Frank­reich: Macron hat den Kampf gegen Radi­ka­lismus aufgegeben

1. November 2020. Didier Lemaire, ein Gym­na­si­al­lehrer, der in Trappes, einer kleinen Stadt westlich von Paris, arbeitet, ver­öf­fent­lichte einen offenen Brief in der linken Zeit­schrift Le Nouvel Obser­vateur. Er sprach von der Ermordung von Samuel Paty, einem anderen Lehrer, der zwei Wochen zuvor von einem mus­li­mi­schen Extre­misten brutal ent­hauptet worden war. Er pran­gerte die Unter­werfung der fran­zö­si­schen Behörden unter reli­giöser Ein­schüch­terung und die Unmög­lichkeit an, dass das fran­zö­sische Schul­system in der Lage sei, wirk­liche Kennt­nisse der Geschichte zu ver­mitteln oder den Schülern die intel­lek­tu­ellen Mittel zum freien Denken zu geben. Er sagte, dass sich die Situation in der Stadt, in der er arbeitet, in nur wenigen Jahren deutlich ver­schlechtert habe. Lemaire schrieb:

(von Dr. Guy Millière)

“In dem Jahr, in dem ich am Gym­nasium ankam, wo ich unter­richte, war die Syn­agoge der Stadt gerade abge­brannt und jüdische Familien gezwungen, das Land zu ver­lassen. Nach den Anschlägen von 2015 und 2016 in Frank­reich habe ich mich an Prä­ven­tiv­maß­nahmen beteiligt… Als ich 2018 sah, dass meine Bemü­hungen mit Kräften kol­li­dierten, die viel mäch­tiger waren als ich, schrieb ich an den Prä­si­denten der Republik, um ihn zu bitten, dringend zu handeln, um unsere Schüler vor dem ideo­lo­gi­schen und sozialen Druck zu schützen, der auf sie aus­geübt wird, ein Druck, der sie all­mählich der natio­nalen Gemein­schaft ent­zieht. Leider wurde nichts unternommen.…

“Es gibt derzeit 400 radi­ka­li­sierte Men­schen mit einer S‑Akte [gefährlich für die Sicherheit des Staates], die frei in Trappes her­um­laufen.… Tau­sende Ideo­logen sind am Werk… ein Gefühl der Opfer­schaft zu fördern, [um] Hass zu schüren. Diese Ideo­logen sind kei­neswegs “Sepa­ra­tisten”: Sie wollen nicht einfach die Men­schen aus der natio­nalen Gemein­schaft ent­fernen, sie wollen die Republik, die Demo­kratie und das Schul­system zer­stören… Ihre Stra­tegie ist es, einen Fron­tal­krieg zu ver­meiden und Ter­rorakte zu ver­viel­fachen, um den Feind zu zer­mürben… Sie neu­tra­li­sieren das Gefah­ren­be­wusstsein, indem sie das schlechte Gewissen der “Pro­gres­siven” nutzen und von “Ras­sismus”, “Unge­rech­tigkeit” oder “Poli­zei­gewalt” sprechen. Sie wollen Frauen in die Skla­verei redu­zieren. Sie infil­trieren Schulen, Uni­ver­si­täten, die lokale und nationale poli­tische Sphäre, indem sie sich überall aus­breiten… die Order lautet, “den Unter­schied des anderen zu akzep­tieren”. Sie lähmen den Willen, auf Tötungen anders als mit Blumen, Kerzen und Worten zu reagieren…

“Wir stehen am Beginn eines Ter­ror­krieges, der sich ver­stärken wird, weil ein großer Teil unserer Mit­bürger es vor­zieht, nicht wahr­zu­nehmen, dass unser Erbe bedroht ist. Wenn sie bereit wären, zu sehen, was geschieht, müssten sie den Mut auf­bringen, zu kämpfen. Samuel Paty hatte diesen Mut, kein Zweifel, denn er schätzte unser Erbe. Aber er wurde nicht von den Insti­tu­tionen geschützt, die die Bedrohung unter­schätzt haben, so wie es unsere poli­ti­schen Ver­treter und die Mehrheit unserer Bür­ge­rinnen und Bürger tun.”

