Wann suchen sich die Poli­tiker ein anderes Volk?

Umfra­ge­er­gebnis der Zei­tungen ist wider­sprüchlich wie nie — Fragen die Demo­skopen zu wenig und die fal­schen Leute? — Oder beein­flussen die Medien das Denken und Wählen?

(von Albrecht Künstle)

“Die Mehrheit will nicht für mehr Kli­ma­schutz zahlen”, titelt die Badische Zeitung, der Platz­hirsch unter den süd­ba­di­schen Regio­nal­zei­tungen. Doch auf Seite 2 ist zu erfahren, dass die meisten Befragten für die grün-rot-gelbe Regierung sind, welche die kost­spielige Kli­ma­po­litik zu ihrem wich­tigsten Ziel erklärt hat. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Instituts für Demo­skopie IfD, die im Auftrag der Tages­zei­tungen im Süd­westen unter 1000 Erwach­senen durch­ge­führt wurde.

Nur 31 Prozent finden Grün-Schwarz in Stuttgart gut, 41 Prozent stünden eher auf Rot-Gelb, in jedem Fall auf Grün. Doch diese Klima-Koalition haben wir in Berlin, aber 47 Prozent der Befragten sind auch damit nicht zufrieden und hätten lieber ein anderes Ergebnis. Das soll jemand ver­stehen? BZ-Chef Fricker schon am 20. Juli zu Kret­schmann: „Die Vor­be­halte in der Bevöl­kerung sind unüber­sehbar, das Ver­trauen in die Regierung teil­weise erschre­ckend gering. Bertolt Brecht sagte einmal: „Das Volk hat das Ver­trauen der Regierung ver­scherzt. Wäre es da nicht doch ein­facher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?“ Und die Demo­skopen mit ihren auf­trag­ge­benden Medien?

Eine große Macht der Demo­skopen sieht der Poli­tik­wis­sen­schafter Wolfgang Jäger: „Wahlen würden mit Schein­ple­bis­ziten der Umfragen maß­geblich ent­schieden. Die Demo­skopie scheint weit­gehend an die Stelle der Demo­kratie getreten zu sein“, stellt er fest. Offen­sichtlich fragen sie sug­gestiv im Sinne der Auf­trag­geber. Das Ergebnis: Wider­sprüch­licher könnten die Ant­worten kaum sein. Viel­leicht sollten die Mei­nungs­um­fragen auch im Ausland erfolgen um zu erfahren, ob man dort auch dem folgen würde, was in Berlin aus­ge­heckt wird. Oder wurden einfach die Fal­schen befragt, bzw. wurde über­haupt jemand gefragt? Also mich hat in den letzten 50 Jahren noch nie ein Institut nach meiner Meinung gefragt. Viel­leicht kennen sie meine Meinung auch und machen deshalb einen großen Bogen um mich? Aber jetzt zu einigen Merkwürdigkeiten:

53 Prozent sind nicht bereit, für den Kli­ma­schutz höhere Ener­gie­preise zu zahlen. 68 Prozent der von den Preis­stei­ge­rungen Belas­teten fürchten jedoch genau das. 21 Prozent sind unent­schieden, ob sie höhere Ener­gie­preise zahlen wollen. Unterm Strich stehen also zwei Drittel der Befragten (Bevöl­kerung?) der Politik ablehnend gegenüber, über höhere Ener­gie­preise ihr Ver­halten steuern zu lassen. Trotzdem wollen 55 Prozent den „Umwelt- und Kli­ma­schutz vor­an­treiben“. Die dafür nötige Erhöhung der Staats­schulden ist nur für 26 Prozent ein Problem. Gilt für die Mehrheit also „Nach uns die Sintflut“?

Die Dis­krepanz zwi­schen kol­lektiv denken sollen und indi­vi­duell wählen dürfen ist die Folge der Mei­nungs­mache der Medien, flan­kiert von Umfragen, oft mit Un-Fragen. Es gibt keine Nach­richten ohne das Thema Kli­ma­ka­ta­strophe, aber kaum eine Sendung oder Zei­tungs­seite darüber, was der totale Krieg gegen den CO2-Ausstoß für die Wirt­schaft und die Ver­braucher zur Folge haben wird, und dass diese Politik nicht zum Null­tarif zu haben ist, sondern die ganze Gesell­schaft fordert – ins­be­sondere finanziell.

