Das Schlimmste an der Tschernobyl–Katastrophe war, dass niemand der Bevölkerung reinen Wein einschenkte. Fakten wurden verschleiert, Informationen zurückgehalten. Und auch als es im Jahr 2020 eine Rekordzahl an Waldbränden in der Region gab, zog es die Ukraine wieder vor, lieber zu schweigen. Und hätte Jegor Firsow, Leiter des staatlichen Umweltinspektionsdienstes der Ukraine nicht auf Facebook ein Video mit einem Geigerzähler gepostet, hätten wir sicher nicht erfahren, dass die Strahlung 16-mal über dem Normalwert lag. Jetzt ist das geschehen, was Experten schon lange befürchtet haben, es gibt neue Hinweise auf erneute Kettenreaktionen. In den vergangenen vier Jahren sind radioaktive Emissionen in einer unzugänglichen Kammer des Kernkraftwerkes Tschernobyl stark angestiegen.
Nachdem sich die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986 ereignete, verschwanden in den ersten Tagen nach dem Unglück dort alle Bücher über radioaktive Strahlung, über Hiroshima und Nagasaki, sogar über Röntgenologie aus den Bibliotheken. Auf Anweisung von oben, hieß es. Damit keine Panik entstehe. Ein Witz kursierte sogar: Wäre Tschernobyl bei den Papuas passiert, wäre die ganze Welt aufgeschreckt – mit Ausnahme der Papuas. 35 Jahre nach Tschernobyl haben wir immer noch nicht die ganze Wahrheit erfahren. 35 Jahre nach dem Super-GAU im AKW Tschernobyl sind die Probleme vor Ort noch längst nicht gelöst, denn etwa 190 Tonnen Kernbrennstoff befinden sich noch immer im Inneren des Unglücksreaktors. Wie das Fachblatt „Science“ berichtet, zeigen seit vier Jahren Sensoren in verschiedenen Bereichen eine steigende Anzahl von Neutronen an, was auf eine Kettenreaktion hinweist. Tschernobyl – Horror ohne Ende.
Die tickende Zeitbombe!
„Vom 1986 havarierten Atomkraftwerk Tschernobyl gehen zwei Gefahren aus. Zum einen vom sogenannten Betonsarkophag, der unmittelbar nach der Katastrophe in aller Eile um die Ruine herum errichtet worden war, zum anderen von der in der in der üppigen Vegetation rund um Tschernobyl gespeicherten Radioaktivität. Waldbrände wie jene, die 2015 bei Tschernobyl wüteten, sind geeignet, sie wieder freizusetzen, “ so unser Beitrag Chernobyl: The Last Lament – Tschernobyl: Die letzte Klage – Horror ohne Ende aus 2016.
Wir waren damals live dabei und erlebten am 26. April 1986, was es bedeutet, nichts zu erfahren. Unterrichtet wurden wir erst einige Tage später, aber auch nur, weil die Schweden nach ersten auffälligen Messungen Alarm schlugen. Die Politiker waren mit der Situation überfordert und wollten auch hier in Europa keine Panik auslösen. Frankreich erfuhr es sogar noch später, Österreich nach einer Veranstaltung am 01. Mai 1986, da man diese Großveranstaltung nicht stören wollte. Die Havarie wurde von den sowjetischen Behörden zunächst verschwiegen und später heruntergespielt. Es waren Wissenschaftler im fernen Schweden, die nach ersten auffälligen Messungen Alarm schlugen – der Wind hatte radioaktive Wolken erst nach Polen und Skandinavien, später dann auch nach Tschechien, Süddeutschland und Österreich getrieben.
Neue Schutzhülle für das Kernkraftwerk
Die Konstruktion dieses riesigen Gebildes sollte ursprünglich nur rund 500 Millionen Euro kosten. Es konnte jedoch niemand genau einschätzen, wie umfangreich das Projekt tatsächlich werden und was für Schwierigkeiten auftreten würden. Derzeit werden die tatsächlichen Kosten auf circa 2 Milliarden Euro geschätzt, wobei diese vom 1997 gegründeten Chernobyl Shelter Fund (CSF) gestützt werden. Es handelt sich hierbei um einen Fond zur Finanzierung der Hülle, in den insgesamt 45 Länder sowie die European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) eingezahlt haben. 2015 drohte zwischenzeitlich der Baustopp, da Geld für die Weiterführung der Arbeiten fehlte. Es wurde jedoch kurzfristig weiteres Geld von der EBRD zur Verfügung gestellt.