Obwohl der Brief von den fran­zö­si­schen Behörden keine Reaktion erhielt, bekam Lemaire unmit­telbar nach seiner Ver­öf­fent­li­chung Mord­dro­hungen. Er wurde auch aggressiv von Leuten auf der Straße ange­gangen, die ihm sagten, dass er das gleiche Schicksal erleiden werde wie Paty. Während das Innen­mi­nis­terium ihn unter Poli­zei­schutz stellte, wurde er von der Exe­kutive scharf kri­ti­siert: Sie warfen ihm Unru­he­stiftung vor. “Er ist unver­ant­wortlich”, sagten sie. “Er giesst Öl ins Feuer”. Die anderen Lehrer des Gym­na­siums, an dem er unter­richtete, warfen ihm vor, Auf­merk­samkeit auf sich zu ziehen und dadurch sie zu gefährden. Der Bür­ger­meister der Stadt, Ali Rabeh, ein Mit­glied einer links­extremen Partei, Génération.s, beschul­digte ihn, die Stadt zu beschmutzen, und reichte eine Ver­leum­dungs­klage gegen ihn ein. Lemaire ent­schied sich, zurückzutreten.

Viele Lehrer in Frank­reich sind mit der gleichen Situation kon­fron­tiert. Auch wenn einige es wagen, darüber zu sprechen, bitten sie im Gespräch mit Jour­na­listen, anonym zu bleiben. Sie haben zwei­fellos Angst – eine Denk­weise, die Ent­haup­tungen ver­mutlich schaffen sollen. Es gibt auch Lehrer, die, mög­li­cher­weise weil sie Angst haben, sich ver­neigen, bestimmte Themen auf­geben und – wenn Schüler anti­se­mi­tische und anti­west­liche Belei­di­gungen schreien – so tun, als hörten sie nichts. In den meisten fran­zö­si­schen Gym­nasien ist es fast unmöglich geworden, über Israel oder den Holo­caust zu sprechen.

Die meisten Jour­na­listen scheinen es vor­zu­ziehen, jede Dis­kussion über den Vor­marsch des radi­kalen Islam in Frank­reich zu ver­meiden. Sie wissen, dass die­je­nigen, die dies tun, sofort als “Ras­sisten” oder “Isla­mo­phobe” bezeichnet werden und oft bedroht, ver­folgt, zu hohen Geld­strafen ver­ur­teilt, oder von ihrem Arbeit­geber ent­lassen werden.

Poli­tische Führer, sowohl linke als auch rechte, viel­leicht weil sie bewusst die Augen ver­schliessen oder aus Sorge um Wäh­ler­stimmen, ver­meiden das Thema ebenfalls.

Éric Zemmour, einer der wenigen Jour­na­listen, der noch frei über das Problem spricht, wird min­destens einmal im Jahr vor Gericht gestellt. Die gegen ihn ver­hängten Geld­strafen belaufen sich jedes Mal auf 10.000 Euro. Trotz mehr­facher Aufrufe, ihn zu feuern, gibt ihm der Fern­seh­sender CNews bewun­derns­wer­ter­weise wei­terhin eine täg­liche Plattform. Vor einigen Wochen ver­hängte die CSA (Oberster Audio­vi­su­eller Rat), die für die Regu­lierung und Über­wa­chung audio­vi­su­eller Medien in Frank­reich zuständig ist, eine Geld­strafe von 200.000 Euro gegen CNews. Als zum Bei­spiel ein Mann, der ursprünglich Ali H. (18), hieß und den Status eines “unbe­glei­teten min­der­jäh­rigen Flücht­lings” genoss – der sich als 25 Jahre alt her­aus­stellte und sich Zaheer Hassan Mehmood nannte – zwei Per­sonen mit einem Hackebeil vor den ehe­ma­ligen Büros des Sati­re­ma­gazins Charlie Hebdo atta­ckierte, sagte Zemmour:

“Jedes Jahr emp­fängt Frank­reich auf seinem Boden ohne Kon­trolle Tau­sende von Men­schen aus der mus­li­mi­schen Welt, die iso­lierte min­der­jährige Flücht­linge sein sollen, die weder min­der­jährig noch iso­liert sind und die oft Raub­über­fälle und Morde begehen.”

