Die Tötung eines Atom­wis­sen­schaftlers kann unzählige Leben retten

Mit unfehl­barer Vor­her­seh­barkeit ver­ur­teilten der außen­po­li­tische Sprecher der EU, Peter Sano, und andere euro­päische Iran-Appeaser die gezielte Tötung des ira­ni­schen Atom­wis­sen­schaftlers Mohsen Fakhrizadeh am 27. November. Damit zeigten sie eine scho­ckie­rende Miss­achtung des Todes, der Zer­störung und des Leids, das das tota­litäre ira­nische Regime unter Aus­nutzung des ver­häng­nis­vollen Fach­wissens von Mohsen Fakhrizadeh vor­aus­sichtlich ver­ur­sachen würde.

(von Richard Kemp)

Von der anderen Seite des Atlantiks schloss sich ihnen u.a. der ehe­malige CIA-Direktor John O. Brennan an, der die Tötung als “staatlich geför­derten Ter­ro­rismus” und “eine fla­grante Ver­letzung des Völ­ker­rechts” bezeichnete. Dennoch befand sich John O. Brennan 2011 im Lageraum des Weißen Hauses, als die USA eine Ope­ration zur Tötung Osama bin Ladens auf paki­sta­ni­schem Hoheits­gebiet star­teten. Ver­mutlich hat er Prä­sident Barack Obama nicht ins Ohr geflüstert, dass SEAL-Team Sechs das Völ­ker­recht ver­letzen würde.

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Als Obamas Berater bei der Ter­ro­ris­mus­be­kämpfung und dama­liger Direktor der CIA führte Brennan auch den Vorsitz und recht­fer­tigte öffentlich ein umfang­reiches Pro­gramm gezielter Tötungen der CIA durch Droh­nen­an­griffe in Pakistan, Afgha­nistan, Libyen, Somalia, Jemen und anderswo. Einige Jahre zuvor hatte ich mich mit Herrn Brennan getroffen, als er den Nutzen und die Legi­ti­mität von gezielten Tötungen von Ter­ro­risten pries.

In einem offen­sicht­lichen Versuch, seine jetzige Haltung mit seinen Rollen und seiner mora­li­schen Position während seiner Regie­rungszeit in Ein­klang zu bringen, beschrieb Brennan die Eli­mi­nierung von Herrn Fakhrizadeh als “sehr anders als Anschläge gegen Ter­ro­ris­ten­führer und Mit­ar­beiter von Gruppen wie Al Qaida und Isla­mi­scher Staat”.

Obwohl er diese gezielte Tötung für illegal erklärte, scheinen sich Herrn Brennans Ein­wände eher auf die Furcht vor der “töd­lichen Ver­geltung & einer neuen Runde regio­naler Kon­flikte” zu kon­zen­trieren, die er für wahr­scheinlich hält. Es gibt auch den offen­sicht­lichen Subtext, der von vielen anderen Linken geteilt wird, nämlich die Sorge, dass dieser Angriff die Rückkehr der Biden-Regierung zum JCPOA-Nukle­ardeal mit dem Iran pro­ble­ma­ti­scher macht.

Die Per­spektive von Herrn Brennan fasst den häu­figsten Einwand gegen das gezielte Töten in der heu­tigen Zeit zusammen. Es geht dabei weniger um die oft umstrittene Recht­mä­ßigkeit eines solchen Vor­gehens – gezieltes Töten im Krieg war nie absolut völ­ker­rechtlich ver­boten – als vielmehr um die Recht­mä­ßigkeit, Moral oder Zweck­mä­ßigkeit der Außen­po­litik, in deren Rahmen solche Tech­niken durch­ge­führt wurden.

Dies wie­derum führt zu Mei­nungen darüber, was Krieg ist und was nicht, und über den Status von staat­lichen gegenüber nicht­staat­lichen Akteuren. Herr Brennan sagt, dass gezielte Tötungen gegen ille­gitime Kom­bat­tanten, d.h. ter­ro­ris­tische Agenten, aber nicht gegen Beamte sou­ve­räner Staaten in Frie­dens­zeiten recht­mäßig sind, mit der Impli­kation, dass sich die Täter in diesem Fall nicht im Krieg mit dem Iran befanden.

