Geno­zi­dales Vor­gehen des kom­mu­nis­ti­schen China gegen uigu­rische Intellektuelle

Chinas Völ­kermord an seiner eth­ni­schen Min­derheit der Uiguren in Xin­jiang, auch bekannt als Ost­tur­kestan, geht weiter. Bis zu 1,8 Mil­lionen Uiguren und andere Min­der­heiten wurden in außer­ge­richt­lichen “Umer­zie­hungs­lagern” inhaf­tiert, in denen Tod, Folter und poli­tische Indok­tri­nation statt­finden. Diese Völ­kermord-Kam­pagne scheint nun spe­ziell auf uigu­rische Intel­lek­tuelle abzu­zielen. Hun­derte wurden in Inter­nie­rungs­lager gebracht, ver­schwanden oder starben in Gewahrsam. Dar­unter sind Pro­fes­soren, Jour­na­listen, Mediz­in­for­scher, Ärzte, Schau­spieler, Dichter, Ver­leger, Schrift­steller und Stu­denten. Sie werden oft mit här­teren Gefängnis- und Todes­ur­teilen belegt. Viele werden vermisst.

(von Uzay Bulut)

Eines der Opfer, Ahmetjan Juma, Rektor eines Gym­na­siums und Lite­ra­tur­über­setzer, wurde nach zwei­jäh­riger “Aus­bildung” in chi­ne­si­schen Inter­nie­rungs­lagern zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt.

Ahmetjan Jumas Bruder Mamatjan ver­mutete, dass Ahmetjan bestraft wird, nur weil er, sein Bruder, bei Radio Free Asia (RFA) als stell­ver­tre­tender Direktor des uigu­ri­schen Dienstes arbeitet. Am 1. Mai twit­terte er:

“China sollte diese unge­rechte Praxis der Inhaf­tierung unschul­diger uigu­ri­scher Intel­lek­tu­eller wie meinen Bruder beenden und ihn bedin­gungslos freilassen.

“Mein Bruder Ahmetjan war nie ein reli­giöser Mensch, geschweige denn ein reli­giöser Extremist. Er sprach Eng­lisch, Chi­ne­sisch und Uigu­risch (Uigu­risch ist seine Mut­ter­sprache) und wurde zuvor als vor­bild­licher Lehrer gelobt.

“Es ist erschre­ckend, zu denken, dass sein vier­jäh­riger Sohn, der die meiste Zeit seines Lebens ohne seinen Vater ver­bracht hat, erwachsen sein wird, wenn sein Vater frei­ge­lassen wird (falls er jemals lebend frei­ge­lassen wird). Es ist herz­zer­reißend. Ahmetjan ist unschuldig und China weiß es.”

In einem Interview mit dem Gatestone Institute sagte Mamatjan Juma:

“Meine Brüder Ahmetjan und Abdu­kadir wurden beide im Mai 2017 inhaf­tiert. Abdul­kadir ver­brachte mehr als zwei Jahre in einem Gefan­ge­nen­lager in der Nähe der Stadt Ürümqi und wurde in eine Zwangs­ar­beits­ein­richtung gebracht. Er stellte eine Zeit lang Kopf­hörer und Klei­dungs­stücke her. Dann wurde er irgendwann um 2020 entlassen.

“Abdu­kadir hat einen Abschluss an einer der besten Uni­ver­si­täten Chinas, der Com­mu­ni­cation Uni­versity of China, gemacht. Er hat viele Bücher über­setzt. Seine neueste Über­setzung ist Red Sorghum vom chi­ne­si­schen Nobel­preis­träger Mo Yan. Ich bin mir nicht sicher, ob er nach seiner Ent­lassung in Ruhe gelassen wird – es kann alles pas­sieren. Ich mache mir immer Sorgen um seine Sicherheit und sein Wohlergehen.

