Nächster Schritt: Die Steu­er­nummer wird die Überwachungs-Bürger-ID

Was für eine wun­derbare Gele­genheit die Corona-Pan­demie doch für den lie­be­vollen Vater Staat ist. Jeder sorgt sich „wegen Corona“, welchen Sender man auch anschaltet, welches Radio­pro­gramm man hört, welche Zeitung man liest – Corona und Inzi­denz­zahlen von morgens bis abends. In diesem Dau­er­feuer tauchen die Men­schen in die pri­vaten Schüt­zen­gräben ab, und die Bun­des­re­gierung kann unge­stört von ver­fas­sungs­recht­lichen Bedenken und Daten­schutz und fast unbe­merkt den nächsten Schritt in die Über­wa­chungs­ge­sell­schaft glä­serner Bürger tun: Die Steu­er­nummer soll zur all­ge­meinen Per­so­nen­kenn­ziffer auf­ge­blasen werden. Die ganze Sache soll 300 Mil­lionen kosten.

Unter viralem Feu­er­schutz rücken die Büro­kraten vor. Das nächste zu erobernde, stra­te­gische Ziel ist das „E‑Government“ – und das alles wird wie immer hübsch ver­packt. Nein, wie prak­tisch, nein, WIE toll, man kann als viel­be­schäf­tigter, zu Hause ein­ge­sperrter Corona-Bürger jetzt noch mehr Zeit und Lauferei sparen: Die Steu­er­iden­ti­fi­ka­ti­ons­nummer alias dann Bür­ger­nummer soll alles ein­facher und rei­bungs­loser machen. Die ver­schie­densten Ämter können dann im Rahmen des E‑Governments (elek­tro­nische Regierung und Ver­waltung) lustig und nach Belieben die per­sön­lichsten Daten der Bürger unter­ein­ander aus­tau­schen und ein­sehen. Noch diesen Sommer wird ein ent­spre­chender Geset­zes­entwurf auf den Weg gebracht. Das Bun­des­ka­binett wird es wieder alles brav abnicken, wie so vieles, bei dem es eigentlich die Regierung hätte aus­bremsen müssen, wie zum Bei­spiel die letzte Fassung des Infek­ti­ons­schutz­ge­setzes, die erlaubt, dass private Woh­nungen gestürmt werden dürfen, wenn es dem Infek­ti­ons­schutz dient.

Her­aus­ge­kommen ist dieser Plan der Mer­kel­re­gierung durch eine kleine Anfrage der Abge­ord­neten Dr. Kon­stantin von Notz, Luise Amtsberg, Canan Bayram und noch wei­teren Abge­ord­neten der Grünen-Fraktion.

Sie machen in ihrer Anfrage darauf auf­merksam, dass das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt erklärte:

„In meh­reren Ent­schei­dungen erklärte das BVerfG eine sek­tor­über­greifend ver­wendete Per­so­nen­kenn­ziffer für mit der Men­schen­würde nicht ver­einbar und daher für ver­fas­sungs­widrig (BVerfGE 27, 1, 6; 65, 1, 53, 57). Die beson­deren Risiken liegen, je nach Rea­li­sie­rungs­konzept, in der ein­deu­tigen Zuor­den­barkeit innerhalb einer Gruppe, der Ver­knüpf­barkeit aller zu einer Person in den unter­schied­lichsten Daten­be­ständen zu den unter­schied­lichsten Zwecken vor-han­denen Infor­ma­tionen und Daten zu einem umfas­senden Per­sön­lich­keits­profil. Diese Profile sind in ihrer Reich­weite kaum über­schaubar und weit­gehend intrans­parent. Zudem erhöhen sich die Risiken der Bildung aus­sa­ge­kräf­tiger Per­sön­lich­keits­profile, Gefahren von struk­tu­reller Dis­kri­mi­nierung und Miss­brauchs­mög­lich­keiten wie Iden­ti­täts­vor­täu­schungen und Identitätsdiebstahl.“

Und so ganz nebenbei erhöht es auch viel­fältige Mög­lich­keiten, Bürger unter Druck zu setzen. Nicht jeder ist ein Hei­liger, und Men­schen machen Fehler aller Art. Der liebe Gott ver­zeiht, aber das „regis­ter­über­grei­fende Iden­ti­täts­ma­nagement“ nicht. Alles, aber auch ALLES, ob Straf­punkte in Flensburg, Erkran­kungen, eine uralte Vor­strafe, mit Alkohol am Steuer erwischt, unehe­liche Kinder gezeugt, HIV-Positiv, schwul oder divers, mal schwarz gefahren, Steu­er­schulden, Ein­kommen und Ver­mögen, zweimal geschieden … alles ist dann für jeden, der dort hin­ein­schauen darf, ein offenes Buch. Nur können Hacker dann auch unge­stört alle Ihre Daten erbeuten, und zwar kom­plett. Und da Sie mit Ihrer Bürger-ID auch im Internet alles bestellen können, was das Herz begehrt, können das die Hacker gleich bequem von zu Hause mit Ihrer ID machen. Und dann viel Spaß dabei, das zu unter­binden. Ohne neue Steuer-ID geht gar nichts und das dürfte kom­pli­ziert werden.

