Schon letztes Jahr stand Herr Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer unter Druck wegen seiner unglaublich hohen Beraterkosten. Das hat er jetzt nochmal getoppt. All die unglaublichen Millionenkosten für externe Berater sind jedoch eine Mücke gegen den Elefanten an Kosten, die er mit seinem Maut-Projekt in den Sand gesetzt hat. Aber: Minister Scheuer findet das alles absolut in Ordnung und keinen Grund zur Aufregung. Nicht einmal ein Wort des Bedauerns sind ihm diese 700 Millionen wert. Und die läppischen 49 Millionen erst recht nicht.
Der Maut-Skandal beschränkt sich nicht nur auf die ungeheure Summe von 700 Millionen. Herr Minister Scheuer war, wie die Süddeutsche schreibt, „bei der Wahl seiner Mittel nicht gerade zimperlich und scheut auch nicht vor Tricksereien hart am Rande der Legalität zurück. Im Bemühen, vollendete Fakten zu schaffen, werden überhastet Verträge von großer Tragweite unterschrieben. Am Ende ist es der Europäische Gerichtshof, der dem Treiben Einhalt gebietet. Zurück bleibt ein Scherbenhaufen. Die Rechnung in Höhe von 700 Millionen Euro zahlt der Steuerzahler. Der ‚verantwortliche‘ Minister zeigt sich ‚überrascht‘ und wäscht seine Hände in Unschuld. Keine Entschuldigung, kein Zeichen von Reue. In einem Land, in dem solche Politiker ‚Verantwortung tragen‘, braucht man sich über Politikverdrossenheit nicht zu wundern.“
Nun liegen also die Zahlen für 2019 auf dem Tisch. Und siehe da, das Verkehrsministerium hat 48,7 Millionen Euro für externe Berater ausgegeben, was sieben Prozent mehr sind als im Jahr davor. Und der größte Teil dieser Beraterkosten fiel – wen wundert‘s – für die LKW-Maut an, für den Aufbau der Autobahngesellschaft und die blamabel gescheiterte PKW-Maut. Und wenn auch der Minister Scheuer darauf besteht, nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben, überzeugt das fast niemanden wirklich. So ziemlich alle, außer den eigenen Parteigenossen, erheben schwere Vorwürfe gegen den Verkehrsminister:
„FDP-Obmann Christian Jung sagte, Scheuer habe die Vorwürfe nicht entkräften können, dass er und sein Ministerium bei der Pkw-Maut gegen Vergaberecht, Haushaltsrecht und Europarecht verstoßen hätten. SPD-Obfrau Kirsten Lühmann nannte es sehr erstaunlich, dass der Minister zu seinem Leuchtturmprojekt sehr wenig Informationen bekommen haben wolle. Es bestätige sich der Eindruck einer ‚organisierten Verantwortungslosigkeit‘ im Ministerium. ‚Jeder schiebt es auf den anderen, und keiner will es gewesen sein.‘ Linke-Obmann Jörg Cezanne kritisierte, Scheuer habe weitreichende Entscheidungen auf nicht nachvollziehbaren Informationsgrundlagen gefällt.“
Die Grünen nahmen wenig Rücksicht auf die gekränkte Psyche des Verkehrsministers. Deren haushaltspolitische Sprecher, Sven-Christian Kindler stellt die Kompetenzfrage: „Die Kosten für Unternehmensberater und Großkanzleien schießen seit dem Amtsantritt von Andreas Scheuer durch die Decke. Der Minister engagiert für derart viele Projekte private Berater, dass man sich inzwischen fragt, ob er das Haus überhaupt ohne teuren Beistand von außen führen kann.“
Es waren ebenfalls die Grünen, die den Bericht angefordert hatten. Dieser Bericht sei ein Beleg für einen unverantwortlichen Umgang mit Steuergeldern. Der Untersuchungsausschuss zu den Fragen bezüglich der bombastischen Maut-Kosten wird wahrscheinlich noch ein drittes Mal den Herrn Verkehrsminister zu einer Befragung zitieren. Auch hier hat er vor allem in Oliver Krischer als den Obmann der Grünen im Ausschuss einen scharfen Kritiker. Diesmal könnte es um den Mailverkehr des Ministers gehen, ließ Herr Krischer wissen.
