Steu­er­freier Corona-Bonus für Tau­sende Bun­destag-Mit­ar­beiter – als „Abmil­derung“ für Mehrbelastung

Bis zu 600 € steu­erfrei bekommen nach Beschluss des Ältes­ten­rates des Bun­des­tages ungefähr 4.500 Mit­ar­beiter der ins­gesamt 709 Bun­des­tags­ab­ge­ord­neten – und das noch direkt im Dezember. Während zig­tausend Unter­nehmer und Selb­ständige jetzt noch auf die Novem­ber­hilfen warten, die die exis­tenz­ge­fähr­denden Corona-Ein­däm­mungs­maß­nahmen zumindest etwas abfedern sollen, klappt das bei den Mit­ar­beitern des Bun­des­tages ratzfatz.

Der Ältes­tenrat habe beschlossen, so die Augs­burger All­ge­meine, die tarif­ver­trag­lichen „Rege­lungen für Beschäf­tigte des Bundes“ auch auf die Mit­ar­beiter der Bun­des­tags­ab­ge­ord­neten zu über­tragen und eine „Corona-Son­der­zahlung“ zu gewähren. Dieser warme Geld­regen werde sich jeweils zwi­schen 300 und 600 Euro bewegen. Sogar Azubis bekommen 200 Euro.

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Das würden wir den Mit­ar­beitern der Abge­ord­neten ja von Herzen gönnen, sind sie doch nicht selten im Dau­er­stress und müssen auch viele Wochen­enden zur Ver­fügung stehen, wenn Ihr Abge­ord­neter zu irgend­welchen Ein­wei­hungen, Reden, Ehrungen etc. muss. Doch genau das findet in der Coro­nazeit eher weniger statt. Man muss zur Ehren­rettung der beschenkten Mit­ar­beiter sagen, dass sie – laut Augs­burger All­ge­meine – „eher befremdet, als ent­zückt“ darüber sind, dass ihnen wegen grö­ßerer Belas­tungen ein Bonus gezahlt wird. Größere Belas­tungen gab es nämlich nicht wirklich, finden die Mit­ar­beiter. Sie sehen selbst, dass andere Berufs­sparten deutlich mehr Anrecht auf eine außer­or­dent­liche, steu­er­freie Zulage hätten, wie medi­zi­ni­sches Per­sonal, Ver­käu­fe­rinnen und viele andere Berufe, denen die Situation besondere Anfor­de­rungen auferlegt.

Vor­schläge von Sozi­al­ver­bänden, den HartzIV- und Sozi­al­hilfe-Emp­fängern ein bisschen Weih­nachtsgeld in den harten Coro­na­zeiten zu gönnen, wurden als „unan­ge­messen“ abgelehnt.

Die Augs­burger All­ge­meine bezieht sich ihrer­seits auf ein Schreiben von Bun­des­tags­prä­sident Dr. Wolfgang Schäuble an die Abge­ord­neten und deren Mit­ar­beiter. Ein Sprecher des Bun­des­tages sollte wohl wieder einiges gera­de­rücken und ließ wissen, es „handle sich hier lediglich um die wir­kungs­gleiche Über­tragung des Tarif­be­schlusses für Ange­stellte im öffent­lichen Dienst des Bundes. Dies sei — wie bei anderen tarif­lichen Rege­lungen auch — erfor­derlich gewesen, da die Mit­ar­beiter formal nicht zum öffent­lichen Dienst gehören, sondern befristete Arbeits­ver­träge mit den ein­zelnen Abge­ord­neten haben.“

Ich bin jetzt kein Arbeits­rechtler …, aber wenn die Mit­ar­beiter der Bun­des­tags­ab­ge­ord­neten befristete Arbeits­ver­träge per­sönlich mit den ein­zelnen Abge­ord­neten haben, dann sind sie eben nicht Ange­stellte im öffent­lichen Dienst. Und „wir­kungs­gleiche Über­tragung“ ist ein schönes Wort dafür, dass man ihnen einen Bonus gewährt, auf den sie rechtlich kei­nerlei Anspruch haben. Das Rei­ni­gungs­per­sonal im Bun­destag, das wahr­scheinlich sogar von einer öffent­lichen Stelle bezahlt wird, gehört auch nicht zu den Öffentlich Bediensteten.

Außerdem haben die derart beschenkten Abge­ord­neten-Mit­ar­beiter ja unmiss­ver­ständlich kom­mu­ni­ziert bekommen, es handle sich um eine „Abmil­derung der zusätz­lichen Belas­tungen durch die Corona-Krise“ und nicht um eine „wir­kungs­gleiche Über­tragung des Tarif­be­schlusses für Ange­stellte im öffent­lichen Dienst“. Es macht ganz den Ein­druck, dass hier der Öffent­lichkeit wieder etwas vor­ge­schwurbelt wird.

Respekt vor den Bun­des­tags­mit­ar­beitern, die noch soli­da­risch mit den Bürgern ver­bunden sind und das „Abgreifen“ trotz wesentlich klei­nerer Gehälter als die Poli­tiker nicht mit­spielen. Viele twittern jetzt, dass sie das weder gefordert noch erwartet haben, und es auch nicht gut finden. Sie wollen das Geld nicht behalten. Im Ver­gleich zu Kranken- oder Alten­pflegern habe für sie oft die Mög­lichkeit bestanden, bequem im Home­office zu arbeiten: Wir haben das nicht gefordert“, sagte der Abge­ord­ne­ten­mit­ar­beiter der Zeitung. „In unserem Büro über­legen wir jetzt, das Geld für einen wohl­tä­tigen Zweck zu spenden.“

Danke, Mit­bürger!