Die Glaub­wür­digkeit der Medien schwindet weiter

Mei­nungs­um­fragen werden von den Redak­tionen ver­fälscht — Inter­views werden durch falsche Titel ins Gegenteil ver­kehrt — Geg­ne­rische Quellen gesperrt, nur noch selektive Nachrichten

(von Albrecht Künstle) 

Die Leit­medien beschäf­tigen Heer­scharen von Mei­nungs­ma­chern. Unter ihnen soll es auch echte Jour­na­listen geben. Bei der ARD und ihren acht Län­der­an­stalten stehen über 22.400 Beschäf­tigte in „Lohn und Brot“ bzw. Sah­ne­torte. Bei der zur ARD gehö­renden (steu­er­fi­nan­zierten) Deut­schen Welle DW z.B. arbeiten weitere 4.000 Beschäf­tigte (weltweit). Beim ZDF standen im Jahr 2016 3.400 Fest­an­ge­stellte sowie rund 4.500 freie Mit­ar­beiter unter Vertrag. Und die Print­medien: Zum Jah­res­beginn 2020 beschäf­tigten die Mit­glieds­verlage des BDZV 11.188 Redak­teure und 895 Volontäre. Sta­tis­tische Daten, wie viele Mit­ar­beiter die Verlage in den übrigen Abtei­lungen beschäf­tigen, liegen nicht vor, aber es sind sicher noch einmal so viele. Und bei allen Medien kommen freie Aus­lands­kor­re­spon­denten hinzu, die uns berichten – was den Chef­re­dak­tionen genehm ist. Diese sind zwar nicht käuflich, aber “mietbar”, so Alex­ander Freitag zur Rolle des Jour­na­lismus in Deutschland. Was bei all diesem Qua­li­täts­jour­na­lismus her­aus­kommt, sei an wenigen aktu­ellen Bei­spielen aufgezeigt.

Die Tages­zei­tungen in Baden-Würt­temberg ließen die Allens­bacher Demo­skopen fragen, was 1.057 Aus­er­wählte so denken und sagen. All­gemein stimmt das Befra­gungs­er­gebnis nach­denklich. Trotz Corona blickten2021 noch bis zu 45 Prozent opti­mis­tisch in die Zukunft. Mit dem Ergebnis der Bun­des­tagswahl und dem Beginn der Ampel­ko­alition sank die Zuver­sicht auf 34 Prozent, um jetzt auf 24 Prozent abzu­fallen. Da fragt man sich, ob nur jene befragt wurden, die mit der Wahl der Koali­ti­ons­par­teien nichts zu tun hatten – will es wieder keiner gewesen sein? Und angeblich nur 25 Prozent der Leute seien durch die Ener­gie­preise massiv belastet. Die Bür­ger­be­tei­ligung beim Ausbau der Wind­kraft ein­zu­schränken, halten 55 Prozent für gut – Bürger gegen Bürger. 57 Prozent wollen die wenigen Atom­kraft­werke länger laufen lassen. Soweit, so gut. Aber dann kommt die Fälschung:

Mehrheit für unbe­grenzte Auf­nahme von Flücht­lingen aus der Ukraine“, wurde in meiner Regio­nal­zeitung am 6. April getitelt. Wobei sogar Außen­mi­nis­terin Baerbock die Auf­nahme begrenzen will: Auf 10 Mil­lionen – nicht für Europa, sondern in Deutschland! Aber, so mogeln die Mei­nungs­macher in den Redak­tionen, oder der Chef­re­dakteur selbst: Die Frage war, wie sich Deutschland bei der Auf­nahme von Flücht­lingen aus der Ukraine ver­halten sollte. Die erste von drei vor­ge­ge­benen Ant­worten lautete dann: „Wir sollten unbü­ro­kra­tisch so viele Flücht­linge auf­nehmen wie möglich“. 51 Prozent stimmten dem zu (weitere 43 Prozent für eine „bestimmte Anzahl“).

So viele auf­nehmen „… wie möglich“, heißt aber nicht unbe­grenzt, was die Zeitung aus dem Votum der Befragten machte. Außerdem sind die „Mehrheit“ knappe 51 Prozent. Und als sie gefragt wurden, ob sie selbst auch ukrai­nische Flücht­linge auf­nehmen würden, nicht werden, sank der Anteil auf 44 Prozent, die „grund­sätzlich dazu bereit“ wären. Und „grund­sätzlich“ heißt, eigentlich ja, aberFakt bleibt, die Auf­nah­me­be­reit­schaft für die ukrai­ni­schen Frauen und Kinder ist erfreulich groß. Würde sie aber mehr­heitlich geteilt, wären die bis­he­rigen 300 000 alleine bei ihren Lands­leuten unter­ge­kommen, die schon hier waren.

