Der Renaissance-Damm in Äthiopien, Bild: gemeinfrei, Ethiopia State Media, https://en.wikipedia.org/wiki/File:GERDDamStateMediaShotimage_(2).png

Kriege der Zukunft um Wasser und Energie – Äthio­piens Staudamm beschwört Krise herauf (+Video)

Vom Weltraum aus beob­achtet, ist die Erde eine wun­der­schöne, blaue Kugel. Dieses Aus­sehen ver­dankt sie dem Wasser, das sich in Jahr­mil­li­arden ange­sammelt hat. Das Problem für die Men­schen – nicht für die Mee­res­fische – es ist Salz­wasser. Nur ein kleiner Teil des Wassers dieses Pla­neten ist Süß­wasser. Aber auf dem Land brauchen es alle: Pflanzen, Tiere Men­schen. Und je mehr davon gebraucht wird, desto mehr wird darum gekämpft. Trink­wasser und Wasser für die Felder sind ein großer Teil des Ver­brauches der vor­han­denen Süß­was­ser­menge.  Gerade bei grenz­über­schrei­tenden Flüssen kann der Ver­brauch zum Zank­apfel werden.

Zurzeit ist in Afrika das relativ arme Äthiopien in der Rolle des unkol­le­gialen Böse­wichtes. Der größte Staudamm Afrikas ist dort ent­standen und soll Ende bis 2022 fer­tig­ge­stellt werden. Er war von Anfang an bei den Nach­bar­ländern umstritten. Der äthio­pische Was­ser­mi­nister Seleshi Bekele erklärte fei­erlich die zweite Auf­füll­phase des Reser­voirs für abge­schlossen. Der nun erreichte Was­ser­stand liefert genügend Was­ser­druck, dass die erste, strom­erzeu­gende Turbine ihre Arbeit aufnimmt.

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Das, was Äthiopien zum Auf­füllen des Stau­be­ckens an Wasser brauchte, fehlt dem nörd­lichen Nachbarn Ägypten. Ägyptens Prä­sident Al Sisi ist gereizt. Das ist nicht weiter ver­wun­derlich. Schon in der Antike, als die Pha­raonen regierten und ein rie­siges Reich mit unglaub­lichen zivi­li­sa­to­ri­schen Errun­gen­schaften erfolg­reich ver­wal­teten und aus­bauten, beruhte dieser unge­heure Vorteil Ägyptens auf dem Nil, der das Niltal flutete und den frucht­baren Nil­schlamm auf die Felder brachte. Die Ernten waren üppig und ver­mochten all die Arbeits­kräfte mit­zuer­nähren, die die beein­dru­ckenden Tempel, Städte und Pyra­miden bauten. Nur ein Volk, das genügend Res­sourcen hat und gut ernährt ist, kann sich so etwas leisten.

Der Nil ist der Herz­schlag Ägyptens. 90 Prozent seines Was­ser­be­darfs kann er decken. Heute wie früher liegen fast alle bedeu­tenden Städte, Industrie und Land­wirt­schaft am Ufer des Nils. Seine beein­dru­ckende Masse speist sich aus zwei Haupt­zu­flüssen. Einer davon – und der wich­tigste — ist der „blaue Nil“ – der durch Äthiopien zum großen Strom hin­fließt. In einem etwas abge­le­genen Tal in der west-äthio­pi­schen Region Benis­hangul-Gumuz und etwa 10 Kilo­meter östlich der suda­ne­si­schen Grenze ist nun ein Stausee ent­standen, der in seinen Aus­maßen Respekt ein­flößt. Mit  63 Mil­li­arden Kubik­metern Wasser ist sie um ein Drei­hun­dert­faches größer, als die größte deutsche Tal­sperre „Bleiloch“ mit 212,9 Mil­lionen Kubik­metern Wasser. Die Haupt-Gewichts­stau­mauer ist 145 Meter hoch, das ist fast so hoch, wie der Kölner Dom.

Die Bau­maß­nahmen werden nächstes Jahr fer­tig­ge­stellt sein, und das Was­ser­kraftwerk soll letzt­endlich eine Leistung von 6.000 Megawatt erbringen. Schon dieses Jahr reicht die ange­staute Was­ser­menge zum Betrieb der ersten Turbine. Das soll das recht arme Äthiopien in die Neuzeit kata­pul­tieren, denn bisher hat der Großteil der Äthiopier keinen Strom. Nicht nur, dass Äthiopien seine Bürger endlich mit Strom und damit einem Lebens­standard ver­sorgen könnte, der das Land, seine Wirt­schaft und den Konsum immens nach vorne bringen kann. Und mehr noch: Äthiopien könnte der größte Strom­ex­porteur Afrikas werden.

Sudan, das direkte Nach­barland nord­westlich von Äthiopien liegt noch vor Ägypten. Es würde zwar von preis­werten Strom­lie­fe­rungen pro­fi­tieren, scheint jedoch mehr und mehr die Sorgen Ägyptens zu teilen, dass in tro­ckenen Jahren die Was­ser­ver­sorgung zu knapp aus­fallen könnte, weil Äthiopien sein Was­ser­kraftwerk füttern muss. Umge­kehrt befürchtet der Sudan eine kata­stro­phale Über­flutung, sollte der Damm dieses Rie­sen­re­ser­voirs an Wasser einmal brechen.

Beide Länder nil­ab­wärts ver­langen seit Jahren in Gesprächen, dass sich Äthiopien auf Min­dest­mengen an Was­ser­durchlass ver­pflichtet. Das ist bisher aber nicht geschehen. Selbst eine Ein­ladung des Kongo als Gast­geber dieser Gespräche scheiterte.

Nun werden die Töne schriller. Ägyptens Prä­sident, Herr Abdel Fattah Al Sisi wurde in den letzten Monaten nicht müde, größtes Gewicht auf eine Ver­hand­lungs­lösung zu legen. Doch nun wechselt er die Tonart und bringt sogar einen mili­tä­ri­schen Kon­flikt ins Spiel. Er punktet dabei natürlich vor seinen Lands­leuten, wenn er pathe­tische Töne anschlägt. Tat­sächlich ist die Vor­stellung, der Nil könne tro­cken­fallen, für die Ägypter ein Sakrileg und der sichere Tod. Deshalb stehen sie auch geschlossen hinter Prä­sident Al Sisi, wenn der fast unver­hohlen droht: „Das Wasser Ägyptens ist für uns unan­tastbar und stellt eine rote Linie dar. Wird sie über­schritten, beein­flusst das die Sta­bi­lität der gesamten Region.“ Wie um ein Aus­ru­fe­zeichen hinter sein Statement zu setzen, führten nur wenige Tage später Ägypten und der Sudan eine gemeinsame Mili­tär­übung durch. Das ist schon mehr als ein Wink mit dem Zaun­pfahl für Äthiopien.

Und genauso schallt es zurück:

„Äthiopien wird keinen Schritt tole­rieren, der darauf abzielt, den Füll­prozess, den Betrieb oder das Was­ser­frei­set­zungs­system zu stören”, heißt es in der jüngsten Mit­teilung aus Addis Abeba. Staat­liche Medien berich­teten, der Bau des Stau­damms sei zu 80 Prozent abge­schlossen. Äthiopien braucht den Strom aus dem Was­ser­kraftwerk dringend für die wirt­schaft­liche Entwicklung.“