Titelbild: Fotomontage Niki Vogt. Bild Deborah Samuel: aus Social Media, Hintergrund Weltkarte: Wikimedia Commons, Numberguy6, CC BY-SA 4.0, Farbige Karte Nigeria: Wikimedia Commons, Marcel Krüger, CC BY-SA 3.0

Nigeria: Christ­liche Stu­dentin wg. Blas­phemie gegen Mohamed zu Tode gesteinigt (+Videos)

Nigeria ist ein Bun­des­staat in West­afrika (siehe Titelbild). Es gibt mehrere Völ­ker­schaften in diesem Staat und mehrere Sprachen. Mit einer Ein­woh­nerzahl von 219 Mil­lionen hat es eine ziemlich genau gleiche Dichte von Ein­wohnern pro Qua­drat­ki­lo­metern wie Deutschland, aber Fläche und Ein­woh­nerzahl sind dabei ungefähr dreimal so groß. Es gibt viele Reli­gionen, die sich noch aus Stam­mes­tra­di­tionen gründen. Die beiden Haupt­re­li­gionen sind Islam (50,5%) und Chris­tentum (48,2%). Im Norden des Landes leben vor allem Muslime, Sokoto im Norden ist ein Schwer­punkt. Und dort ereignete sich auch der Mord an der Studentin.

Die bes­tia­lische Tat ereignete sich am 13. Mai auf dem Campus des Shehu Shagari College of Edu­cation in Sokoto. Mus­li­mische Stu­denten jagten die junge Frau wie ein wildes Tier über’s Gelände, bis man sie ergriff und zu Tode prü­gelte und stei­nigte. Den toten Körper warfen sie dann in ein Feuer. Es gibt Fotos, der in ein pink­far­benes Kleid gehüllte jungen Frau zwi­schen den Steinen, mit denen sie beworfen wurde, im Feuer liegend.

Bild, Internet, soziale Medien: Deborah Samuel, eine blü­hende, junge, gebildete Frau. Oben rechts ihre Leiche auf dem Stein und Feuerhaufen.

Es ist immer wieder scho­ckierend, zu welchen grau­samen Taten der Mensch fähig ist. Die Hetzjagd auf Deborah Samuel, hier ein kurzes Video auf Twitter:

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Das ist in Nigeria kein Ein­zelfall. Im Jahr 2007 schlugen mus­li­mische Schüler einer wei­ter­füh­renden Schule im Nord­osten eine Leh­rerin zu Tode, nachdem sie ihr vor­ge­worfen hatten, den Koran ent­weiht zu haben.

Es gibt darüber hinaus stam­mes­be­gründete Aus­ein­an­der­set­zungen, Rebel­len­or­ga­ni­sa­tionen, Ent­füh­rungen mit Löse­geld­for­de­rungen. Homo­se­xua­lität wird mit 5 Jahren Gefängnis bestraft, und die Men­schen sind arm. Immer wieder kommt es zu Morden unter den Vieh­haltern, Land­strei­tig­keiten, die tödlich aus­gehen. Im Zentrum Nigerias schwelt eine alte Feind­schaft zwi­schen den mus­li­mi­schen Hausa-Fulani-Hirten und christ­lichen Bauern, die mensch­heitsalte Kon­kurrenz zwi­schen Vieh-besit­zenden Nomaden und sess­haften Bauern. Und dann gibt es mus­li­mische Ter­ror­banden, wie Boko Haram, die mit grau­samen Anschlägen bis zu geschätzt 30.000 Tote auf dem Gewissen haben. Etwa 200.000 Nige­rianer sind aus dem mus­li­mi­schen Norden in die Nach­bar­länder geflohen.

In diesem Umfeld war es für Deborah Samuel ein Pri­vileg und eine wun­derbare Chance für ein gutes Leben, auf dieses College gehen zu können. Ihre Eltern sind nun am Boden zer­stört, hatte sie doch alles auf­ge­boten, um ihrer Tochter eine gute Aus­bildung und damit einen guten Start ins Leben zu geben. In der Daily Post Nigeria werden sie befragt, wie sie mit dem grau­samen Tod ihres Kindes umgehen. Sie haben sich ent­schlossen, nichts dagegen zu tun und alles in die Hände Gottes zu legen, so tief­traurig sie auch darüber seien.