Aber welch groß­artige Sache für den Staat. Die lückenlose Zusam­men­arbeit der diversen Ämter kann bei der nächsten XY-Pan­de­mie­welle sofort bei der Kenn­zei­chen­er­fassung und den Impf­pässen sowie den bio­me­tri­schen Pässen und der Mobil­funk­ver­bindung nach­schauen, ob Sie denn über­haupt dahin fahren durften, wohin Sie gefahren sind. Oder bei der poli­zei­lichen Video­über­wa­chung von kaum noch statt­fin­denden Demos, ob Sie da dabei waren, wie sie ange­reist sind, wo Sie über­nachtet haben und ob Sie irgendwie beim Finanzamt ungut auf­ge­fallen sind.

Die Grünen Abge­ord­neten beschließen ihre Vor­be­merkung mit:

„Die von der Innen­mi­nis­ter­kon­ferenz offenbar gewünschte all­ge­meine Zusam­men­führung der Infor­ma­tionen und Daten zu Bür­ge­rinnen und Bürgern aus allen unter­schied­lichen öffent­lichen Registern unter der Steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­nummer – Steuer-ID – (vgl. dazu die Vor­gaben aus BFH ZD 2012, 380) wirft hin­gegen mit Blick auf den Miss­brauch von all­ge­meinen Per­so­nen­kenn­ziffern in der jün­geren und jüngsten deut­schen Geschichte gegen die Bevöl­kerung sowie ange­sichts der Risiken für den ver­fas­sungs­recht­lichen Pri­vat­heits­schutz weit­rei­chende Fragen auf. Die von der Innen­mi­nis­ter­kon­ferenz offenbar gewünschte all­ge­meine Zusam­men­führung der Infor­ma­tionen und Daten zu Bür­ge­rinnen und Bürgern aus allen unter­schied­lichen öffent­lichen Registern unter der Steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­nummer – Steuer-ID – (vgl. dazu die Vor­gaben aus BFH ZD 2012, 380) wirft hin­gegen mit Blick auf den Miss­brauch von all­ge­meinen Per­so­nen­kenn­ziffern in der jün­geren und jüngsten deut­schen Geschichte gegen die Bevöl­kerung sowie ange­sichts der Risiken für den ver­fas­sungs­recht­lichen Pri­vat­heits­schutz weit­rei­chende Fragen auf. Dabei bestehen sichere und daten­schutz­freund­liche Alter­na­tiven wie etwa das im Nach­barland Öster­reich rea­li­sierte Konzept bereichs­spe­zi­fi­scher Nummern.“ 

Dabei hat die Regierung und Mutti Merkel, unsere all­seits geliebte Bun­des­kanz­lerin, nur Gutes mit uns im Sinn. In der Antwort der Bun­des­re­gierung steht unter Vorbemerkung:

„Um die inten­siven Digi­ta­li­sie­rungs­an­stren­gungen der Ver­waltung zum Erfolg zu führen, muss gewähr­leistet werden, dass Per­so­nen­ver­wechs­lungen auch in der digi­talen Kom­mu­ni­kation aus­ge­schlossen sind und die zu einer bestimmten Person über­mit­telten Daten ein­deutig zuge­ordnet werden können. Dies kann durch ein regis­ter­über­grei­fendes Iden­ti­täts­ma­nagement als Teil der Regis­ter­mo­der­ni­sierung wahr­ge­nommen werden.“

Wie immer kommt die Beschwich­tigung und die ganze Sache auf Samt­pfötchen einher. „Aber Kin­derchen, es pas­siert doch eigentlich gar nichts Wildes. Nur ein paar kleine Änderungen …“