Obwohl das, was Zemmour sagte, korrekt und nach­prüfbar war, sagte die CSA, dass das Aus­sprechen bestimmter Tat­sachen “Auf­sta­chelung zum Ras­senhass” darstelle.

Nur eine poli­tische Partei wagt es, klar über die Gefahren zu sprechen, die sich aus der Isla­mi­sierung Frank­reichs und dem radi­kalen Islam ergeben: Der Ras­sem­blement National. Auch ihre Prä­si­dentin Marine Le Pen wird oft von Richtern vor­ge­laden und ver­ur­teilt. 2015 ver­glich ein fran­zö­si­scher Jour­nalist den Ras­sem­blement National mit dem Isla­mi­schen Staat. Le Pen reagierte darauf mit zwei Fotos von Ver­brechen des Isla­mi­schen Staates auf Twitter und fügte hinzu: “Das ist der Isla­mische Staat”. Am 10. Februar 2021 musste Le Pen vor einem Gericht erscheinen, um auf eine Klage des fran­zö­si­schen Jus­tiz­mi­nis­te­riums gegen sie zu reagieren, die “die Ver­breitung gewalt­tä­tiger Bot­schaften, die die Men­schen­würde ernsthaft unter­graben, die wahr­scheinlich von Min­der­jäh­rigen gesehen werden können”, ein­ge­reicht hatte. Vor Gericht fragte der Richter Le Pen in einem ankla­genden Ton: “Glauben Sie, dass diese Fotos die Men­schen­würde ver­letzen?” Le Pen ant­wortete: “Es ist das Ver­brechen, das die Men­schen­würde ver­letzt, es ist nicht seine foto­gra­fische Reproduktion”.

Frank­reich ist das wich­tigste mus­li­mische Land in Europa (offi­ziell sind 8,8 % der Bevöl­kerung Muslime). Der Islam ist die zweite Religion in Frank­reich, aber an erster Stelle, wenn man die Anzahl der aktiv Prak­ti­zie­renden zählt. Die Kirchen sind am häu­figsten leer und die Zahl der Kirch­ge­mein­de­mit­glieder schwindet (seit dem Jahr 2000 sind 45 Kirchen in Frank­reich abge­rissen worden). Moscheen, dagegen sind voll und zahl­reicher. Die Zahl der Muslime, die den Islam prak­ti­zieren wollen, ist so groß, dass in meh­reren Städten jeden Frei­tag­nach­mittag Muslime auf den Strassen beten und den Verkehr während der Gebetszeit blo­ckieren, während die Polizei es nicht wagt, einzugreifen.

Frank­reich ist auch ein Land, in dem mehr als 150 Moscheen im ganzen Land Imame haben, die extrem radikale Pre­digten halten und zum Handeln gegen den Westen auf­rufen. Die Zahl der jungen Muslime unter 25 Jahren, die das isla­mische Recht über das fran­zö­sische Recht stellen, wächst weiter und hat inzwi­schen 74 % erreicht. In den letzten zehn Jahren waren Isla­misten, die in Frank­reich töd­liche Anschläge ver­übten, vor allem in Frank­reich geborene Muslime. Das galt für Mohammed Merah, der 2012 in Tou­louse sowohl Sol­daten als auch jüdische Kinder ermordete; Said and Cherif Kouachi, der 2015 bei der Zeit­schrift Charlie Hebdo zwölf Men­schen ermordete; Amedy Cou­libaly, der wenige Tage nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo Men­schen in einem Super­markt in Saint Mande ermordete, und Samy Amimour, einer der drei Ter­ro­risten, die im November 2015 im Bataclan-Theater 90 Men­schen ermor­deten. Das macht den radi­kalen Islam und den isla­mi­schen Ter­ro­rismus zu einem fran­zö­si­schen Problem.

