Große Teile der Freimaurerei zu jener Zeit gingen sogar soweit, mit nationalen Erklärungen gegen die Versailler-Verträge, gegen die Kriegsschuldlüge zu reagieren, den Pazifismus als »schwächliche, volksschädigende seelische Entartung« anzusehen, ganz im Gegensatz zu Stresemanns Politik. Nur um der völkischen Öffentlichkeit den eigenen Nationalismus zu beweisen!
Die Freimaurer, die international dachten, blieben dabei in der Minderheit, mussten sich der allgemeinen Auffassung beugen oder schieden aus den Logen aus.
So blieb es auch nicht aus, dass die im völkischen Milieu verankerten deutschen Maurer während der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten zunächst »Anpassungsstrategien« entwickelten (Internationales Freimaurer Lexikon, S. 223).
»Sie erniedrigten sich und biederten sich sogar noch an … Besonders rasch und eifrig versuchte die ›Große National-Mutterloge ‚Zu den Drei Weltkugeln’‹ den NS-Machthabern gefällig zu sein … Die Nazis würdigten den Anbiederungsversuch in keiner Weise … Vielmehr ordneten sie an und verlangten von allen Logen in Deutschland, dass alle Freimaurer-Rituale von alttestamentarischen Inhalten ›zu bereinigen‹ seien.
Die Preußische Großloge, die ›nationalste‹ der deutschen Großlogen, ging gehorsam sogar noch über diese Anordnung hinaus und erklärte: die Begriffe Loge, Freimaurer und Freimaurerei sind abgeschafft. Sie benannte ihre Loge um in Deutschen Orden oder Christlich-Deutschen Orden (Goeller, S. 126).«
Der Skandal geht aber noch weiter, denn die Freimaurer biederten sich den Nazis nicht nur an, sondern waren sogar bestrebt, eine »nationalsozialistische Freimaurerei« einführen zu wollen!
Am 21. März 1933 gratulierten die Großmeister der drei preußischen Großlogen dem Führer Adolf Hitler in einem gemeinsamen Telegramm, in dem es beispielsweise hieß: »Wie wir bisher getreu unseren nationalen und christlichen Überlieferungen bemüht waren, für das Wohl des deutschen Volkes zu werken, so werden wir auch weiter unentwegt der nationalen Regierung treueste Gefolgschaft leisten und alle uns zu Gebote stehenden Kräfte einsetzen zur Mitarbeit an dem Wiederaufbau unseres geliebten Vaterlandes.«[4]
Diesen Sachverhalt müssen wir uns einfach noch einmal vor Augen führen, weil die Freimaurer bei jeder Gelegenheit darauf hinweisen, dass sie arme Verfolgte des Hitler-Regimes gewesen seien.
Dies stimmt, diesen Recherchen zufolge, allerdings nur zum Teil. Zu Verfolgten wurden sie erst, als die Nazis nichts auf ihre Anbiederungen gaben.
Doch vorher priesen sich die Logenbrüder Hitler so sehr an, dass sie »Herz und Seele« der Freimaurerei an Hitler verkaufen wollten, nämlich Humanität, Toleranz, Gleichheit, Brüderlichkeit und Freiheit.
Ja, sie wollten sogar eine »nationalsozialistische Freimaurerei« ins Leben rufen, alle ihre »Kräfte« für das neue Regime einsetzen, nur um dem Judenhasser und Diktator zu gefallen!
Das klingt beinahe unglaublich, ist aber durch Freimaurer-interne Quellen belegt!
Die Nazis gingen jedoch rigoros und systematisch gegen die Diskrete Gesellschaft vor. 1935 lösten sich die Logen endgültig auf, wurden verboten, ihr Vermögen konfisziert, Freimaurer verhaftet und in KZs gesteckt.
In Deutschland wird die maurerische Öffentlichkeitsarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg betreffs Politik und Freimaurerei völlig anders gehandhabt als in anderen Ländern, beispielsweise im benachbarten Österreich.
Nämlich nicht öffentlich. Wenig dringt aus den politischen Zirkeln und Parteien nach außen. Noch weniger bekennen sich offen zum Freimaurerbund.
Einer davon war Ex-Bundesjustizminister Thomas Dehler, wie wir bereits gesehen haben, der im Sinne seiner Brüder das erste Gespräch zwischen Freimaurern und dem damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer vermittelte. Wenig später trafen die Großmeister und »Brüder Freimaurer«, die dem Bundestag und den Regierungsstellen in Bonn angehörten, zusammen.
Vertreten waren Freimaurer aus allen Parteien: SPD, CDU, FDP und Bayernpartei.
Bundeskanzler Helmut Schmidt meinte 1982 vor Diplomaten, dass die Amerikaner mit der Invasion 1944 in der Normandie versuchten, »das geistige Erbe der Freiheitsrechte des Einzelnen«, die wir »von Franklin, von Jefferson, von Washington« haben, auch hierzulande nachhaltig zu etablieren.
Und die Bundespräsidenten Gustav Heinemann (1970), Karl Carstens und Roman Herzog (1996) hatten gar Freimaurerdelegationen empfangen und somit wohl eine »gesellschaftliche Akzeptanz durch die Staatsführung« realisiert.[5]
Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors www.guidograndt.de
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