Das könnte möglicherweise wieder eine der „Tricksereien“ des Herrn Ministers betreffen und einen veritablen E‑Mails-Skandal bescheren. Die Berliner Zeitung schreibt:
„Krischer hatte mit einer Frage an Scheuer zum Ende der zehnstündigen Befragung für einen Streit im Ausschuss gesorgt. Er hatte Scheuer gefragt, ob dieser aus seinem Mailpostfach gezielt Mails gelöscht habe – und dies mithilfe einer Liste von Suchbegriffen, die ihm zuvor der Sonderermittler des Untersuchungsausschusses übergeben hatte. Scheuer hatte auf die Frage keine Antwort gegeben. Die Sitzung wurde auf Drängen des CSU-Abgeordneten Ulrich Lange erst unterbrochen und dann kurzzeitig nicht öffentlich fortgesetzt.
Oliver Krischer hat Verkehrsminister Scheuer schon öffentlich angezählt:
„‘Er hat gelogen, gegen Gesetze verstoßen und alle Anzeichen systematisch ignoriert‘“ und der letzte Termin sei eine Gelegenheit für den Minister, ‚auch mal eine Beichte abzulegen und seine Fehler einzugestehen.‘ (…) Alle Vorwürfe gegen den Minister hätten sich ‚mindestens bestätigt‘, sagte Krischer. ‚Ich kann an keiner einzigen Stelle Entlastung oder Entkräftung feststellen. Es ist für uns erwiesen, dass Herr Scheuer gelogen hat‘, so der Politiker. Ungereimtheiten gibt es demnach auch bei E‑Mails, die der Verkehrsminister nicht offengelegt haben soll.
Natürlich verteidigt die CDU-Fraktion ihren Minister. CDU-Ausschuss-Obmann Ulrich Lange wirft dem Grünen Krischer vor, verdrehe mit seinem verbalen Rundumschlag bewusst die Fakten und haltlose Vorwürfe würden auch nicht dadurch richtiger, dass man sie in „schrillem Ton“ wiederhole. Das ficht aber Obmann Krischer nicht an. Er ist sich seiner Sache sicher. Er sieht Verstöße gegen das Haushaltsrecht und Vergaberecht als erwiesen.
Minister Scheuer habe vom Bundestag einen Haushaltsrahmen von zwei Milliarden Euro bewilligt bekommen. Das Angebot der Maut-Betreiber habe aber 3 Milliarden betragen. Herr Minister habe die Summen schlau „passend gemacht“, indem bei Aufgaben, die vom Betreiber zu erledigen gewesen wären, der Bund einfach auf „seine Kosten“ ganze Aufgabenkontingente übernommen hatte, was zwar das Betreiber-Angebot um eine Milliarde Euro senkte, aber dennoch vom Bund – und damit dem Steuerzahler – bezahlt wurde. Auf jeden Fall hätte dieser Kostenblock im Bundeshaushalt abgebildet werden müssen, sagt Oliver Krischer. Das sei aber nicht geschehen.
Und es gibt dabei noch einen Verstoß gegen das Vergaberecht, denn Mitbewerber bei dem Auftrag, die ebenfalls so um die drei Milliarden lagen, aber angesichts der Obergrenze von 2 Milliarden ausgestiegen sind, seien um ihre gleiche Chance gebracht worden. Die Trickserei mit den Zwei Milliarden und dem Abwälzen einer Milliarde in den Bundeshaushalt, benachteiligte diese ausgeschiedenen Bewerber.
Das ist aber noch nicht der ganze Ärger. Die Sache geht in die nächste Runde. Die jetzt düpierten Unternehmen Kapsch und Eventim, die mit der Kontrolle der Maut beauftragt werden sollten und das Inkasso übernehmen, fordern für entgangene Gewinne einen Schadensersatz von mehr als 560 Millionen Euro. Diese Forderungen müssen wahrscheinlich in einem Schiedsverfahren geklärt werden.
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