Eine große Mehrheit, 61 %, der fran­zö­si­schen Bevöl­kerung ist sich bewusst, dass ein ernstes und wach­sendes Problem vor der fran­zö­si­schen Gesell­schaft steht, und betrachtet den Islam als unver­einbar mit den fran­zö­si­schen Werten.

Zemmours täg­liches Fern­seh­pro­gramm bricht trotz der Geld­strafen seit mehr als einem Jahr alle Zuschau­er­re­korde. Als das Magazin Valeurs Actu­elles eine Umfrage ver­öf­fent­lichte, um zu sehen, wie viele Men­schen für Zemmour stimmen würden, wenn er sich ent­schließen sollte, bei den nächsten fran­zö­si­schen Prä­si­dent­schafts­wahlen zu kan­di­dieren, wurde er auf 17 % der Stimmen geschätzt.

Umfragen deuten darauf hin, dass Le Pen, die offi­ziell kan­di­diert, mehr als 26 % der Stimmen erhalten und nach der ersten Runde der Prä­si­dent­schafts­wahlen 2022 den ersten Platz belegen wird – vor Frank­reichs der­zei­tigem Prä­si­denten Emmanuel Macron. In der zweiten Runde sollte Macron gewinnen, aller­dings nur mit einem kleinen Vor­sprung. In der Entourage des fran­zö­si­schen Prä­si­denten wächst die Sorge. 2017 nutzte Macron die Angst vor dem “Faschismus”, um die Fran­zosen dazu zu drängen, nicht für Le Pen zu stimmen, aber ver­schiedene Umfragen zeigen, dass diese Stra­tegie mög­li­cher­weise nicht mehr funktioniert.

Vor der Coro­na­virus-Pan­demie hatten viele in Frank­reich Macron abge­lehnt. Er hatte ver­ächt­liche Bemer­kungen über die Unter­pri­vi­le­gierten gemacht. Er hatte den Auf­stand der “Gelb­westen” gewaltsam nie­der­ge­schlagen. Ein langer Streik im öffent­lichen Nah­verkehr hatte das Land blo­ckiert, kurz bevor die fran­zö­sische Regierung einen strikten Lockdown erließ, was die Wirt­schaft des Landes für mehrere Wochen völlig lahm­legte. Mona­telang wurde eine Aus­gangs­sperre von 19 bis 6 Uhr morgens für die gesamte fran­zö­sische Bevöl­kerung ver­hängt. Mehr als ein Jahr nach Beginn der Pan­demie wurde erneut ein strikter Lockdown ange­ordnet. Seit dem 17. März 2020, vor mehr als einem Jahr, ist jede Ver­sammlung von mehr als sechs Per­sonen ver­boten. Cafés, Restau­rants und die meisten Geschäfte bleiben kom­plett geschlossen. Die wirt­schaft­lichen Folgen waren kata­strophal: 2020 schrumpfte Frank­reichs Wirt­schaft um mehr als 8 %, eine der schlimmsten Reduk­tionen in Europa.

Die Frus­tration der Öffent­lichkeit über Macron ist nach wie vor groß: 60% der Fran­zosen geben an, unzu­frieden oder sehr unzu­frieden mit der Art und Weise zu sein, wie er das Land führt.

