Foto Andreas Scheuer: Wikimedia commons, Glänzend GbR/Alicja Gola Matt, Bildlizenz: CC BY-SA 3.0 DE, Hintergrund: Gemeinfrei, Mautschild: ccnull.de

Wir ham‘s ja: 2019 gab der Bun­des­ver­kehrs­mi­nister 49 Mio. € für Beratung aus

Schon letztes Jahr stand Herr Bun­des­ver­kehrs­mi­nister Andreas Scheuer unter Druck wegen seiner unglaublich hohen Bera­ter­kosten. Das hat er jetzt nochmal getoppt. All die unglaub­lichen Mil­lio­nen­kosten für externe Berater sind jedoch eine Mücke gegen den Ele­fanten an Kosten, die er mit seinem Maut-Projekt in den Sand gesetzt hat. Aber: Minister Scheuer findet das alles absolut in Ordnung und keinen Grund zur Auf­regung. Nicht einmal ein Wort des Bedauerns sind ihm diese 700 Mil­lionen wert. Und die läp­pi­schen 49 Mil­lionen erst recht nicht.

Der Maut-Skandal beschränkt sich nicht nur auf die unge­heure Summe von 700 Mil­lionen. Herr Minister Scheuer war, wie die Süd­deutsche schreibt, „bei der Wahl seiner Mittel nicht gerade zim­perlich und scheut auch nicht vor Trick­se­reien hart am Rande der Lega­lität zurück. Im Bemühen, voll­endete Fakten zu schaffen, werden über­hastet Ver­träge von großer Trag­weite unter­schrieben. Am Ende ist es der Euro­päische Gerichtshof, der dem Treiben Einhalt gebietet. Zurück bleibt ein Scher­ben­haufen. Die Rechnung in Höhe von 700 Mil­lionen Euro zahlt der Steu­er­zahler. Der ‚ver­ant­wort­liche‘ Minister zeigt sich ‚über­rascht‘ und wäscht seine Hände in Unschuld. Keine Ent­schul­digung, kein Zeichen von Reue. In einem Land, in dem solche Poli­tiker ‚Ver­ant­wortung tragen‘, braucht man sich über Poli­tik­ver­dros­senheit nicht zu wundern.“

Nun liegen also die Zahlen für 2019 auf dem Tisch. Und siehe da, das Ver­kehrs­mi­nis­terium hat 48,7 Mil­lionen Euro für externe Berater aus­ge­geben, was sieben Prozent mehr sind als im Jahr davor. Und der größte Teil dieser Bera­ter­kosten fiel – wen wundert‘s – für die LKW-Maut an, für den Aufbau der Auto­bahn­ge­sell­schaft und die bla­mabel geschei­terte PKW-Maut. Und wenn auch der Minister Scheuer darauf besteht, nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben, über­zeugt das fast nie­manden wirklich. So ziemlich alle, außer den eigenen Par­tei­ge­nossen, erheben schwere Vor­würfe gegen den Ver­kehrs­mi­nister:

„FDP-Obmann Christian Jung sagte, Scheuer habe die Vor­würfe nicht ent­kräften können, dass er und sein Minis­terium bei der Pkw-Maut gegen Ver­ga­be­recht, Haus­halts­recht und Euro­pa­recht ver­stoßen hätten. SPD-Obfrau Kirsten Lühmann nannte es sehr erstaunlich, dass der Minister zu seinem Leucht­turm­projekt sehr wenig Infor­ma­tionen bekommen haben wolle. Es bestätige sich der Ein­druck einer ‚orga­ni­sierten Ver­ant­wor­tungs­lo­sigkeit‘ im Minis­terium. ‚Jeder schiebt es auf den anderen, und keiner will es gewesen sein.‘ Linke-Obmann Jörg Cezanne kri­ti­sierte, Scheuer habe weit­rei­chende Ent­schei­dungen auf nicht nach­voll­zieh­baren Infor­ma­ti­ons­grund­lagen gefällt.“

Die Grünen nahmen wenig Rück­sicht auf die gekränkte Psyche des Ver­kehrs­mi­nisters. Deren haus­halts­po­li­tische Sprecher, Sven-Christian Kindler stellt die Kom­pe­tenz­frage: „Die Kosten für Unter­neh­mens­be­rater und Groß­kanz­leien schießen seit dem Amts­an­tritt von Andreas Scheuer durch die Decke. Der Minister enga­giert für derart viele Pro­jekte private Berater, dass man sich inzwi­schen fragt, ob er das Haus über­haupt ohne teuren Bei­stand von außen führen kann.“

Es waren eben­falls die Grünen, die den Bericht ange­fordert hatten. Dieser Bericht sei ein Beleg für einen unver­ant­wort­lichen Umgang mit Steu­er­geldern. Der Unter­su­chungs­aus­schuss zu den Fragen bezüglich der bom­bas­ti­schen Maut-Kosten wird wahr­scheinlich noch ein drittes Mal den Herrn Ver­kehrs­mi­nister zu einer Befragung zitieren. Auch hier hat er vor allem in Oliver Kri­scher als den Obmann der Grünen im Aus­schuss einen scharfen Kri­tiker. Diesmal könnte es um den Mail­verkehr des Ministers gehen, ließ Herr Kri­scher wissen.