Damit soll die Rea­lität miss­ver­standen werden, dass Krieg nicht mehr als defi­nierte Zeit­räume von Feind­se­lig­keiten gesehen werden kann, die durch weit­räumige Waf­fen­be­we­gungen über die Ebenen, große See­schlachten und Luft­kämpfe am Himmel gekenn­zeichnet sind. Statt­dessen sind die Grenzen zwi­schen Frieden und Krieg absichtlich ver­wischt worden, und zwar von Ländern wie dem Iran und Russland, die ihre Feinde oft mit Stell­ver­tretern schlagen, sowie von nicht­staat­lichen Akteuren wie dem isla­mi­schen Staat und Al Qaida, die über eine bei­spiellose Fähigkeit zu glo­baler Gewalt verfügen.

Unter dem Motto “Tod für Amerika” befindet sich der Iran seit der isla­mi­schen Revo­lution von 1979 im Krieg mit den USA, Israel und ihren west­lichen Ver­bün­deten und benutzt Stell­ver­tre­ter­gruppen, um Hun­derte von Ame­ri­kanern im Irak, in Afgha­nistan, im Libanon und an anderen Orten zu töten und Ter­ror­an­schläge im gesamten Nahen Osten, in Europa, den USA und Latein­amerika zu verüben. Der Iran unter­stützt das mör­de­rische Regime von Prä­sident Baschar Assad in Syrien, leistet dem isla­mi­schen Staat und den Taliban mate­rielle Hilfe und hat absichtlich hoch­rangige Al-Qaida-Führer beher­bergt und unter­stützt, von denen einer, Abu Muhammad al-Masri, Mitte November in Teheran getötet wurde.

Der Iran hat einen lang­fris­tigen kon­zer­tierten Krieg gegen Israel mit der erklärten Absicht geführt, den jüdi­schen Staat zu eli­mi­nieren. Er hat Angriffe aus dem Gaza­streifen, dem Libanon und Syrien, innerhalb Israels und gegen israe­lische Bürger und Regie­rungs­beamte außerhalb der Region finan­ziert und geführt. Er hat einen aus­ge­dehnten Rake­ten­komplex im Süd­li­banon gebaut und viele Tau­sende von Raketen auf Israel gerichtet. Er hat ver­sucht, eine Ope­ra­ti­ons­basis in Syrien auf­zu­bauen, von der aus er Israel angreifen kann. Er hat einen Auf­stand im Jemen geschürt, finan­ziert und bewaffnet, von dem aus er einen Stell­ver­tre­ter­krieg gegen Saudi-Arabien führen will. Er hat auch Drohnen- und Marsch­flug­kör­per­an­griffe auf sau­dische Ölein­rich­tungen gestartet.

Dieser jahr­zehn­te­lange globale Krieg wird vom ira­ni­schen Korps der Isla­mi­schen Revo­lu­ti­ons­garden (IRGC) orga­ni­siert und kon­trol­liert, dessen ehe­ma­liger Kom­mandeur der Quds Force, Qasem Sol­eimani, im Januar in Bagdad durch einen US-Droh­nen­an­griff getötet wurde. Das IRGC wird von den USA und meh­reren anderen Ländern als ter­ro­ris­tische Orga­ni­sation bezeichnet. Herr Fakhrizadeh war Bri­ga­de­ge­neral im IRGC und damit nicht nur ein hoch­ran­giger mili­tä­ri­scher Befehls­haber in einem Land, das sich mit den USA und seinen Ver­bün­deten im Krieg befindet, sondern auch ein geäch­teter inter­na­tio­naler Terrorist.