Seit Monaten sucht Macron einen Ausweg. Er sieht, dass Le Pens Erfolg auf die festen Posi­tionen zurück­zu­führen ist, die sie ange­sichts der isla­mi­schen Gefahr ein­ge­nommen hat. Er beschloss zu handeln. Nachdem er im ver­gan­genen Jahr mehrfach von der Schaffung eines “fran­zö­si­schen Islams” gesprochen hatte, kün­digte er an, den von ihm so genannten “Isla­mis­ti­schen Sepa­ra­tismus” ins Visier zu nehmen. Er schien damit zu meinen, dass immer mehr fran­zö­sische Muslime nur isla­mische Gesetze respek­tieren und in Vierteln leben, die Nicht-Muslime auf­ge­geben haben, daher gibt es jetzt Gebiete, die sich isla­mi­schen Regeln unter­werfen. Am 2. Oktober 2020 sagte er, dass bald ein Gesetz ver­ab­schiedet werden würde, um das Problem zu beheben.

Macron und die fran­zö­sische Regierung wurden schnell mit ver­schie­denen Führern in der mus­li­mi­schen Welt kon­fron­tiert, die fran­zö­sische Pro­dukte boy­kot­tierten. In der Türkei wurden Anti-Frank­reich-Kund­ge­bungen orga­ni­siert, und es wurden Bild­nisse Macrons ver­brannt. Frank­reichs Außen­mi­nister Jean-Yves Le Drian wurde sofort nach Ägypten ent­sandt, um sich mit dem Großimam der al-Azhar-Uni­ver­sität, Ahmed al-Tayyeb, zu treffen, und im November sagte er öffentlich, dass “Frank­reich einen tiefen Respekt vor dem Islam” hat.

Die­je­nigen, die das neue Gesetz aus­ge­ar­beitet haben, wurden gebeten, äußerst vor­sichtig zu sein. Im Dezember 2020 wurde dem fran­zö­si­schen Par­lament ein erster Entwurf des Textes vor­gelegt. Fran­zö­sische mus­li­mische Orga­ni­sa­tionen und anti­ras­sis­tische Bewe­gungen erklärten den Text für “isla­mophob”. Seitdem wurde das Gesetz fast voll­ständig umge­schrieben und seiner Sub­stanz entleert.

Der Aus­druck “Isla­mi­scher Sepa­ra­tismus”, der ohnehin mehr­deutig schien, ver­schwand aus dem Text. Auch der Islam und der “Isla­mismus” wurden nicht mehr erwähnt. Viele Isla­misten, wie der Soziologe Bernard Rougier in seinem jüngsten Buch Les ter­ri­toires conquis de l’is­la­misme (“Die vom Isla­mismus eroberten Gebiete”) doku­men­tiert – und die­je­nigen, mit denen er sprach, die offen über ihre Ziele sprachen – schienen nicht sich “sepa­rieren” zu wollen, sondern vielmehr Ter­ri­torium zu über­nehmen und mehr von der nicht-mus­li­mi­schen Bevöl­kerung kon­trol­lieren zu wollen.

Auch das Wort “Säku­la­rismus” (laïcité), das ursprünglich im vor­ge­schla­genen Gesetz auf­tauchte, wurde eben­falls zurück­ge­zogen. Statt­dessen heißt es in der neuen Fassung, ein “Gesetz, das die Prin­zipien der Republik bestätigt”. Mit anderen Worten, das neue Gesetz bekräftigt Grund­sätze, die bereits in bestehenden Gesetzen bekräftigt wurden: Staat­liche Dienst­leis­tungen müssen religiös neutral sein, und Poly­gamie und Zwangs­hei­raten sind in Frank­reich ver­boten. Das neue Gesetz ver­spricht Sank­tionen gegen Hassrede in sozialen Medien, obwohl ein Gesetz, das vor sechs Monaten ver­ab­schiedet wurde, dies bereits ver­sprach. Das neue Gesetz ver­bietet auch den Heim­un­ter­richt – der nur von wenigen Mus­limen prak­ti­ziert wird, aber von vielen Christen.

