Was passiert mit uns und unserem Geist, wenn wir träumen? Eine Gruppe Forscher von der Northwestern University in Evanston wollte es ganz genau wissen und hat erstaunliche Ergebnisse zu Tage geführt. Im Rahmen einer Studie stellten sie fest, dass wir im Klartraum nicht nur dazu in der Lage sind, mit unserer Umwelt zu kommunizieren, sondern dass wir auch Rechenaufgaben lösen können.
(von Frank Schwede)
Bisher ist man immer von der Vermutung ausgegangen, dass Träumende von ihrer Umwelt wenig bis nichts mitbekommt. Das stimmt so nicht ganz. Karen Konkoly von der Northwestern University in Evanston, ist Morpheus Geheimnis auf die Spur gekommen und hat dabei herausgefunden, dass sich Menschen, die Klarträume, sogenannte luzide Träume, haben, sich nach dem Erwachen nicht nur an den Inhalt ihrer Träume erinnern können, sondern sie sind auch dazu in der Lage, ihre Träume selbst zu bestimmen und Kontakt zu ihrer Umwelt aufrechte halten..
In Schlaflaboren untersuchte Konkoly das Schlafverhalten von einer Gruppe von Teilnehmern in den USA, Deutschland, den Niederlanden und Frankreich. Sämtliche Körperfunktionen (Hirnwellen, Körpertemperatur, Herzfrequenz, Atmen und Augenbewegung) wurden mittels Polysomnografie überwacht und aufgezeichnet.
Auf diese Weise konnte das Team um Karen Konkoly ermitteln, wann die Teilnehmer in der REM-Schlafphase eintraten, wo es in der Regel vermehrt zu luziden Träumen kommt. Die REM-Phase ist unter anderem durch schnelle Augenbewegungen bei geschlossenen Lidern gekennzeichnet.
Bevor sich die Teilnehmer Schlafen gelegt haben, wurde eine Reihe von Signalen bestimmt, über die die Teilnehmer mittels Augenbewegungen signalisieren sollten, wann sie sich in einem Klartraum befanden.
Wenn das der Fall war, wurden den Teilnehmern einfache Ja-Nein Fragen gestellt und sie mussten kleine Rechenaufgaben lösen. Die Antwort erfolgte ebenfalls über Augen- und Gesichtmuskelbewegung.
Nahezu alle Teilnehmer beantworteten mindestens eine der gestellten Fragen korrekt und sie konnten sich nach dem Erwachen sogar an die Kommunikation mit den Forschern erinnern. Vielen Teilnehmern war bewusst, dass die Fragen von außen in den Traum getragen wurden.
Ein 35jähriger Teilnehmer aus Deutschland war ein bereits erfahrenen Klarträumer, der während er träumte, von dem Forscherteam mittels eines Morsecodes die Frage gestellt bekam, wie viel sind 4 minus 0 ist. Nachdem er 35jährige wieder wach war, sagte er, er habe verstanden: “Was ist 4 plus 0?“. Wörtlich sagte der Teilnehmer in einem anschließenden Gespräch:
„Als die Lichter anfingen zu flackern, erkannte ich sie als Signal von außen und zählte**** *** *****und meldete die Antwort ‚4‘ mit Ausgensignalen.“
Verräterisches Zucken der Gesichtsmuskeln
Ein 20jähriger Teilnehmer aus Frankreich mit Narkolepsie und bemerkenswerten Fähigkeiten zu luziden Träumen erreichte aufgrund seiner Vorerkrankung bereits eine Minute nach Beginn eines zwanzig minütigen Mittagsschlafs die REM-Phase und signalisierte nach nur fünf Minuten seinen ersten Klartraum.
Dann folgte eine Ja-Nein-Frage, die er korrekt über seine Gesichtsmuskeln beantwortet hat. Wörtlich schilderte der 20jährige im Gespräch, was er während des Traums erlebt hat:
„Ich war mit Freunden auf einer Party. Ihre Stimme kam von außen, genau wie die eines Erzählers im Film…Ich beschloss mit ‚Nein‘ zu antworten.“
Erstaunlich ist, dass die Forscher bei allen Teilnehmern während der Klartraumphase nie eine Kontraktion der Gesichtsmuskeln ohne vorherige Stimulation bemerkten.
Um auszuschließen, dass die Antworten nur purer Zufall waren, befragten die Forscher die Teilnehmer auch zum Zeitpunkt, an dem sie das Signal für eine Klartraum gaben oder ab wann ihre Körperfunktionen den Hinweis gaben, dass sie sich nicht in der REM-Schlafphase befanden.
Hier erhielten die Forscher bei mehr als 350 Versuchen nur eine richtige und eine falsche Antwort sowie elf Antworten, die sich im Anschluss nicht eindeutig klassifizieren ließen.