Er war jedoch viel mehr als das. Er war der Gründer und lang­jährige Direktor des ille­galen ira­ni­schen Atom­waf­fen­pro­gramms, das vom IRGC kon­trol­liert wird. Die Inter­na­tionale Atom­energie-Orga­ni­sation der UNO (IAEA) bestä­tigte, dass er das unter dem Namen Amad bekannte Pro­gramm leitete, das die Ent­wicklung von Atom­waffen unter dem Deck­mantel eines zivilen Ener­gie­pro­jekts anstrebte. Amad wurde 2003 ad acta gelegt, aber durch die Orga­ni­sation für defensive Inno­vation und For­schung, SPND, ersetzt, die er bis zu seinem Tod leitete. Die Arbeit von Amad, SPND und anderen ver­deckten Ein­rich­tungen wurde in einem umfang­reichen Nukle­ar­archiv offen­gelegt, das 2018 vom israe­li­schen Mossad in Teheran beschlag­nahmt wurde und zu dem ich im ver­gan­genen Jahr Zugang erhielt.

Die akute Bedrohung durch eine ira­nische Atom­bombe wurde von Prä­sident Obama erkannt, der 2012 ver­sprach, sie zu ver­hindern, not­falls mit mili­tä­ri­scher Gewalt. Wie seine rote Linie betreffs Prä­sident Assads Che­mie­waffen in Syrien löste sich Obamas Zusi­cherung mit der Aus­handlung des JCPOA-Nukle­ar­ab­kommens im Jahr 2015 in ein blasses Rosa auf, das den Weg für das ira­nische Pro­gramm ebnete, anstatt es zu stoppen.

Obamas Besorgnis über die ira­nische Gefahr wurde weltweit von Ländern geteilt, die die Bedrohung nicht nur für den Nahen Osten erkannten, da der Iran die Arbeit an Lang­stre­cken­ra­keten fort­setzte, die einen nuklearen Sprengkopf tragen können. Sie wussten auch, dass das ira­nische Pro­gramm im Nahen Osten ein nukleares Wett­rüsten aus­lösen würde, das jetzt im Gange ist und an dem vor allem Saudi-Arabien, die Türkei und Ägypten beteiligt sind.

Die Furcht vor dem ira­ni­schen Atom­pro­gramm sowie vor der regio­nalen und glo­balen Aggression des Iran war der Haupt­anreiz für die jah­re­lange Zusam­men­arbeit zwi­schen ara­bi­schen Staaten und Israel unter dem Radar – eine Zusam­men­arbeit, die vor kurzem offen zu den Abraham-Abkommen gereift ist. Da Obama die Araber nicht gegen die ira­nische Aggression unter­stützte, sahen sie in Israel das einzige Land, auf dessen Schutz sie sich ver­lassen konnten.

Der Iran wird niemals das, was er als sein abso­lutes Recht betrachtet, ein atomar bewaff­neter Staat zu werden, auf­geben, weder unter dem gegen­wär­tigen noch unter einem künf­tigen Regime. Das Nukle­ar­archiv beweist, dass das Regime zwar kon­se­quent sein Waf­fen­pro­gramm ver­leugnet hat, es aber unter Ver­letzung des 1970 unter­zeich­neten Atom­waf­fen­sperr­ver­trags und trotz seiner Ver­pflich­tungen im Rahmen des JCPOA wei­ter­ge­führt und Maß­nahmen ergriffen hat, um dies auch wei­terhin zu tun. Er hat die IAEO belogen, und das Archiv legt sogar detail­liert dar, auf welche Weise er die Inspek­toren getäuscht hat.

Trotz gegen­tei­liger Behaup­tungen hatte der JCPOA nie vor, einen nuklear bewaff­neten Iran zu ver­hindern, und war auch nicht dazu gedacht, dies zu tun. Seine Ablauf­klauseln bedeu­teten, dass das Abkommen bes­ten­falls den Erwerb von Atom­waffen durch Teheran um einige Jahre ver­zögert und damit den Weg für künftige Gene­ra­tionen in einem weitaus gefähr­li­cheren Kontext geebnet hätte. Jede Rückkehr einer Biden-Regierung zum JCPOA, wie sie von Herrn Brennan und anderen ange­henden Ver­wal­tungs­be­amten vor­an­ge­trieben wird, wird nicht zu einer ver­stärkten, sondern wahr­scheinlich zu einer noch schwä­cheren Ver­ein­barung führen.

