Stand­haf­tigkeit gewinnt: Bikini-Outfit für Beach-Vol­leyball-Sport­le­rinnen in Katar doch erlaubt

Manchmal nutzt Stand­haf­tigkeit doch. Das Beach­vol­leyball-Tandem Karla Borger und Julia Sude sagten ihre Teil­nahme am World-Turnier am 08. März in Katar ab, als es von dort hieß, die Frauen dürften nur dann antreten, wenn sie in T‑Shirts und knie­langen Hosen spielen. Beach­vol­ley­bal­le­rinnen tragen – besonders bei Hitze – nur ein knappes Top und eine Bikini-Hose. Nur bei käl­terer Wit­terung ziehen sie lange Hosen und Shorts an. Weil der Sport extrem schweiß­treibend ist, treten die Sport­le­rinnen bei Tem­pe­ra­turen um 30 °C und höher eben nur in dem typi­schen Strandlook auf. So auch die beiden sehr erfolg­reichen Hes­sinnen. 

Beide Sport­le­rinnen hatten sich sehr auf das Beach­vol­ley­ball­turnier gefreut und konnten es kaum abwarten, in Doha (Katar) anzu­treten. Das nicht nur, weil es das erste größere Event nach der Pan­demie-Pause ist, nicht nur, weil das Vier-Sterne-Turnier mit 300.000 Dollar dotiert ist, sondern auch, weil sie dort Punkte für die Olympia-Qua­li­fi­kation gesammelt hätten. Und weil es eben ein Turnier ist, bei dem Männer und Frauen-Wett­kämpfe gleich­be­rechtigt neben­ein­ander aus­ge­tragen werden.

Umso ent­täuschter waren die beiden Damen, als sie erfuhren, dass der Ver­an­stalter in Katar für Frauen eine Klei­der­vor­schrift erlassen hat. Statt des üblichen Outfits mit Bikini-Höschen und etwas grö­ßerem Bikini-Top müssen die Frauen in T‑Shirts und knie­langen Hosen spielen, wegen der Sit­ten­moral. Karla Borger und Julia Sude beschlossen, das nicht zu akzep­tieren. Die beiden zurzeit Besten im Frauen-Beach­vol­leyball sehen das eigentlich weniger ideo­lo­gisch: „Wir wollen das nicht mit­tragen. Es geht gar nicht um wenig anhaben oder nicht. Es geht darum, dass wir in unserer Arbeits­kleidung nicht unsere Arbeit machen können. Das ver­stehe ich nicht.“ sagte Karla Borger Beach­vol­leyball sei “ver­dammt anstrengend”: „Wir passen uns in jedem Land an, wo wir können. Wir sind dazu auch bereit. Aber du bist da in der Hitze am Triefen, alles ist nass.“

Die beiden ver­wiesen auch darauf, dass bei der Leicht­ath­letik-Welt­meis­ter­schaft in Katar die Sprin­te­rinnen auch in ihrer nor­malen Arbeits­kleidung mit sehr knappen Tex­tilien ange­treten sind. Damals habe es dafür eine Son­der­ge­neh­migung des Königs­hauses gegeben.

Natürlich wurde durch die Absage der beiden Sport­le­rinnen aus der Debatte um die unge­eignete Kleidung in knie­langer Hose und T‑Shirt eine Dis­kussion um Frau­en­rechte. Aber auch darum, ob es hin­nehmbar ist für inter­na­tionale Sport­ver­an­stal­tungen, dass sich ein Staat das Recht nimmt, den Pro­fi­sportlern die Bekleidung vor­zu­schreiben. Würde man umge­kehrt auch hin­nehmen, dass west­liche Staaten mus­li­mi­schen Sport­le­rinnen die Bikini-Kleidung vor­schreibt? Wohl kaum. Auch wenn „Bur­kinis“ uns etwas seltsam anmuten bei inter­na­tio­nalen Wett­kämpfen, so muss es doch im Ermessen der Sportler und Sport­le­rinnen liegen, in welcher Kleidung sie antreten, soweit das nicht den fairen Wett­bewerb beeinträchtigt.