Am 25. April 2019 vermeldete die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung den Abschluss eines 72-Stunden-Testbetriebs. Am 10. Juli 2019 erfolgte die offizielle Inbetriebnahme im Beisein des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Seitdem laufen die Arbeiten zum Abtragen des alten Sarkophags. Mehr Informationen auf: tschernobyl-info.de
Folgen und Auswirkungen der Katastrophe von Tschernobyl
Die genauen Folgen von Tschernobyl sind bis heute nur mehr oder weniger genau erfasst, was vor allem an der mangelnden Protokollierung und Aufzeichnung während und nach der Katastrophe liegt. Es gibt sowohl offizielle als auch inoffizielle Berichte, die sich in Umfang und Schwere der Folgen von Tschernobyl stark voneinander unterscheiden. Eins lässt sich jedoch mit Sicherheit sagen: die Katastrophe hat hunderttausenden das Leben gekostet oder komplett zerstört. Siehe Tschernobyl – Horror ohne Ende: Nach Rekordzahl an Waldbränden in der Speerzone, jetzt Ausbaggerung eines Flusses in der Sperrzone! – E40 waterway – Chernobyl fears resurface as river dredging begins in exclusion zone
Tschernobyl-Ängste tauchen wieder auf- In Tschernobyl gibt es Hinweise auf erneute Kettenreaktionen
Wissenschaftler*innen sind wegen des Anstiegs von Radioaktivität in den Trümmern des Kernkraftwerkes von Tschernobyl besorgt, so der aktuelle Bericht von futurezone.at
In den vergangenen 4 Jahren sind radioaktive Emissionen in einer unzugänglichen Kammer des Kernkraftwerkes Tschernobyl stark angestiegen. In einem Bericht des für die Reaktorsicherheit zuständigen Forschungsinstituts ISPP ist von einer steigenden Zahl von Neutronen die Rede. Konkret sollen sie seit 2016 um 40 Prozent zugenommen haben. Mithilfe von Neutronen, die Teil des Atomkerns sind, lässt sich Kernspaltung initiieren. Forscher*innen versuchen nun herauszufinden, wie groß das Problem ist.
Situation wie „Glut in einer Grillgrube“
Die Situation erinnere ihn an „Glut in einer Grillgrube“, sagte Neil Hyatt, ein Experte für die Entsorgung nuklearer Abfälle, von der University of Sheffield dem Magazin Science: „Funkenfähig, aber vorerst stabil.“
Der ukrainische Forscher Maxim Saveliev will aber selbst einen „neuen Unfall“ nicht ausschließen, wie er gegenüber Science sagte. Da die Anzahl der Neutronen nur langsam steige, würden aber noch einige Jahre bleiben, um eine Lösung zu finden.
Was passieren könnte
Sollte es dennoch zu einem „unkontrollierten Ausstoß von nuklearer Energie“ kommen wäre diese zwar nicht so schlimm wie die Explosion im Jahre 1986, der damals über den Trümmern errichtete Sakrophag könnte aber ernsthaft Schaden nehmen, sagte Saveliev.
Um mehr Klarheit zu schaffen wird überlegt, Roboter in das kontaminierte Areal zu schicken, um Sensoren zu installieren und Proben zu entnehmen.
Die Explosion in Tschernobyl im Jahr 1986 brachte Mauern zum Einsturz und versiegelte viele Räume und Korridore. Tonnen spaltbares Material aus dem Inneren eines Reaktors wurden in der gesamten Anlage verteilt, und die Wärme, die es erzeugte, schmolz Sand von den Reaktorwänden mit Beton und Stahl, um lavaähnliche und stark radioaktive Substanzen zu bilden , die in die unteren Stockwerke sickerten.
Es wird angenommen, dass eine Kammer, die als Subreaktorraum 305/2 bekannt ist, große Mengen dieses Materials enthält, aber sie ist nicht zugänglich und wurde seit der Katastrophe weder von Menschen noch von Robotern betreten.
Neil Hyatt fordert: „Wir brauchen die internationale Gemeinschaft, um zusammenzuarbeiten und diese Bemühungen zu finanzieren und der Ukraine zu helfen, das Ganze zu einem sicheren Ende zu bringen. Denn wenn der schlimmste Fall eintritt, kollabiert der ursprüngliche Sarkophag.“
Netzfrau Doro Schreier
Quelle: netzfrauen.org
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