“Ich habe seit August 2016 den Kontakt zu meinen Brüdern ver­loren. Meine Eltern sagten mir, ich solle meine Brüder nicht kon­tak­tieren; wenn ich ihnen oder anderen Ver­wandten etwas zu sagen habe, sage ich es einfach meiner Mutter und sie wird die Nach­richt an sie weiterleiten.”

Er erklärte, dass die gesamte uigu­rische Gemein­schaft von der chi­ne­si­schen Regierung ins Visier genommen wurde:

“China hat den Uiguren seit der Besetzung der Uigu­ren­region im Jahr 1949 viele unter­drü­cke­rische Maß­nahmen auf­ge­zwungen. Seit August 2016 hat sich die sys­te­ma­tische Unter­drü­ckung der Uiguren jedoch enorm intensiviert.

“Seitdem ist die uigu­rische Sprache an Schulen ver­boten. Kul­tu­relle Zeichen, die die uigu­rische Iden­tität reprä­sen­tieren, wurden sys­te­ma­tisch aus­ge­löscht, frühere Schul­bücher wurden beschlag­nahmt, viele Bücher wurden beschlag­nahmt oder als ‘kon­ter­re­vo­lu­tionär’ oder ‘illegal’ ver­brannt. Uigu­rische Intel­lek­tuelle, die an der Zusam­men­stellung von uigu­ri­schen Lite­ra­tur­lehr­bü­chern beteiligt waren, wurden ver­haftet und zu unter­schied­lichen Haft­strafen ver­ur­teilt, einige von ihnen zum Tode. Die Politik hat sich seitdem nicht geändert, und die chi­ne­sische Regierung hat inter­na­tionale Orga­ni­sa­tionen und Jour­na­listen daran gehindert, in die Region zu reisen, um eine unab­hängige Unter­su­chung durchzuführen.

“Laut Beob­achtern wurden uigu­rische Frauen ste­ri­li­siert, Tau­sende uigu­ri­scher Kinder in staat­liche Wai­sen­häuser geschickt und Familien zer­stört. Viele Uiguren werden zu Zwangs­arbeit gezwungen. Die US-Regierung und die Par­la­mente von Kanada, den Nie­der­landen, Groß­bri­tannien, Litauen, Tsche­chien und Belgien haben die Gräu­el­taten als Völ­kermord bezeichnet.”

Uigu­rische Intel­lek­tuelle seien aus bestimmten Gründen ins Visier genommen worden, fügte Juma hinzu.

“Intel­lek­tuelle sind die Men­schen, die den gesell­schaft­lichen Diskurs führen, die Men­schen über ihre Geschichte, Kultur und alles über die Uiguren anleiten und auf­klären können. Eine Nation ohne ihre Intel­lek­tu­ellen wäre wie ein Mensch ohne sein Gehirn. China betrachtet die uigu­ri­schen Intel­lek­tu­ellen als die größten Hürden in seiner Streben nach voll­stän­diger und gewalt­samer Assi­mi­lation der Uiguren.”

Der erste unab­hängige Exper­ten­antrag der UNO-Völ­ker­mord­kon­vention von 1948 auf die lau­fende Behandlung der Uiguren in China, der vom New­lines Institute for Strategy and Policy in Zusam­men­arbeit mit dem Raoul Wal­lenberg Center for Human Rights erstellt wurde, wurde am 8. März ver­öf­fent­licht. Der Bericht, The Uyghur Genocide, sagt, dass China die staat­liche Ver­ant­wortung für einen anhal­tenden Völ­kermord an den Uiguren trägt und gegen die UNO-Völ­ker­mord­kon­vention verstößt.