Der Vater machte sich auf, die sterb­lichen Reste seiner Tochter aus der Lei­chen­halle abzu­holen, damit sein Kind ein anstän­diges Begräbnis bekommt. Regie­rungs­beamte über­gaben ihm sein totes Kind, er unter­schrieb die Doku­mente und suchte nach einem Fahrer, der ihn und seine Tochter heim­fahren würde. Doch nur ein Fahrer erklärte sich dazu bereit. Alle anderen lehnten den Transport ab. Wegen des fürch­ter­lichen Zustandes der Toten, sagte er.

Deborah war eins von sieben Kindern: Die Eltern konnten nur eine voll­um­fäng­liche, gute Aus­bildung finan­zieren und hofften, Deborah könnte ihnen damit eine Stütze im Alter sein. Ihre Geschwister bekamen diese Chance nicht – und werden sie nun auch kaum bekommen. Die Mutter sagte der Daily Post: „Jetzt wird es schwer für uns werden“.

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Doch was hatte Deborah getan oder gesagt? Was war ihr todes­wür­diges, blas­phe­mi­sches Verbrechen?

Eine Mit­schü­lerin, „Rakia“, aus Deborahs Kurs erzählte der Daily Post Nigeria, dass Deborah aus­ge­peitscht, gesteinigt und ver­brannt worden sei. Und ihre letzten Worte seien gewesen „Was hofft ihr damit zu erreichen?“.

Rakia erzählte wei­terhin, Deborah habe sich in der schul­ei­genen WhatsApp-Gruppe, in der Stu­denten ihre Noten und Prü­fungen ein­tragen können, für ihre gute Prü­fungsnote bei Jesus bedankt und das sei der Aus­gangs­punkt gewesen. Sofort sorgte der Post für Aufruhr. Ver­schiedene Stu­denten  for­derten sie auf, ihren Chat zurück­zu­ziehen. Aber sie wollte das nicht.

Es gibt ein Audio mit ihrer Stimme, wo sie auf die Auf­for­derung, ihren Post zurück­zu­ziehen sagt, dass ihr schon nichts pas­sieren werde, dass diese WhatsApp-Gruppe vom College dafür ein­ge­richtet wurde, dass dort Noten, Arbeiten, Abschlüsse, Ein­tra­gungen zu Kursen usw. gepostet werden können und dass reli­giöse Inhalte, wie sie die mus­li­mi­schen Mit­stu­denten ständig darauf pos­teten, dort nichts zu suchen hätten. Dieses Audio postete sie in der Gruppe und dar­aufhin ging die Hexenjagd los. Hier das ori­ginal Audio und eine Übersetzung.

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Sie muss dabei kri­tische Bemer­kungen gegen Mohammed gemacht haben. Denn in der Vor­be­merkung zum Video heißt es „In dieser Über­setzung haben wir die belei­di­genden Kom­mentare  her­aus­ge­nommen, denn wir haben Respekt vor Prophet Mohammed.“

Am Ende lesen wir in der Über­setzung: „Beim Feuer des Hei­ligen Geistes, mir wird nichts geschehen. Diese Gruppe hier wurde nicht geschaffen, um so einen Unsinn zu ver­breiten (gemeint sind reli­giöse Posts der mus­li­mi­schen Stu­denten) Sie wurde ein­ge­richtet, um Nach­fragen zu posten, ob ein Test ansteht, oder ob wir uns ein­tragen können – nicht all diese unsin­nigen Dinge. Was für ein ***“ 

Diese drei Sternchen waren wohl die Her­ab­set­zungen, die sie das Leben kos­teten. Ein anderer Zeuge fasste es laut dem bri­ti­schen Guardian so zusammen: „Es gibt eine WhatsApp-Gruppe, die von den Stu­denten genutzt wird, und ihre mus­li­mische Kol­legin hat einen isla­mi­schen Beitrag gepostet. Sie (Deborah) hat dieses Posting kri­ti­siert“, sagte einer der Zeugen, der nicht genannt werden wollte.“ 