Sobald das Gesetz ver­ab­schiedet wurde, erklärte Zemmour, dass Macron den Kampf gegen den radi­kalen Islam auf­ge­geben habe und dass das Gesetz “nicht dazu gedacht ist, jemanden zu ver­ärgern oder zu bedrohen, nicht den Gegner zu iden­ti­fi­zieren und nicht zu sagen, dass der Islam ein Problem dar­stellt, weil er sowohl eine Religion als auch ein juris­ti­sches und poli­ti­sches Projekt ist”. Das Gesetz, fügte Zemmour in Le Figaro hinzu, “stellt sich nicht der Realität”.

“Dies”, bemerkte Le Pen, “ist ein völlig inef­fek­tives Gesetz, das die Freiheit aller Eltern unter­gräbt, die Bildung, die ihren Kindern ange­boten wird, selber zu wählen und das zeigt, dass die Regierung nicht in der Lage ist, gegen die­je­nigen anzu­gehen, die gegen die Fran­zö­sische Republik kämpfen”.

Gleich­zeitig mit der Prä­sen­tation des Gesetzes for­derte Fré­dé­rique Vidal, die fran­zö­sische Hoch­schul­mi­nis­terin, eine Unter­su­chung zum “Islamo-Links­ismus” an fran­zö­si­schen Uni­ver­si­täten. Ihre Äußerung erntete heftige Kritik und führte zu einer Petition, die von sechs­hundert Uni­ver­si­täts­pro­fes­soren unter­zeichnet wurde, die ihr vor­warfen, “extrem rechtes Voka­bular” zu ver­wenden und “einen ganzen Beruf zu dif­fa­mieren”. Macron unter­stützte die Petition und bekräf­tigte seine “absolute Ver­bun­denheit mit der Unab­hän­gigkeit von Pro­fes­soren und For­schern”. Vidal pro­tes­tierte, sie wolle lediglich eine “Über­prüfung aller For­schungen im Land” machen. Die Debatte über die Unter­stützung, die mehrere linke Orga­ni­sa­tionen dem radi­kalen Islam geben – und die wach­sende Präsenz dieser Unter­stützung innerhalb fran­zö­si­scher Uni­ver­si­täten – endete, bevor sie begann.

Nach der Ent­hauptung von Paty wurde nur eine Moschee geschlossen: die Große Moschee von Pantin, in den nörd­lichen Vor­orten von Paris. Die Schliessung dauerte nur drei Monate. Außerdem wurde eine radikal-isla­mische Ver­ei­nigung auf­gelöst: Baraka City. Es gibt jedoch viele andere radi­kal­is­la­mische Ver­ei­ni­gungen in Frank­reich, die unbe­rührt blieben. Die wich­tigste mus­li­mische Orga­ni­sation in Frank­reich ist nach wie vor “Muslime Frank­reichs” (früher Union isla­mi­scher Orga­ni­sa­tionen Frank­reichs), der fran­zö­sische Ableger der Mus­lim­bru­der­schaft. Muslime Frank­reichs betreiben die einzige Schule in Frank­reich, die Imame aus­bildet: das “Euro­päische Institut für Human­wis­sen­schaften” in Saint Leger-de-Fougeret, einem kleinen Dorf im Burgund.

In Straßburg baut eine tür­kische Orga­ni­sation, Millî Görüş (“Natio­naler Aus­blick”) – eine Orga­ni­sation, die der regie­renden tür­ki­schen AKP-Partei und dem tür­ki­schen Prä­si­denten Recep Tayyip Erdogan nahe­steht – die grösste Moschee Europas. Der Straß­burger Stadtrat hat 2,5 Mil­lionen Euro (2,94 Mil­lionen Dollar) für die Arbeit gesprochen (die Gesamt­kosten werden sich auf 32 Mil­lionen Euro belaufen). Im Januar 2021 for­derte der fran­zö­sische Rat für mus­li­mi­schen Got­tes­dienst (CFCM), eine Insti­tution, die 1989 gegründet wurde, um die fran­zö­si­schen Muslime zu ver­treten, die neun Orga­ni­sa­tionen, aus denen er sich zusam­men­setzt, auf, eine ” Charta des Islam in Frank­reich” zu unter­zeichnen. In der Charta heißt es, dass “keine reli­giöse Über­zeugung geltend gemacht werden kann, um sich bür­ger­lichen Ver­pflich­tungen zu ent­ziehen”. Vier Orga­ni­sa­tionen, dar­unter auch Millî Görüş, wei­gerten sich, sie zu unter­zeichnen. Die Union isla­mi­scher Orga­ni­sa­tionen Frank­reichs hatte den fran­zö­si­schen Rat für mus­li­mi­schen Got­tes­dienst vor einigen Jahren ver­lassen und daher auch die Charta nicht unterzeichnet.

