BBC gesteht: Bericht zu Giftgas in Syrien beinhaltete Fake News

Die bri­tische BBC gesteht ein, im Zuge des Gift­gas­an­schlages in der syri­schen Stadt Douma sys­te­ma­tisch falsch berichtet hat, um den Luft­an­griff zu legi­ti­mieren. Ein ekla­tanter Fall von Jour­na­lismus jen­seits jeg­licher Stan­dards. Es zeigt, wie gefährlich diese Art von Nähe von Politik und Jour­na­lismus ist. 

(ein Gas­beitrag von Von Julian Marius Plutz)

Wissen Sie, was das eigent­liche Wesen an Floskeln ist? Sie stimmen. Ja. Nicht immer, das mag sein, aber zumindest häufig. So fällt der Apfel tat­sächlich häufig „ nicht weit vom Stamm“. Oder, wie wir in Franken sagen würden: „wie der Herr, so’s G‘scherr“. Ich beob­achte immer wieder Ähn­lich­keiten im Agieren und Reagieren, z.b. von Mutter und Tochter. Floskeln sind wie Vor­ur­teile. Sie treffen häu­figer zu, als man sich das ein­ge­stehen würde.

Eine Floskel, die sich für mich heute erneut bestätigt hat, ist diese: „Das erste Opfer im Krieg ist die Wahrheit“. Sie haben recht, das ist keine rasend neue Erkenntnis. Und eigentlich hat sich etwas bestätigt, was die Ent­hül­lungs­plattform Wiki­leaks Jahre zuvor bereits ver­öf­fent­licht hat. Doch der Reihe nach.

Wie in der bri­tische Daily Mail (nach­folgend Heise.de) zu lesen ist, hat die bri­tische BBC ein­ge­standen, in der Bericht­erstattung um den Gift­gas­an­griff in der syri­schen Stadt Douma Falsch­mel­dungen ver­breitet zu haben. Der Sender habe gezielt Fake News über Kri­tiker der Orga­ni­sation für das Verbot che­mi­scher Waffen (OPCW) gestreut. Damit ver­letzte der Öffentlich-Recht­liche Rundfunk, der über die bri­ti­schen Lan­des­grenzen hinaus eigentlich einen sehr guten Ruf genießt, aufs Übelste jour­na­lis­tische Standards.

Von Unab­hän­gigkeit war keine Rede

Die OPCW ist eine eigentlich unab­hängige so wie inter­na­tionale Orga­ni­sation, die seit der Ver­ab­schiedung der Che­mie­waf­fen­kon­vention vom 29. April 1997 exis­tiert. Sie über­wacht die Ein­haltung und Umsetzung dieser Kon­vention und emp­fiehlt in Ein­zel­fällen die Ver­nichtung von Che­mie­waffen. Doch von Unab­hän­gigkeit kann in dem vor­lie­genden Fall keine Rede sein.

Bereits wenige Monate nach dem Gift­gas­an­griff in Syrien bean­standen Kri­tiker, dass die OPCW den Angriff von 2018 ohne tiefer gehende Prüfung der Führung von Assad anlastete. Wider­spre­chende Erkennt­nisse wurde sys­te­ma­tisch unter­drückt und zen­siert. Genau diese gezinkten Erkennt­nisse lie­ferten Argu­mente für die Luft­an­griffe der USA, Groß­bri­tannien und Frank­reich. Und ja, halten Sie mich für naiv, auch ich ver­traute den Berichten und befür­wortete, freilich aus der Ferne und lediglich mit Sekun­där­quellen, zumindest prin­zi­piell diese Intervention.

Spä­testens 2019 hätten wir es besser wissen müssen. Nachdem die Führung der OPCW offen­sichtlich den Bericht ver­fälscht hatte, infor­mierte ein Mit­ar­beiter der soge­nannten Fact-Finding- Mission, eine Art Son­der­kom­mission in Douma, einen internen Exper­ten­kreis über die Mani­pu­la­tionen. Geschehen ist bis dahin nichts. Wir erinnern uns: Bei dem Gift­gas­an­griff starben mehr als 50 Men­schen. Ende 2019 erschienen dann weitere Belege, die alle Vor­würfe belegten , auf Wikileaks.

Perfide Nähe von Staatsfunk und Politik

Das Zuge­ständnis der BBC ist kein Frei­spruch für Assad. Es zeigt jedoch, mit welchen Methoden Medien arbeiten, die die gebotene Distanz zur Regierung ver­missen lassen. Das Ver­ei­nigte König­reich stellte in diesem Einsatz das zweit­größte Kon­tingent an Flug­ge­räten und Sol­daten. Offen­kundig sollte die BBC die Fakten dahin mani­pu­lieren, dass Poli­tiker, Medien und Bevöl­kerung den Einsatz als eine gerecht­fer­tigte Inter­vention sehen.

Und auch wenn das erste Opfer im Krieg die Wahrheit ist, so heißt es nicht, dass das das zweite Opfer die Ver­nunft sein muss. Genauso wie, trotz aller Nähe, was Werte angeht, eine bedin­gungslose Soli­da­rität zu west­lichen Ländern recht­fertigt. Öffentlich-Recht­liche Jour­na­listen müssen ihre Nähe zur Politik hin­ter­fragen. Nicht, dass es heißt: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing‘.“

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Zum Autor: Julian Marius Plutz ist 1987 geboren und betreibt seinen eigenen Blog neomarius.blog. Hier erschien der oben ver­öf­fent­lichte Text zuerst. Ferner erscheinen seine Texte unter anderen auf TheEuropean.de und achgut.com. In seinen Texten beschäftigt er sich mit dem Arbeits­markt, der poli­ti­schen Linken und der LGBT Bewegung. Haupt­be­ruflich arbeitet Herr Plutz im Per­so­nal­be­reich.“ Mehr Artikel des Autors finden Sie hier.


Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog von David Berger www.philosophia-perennis.com