Der »Vampirismus« (in dem die zentrale Gestalt des Aberglaubens ein Vampir (Vampyr) ist) ist mitunter eine gefährliche Okkult-Ideologie. In ihr gibt es – wenn auch zumeist geleugnet – Querverbindungen zum Satanismus und sei es lediglich in der Theorie.
Bedenkt man, dass der Mentor des Neo-Satanismus, Aleister Crowley selbst mit seinem »Schlangenkuss« Blut trank beziehungsweise seine Jünger, wird aus der Anschauung schnell Praxis. Was sich diesbezüglich in anderen verschwiegenen Kulten, Logen, Orden und Zirkeln abspielt, kann wohl kaum eruiert werden.
Längst also hat sich eine Art »Vampir-Subkultur« im Untergrund gebildet, die sowohl real als auch virtuell miteinander verknüpft ist (Vereine, Homepages, Stammtische, Rollenspiele, Festivals, Lesungen, Reisen). (213)
Vampirismus wird jedoch ebenso unter anderem als »sexueller Fetisch« ausgelebt, mitunter mit »bluttriefenden Nacktaufnahmen verletzter Frauen bis hin zu blutigen sexuellen Praktiken wie Blutentnahmen (…)« (R. Fromm) (214)
Menschen verstehen sich als echte, als reale Vampire, die Blut oder Energie trinken müssen.
Der Evangelische Bund, Landesverband Sachsen und der Beauftragte für Weltanschauungs- und Sektenfragen der Ev. Luth. Landeskirche Sachsens warnten schon vor Jahren: »Der Blutfetisch dieser Gruppen mischt sich mitunter mit Praktiken der S/M‑Szene. Ob die Blutentnahme immer so freiwillig geschieht, wie in der Szene behauptet, wird von Experten bezweifelt. Erklärungen zur Gewaltlosigkeit stehen im Kontrast zu extrem dunklen und gewaltverherrlichenden Phantasiewelten. Wo Fiktion und Realität aber nicht mehr voneinander getrennt werden, wird es gefährlich. Problematisch ist in jedem Fall die starke gesellschaftliche Isolation der meisten Anhänger dieser Subkultur.« (215)
Fakt ist jedenfalls, dass diese Szene bei den Insidern verharmlost wird.
Der bekannte Kriminalbiologe Mark Benecke, der auch Präsident des deutschen Flügels der Transylvanian Society of Dracula ist (216), meint beispielsweise: »Vampire gibt es. Sie sind lebendig, sehen nicht schlecht aus und denken öfters an Blut und Hälse (…) Da der Menschen-Biss aber sehr schmerzhaft ist und ebenso tödliche Keime überträgt wie das Maul eines Löwen (…) belassen es Profis bei blood exchange mittels Kanüle (…) Ausschweifender geht es bei den reinen Blut-Vergiessern und – Verschwendern zu, weil die Blood Player sich weder mittels Millimeter-Messungen noch medizinischem Murks zügeln müssen.« (217)
Abb. 71: Dr. Mark Benecke, Präsident des deutschen Flügels der Transylvanian Society of Dracula.. (Quelle Screenshot/Bildzitat: https://home.benecke.com/zombiesvampire)
Der renommierte Journalist und Szene-Kenner Rainer Fromm hält dazu fest: »(…) die Realität ist eine andere. Fakt ist, dass sich viele ‚Gebende‘ einem einzelnen ‚Vampyr‘ oder einem ganzen Zirkel teilweise über einen längeren Zeitraum zum sogenannten ‚Bloodletting‘ zur Verfügung stellen, wie der Akt der Blutgewinnung in der Szene genannt wird (…) Im Gegensatz zu öffentlichen Veranstaltungen der Vampir-Community, wird das Bloodletting in privaten Clubs oder Wohnungen offen praktiziert. Hier hat jede Gemeinschaft ihre eigenen Regeln. Die Wunden werden jedoch immer wieder so gesetzt, dass sie nicht sofort für jeden außerhalb zu sehen sind. Blut wird dann aus der Leistengegend oder dem Nacken entnommen.« (218)
Tatsächlich gibt es in der Szene das sogenannte »Jagen«, das heißt die Blutentnahme ohne Täuschen oder Gewalt. Ein Insider, der sich »Frater Mordor« nennt, der sich unter anderem mit Vampirismus, Okkultismus, Magie und weiteren Randbereichen beschäftigt und versucht, sein Wissen und seine Erfahrungen auch »in Extrembereichen« ständig zu erweitern (219), verrät diesbezüglich:
»Das seltenste und gefährlichste Phänomen, das auf dem alle warnenden Stellen ihre Parolen aufbauen, sind die Jäger. Das sind Vampire, die – oft sogar in der Subkultur selbst – als psychisch Kranke angesehen werden. Jene, die dunkle Dinge tun, die einen (Straft-)Tatbestand erfüllen. Dies sind Vampire, die über jede Grenze hinausgehen und sich Blut nehmen, ohne einem Codex – außer vielleicht ihrem eigenen oder den verbotenen – zu folgen.« (220)
Auch hier erkennen wir dieselbe »Gesetzlosigkeit«, dieselbe »Mensch-Göttlichkeit«, die wir im Neo-Satanismus, aus der Crowley-Charta kennen:
»In ihrer Welt wollen sie göttergleich und unsterblich werden; sie dienen der Natur und unterwerfen sich nicht den Regeln der Menschen. Für manche von ihnen mag die Jagd auf die ultimative Beute – den Menschen – einen ebensolchen Reiz ausmachen, wie für den Menschen die Jagd auf ein wildes Raubtier.«
Und weiter erklärt »Frater Mordor«, dass sich Menschen, die sich dem Vampirismus zugehörig fühlen, mitunter aufgrund des Schutzes und der Anonymität die Nähe zu Großstädten suchen.
»Aber sei es auch, weil die gefährlichsten Schatten hier in den Abgründen der Straßen untertauchen und ihre Jagd beginnen (…) Hier sind die Bereiche, die jenseits derer des Menschen liegen und von ihren Regeln und Gesetzen nur am Rande berührt werden. Sie sind gefährlich und verführerisch.« (221)
In der Vampir-Szene soll es sogar Anleitungen zum »Ritualmord« geben, wie der Journalist Rainer Fromm, der sich seit vielen Jahren mit Satanismus und Vampirismus beschäftigt, herausfand.
FORTSETZUNG FOLGT!
Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors www.guidograndt.de
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