Innen­mi­nister Gerald Darmanin sagte, der Bau der Moschee in Straßburg stelle eine “aus­län­dische Ein­mi­schung” in Frank­reich dar und er sei zwar gegen die Ent­scheidung der Stadt Straßburg, sie zu finan­zieren, aber er habe keine recht­lichen Mittel, um eine Ent­scheidung oder den Bau zu ver­hindern. Er kri­ti­sierte nicht Millî Görüş. Am 26. Januar 2021 kün­digte er ein striktes Verbot einer Ver­ei­nigung – Géné­ration Iden­ti­taire (“Iden­titäre Gene­ration”) – an, die mit fried­lichen Mitteln gegen den Vor­marsch des radi­kalen Islam in Frank­reich kämpft. Darmann behauptete, der Verein unter­grabe die Republik.

Bereits vor einem Jahr hatte Bruno Retailleau, Mit­glied des fran­zö­si­schen Senats, davor gewarnt , dass die schnell wach­sende Zahl von Isla­misten innerhalb einer schnell wach­senden mus­li­mi­schen Bevöl­kerung dazu führt, dass Frank­reich “den Kampf gegen den Isla­mismus ver­liert. “Bald”, warnte er, “wird es zu spät sein”.

Der Kolumnist Ivan Rioufol schrieb:

“Der Fehler von Géné­ration Iden­ti­taire: Durch gewaltlose Aktionen den Auf­stieg des Isla­mismus in Frank­reich sowie unkon­trol­lierte Ein­wan­derung anprangern… Die Kri­mi­na­li­sierung abwei­chender Gedanken ist etwas, das in einer fort­ge­schrit­tenen Demo­kratie keinen Platz haben sollte. Selten sind die­je­nigen, die gegen die Mauer des Schweigens pro­tes­tieren, die es ver­bietet, ruhig über Themen im Zusam­menhang mit dem Islam und der Ein­wan­derung zu dis­ku­tieren. Mit der Ent­scheidung, Géné­ration Iden­ti­taire zu ver­bieten, will Darmanin dis­so­nante Stimmen zum Schweigen bringen, indem er ihnen Ras­sismus vor­wirft. Die Waffe ist umso intel­lek­tuell unred­licher, als der Innen­mi­nister sagt, dass der poli­tische Islam eine echte Gefahr darstellt.”

Am 22. März ver­öf­fent­lichte die Zeitung Le Monde einen Leit­ar­tikel, in dem es hieß, dass die Frage des Islam wahr­scheinlich im Mit­tel­punkt der Prä­si­dent­schafts­wahlen 2022 stehen werde und dass Le Pen gute Chancen auf einen Sieg habe:

“Vierzehn Monate vor dem Prä­si­den­ten­wahl­termin 2022, … ist die Annahme, dass … Marine Le Pen not­wen­di­ger­weise im zweiten Wahlgang dabei sein wird, und wer ihr gegen­über­steht, wird nicht mehr garan­tiert gewinnen.”

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Dr. Guy Mil­lière, ein Pro­fessor an der Uni­ver­sität Paris, ist Autor von 27 Büchern über Frank­reich und Europa.


Quelle: gatestoneinstitute.org