Schnell sprach sich herum, dass junge Männer von außerhalb des Col­leges im Anmarsch waren. „Ich war im Unter­richt, als einige unserer Kurs­ka­me­raden her­ein­stürmten und sagten: ‚Auf dem Berg brennt es‘, berichtet Rakia – und dann hätten die mus­li­mi­schen Schüler diese Fremden zum Klas­senraum geführt, um Deborah zu suchen. Klas­sen­ka­me­raden ver­suchten, Deborah zur Flucht zu ver­helfen, ein Taxi war gerufen worden, um sie direkt zur Poli­zei­station zu fahren, aber leider habe „der Mob alle über­wältigt, die ver­suchten, ihr zur Hilfe zu kommen“.  Stu­denten riefen Dozenten an, dass sie ein­greifen und die Situation retten —  ver­geblich.  Rakia hat immer noch ihren fle­hent­lichen Gesichts­aus­druck vor Augen. Sie rief um Hilfe und flehte um Gnade, ver­geblich. „Was für eine grausame Art zu sterben“, sagt Raika.

Die Jagd auf Deborah war gna­denlos. Der Sicher­heits­dienst der Schule und die Polizei ver­suchten, das Mädchen zu retten, wurden jedoch vom Mob über­wältigt, sagten die Zeugen.

„Die Polizei schoss Trä­nengas auf die Stu­denten … und dann feu­erten sie Schüsse in die Luft, um die Stu­denten zu zer­streuen, aber die setzten sich zur Wehr“, sagte laut Guardian Sum­mayya Usman Inname, eine Stu­dentin im zweiten Jahr. „Die Polizei gab es auf (Deborah Samuel), der Frau zu helfen, nachdem die Stu­denten begannen, Stöcke und Steine auf die Poli­zisten zu werfen, dann benutzten die Schüler die Steine und Stöcke, um auf die Frau ein zu schlagen. Nachdem sie erschlagen worden war, wurde sie angezündet.“

Mitt­ler­weile sind zwei Ver­dächtige im Zusam­menhang mit dem Mord an Deborah Samuel fest­ge­nommen worden, sagte ein Sprecher des Staats­kom­mandos von Sokoto. Für Ruhe und Sta­bi­lität sorgt das jeden­falls nicht. Sofort gingen wütende Muslime auf die Straße und for­derten ent­weder deren Frei­lassung oder beklagen sich, dass Muslime mit Ter­ro­risten gleich­ge­setzt werden.

Ein Tweet geht herum in Nigeria und der Welt: „Eil­meldung? Das geschieht jetzt Sokoto, Staat Nigeria, sie ermorden genau jetzt Christen, wenn Du Deine Ver­wandten in Sokoto hast, benach­richtige sie, damit sie da weg­gehen. Das heutige Biafra ist der 14.05.2022. Sie zer­stören Häuser von Christen und brennen sie nieder – furchtbar.

Demons­tranten stürmten den Palast des Sultans von Sokoto, zün­deten ein Feuer vor dem Gebäude an und for­derten die Frei­lassung der beiden Inhaf­tierten. Um mal den hie­sigen Poli­tikern zu zeigen, was eine „Demons­tration“ anderswo bedeutet, ver­linke ich hier mal ein Bild. Ich sehe hier keine Luft­ballons, liebe, ältere Damen, die die Polizei sofort zu Fall bringen kann. Keine freund­lichen, jungen Familien mit Babys im Kin­der­wagen, keine Rosen, keine Musikgruppen …

Die „Demons­tranten“ griffen Kirchen an, ver­brannten Katho­liken und plün­derten Geschäfte. Ein Evan­ge­li­sches Zentrum wurde in Brand gesteckt, es brannte kom­plett nieder. Es gab viele ver­letzte Christen. Die „wütenden Jugend­lichen“ zer­störten auch Autos von Geschäfts­leuten. Im Stadt­zentrum brennen eben­falls seitdem Geschäfte nieder, nachdem sie geplündert wurden.

Gleich­zeitig hielten Pro­testler Trans­pa­rente hoch, auf denen zu lesen steht: „Lasst unsere mus­li­mi­schen Brüder frei! Muslime sind keine Ter­ro­risten! Fried­licher Auf­stand! Prophet Mohammed, der Beste!“