„Alle Spuren müssen gesi­chert werden“ ist ein Titel und nächstes Bei­spiel der Irre­führung durch Mei­nungs­macher. Meine Regio­nal­zeitung ver­öf­fent­lichte am 5. April ein Interview mit dem Direktor Wenzel Mich­alski von Human Rights Watch über die unbe­strit­tenen Kriegs­ver­brechen in der Ukraine. Sofort kamen mir die Sätze von Roland Koch 2010 zur „bru­talst­mög­lichen Auf­klärung“ über die kreative Buch­haltung der CDU in den Sinn. Und tat­sächlich, auf die Frage, „Warum ist eine unab­hängige Kom­mission so wichtig?“, ant­wortete Mich­alski: „Damit die Russen nicht sagen können: Das haben die Ukrainer selbst gemacht und die haben das ver­fälscht…“ Die Schlag­zeile erschlägt also die klein­ge­druckte Offen­barung, dass am Ende der Unter­su­chung alleine die Russen ver­ant­wortlich zu machen sind. Qualitätsjournalismus?

„Keine neuen Schulden für Her­bolzheim“, war der Titel eines Berichts über den Haushalt meiner Hei­mat­stadt. Alle Bür­ge­rinnen und Bürger – oder Bür­gende? – atmeten auf, dass die Kommune es dem Bund und dem Lande nicht nach­macht und die Schulden ständig steigen. Doch die Zei­tungs- und Mei­nungs­macher führen Schnell- und Über­schrif­ten­leser auch hier in die Irre. Erst am Schluss des Artikels ist zu lesen, die Schulden des Eigen­be­triebs Was­ser­ver­sorgung ver­dop­pelten sich auf knapp 4 Mio. Euro. Der Eigen­be­trieb Abwas­ser­be­sei­tigung nehme 6,4 Mio. Euro neue Kredite auf und erhöhe damit die Schulden auf 13,5 Mio. Euro. Die Ser­vice­ge­sell­schaft, die stadt­eigene Immo­bilien ver­waltet, erhöht die Schulden auf rund 6 Mio. Euro. Zusammen mit den Schulden des Kern­haus­halts in Höhe von 7,5 Mio. EUR steht die Stadt nach­ge­rechnet mit 31 Mio. Euro in der Kreide. Aber in Berlin und Stuttgart ist es nicht anders, die Schulden werden in Schat­ten­haus­halten ver­steckt und sogar als „Sonderver­mögen“ aus­ge­wiesen. Es fragt sich nur, wer bei wem in die Lehre ging, um die Bevöl­kerung zu belügen.

Es muss bezweifelt werden, ob die Wahrheit in Sachen Ukraine nicht eben­falls auf der Strecke bleibt. Die rus­si­schen Nach­richten wurden unse­rer­seits gekappt, sodass nur noch das zu sehen und zu hören ist, was von der Ukraine bzw. den USA ver­breitet wird. Alleine übers Internet können noch andere Infor­ma­tionen bezogen werden, was ich ins­be­sondere aus der Schweiz tue. Zwar sind auch diese Mel­dungen teil­weise ein­seitig, aber aus der Vielfalt aller Quellen ergibt sich doch ein anderes, objek­ti­veres Bild des fürch­ter­lichen Krieges. So, wie Deutschland in den Ersten Welt­krieg hin­ein­ge­zogen wurde, so geschah es jetzt mit der Ukraine durch die USA. In beiden Welt­kriegen und jetzt wieder – da bleiben sich die Macht­haber Deutsch­lands treu – ging bzw. geht es gegen Russland. Im aktu­ellen Krieg gegen die Ukraine aller­dings unter­scheidet sich die Rolle der Russen von der­je­nigen im Zweiten Welt­krieg, wo sie Opfer waren: Jetzt sind sie Täter. Aber auch die-Ukraine-ist-keine-Heilige befand der Nach­richten-Blog ha’Olam in einem Artikel am 17. März.

Ver­traut man keiner Quelle, emp­fiehlt sich immer die Frage, „wem nützt was“? Dieser Krieg nützt weder Russland und erst recht nicht der Ukraine. Auch Deutschland schadet er, die Bevöl­ke­rungszahl steigt erneut, die Res­sourcen sinken, der Staat und die Men­schen werden auch dadurch ärmer. Ganz im Gegensatz zu den stei­genden Gewinnen der Rüs­tungs­in­dustrie (die zwar nicht in Kri­sen­ge­biete liefern durfte, diese jedoch zu solchen machte). Jetzt darf sie auch in Kriegs­ge­biete expor­tieren, mehr als sie pro­du­zieren kann – was traum­hafte Gewinne ver­spricht. Und der Zufall (?) will‘s, dass die USA fast doppelt so viel Kriegs­waffen expor­tieren wie Russland, und das kleine Deutschland mehr als China. Viele meinen, die USA werden auch aus diesem Krieg als Sieger her­vor­gehen. Aber es könnte durchaus sein, dass die Tage der Petro­dollars samt USD als Leit­währung gezählt sind. Viel­leicht „lohnt“ es sich dann für die USA nicht mehr, Kriege in aller Welt zu führen?

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