durchgeführt. Der erste Bundeswarntag findet heuer am 10. September statt und von da ab an jedem zweiten Donnerstag im September um 11:00 Uhr zeitgleich in allen Bundesländern und Kommunen:
„Auf Grundlage eines Beschlusses der Innenministerkonferenz wird der bundesweite Warntag ab dem Jahr 2020 jährlich an jedem zweiten Donnerstag im September stattfinden. Er soll dazu beitragen, die Akzeptanz und das Wissen um die Warnung der Bevölkerung in Notlagen zu erhöhen und damit deren Selbstschutzfertigkeiten zu stärken. Die Wichtigkeit und Aktualität des Themas Warnung zeigt sich auch durch die Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus in diesem Jahr.“
Im schönsten Politikersprech ist auch hier „Corona“ der Anlass für den ab jetzt jährlichen Warntag. Wie viele Jahre will man eigentlich noch vor der X‑ten, nicht auftretenden „Corona-Welle“ warnen? Also, lieber Bundesbürger, nicht erschrecken, es geht nur wieder um eine neue Variante der Corona-Panik? Oder ist der Grund für die plötzlich auferstandene Wachsamkeit ein ganz anderer?
Also, am 10. September werden wir das Warnen üben. Da ist richtig Party: Sirenen, Lautsprecherautos, Radio, Fernsehen, Handy-Apps und sogar soziale Medien werden uns gemeinsam warnen. Um 11:00 Uhr wird eine Probewarnung an alle „Warnmultiplikatoren“ wie Rundfunksender und App-Server geschickt, die am Modularen Warnsystem MoWaS des Bundes angeschlossen sind. Wir sollen damit für die „Warnung vor Notlagen sensibilisiert“ werden.
Natürlich und ohne Frage braucht jeder Staat, jedes Land einen Zivil- und Katastrophenschutz und den haben wir seit 1950 in Deutschland. Bis vor ca. dreißig Jahren wurde der auch immer wieder mit Übungen trainiert. Aber irgendwie ist das in den Städten, wo es am dringendsten wäre, komplett eingeschlafen.
Landratten wie ich kennen die Sirenenübungen aber heute noch als ganz normalen Alltag. Einmal im Monat, Samstags, 11:45 Uhr jault die Sirene auf dem Backes, dem alten Dorfbackhaus, das immer noch zum Backesfest in Betrieb ist. Die Nachbardörfer stehen mit in der Schlange um das leckere, frische Brot aus dem alten Steinofen. Die kleine Glocke im Türmchen auf dem Backesdach ist auch immer noch ein Teil des Dorflebens. Wenn jemand im Dorf stirbt, wird sie geläutet und die Leute kommen dort zusammen und sprechen darüber. Donnerstags gibt es im Backes Kaffee und Kuchen (selbstgebacken) und einen kleinen, mobilen Markt, und ansonsten haben vor allem die jungen Leute da abends ihren Treffpunkt, spielen Karten, schauen Filme oder Fußball. Wenn der Strom oder das Wasser wegen Bauarbeiten, Reparaturen oder Rohrerneuerungen abgestellt wird, fährt ein Lautsprecherwagen durch die beiden Straßen des Dörfchens. Brennt es irgendwo, gehen rundherum in den Dörfern die Sirenen an und die Männer und Frauen der Feuerwehr lassen alles stehen und liegen und stürzen ins Spritzenhaus. Das funktioniert hier immer noch prima.
Die wenigsten wissen heute noch, welche Sirenensignale was bedeuten. Damit kein Missverständnis entsteht und die Leute aufgeschreckt werden, beginnt der Probealarm immer mit Entwarnung. Danach werden die verschiedenen Alarme der Reihe nach abgespielt.
Auf dem Land ist die Sirenendichte noch einigermaßen ausreichend. Aber nach 1989 wurden viele Sirenen aus Kostengründen abgebaut und das Netz ist von 80.000 Sirenen auf heute 15.000 reduziert worden. Der Grund dafür war meistens, dass bis 1989 der Bund die Sirenen betrieb und wartete, danach mussten die Kommunen dafür aufkommen. Heute werden sie eigentlich nur noch zur Alarmierung der Feuerwehr benutzt.
Ein gut funktionierendes, wirklich flächendeckendes Netz zur Alarmierung der Bevölkerung im Falle einer Katastrophe gibt es nicht mehr. Dazu kommt, dass eine nicht geringe Anzahl von Sirenen nicht mehr mechanisch über eine Schaufelradtrommel, sondern rein elektrisch oder gleich komplett elektronisch betrieben werden. Viele davon verfügen statt über einen alternativen Handbetrieb nur über einen Notstromgenerator, der allerdings Treibstoff braucht. Bei länger andauernden Katastrophenlagen könnte das ein Problem werden. Schon jetzt ist klar: Nicht überall sind die Sirenen überhaupt in der Lage, an dem Warntag teilzunehmen. In Thüringen sind von 2.300 Sirenen nur 280 dafür ausgerüstet.
Diese Nachlässigkeit könnte, wenn es wirklich zu größeren Problemen kommt, sehr gefährlich werden. In Österreich sind alle Gemeinden mit Sirenen ausgestattet und testen das Sirenennetz auch kontinuierlich. Es ist also keine schlechte Sache, auch in Deutschland wieder für eventuelle Notlagen gerüstet zu sein. Zumal die Sirene unübertroffen in der Schnelligkeit ihrer Wirkung ist. Die Menschen hängen nicht ständig am Radio oder Fernsehen und im Notfall bekämen viele überhaupt nichts mit. Eine Sirene ist sofort sehr weit und sehr hörbar sehr präsent und alle werden sofort in Echtzeit alarmiert. Radio, Fernsehen und Smartphone-Apps sind der zweite Schritt (falls sie noch funktionieren), um sich genauer zu informieren. Und: Sirenen funktionieren auch bei Stromausfall (außer den elektrisch und elektronischen). Daher sind viele Kommunen doch wieder dazu übergegangen, neue Sirenen zu installieren.
Es ist ja grundsätzlich sehr zu begrüßen, dass der allgemeine Bevölkerungs- und Katastrophenschutz wieder besser aufgestellt wird, was auch die Pflicht und Schuldigkeit einer Regierung ist. Nur fragt man sich leicht beklommen, warum jetzt plötzlich dieser Eifer? Worauf müssen wir uns einstellen? Geht man davon aus, dass es auf dem Hintergrund des sichtbaren Zerfalls des Weltfinanzsystems, der EU, der an vielen Orten auf der Welt ausbrechenden Revolten und Unruhen zu Notlagen oder gar zu einem Krieg, vielleicht sogar einem Dritten Weltkrieg kommen könnte?
In jedem Fall kann man jedem nur empfehlen, sich mit Vorräten, Wasser, Medikamenten und Sicherheitsmaßnahmen für den offenbar gar nicht mehr so unwahrscheinlichen Notfall vorzubereiten.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.