57 Prozent bil­ligen anscheinend unge­re­gelte Zuwan­derung (nur 43 Prozent sehen darin ein Problem). Diese führte aber in Deutschland in den letzten zehn Jahren zu drei Mil­lionen mehr Ein­wohnern. Gleich­zeitig prio­ri­sieren 58 Prozent „mehr bezahl­baren Wohnraum“. Bezahlbar ist dieser zusätzlich erfor­der­liche Wohnraum für Mil­lionen nur über Steu­er­mittel, die dann für den Kli­ma­schutz fehlen. Und der zusätz­liche Ener­gie­bedarf für diesen Wohnraum macht die geplante CO2-Ein­sparung zunichte, weshalb alle Bemü­hungen der letzten Jahre ver­gebens waren. Aber auch diese Ambi­valenz scheint für die mei­nungs­prä­genden Medien und damit für das Denken der Befragten kein Problem.

Die Wirt­schaft stärken und für Wirt­schafts­wachstum sorgen, wollen immerhin 41 Prozent. Aber die Wirt­schaft wird zu rie­sigen Inves­ti­tionen in den Kli­ma­schutz ver­pflichtet, die unsere Wirt­schafts­kraft beein­träch­tigen. Das­selbe im pri­vaten Bereich. Wenn ein E‑Auto 10 000 EUR mehr kostet als ein Ben­ziner, fehlt den Haus­halten und Inves­toren dieses Geld für anderes, z.B. für die ener­ge­tische Wohn­raum­sa­nierung. Und wenn in Woh­nungen inves­tiert wird, ent­zieht das wie­derum Kauf­kraft, weil die Anfor­de­rungen an den ener­ge­ti­schen Standard immer höher werden. Um nicht falsch ver­standen zu werden: Ich bin ein Pionier auf diesem Gebiet (1978 ther­mische Solar­anlage, 1980 Voll­wär­me­schutz und so ging es weiter), aber auch ich kann das inves­tierte Geld nicht noch für Anderes aus­geben. Die jetzige Kli­ma­po­litik ist ohne Maß und Ziel, unsere Kon­kur­renz­fä­higkeit und damit die Wirt­schaft wird dar­unter leiden und viel­leicht auch sterben.

Die stärkere För­derung von Familien mit Kindern ist 38 Prozent der Befragten wichtig. Gut, denn die Fami­li­en­po­litik wurde früher ver­nach­lässigt. Bis Mil­lionen an Migranten ins Land geholt wurden, auch mit der Begründung, das Gebur­ten­de­fizit aus­zu­gleichen. Diese sind nun tat­sächlich gebur­ten­freu­diger; ihnen werden die Ver­bes­se­rungen besonders zugu­te­kommen. Nur: Frauen, die drei oder mehr Kinder haben, stehen dem Arbeits­markt nicht zur Ver­fügung, mit zwei Kindern nur teil­weise. Wer soll diesen kin­der­be­dingten Arbeits­kräf­te­ausfall kom­pen­sieren? Soll er mit noch mehr Migration geschlossen werden?

Einen Ausbau der Ver­kehrswege wollen 30 Prozent der Befragten. Ja, auch die drei Mil­lionen „Neu­bürger“ wollen ver­kehren und brauchen mehr Straßen, Schienen und Anderes. Aber diese For­derung beißt sich mit dem grö­ßeren Wunsch, dem Kli­ma­schutz. Und wer Straßen sät, wird Verkehr ernten, hieß es einmal. Und wer Schienen bauen will, stellt fest, dass wegen vieler anderer Luxus­aus­gaben des Staates das Geld dafür fehlt. Damit nun zum letzten Punkt des vor­weih­nacht­lichen Wünsch-dir-was, der Umfrage.

Die Staats­schulden begrenzen wollen 26 Prozent. 74 Prozent der Befragten scheinen diese egal zu sein, sind ja nicht ihre? Aber auch dies­be­züglich beißt sich die Katze in den Schwanz. Schulden sind OK für Inves­ti­tionen, die erst später Früchte tragen. Ins­be­sondere für lang­fristige Inves­ti­tionen, die der nächsten und über­nächsten Gene­ration zugu­te­kommen sollen. Wer hofft, dass die CO2-Abschaffung (Schlüssel zur Kli­ma­neu­tra­lität?) unseren Kin­des­kindern nützt, müsste bereit sein, höhere Schulden zu machen. Ende des ver­lo­renen Bau­ern­kriegs gab es ein Trostlied das endete mit „die Enkel fechten‘s besser aus“. Die FFF-Jugend wird einmal die Schulden für die „Kli­ma­in­ves­ti­tionen“ aus­fechten müssen. Auch wenn sich her­aus­stellen sollte, dass es Fehl­in­ves­ti­tionen waren, weil ein Prozent der Welt­be­völ­kerung mit zwei Prozent der Emis­sionen nicht alleine den Globus beglücken konnten.

Fazit: So wider­sprüchlich die Umfra­ge­er­geb­nisse aus­fielen, so wider­sprüchlich ist die herr­schende Politik. Woran die Medien nicht unschuldig sind, weil sie die Politik vor sich hertreiben.

——————————–

Dieser Artikel erscheint auch auf der Web­seite des Autors