Abge­sehen von einem Regime­wechsel mit einem höchst unvor­her­seh­baren Ergebnis lässt das keine Alter­native zu Zwang. Israel beendete 1981 das ira­kische Atom­projekt und 2007 das syrische Projekt durch Luft­an­griffe. Diese wurden sei­nerzeit von den USA und den euro­päi­schen Ländern ver­ur­teilt. Später wurden sie jedoch als ent­schei­dende Schritte für die regionale Sicherheit aner­kannt, als die Invasion Saddams in Kuwait zurück­ge­schlagen und der isla­mische Staat in Syrien zer­schlagen werden musste.

Der Iran hat aus diesen frü­heren Aktionen gelernt, und wirksame Luft­an­griffe gegen sein Atom­pro­gramm wären weitaus schwie­riger und blu­tiger, können aber not­falls nicht aus­ge­schlossen werden. In der Zwi­schenzeit hat sich eine unver­ant­wort­liche Kam­pagne zur Ein­dämmung der ira­ni­schen Nukle­aram­bi­tionen ent­faltet, die Stuxnet und andere Cyber­an­griffe, Sabotage und ver­deckte Aktionen gegen Nukle­ar­an­lagen sowie gezielte Tötungen von Atom­wis­sen­schaftlern umfasst. Die Eli­mi­nierung von Herrn Fakhrizadeh war die jüngste und wohl bedeu­tendste davon, sowohl in Bezug auf Abschre­ckung als auch auf die Ent­ziehung von Fach­wissen. Die poten­tielle Wirk­samkeit dieser Aktionen wurde durch Prä­sident Trumps Kam­pagne der Wirt­schafts­sank­tionen mit “maxi­malem Druck” erhöht. Zusammen haben diese Maß­nahmen die besten Chancen, das ira­nische Atom­pro­gramm zu ver­zögern und seine nicht-nukleare Aggression ein­zu­dämmen, ohne dass es zu kon­ven­tio­nellen Schlägen oder einem offenen Krieg kommt.

Die­je­nigen, die gegen diese Politik argu­men­tieren, ver­stehen nicht die Gefahr, die ein nuklear bewaff­neter Iran für die Region dar­stellt und die Welt glaubt fälsch­li­cher­weise, dass das Pro­gramm mit diplo­ma­ti­schen Mitteln gestoppt werden kann, oder fühlt sich mit der Idee einer nuklear bewaff­neten fana­ti­schen Dik­tatur wohl. Herr Brennan und die euro­päi­schen Befür­worter seines Argu­ments scheinen zu glauben, dass der Iran eher durch Beschwich­tigung und Ver­hand­lungen als durch mili­tä­rische Stärke und poli­ti­schen Willen ein­ge­dämmt werden kann. Dies ist ein Ver­sagen, ent­weder die Psy­cho­logie oder die Ideo­logie der ira­ni­schen Führung zu begreifen. Der von den Befür­wortern der Beschwich­tigung befür­wortete Weg kann nur zu unendlich grö­ßerem Blut­ver­gießen, Gewalt und Leid führen als der Tod eines geäch­teten Ter­ro­risten auf den Straßen des Iran.

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Oberst Richard Kemp ist ein ehe­ma­liger Befehls­haber der bri­ti­schen Armee. Er war auch Leiter des Teams für inter­na­tio­nalen Ter­ro­rismus im Kabi­nettsbüro Gross­bri­tan­niens und ist jetzt als Autor und Redner über inter­na­tionale und mili­tä­rische Ange­le­gen­heiten tätig.


Quelle: gatestoneinstitut.org