Der Vol­leyball-Welt­verband ließ die beiden Hes­sinnen aller­dings im Stich. „Wir respek­tieren die Kultur und Tra­di­tionen des Gast­ge­ber­landes“, heißt es da ziemlich schwammig. Wie weit geht das? Doha hatte übrigens eigentlich dieses Turnier als ein reines Män­ner­turnier ver­an­stalten wollen, so wie die sieben vor­aus­ge­gan­genen auch. Man ließ sich aber über­reden, auch Frauen zuzu­lassen – aber wenn, dann nach kata­ri­schen Vor­gaben. Das hat jetzt also zu einem kleinen Skandal geführt.

Die Wei­gerung der beiden deut­schen Spit­zen­sport­le­rinnen hat Wirkung gezeigt. Katar änderte die Regelung und nun steht in den Regu­larien für das Turnier in der zweiten März­woche in Katar ein neuer Abschnitt, der da lautet: „Nach wei­teren Gesprächen hat Katars Vol­leyball-Verband QVA am 23. Februar 2021 bestätigt, dass es keine Ein­schrän­kungen für Spie­le­rinnen gibt, die während des Events in Doha Standard-Spiel­be­kleidung tragen wollen, sollten sie dies wünschen.“

(Hier nach­zu­lesen in der offi­zi­ellen PDF-Datei, auf Seite 9 oben , Punkt 10, grün unterlegt.)

Und auch der Vol­leyball-Welt­verband FIVB dichtete eine hübsche Prosa dazu, die genauso unver­bindlich ist, wie die erste Ver­laut­barung: „Der FIVB und der QVA sind in ihrem Enga­gement geeint, ein ein­la­dendes, sicheres und inklu­sives Event zu ver­an­stalten, das es Ath­leten ermög­licht, ihr Bestes zu geben.“

Sehr höflich das alles, aber es hatte noch ein uner­freu­liches Zwi­schen­spiel gegeben. Auf die Absage der beiden deut­schen Sport­le­rinnen hatte der kata­rische Vol­leyball-Verband QVA noch behauptet, die bean­standete Klei­dungs­vor­schrift habe es über­haupt nicht gegeben. „Wir möchten klar­stellen, dass wir keine For­de­rungen stellen, was die Ath­leten bei der Ver­an­staltung tragen sollen“ sagte der Ver­bands­sprecher der Nach­rich­ten­agentur AFP. Da kam er aber bei dem Manager des Vol­leyball-Duos Karla Borger und Julia Sude, Con­stantin Adam, nicht gut an:

„Das stimmt nicht, es steht in den Regu­larien vom 16. Februar“, stellte Herr Adam das dem Sport­in­for­ma­ti­ons­dienst SID gegenüber klar. Dort heiße es, Frauen hätten statt der üblichen Sport-Bikinis „aus Respekt vor der ört­lichen Kultur und Tra­dition T‑Shirts mit kurzen Ärmeln und knie­lange Hosen“ zu tragen, auch im Training.

Die beiden hes­si­schen Spie­le­rinnen wollen aber trotz der neuen Lage nicht mehr nach Katar reisen. Karla Borger und Julia Sude halten jetzt lieber ein Trai­nings­lager auf den Kanaren ab. Sie freuen sich aber, dass sie mit ihrer Reaktion etwas ändern konnten. Angst um ihre Start­erlaubnis bei den Olym­pi­schen Spielen haben die beiden Damen nicht. Sie haben ihr Ticket für die Olym­pi­schen Spiele in Tokio über die Rang­liste so gut wie sicher. „Wir konnten uns ent­scheiden, und wir haben uns dagegen ent­schieden“, sagte Julia Sude.

Quellen:

Beach­vol­leyball in Katar: Eine Frage der Kleidung — Sport — SZ.de (sueddeutsche.de)

Katar weist Kritik zurück: Angeblich doch keine Klei­der­vor­schriften beim Beach­vol­leyball — Sport — Tagesspiegel

Format and Event Regu­la­tions — Katara Cup (volleyball.world)

Nach Outfit-Zoff: Katar hebt Vor­gaben für Beach­vol­leyball-Turnier auf | hessenschau.de | Mehr Sport

Knie­lange Hose ist Pflicht: Beach-Duo streikt wegen Klei­der­ordnung — n‑tv.de (n‑tv.de)