Mas­sen­psy­chose: Gehirn­wäsche und «Men­tizid» — Teil 3

Was wir heute als «Gehirn­wäsche» bezeichnen, leitet sich von der chi­ne­si­schen Begriff­lichkeit «Hsi-Nao»ab, was wörtlich über­setzt so viel wie «Gehirn» und «waschen» bedeutet. (1) Es beschreibt ein aus­ge­klü­geltes Ritual der sys­te­ma­ti­schen Indok­tri­nation, Bekehrung und Selbst­an­klage, das dazu dient, die Grund­ein­stel­lungen und Rea­li­täts­wahr­neh­mungen einer Person anzu­greifen, zu desta­bi­li­sieren und anschliessend durch neue Ein­stel­lungen zu ersetzen.

Bevor wir uns dem eigent­lichen Thema der Ausgabe, der «Mas­sen­psy­chose» und der«Massen-Gehirnwäsche» zuwenden, wollen wir uns zunächst damit beschäf­tigen, wie sich Gedan­ken­kon­trolle und Gehirn­wäsche im Ein­zelnen voll­ziehen. Ein direkter Zugang, über den wir uns dieser Materie annähern wollen, ist die The­matik des «erzwun­genen Geständ­nisses». Während ein solch erzwun­genes «Geständnis» durch Indok­tri­nation oder durch Schmerz grund­sätzlich nichts Neues dar­stellt und als Praktik in den ver­schie­densten Kul­turen zu ver­schie­densten Zeiten anzu­treffen war, sind die spe­zi­fi­schen Tech­niken, die in der modernen Welt ange­wandt werden, um den Ver­stand und den Willen des Men­schen zu brechen und «Geständ­nisse» für poli­tische Pro­pa­gan­da­zwecke her­bei­zu­führen, doch relativ neu und sehr raffiniert.

Per­fek­tio­niert wurde die Praxis von ver­schie­denen kom­mu­nis­ti­schen Regimen, auf­bauend auf Pawlow (siehe S.8 ff.), im Verlauf des 20. Jahr­hun­derts. Doktor Charles W.Mayo, ein füh­render ame­ri­ka­ni­scher Arzt und Regie­rungs­ver­treter, erläu­terte diese Art von Gehirn­wäsche in einer offi­zi­ellen Erklärung vor den Ver­einten Nationen mit den fol­genden Worten: «Wir sollten beachten, dass die in diesen Fällen ange­wandten Fol­te­rungen, obwohl sie viele brutale kör­per­liche Ver­let­zungen beinhalten, nicht mit den mit­tel­al­ter­lichen Fol­te­rungen durch die Fol­terbank und die Dau­men­schraube ver­gleichbar sind. Sie sind sub­tiler, lang­wie­riger und sollen in ihrer Wirkung noch schreck­licher sein. Sie zielen darauf ab, den Ver­stand eines intel­li­genten Opfers zu zer­setzen und sein Wer­te­system so weit zu ver­zerren, dass es nicht einfach schreit: ‹Ich habe es getan›, sondern zu einem scheinbar wil­ligen Kom­plizen beider voll­stän­digen Zer­störung seiner Inte­grität und der Schaffung einer aus­ge­klü­gelten Fiktion wird.» (2) Es ist hier nicht der unmit­telbare kör­per­liche Schmerz, der die Men­schen bricht, sondern die ständige Demü­tigung und die lange Zeit andau­ernde psy­chische Folter.

«Men­tizid»

Der hol­län­dische Arzt und Psy­chologe Joost Meerloo, der sich in seinem Leben aus­führlich mit dieser Art von The­matik aus­ein­an­der­setzte, schrieb: «Der Geist der meisten Men­schen kann gebrochen werden, Men­schen können auf das Niveau von tie­ri­schem Ver­halten redu­ziert werden. Sowohl Fol­terer als auch Opfer ver­lieren schliesslich jeg­liche mensch­liche Würde.» (3) Um diesen ent­mün­digten Zustand zu beschreiben, in den ein Opfer von solcher Gehirn­wäsche ver­setzt wird, prägte Meerloo den Ter­minus «Men­tizid» (aus dem Latei­ni­schen über­setzt: «Tötung des Geistes»). Der «Men­tizid» ist ein uraltes Ver­brechen gegen den Ver­stand, das aller­dings erst im Verlauf des 20. Jahr­hundert effektiv sys­te­ma­ti­siert und weiter ver­feinert wurde. Die Tech­niken, mittels derer es möglich ist, durch ein orga­ni­siertes System psy­cho­lo­gi­scher Inter­vention die Gedanken und Ver­hal­tens­muster eines Men­schen nach den Vor­stel­lungen des Fol­terers zu formen und ihm seine eigenen oppor­tu­nis­ti­schen Gedanken auf­zu­drücken, wurden per­fek­tio­niert. Am Ende sehen sich die ter­ro­ri­sierten Opfer schliesslich gezwungen, die vom Fol­terer gewünschten Gedan­ken­gänge anzu­nehmen. Das Opfer kann dann bei­spiels­weise dazu gebracht werden, in einem Gerichts­ver­fahren über­zeugend das zu Pro­tokoll zu geben, was ihm von dem Fol­terer in einer vor­an­ge­gan­genen Periode ein­ge­impft wurde. Im Unter­schied zu einem Geständnis, das einem Gefan­genen unter rein kör­per­licher Folter abge­presst wird und das der Gefangene nur äussert, um seine Qualen zu beenden, lässt sich mittels des lang anhal­tenden psy­chi­schen Terrors der Punkt des «Men­tizids» her­bei­führen, in dem der Gefangene selbst glaubt, was er «gesteht». Zumindest für den Moment ist eine solche Art von erzwun­genem Geständnis nicht von einem echten unter­scheidbar, da der «Geste­hende» von seinen Aus­sagen über­zeugt ist.


Mit freund­licher Geneh­migung von expresszeitung.com, Dop­pel­ausgabe 43/44