Das könnte mög­li­cher­weise wieder eine der „Trick­se­reien“ des Herrn Ministers betreffen und einen veri­tablen E‑Mails-Skandal bescheren. Die Ber­liner Zeitung schreibt:

„Kri­scher hatte mit einer Frage an Scheuer zum Ende der zehn­stün­digen Befragung für einen Streit im Aus­schuss gesorgt. Er hatte Scheuer gefragt, ob dieser aus seinem Mail­postfach gezielt Mails gelöscht habe – und dies mit­hilfe einer Liste von Such­be­griffen, die ihm zuvor der Son­der­er­mittler des Unter­su­chungs­aus­schusses über­geben hatte. Scheuer hatte auf die Frage keine Antwort gegeben. Die Sitzung wurde auf Drängen des CSU-Abge­ord­neten Ulrich Lange erst unter­brochen und dann kurz­zeitig nicht öffentlich fortgesetzt.

Oliver Kri­scher hat Ver­kehrs­mi­nister Scheuer schon öffentlich ange­zählt:

„‘Er hat gelogen, gegen Gesetze ver­stoßen und alle Anzeichen sys­te­ma­tisch igno­riert‘“ und der letzte Termin sei eine Gele­genheit für den Minister, ‚auch mal eine Beichte abzu­legen und seine Fehler ein­zu­ge­stehen.‘ (…) Alle Vor­würfe gegen den Minister hätten sich ‚min­destens bestätigt‘, sagte Kri­scher. ‚Ich kann an keiner ein­zigen Stelle Ent­lastung oder Ent­kräftung fest­stellen. Es ist für uns erwiesen, dass Herr Scheuer gelogen hat‘, so der Poli­tiker. Unge­reimt­heiten gibt es demnach auch bei E‑Mails, die der Ver­kehrs­mi­nister nicht offen­gelegt haben soll. 

Natürlich ver­teidigt die CDU-Fraktion ihren Minister. CDU-Aus­schuss-Obmann Ulrich Lange wirft dem Grünen Kri­scher vor, ver­drehe mit seinem ver­balen Rund­um­schlag bewusst die Fakten und haltlose Vor­würfe würden auch nicht dadurch rich­tiger, dass man sie in „schrillem Ton“ wie­derhole. Das ficht aber Obmann Kri­scher nicht an. Er ist sich seiner Sache sicher. Er sieht Ver­stöße gegen das Haus­halts­recht und Ver­ga­be­recht als erwiesen.

Minister Scheuer habe vom Bun­destag einen Haus­halts­rahmen von zwei Mil­li­arden Euro bewilligt bekommen. Das Angebot der Maut-Betreiber habe aber 3 Mil­li­arden betragen. Herr Minister habe die Summen schlau „passend gemacht“, indem bei Auf­gaben, die vom Betreiber zu erle­digen gewesen wären, der Bund einfach auf „seine Kosten“ ganze Auf­ga­ben­kon­tin­gente über­nommen hatte, was zwar das Betreiber-Angebot um eine Mil­liarde Euro senkte, aber dennoch vom Bund – und damit dem Steu­er­zahler – bezahlt wurde. Auf jeden Fall hätte dieser Kos­ten­block im Bun­des­haushalt abge­bildet werden müssen, sagt Oliver Kri­scher. Das sei aber nicht geschehen.

Und es gibt dabei noch einen Verstoß gegen das Ver­ga­be­recht, denn Mit­be­werber bei dem Auftrag, die eben­falls so um die drei Mil­li­arden lagen, aber ange­sichts der Ober­grenze von 2 Mil­li­arden aus­ge­stiegen sind, seien um ihre gleiche Chance gebracht worden. Die Trick­serei mit den Zwei Mil­li­arden und dem Abwälzen einer Mil­liarde in den Bun­des­haushalt, benach­tei­ligte diese aus­ge­schie­denen Bewerber.

Das ist aber noch nicht der ganze Ärger. Die Sache geht in die nächste Runde. Die jetzt düpierten Unter­nehmen Kapsch und Eventim, die mit der Kon­trolle der Maut beauf­tragt werden sollten und das Inkasso über­nehmen, fordern für ent­gangene Gewinne einen Scha­dens­ersatz von mehr als 560 Mil­lionen Euro. Diese For­de­rungen müssen wahr­scheinlich in einem Schieds­ver­fahren geklärt werden.