Konkoly, die ihre Studie in dem Fachmagazin Current Biology, veröffentlicht hat, glaubt, dass es ihr und ihren Mitarbeitern tatsächlich gelungen ist, zu Träumenden einen direkten Kontakt aufzunehmen.
Konkoly gab in ihrem Resümee auch zu, dass es insgesamt sehr schwierig sei, luzides Träumen zu untersuchen, denn nicht immer sei es ihr gelungen, die Teilnehmer auf Knopfdruck in den Zustand eines Klartraums zu versetzen. Abschließend äußerte sich Karen Konkoly aber positiv über die erzielten Ergebnisse:Konkoly:
„Es gibt Studien über Klarträumer, die während der Traumphase kommunizierten und sich daran erinnern, Aufgaben zu erledigen. Aber es gibt nur eine relativ begrenzte Menge an Forschung über die Reize, die in Klarträumen einfließen. Eine Sache, die uns überrascht hat, ist, dass man einfach jemanden einen Satz sagen kann und er ihn so versteht.
Es ist erstaunlich, im Labor zu sitzen und eine Reihe von Fragen zu stellen und jemand beantwortet sie tatsächlich. Es ist eine lohnende Art von Experiment. Sie müssen nicht warten, um ihre Daten oder ähnliches zu analysieren. Sie können es genau dort sehen, während sie noch schlafen…“
Das wohl mit Abstand interessantes Ergebnis dieser Studie ist wohl die gewonnene Tatsache, dass Träumende tatsächlich dazu in der Lage sind, beide Welten gleichzeitig wahrzunehmen. Das ist zwar erstaunlich, doch jeder von uns mag dies auch schon mal selbst erlebt haben
Schon eine Studie aus dem Jahr 2009 hat gezeigt, dass luzide Träume ein hybrider Bewusstseinszustand ist, indem man zwischen zwei Welten wandelt. Außerdem wurde in dieser Studie bewiesen, dass das Gehirn in der REM-Phase auf höchstem Niveau arbeitet, nämlich mit Gamma-Gehirnwellen im Bereich von 40 bis 100 Hz – übrigens der höchste Wert, den in der Regel nur meditierende Mönchen mit Erfahrung erreichen.
Gehirnaktivierung auch im Alter noch möglich
Laut einer Studie der Universität von Wisconsin mit tibetischen Mönchen, verändert sich im meditativen Zustand die Funktionsweise des Gehirns in deutlichem Masse, um unterschiedliche Bewusstseinsstadien erreichen zu können. Man bezeichnet diesen Zustand auch als transzendent.
Forscher ermittelten den linken präfrontalen Kortex, einen Bereich direkt hinter der linken Stirnhälfte, als den Ort, an dem die Gehirnaktivität während einer Meditation am intensivsten ist.
Das zeigt, dass eine Gehirnaktivierung auch im Erwachsenenalter noch möglich ist. Noch vor ein paar Jahrzehnten glaubten Wissenschaftler, dass die Verbindungen zwischen den Nervenzellen des Gehirns nur im Kindes- und Jugendalter hergestellt werden kann, dass das im Erwachsenenalter nicht mehr möglich ist.
Diese Annahme konnte aber im letzten Jahrzehnt mithilfe von Fortschritten im Bildgebungsverfahren des Gehirns und anderen Techniken widerlegt werden. Unter anderem wurde dies im Rahmen einer Studie unter der Leitung des Neurologen Richard Davidson vom WM Keck-Labor bewiesen. Eine Gruppe von meditationserfahrenen Mönchen des Dalai Lama und eine Gruppe Freiwilliger wurden dazu vor einer Meditation 256 Sensoren angelegt.
Davidsons richtete sein Interesse vor allem auf die Gammawellen ‑die hochfrequentesten und wichtigsten elektrischen Gehirnimpulse. Die Mönche und die Freiwilligen wurden gebeten: im bedingungslosen Mitgefühl zu meditieren.
Davidson konstatierte, dass die Ergebnisse eindeutig zeigten, dass die Meditation den geschulten Geist der Mönche auf geradezu signifikant andere Weise als den der Freiwilligen aktivierte. Zudem war die Bewegung der Wellen bei den Mönchen durch das Gehirn weitaus besser organisiert als bei den Freiwilligen.
Wissenschaftler sind schon lange davon überzeugt, dass unser Gehirn zu wesentlich mehr in der Lage ist als wir das zu wissen glauben. Das haben Studien in der Vergangenheit immer wieder bewiesen. Unser Gehirn ist ein geradezu faszinierender biologischer Computer, der auf die vielfältige Weise programmiert und trainiert werden kann.
Bleiben Sie aufmerksam!
Quelle: pravda-tv.com
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