Zu den wie­der­holten destruk­tiven Hand­lungen des chi­ne­si­schen Regimes mit der Absicht, das uigu­rische Volk zu ver­nichten, gehört laut dem Bericht “die selektive Bekämpfung von Intel­lek­tu­ellen und Gemeindeführern”…

“Die Absicht, die Uiguren als Gruppe zu ver­nichten, wird auch durch das bewusste abzielen der Regierung auf die Bewahrer und Über­mittler der uigu­ri­schen Iden­tität, dar­unter Haus­halts­vor­stände, Intel­lek­tuelle und kul­tu­relle Führer, unab­hängig von Par­tei­zu­ge­hö­rigkeit oder Bil­dungs­status, auf längere Inhaf­tierung oder den Tod, doku­men­tiert. Das gezielte Anvi­sieren von uigu­ri­schen Führern und hei­ligen Stätten deutet auf die Absicht hin, die wesent­lichen Ele­mente der uigu­ri­schen Iden­tität und der kom­mu­nalen Bin­dungen zu zer­stören, die die Gruppe als solche definieren.”

Laut Uygu­ri­schem PEN wurden seit 2017 min­destens 500 uigu­rische Intel­lek­tuelle will­kürlich fest­ge­nommen, ver­haftet, und inhaf­tiert und in Kon­zen­tra­ti­ons­lager gebracht.

Der bekannte uigu­rische Dichter Adil Tuniyaz, der 2017 zusammen mit seiner Frau fest­ge­nommen wurde, wird wei­terhin ver­misst. Ihr ältester Sohn, Imran, 19, wurde eben­falls in einer Pekinger Schule fest­ge­nommen und in eine Haft­an­stalt in Xin­jiang gebracht. Es wird ver­mutet, dass ihre drei jün­geren Kinder in staat­lichen “Wai­sen­häusern” für uigu­rische Jugend­liche unter­ge­bracht sind, deren Fami­li­en­an­ge­hörige inhaf­tiert sind. Adils Schwie­ger­vater starb 2018 in einem “Umer­zie­hungs­lager” in Urumtschi.

Ein wei­terer pro­mi­nenter uigu­ri­scher Schrift­steller und Dichter, Abdu­qadir Jala­lidin, Pro­fessor an der Xin­jiang Normal Uni­versity, wurde 2018 von staat­lichen Sicher­heits­kräften in Ürümqi fest­ge­nommen. Seine Familie hat seit der Bekanntgabe seiner Inhaf­tierung keine Infor­ma­tionen über seine Situation erhalten.

Laut Uygu­ri­schem PEN:

“Jala­lidins Schriften waren bei den Uiguren beliebt, ebenso wie seine lite­ra­ri­schen Über­set­zungen ins Uigu­rische, dar­unter George Orwells legen­därer Roman Animal Farm. Er hatte eine Reihe von Dok­to­randen beraten und eine neue Gene­ration von Gemein­schafts­for­schern ausgebildet.”

Jala­lidins in Japan lebende Tochter Bul­bulnaz sagte, dass “ihr Vater darauf bedacht [war], keine poli­tisch sen­siblen Themen zu diskutieren”.

“Er war nie ein reli­giöser oder poli­ti­scher Mann. Er ermu­tigte die Leute immer, neue Dinge aus­zu­pro­bieren. Ich erinnere mich, dass die Leute ihn respek­tierten und sie liebten es, Zeit mit ihm zu ver­bringen und Gespräche mit ihm zu führen.”

Die Kom­mu­nis­tische Partei Chinas scheint auch die tota­litäre Praxis der Bücher­ver­brennung zurück­ge­bracht zu haben. Das Werk des bekannten uigu­ri­schen Schrift­stellers Ahtam Omer ist eines der Opfer. Omer wurde 2017 in seiner Wohnung fest­ge­nommen und wird seitdem ver­misst. Nach seiner Inhaf­tierung vor vier Jahren wurde seine Arbeit Gegen­stand einer Bücher­ver­bren­nungs­kam­pagne, berichtete Radio Free Asia.

Die anhal­tende Mas­sen­in­haf­tierung und Ver­folgung uigu­ri­scher Intel­lek­tu­eller zeigt das Motiv der chi­ne­si­schen Regierung, uigu­rische Kunst, Lite­ratur und Kultur zu kri­mi­na­li­sieren und schließlich auszulöschen.

