Unser Foto der Woche kommt aus Berlin Schöneberg. Auf den ersten Blick sieht alles nach der guten alten Zeit aus. Das Straßenschild wie aus den 20er Jahren, die Häuser aus der Kaiserzeit … Und wer sich noch an die legendäre Praxis Bülowbogen erinnert: Hier wurden alle Folgen der Arztserie mit Lokalkolorit in den wunderbaren 80ern gedreht. Schon damals gab es die Eckkneipe, heute unter dem Namen „Bar Voyage“ firmierend.
Auch in den Bewertungen bei Tripadvisor ergehen sich einige in großem Lob für die Eckkneipe „Bar Voyage“. So etwa: „Als Touristen sind wir hier gelandet und haben uns pudelwohl gefühlt. Hier scheint jeder jeden zu kennen. Und vor allem geht’s queer zu.“ Und „Hier kann man bei dem aus Köln stammenden Besitzer wunderbar ein leckeres Kölsch schlürfen. Die Bar Voyage ist u.a. Anlaufpunkt diverser Berliner Dragqueens und sonstiger Cross-Dressing-Liebhaber. Eine coole Location, in der auch ab und zu Vorführungen und Shows angeboten werden. Vor dem Lokal gibt es eine schöne Terrasse.“
Volksgesundheit und queere Stimmung
Auch das klingt alles nach Diversität und dem kölschen „Lääve und leeve losse“ (oder so ähnlich). Und keiner hätte sich bis vor kurzem träumen lassen, dass hier einmal Erinnerungen an dunkelste Zeiten wiederkehren sollten. Auch wenn die Gedankenpolizei das inzwischen verbietet und ich jeden Zusammenhang hier feierlich zurückweise, als ich an den Aushang mit der 2G-Regel vor dem Lokal – die ganze Straße bestimmend – gestern sah und dahinter das Straßenschild in der Pseudofraktur, musste ich unwillkürlich an ähnliche Schilder im von der „Volksgesundheit“ regierten „tausendjährigen Reich“ in Berlin denken.
Aber ich weiße jeden Zusammenhang zurück und jeder derartige Vergleich ist natürlich unpassend. Auf die „Gedanken sind frei“ möchte ich mich auch nicht unbedingt berufen, denn wo Hass und Liebe vom Gesetzgeber reguliert werden, haben die Gedanken eine solche strenge Aufsicht umso nötiger. Kurzum nochmal: ich weiße hier jeden Vergleich zurück. Denn das soll ja im besten Deutschland aller Zeiten nicht nur Berliner Kindln verboten sein. Und kein Argument ist überzeugender …
Zum Untermenschen geworden
Während ich auf einen Besuch in Frauenkleidern in der Bar Voyage gut verzichten kann, hat mich eine ähnliche Ansage ganz persönlich schwer getroffen. Einer meiner Kölner Ärzte, bei denen ich seit mehr als 15 Jahren in Behandlung bin, ansatzweise sogar persönlich befreundet, lässt nun sein Patienten wissen:
Die Dankbarkeit und der Respekt vor dem Mediziner verwehren mir hier jeden weiteren Kommentar. Was bleibt ist eine tiefe Traurigkeit, wie schnell es gehen kann, dass man in einem Apartheit-System zu einem Untermenschen wird.
Erstveröffentlichung auf dem Blog von David Berger www.philosophia-perennis.com
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