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Die EU mit Deutschland schießen sich auf Polen ein

EU-Fun­da­men­ta­listen sprechen einigen Ländern jede Sou­ve­rä­nität ab — Polen will nicht jede Freiheit auf­geben – wird „zurück­ge­schossen“?

(von Albrecht Künstle)

Polen versus Deutschland. Wieder wird zurück­ge­schossen wie am 1.9.39, nur anders. Diesen Ein­druck konnte man gewinnen beim Anschauen der Fern­seh­nach­richten dieser Woche und beim Auf­schlagen der Zeitung. „Ver­trags­ver­letzung, Schlag­ab­tausch, Sank­tionen, Ächtung …“ beherr­schen die Schlag­zeilen und das nur, weil Polen sich vor­behält, sich von Brüssel und Straßburg nicht vollends auf der Nase her­um­tanzen zu lassen, und in der Justiz unab­hängig bleiben will.

Die Visegrad-Staaten sind den West­eu­ro­päern schon lange ein Dorn im Auge, Ungarn im All­ge­meinen und jetzt Polen im Beson­deren. Unisono beschul­digen die deutsche Kom­mis­si­ons­prä­si­dentin v.d.L., der bay­rische Berufs­eu­ropäer Manfred Weber und fast alle Medien-Kom­men­ta­toren und deren weib­liche Spezies die Polen, „Europa in eine Krise zu stürzen“. Alle deut­schen Par­teien im Euro­pa­par­lament außer der AfD for­derten am Dienstag einen harten Kurs gegen die pol­nische Regierung und atta­ckierten Mora­wiecki. „Hart wie Krupp­stahl“? Sind die Polen so stark, dass sie Europa in eine Krise stürzen könnten?

Was hat Polen ver­brochen? Es möchte seine Gerichts­barkeit behalten und sein Rechts­system nicht auch noch der EU opfern. Müssten sie das denn? Nein, müssen sie nicht. Ent­gegen anders­lau­tender Behaup­tungen ist ein Vorrang des EU-Rechts in den Ver­trägen nicht mani­fes­tiert. Die Doktrin, dass EU-Recht natio­nales Recht breche, ist zum Erbrechen. Sie beruht nur auf einem ein­zigen EuGH-Urteil aus dem Jahr 1964. Seither glaubt man daran, dass dies für alles und alle gelte. Aber ist es für Europa ele­mentar, ob es in Polen ein paar Geschlechter weniger gibt? Für bestimmte Sach­be­reiche ist das ein­heit­liche Recht tat­sächlich geboten.

Im Arbeits­recht besteht diese Rechts­hier­archie. Ich nenne das Bei­spiel, weil ich als Ex-Lan­des­ar­beits­richter damit ver­traut bin. Über allem Arbeits­recht steht EU-Recht mit seinen EU-Richt­linien. Dar­unter das Grund­gesetz, die Bun­des­ge­setze und Tarif­ver­träge in einem Kon­kur­renz­ver­hältnis (Güns­tig­keits­prinzip), Lan­des­ge­setze, Ver­ord­nungen und nach­ge­ordnete Rechts­normen. Aber diese Sys­te­matik ist dem Pos­tulat des freien Ver­kehrs von Waren, Dienst­leis­tungen, Arbeit und Kapital geschuldet. Dies­be­züglich sollen ein­heit­liche Normen gelten, um Wett­be­werbs­ver­zer­rungen zwi­schen den Mit­glieds­ländern weit­gehend zu ver­meiden. Trotzdem gab es nach arbeits­recht­lichen Vor­la­ge­be­schlüssen schon Zoff zwi­schen dem EuGH und dem BVerfG.

Auch das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt sagte einmal, dass es selbst das letzte Wort habe und nicht der EuGH. Im Mai 2020 ging es um das Anlei­he­kauf­pro­gramm der EZB. Und siehe da: Unsere Ver­fas­sungs­richter erklärten den Euro­zauber der EZB und auch das Urteil des EuGH als nicht ver­einbar mit dem deut­schen Grund­gesetz. Letztes Jahr gab es über die Kom­petenz der einen und anderen Roben­träger einen Gelehr­ten­streit. Aber traute sich jemand, Deutschland der­maßen ans Bein zu pinkeln wie man das jetzt mit Polen tut?

Das höchste Gericht müsse poli­tikfrei sein, fordert man von den Polen. Aber ist unser Ver­fas­sungs­ge­richt poli­tikfrei? Nein, ist es nicht, darüber gibt es sogar Streit. Auch in Deutschland besteht keine poli­tik­freie Gerichts­barkeit, dafür aber weit mehr „rechts­freie Räume“, wenn man unsere laxe Kri­mi­na­li­täts­ver­folgung mit Nach­bar­ländern vergleicht.

Auch in anderen Ländern Europas gibt es Vor­be­halte gegen den Abso­lut­heits­an­spruch der EU. Hier in alpha­be­ti­scher Rei­hen­folge: Auch Gerichte in Belgien, Deutschland, Dänemark, Estland, Frank­reich, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Polen, Spanien und der Tschechei tun sich schwer mit den euro­päi­schen Macht­zentren Brüssel (EU-Insti­tu­tionen), Frankfurt (EZB), Luxemburg (EuGH) und Straßburg (Par­lament). Aber mit unseren öst­lichen Nachbarn scheint man alles machen zu können. Im pri­vaten Bereich würde man das Mobbing oder Bashing nennen.

Viel­leicht sollten unsere Scharf­macher einmal einen Blick zurück­werfen und den Polen dankbar sein. Deren Vor­fahren waren es, die unser Europa im Jahre 1683 vor dem Ansturm der Türken gerettet haben. Und das war nicht das einzige Mal. Sie scheinen sich der außer­eu­ro­päi­schen Gefahr eher bewusst zu sein als unsere Polit-Ober­lehrer. Ohne die Polen würden unsere Poli­tiker heute nicht ihren lei­den­schaft­lichen Fehden frönen können.

Statt der EU hätten wir wahr­scheinlich ein isla­mi­sches Europa und somit auch keine Richter in roten Roben und selt­samen Hüten. Die Scharia-Recht­spre­chung (?) läge in der Hand eines isla­mi­schen Herr­schers. Dieser würde sich viel­leicht eine „Fatwa“ schreiben lassen, mit der die Polen geächtet würden. Aber noch herrscht er nicht, der zen­tra­lis­tisch-auto­ritäre grüne Islam. Das Trom­mel­feuer gegen Polen, Ungarn und andere durch die jet­zigen EU-Macht­haber ist eine Schande.

Wen es inter­es­siert, hier die Mora­wiecki-Rede: Ver­öf­fent­licht von Achgut

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