„Das Vor­haben des regis­ter­über­grei­fenden Iden­ti­täts­ma­nage­ments unter­stützt die Erhaltung der dezen­tralen Regis­ter­land­schaft in Deutschland. Die ein­zelnen Fach­daten zu einer Person werden nicht zusam­men­ge­führt oder anders als bislang gespei­chert. Im Falle eines gesetzlich gere­gelten Daten­aus­tau­sches von Daten einer bestimmten Person zwi­schen zwei Behörden soll zukünftig die steu­er­liche Iden­ti­fi­ka­ti­ons­nummer genutzt werden. Die Regis­ter­mo­der­ni­sierung soll auch die Trans­parenz für die Bür­ge­rinnen und Bürger erhöhen und sehr viel besser sichtbar machen, welche öffent­liche Stelle welcher anderen Stelle wann und zu welchem Zweck Daten zu einer Person über­mittelt hat. Diese Funktion kann von einem zukünf­tigen Daten­cockpit wahr­ge­nommen werden.“

Den ersten Satz sollte man sich mal genau durch­lesen: „Das Vor­haben des regis­ter­über­grei­fenden Iden­ti­täts­ma­nage­ments unter­stützt die Erhaltung der dezen­tralen Regis­ter­land­schaft in Deutschland.“ Das heißt doch, ohne dieses regis­ter­über­grei­fende Iden­ti­täts­ma­nagement hätten wir bald …, ja, was denn? Gleich die absolute Über­wa­chung und den voll­kommen glä­sernen Bürger? Das, was sowieso am Ende und in nicht allzu ferner Zukunft still und leise dann doch kommt?

Ver­schwö­rungs­theorie?

Wohl eher nicht. Denn schon am 3. Juni 2020 ist dieses Vor­haben der Groko bereits auf Seite 10 Punkt 40 „Regis­ter­mo­der­ni­sierung“ eines Papiers „Coro­na­folgen bekämpfen, Wohl­stand sichern, Zukunfts­fä­higkeit stärken“ zu finden. Alles wieder im wun­der­baren Schön­sprech abge­fasst, aber es gibt dort ein paar ver­steckte Bomben, die sich erst beim genaueren Lesen andeuten. Hier wird die beab­sich­tigte Bür­ger­nummer mit dem Kampf gegen Corona und den ganzen, sich daraus erge­benden finan­zi­ellen, gesell­schaft­lichen, wirt­schaft­lichen und gesund­heit­lichen Folgen ver­bunden. Wieder einmal ist „Corona“ das Vehikel für die Trans­for­mation der Gesell­schaft in einen über­mäch­tigen Über­wa­chungs­staat in Warp-Geschwindigkeit.

Ver­fas­sungs­rechtler und Daten­schützer sind zwar auf den Bar­ri­kaden, aber wir wissen alle, dass die Ber­liner Republik es trotzdem durch­ziehen wird. Dazu hat man schließlich den Corona-Horror auf­gebaut. Anfangs regt sich immer Wider­stand, aber der erlahmt halt auch irgendwann und dann ergibt sich der Bürger irgendwann in sein Schicksal. Besonders dann, wenn die Auf­re­gersau „Corona“ jeden Tag durch‘s Dorf getrieben wird.

Heise Online warnte schon im Juni 2007 vor dem Über­wa­chungs­po­tenzial der elek­tro­ni­schen Bürger-ID:

„Das Unab­hängige Lan­des­zentrum für Daten­schutz Schleswig-Hol­stein (ULD) hat das Ver­fahren zur Ein­führung und die Miss­brauchs­mög­lich­keiten der neuen ein­deu­tigen Steu­er­nummer scharf kri­ti­siert. Diese teilt das Bun­des­zen­tralamt für Steuern (BZSt) ab 1. Juli jedem Deut­schen vom Baby bis zum Greis zu. ‚Wegen der steu­er­recht­lichen Relevanz vieler All­tags­vor­gänge von geschäft­lichen Trans­ak­tionen bis zum ein­fachen Bezahlen einer Rechnung wird die neue Steuer-ID all­ge­gen­wärtig sein‘, warnt ULD-Leiter Thilo Wei­chert. ‚Hierüber können dann nicht nur Finanz­ämter, sondern Banken, Aus­kunfteien, Adres­sen­händler, Ver­sand­händler und sonstige Unter­nehmen ihre Daten­be­stände zusam­men­führen.‘ Dies sei zwar ver­boten. Den Daten­schutz­auf­sichts­be­hörden werde es aber ‚prak­tisch nicht möglich sein‘, einen solchen Miss­brauch in Form der Erstellung umfas­sender Per­sön­lich­keits­profile zu verhindern.“

Jetzt, dreizehn Jahre später, klingelt die Über­wa­chungs-Bürger-ID an der Haustür.