Am 10. Mai ver­öf­fent­lichte PEN Inter­na­tional eine Erklärung zum zum-Schweigen-bringen und zur Unter­drü­ckung uigu­ri­scher Intellektueller:

“ ‘Die Unter­drü­ckung der Men­schen­rechte in Xin­jiang ist eine kolossale Tra­gödie, die das gesamte Spektrum der Men­schen­rechte umfasst. Die Willkür, die Geheim­haltung, die Unge­rech­tigkeit und die erbar­mungslose Grau­samkeit des Staates waren kon­sistent. Der feh­lende Zugang zu Infor­ma­tionen ver­schlimmert nur die Tra­gödie. Wir wünschten, wir hätten unsere Empörung früher zum Aus­druck bringen können. Ahmetjan Juma und Ahtam Omer hätten über­haupt nicht inhaf­tiert werden dürfen; und doch haben sie Monate in Haft ver­bracht. Solche per­versen Urteile müssen auf­hören, ebenso wie all die Repres­sionen, denen die Uiguren aus­ge­setzt sind’, sagte Salil Tri­pathi, Vor­sit­zender des Komittees für gefangene Schrift­steller von PEN International.

“Die Angriffe auf uigu­rische Schrift­steller und andere Intel­lek­tuelle sind Teil der umfas­sen­deren Bemü­hungen der chi­ne­si­schen Regierung, die uigu­rische Bevöl­kerung durch über­wäl­ti­gende Zensur und Repression von ihrer kul­tu­rellen Iden­tität und ihrem Erbe zu entfremden.

“Um das wahre Ausmaß der began­genen Gräu­el­taten zu ver­schleiern, haben die Behörden ein Klima der fast voll­stän­digen Geheim­haltung rund um die Inhaf­tierten ein­ge­führt. Infol­ge­dessen haben viele der Inhaf­tierten keine Mög­lichkeit, mit der Außenwelt zu kom­mu­ni­zieren, was es für Familie und Freunde unmöglich macht, Erkun­di­gungen um deren Wohl­ergehen durch­zu­führen, ohne sie gleich­zeitig einem höheren Miss­brauchs­risiko aus­zu­setzen. Ein aktu­elles Bei­spiel ist Haji Mir­zahid Kerimi, ein renom­mierter uigu­ri­scher Dichter, der zu den 14 Mit­ar­beitern des Kashgar-Verlags in Xin­jiang gehörte, die wegen der Ver­öf­fent­li­chung von Büchern, die später als “pro­ble­ma­tisch” ein­ge­stuft wurden, fest­ge­nommen wurden. Im Alter von 80 Jahren zu 11 Jahren Haft ver­ur­teilt, wurde vor kurzem berichtet, dass er am 9. Januar 2021 starb, während er seine Strafe ver­büßte, nachdem er sich bei einem Vorfall ver­letzt hatte, bei dem er angeblich “sprang und fiel”. Ein wei­teres Bei­spiel ist die mut­maß­liche Inhaf­tierung der welt­be­rühmten Gelehrten Rahile Dawut, einer füh­renden Expertin für uigu­rische Folklore an der Uni­ver­sität Xin­jiang, die auf der Reise von Xin­jiang nach Peking im Dezember 2017 spurlos verschwand.”

Trotz aller Zen­sur­ver­suche durch die regie­rende Kom­mu­nis­tische Partei Chinas ent­faltet sich die schwere Ver­folgung und der Völ­kermord am uigu­ri­schen Volk, die alle gut doku­men­tiert sind, vor den Augen der ganzen Welt. Warum schweigt die Welt – und ins­be­sondere die globale mus­li­mische Gemein­schaft – weit­gehend, während unschuldige Uiguren von einem bru­talen, tota­li­tären Regime wegen des “Ver­bre­chens”, als Uigur geboren zu sein, zer­stört werden?

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Uzay Bulut, eine tür­kische Jour­na­listin, ist eine Distin­gu­ished Senior Fellow am Gatestone Institute.


Quelle: gatestoneinstitute.org