Reihenweise am Straßenrand: Zerbombte Häuser aus Kriegszeiten. Die sind zwar vorbei, aber jetzt leiden die Syrer unter den Sanktionen des Westens. (Foto: privat)

Syrien – ganz anders, als man es uns berichtet

Liebe Leser, der fol­gende Text ist nicht von mir, sondern von einem lieben Freund, der eine Reise durch Syrien gemacht hat und seine Ein­drücke schildert. Ich kenne ihn seit Jahr­zehnten gut und weiß, dass er nichts hin­zufügt und nichts weg­lässt und seine Schil­de­rungen wirklich seine Erleb­nisse und Emp­fin­dungen sind. Mich hat das sehr berührt und ich möchte diesen Bericht Ihnen weitergeben:

Zurück von einer groß­ar­tigen Syri­en­reise gebe ich gerne exklusiv ein paar Ein­drücke wieder: Das etwas mulmige Gefühl in ein ver­meint­liches Kriegs­gebiet (laut ARD u ZDF) zu reisen, in welches man keine abge­lehnten Asyl­be­werber zurück schicken dürfe, wurde zu keinem Zeit­punkt vor Ort bestätigt. Unzählige zer­störte Häuser, kom­plett zer­bombte Dörfer und Stadt­teile sind aller­dings Zeugen mas­siver ehe­ma­liger Kriegs­ein­wir­kungen. Das eigent­liche Leben findet (wie schon immer) im Westen des Landes statt, und aktuell gibt es nur noch letzte isla­mis­tische Kämpfer (Ter­ro­risten) in der Region Idlib (im Nord­westen) und viel­leicht in den unend­lichen Weiten des Ostens des Landes in Richtung Irak.

Egal, mit wem wir Kontakt hatten, eine Aussage kam IMMER, nämlich dass der mili­tä­rische Krieg längst vorbei sei und die Bevöl­kerung (egal ob regie­rungstreu oder in der Oppo­sition) jetzt massiv und spürbar unter den west­lichen Sank­tionen leiden würde – wie­derholt wurde dies als „Fort­setzung des Krieges mit wirt­schaft­lichen Mitteln“ bezeichnet.

Mit dem AHA-Bus durch Syrien. Warm­herzige, freund­liche Men­schen, trotz schwie­riger Bedin­gungen (Foto: privat)

Auf Initiative von AHA! (Alter­native Help Asso­ciation e.V.; www.aha-europe.com) wurde diese Reise durch Zeit­geist Business Con­sulting (Reise-Nach-Syrien.de) aus Erft­stadt orga­ni­siert. Wir haben uns vor Ort davon über­zeugen können, wie effektiv die Idee “Hilfe zur Selbst­hilfe“ umge­setzt werden konnte:

Das größte Projekt war die kom­plette, lie­be­volle Reno­vierung eines sehr schön gele­genen Hauses in Maanula zu einem Hostel (Foto: das blaue Haus).  Dieses kleine Dorf mit einer der ältesten christ­lichen Kirchen der Welt, wo Christus gepredigt haben soll und auch heute noch ara­mäisch gesprochen wird, wurde besonders massiv von den Isla­misten zer­stört und wir haben von unvor­stell­baren Gräu­el­taten erfahren. Das Hostel bietet zum einen Arbeits­plätze vor Ort und bietet zum anderen die Mög­lich­keiten für Tou­risten wieder in Maanula über­nachten zu können. Darüber wird sich das Haus dann auch selbst finan­ziell tragen.

Das „Blaue Haus“, ein wie­der­errich­tetes, im Krieg stark beschä­digtes Haus ist heute ein Hostel. (Foto: privat)

Als wir am kleinen Haupt­platz ankamen, war gerade einer der beiden gespon­serten Busse für die Ver­bindung Damaskus-Maanula ange­kommen. Die Tat­sache, dass diese beiden Busse stark fre­quen­tiert werden, war Beleg dafür, wie wichtig diese Ver­bindung gerade für die ein­fache Bevöl­kerung (ca. 85% der Bewohner!) ist und damit konnten wir uns auch hier davon über­zeugen, dass für die Bus­fahrer Arbeits­plätze geschaffen werden konnten und die Busse sich über die Fahr­kosten selbst tragen werden.

Schließlich war es eine besondere Freude uns vor Ort davon über­zeugen zu können, dass die damals kom­plett zer­störte Zahn­arzt­praxis seit geraumer Zeit wieder voll funk­ti­ons­tüchtig ist, so dass den Pati­enten der weite Weg nach Damaskus erspart bleibt. Es war mehr als beein­dru­ckend, wie der Zahnarzt deutlich zum Aus­druck brachte, dass es für ihn als Syrer niemals infrage gekommen sei sein Land zu ver­lassen, da er sich darüber im Klaren wäre, dass seine Lands­leute mehr denn je seine ärzt­liche Hilfe benö­tigen würden. Den Abzug junger Aka­de­miker nach Europa betrachtete er als eine moderne Form der Kolo­ni­sation …. ! Dies erin­nerte an die Worte des Patri­archen (in der grie­chisch-ortho­doxen Chris­tenheit analog der Stellung des Papstes in Rom), als er an Europa gerichtet sagte: „Gebt uns unsere jungen Männer wieder!“.

Des Wei­teren konnten dem orts­an­säs­sigen Imker div. Bie­nen­stöcke finan­ziert werden, wurde die Schule mit Heften, Stiften und Lern­ma­te­rialien ver­sorgt, konnten Leucht­mittel für die Alt­stadt besorgt und ein Soli­dar­fonds zur Unter­stützung besonders bedürf­tiger Kriegs­ve­te­ranen ein­ge­richtet werden.

Die Ein­kaufs­straße in Maanula, es brummt wieder das Leben. Die Men­schen hier lassen sich nicht unter­kriegen. (Foto: Privat)

All­ge­meine Ein­drücke: Erst­malig konnte ich ein fremdes Land mit fremden Kul­turen erleben, ja und auch genießen, indem uns zu 99% Ein­hei­mische begeg­neten, ohne Tou­ris­ten­gruppen, ohne McDo­nalds etc.. Es waren im Sinne des Wortes authen­tische Begeg­nungen. Die Gast­freund­schaft und Dank­barkeit waren unbeschreiblich.

Das Leben pul­siert, aber die Bevöl­kerung (es gibt dort kaum einen Mit­tel­stand) leidet massiv unter den Sank­tionen. Selbst Gegner von Assad sind offen­sichtlich dankbar dafür, jetzt nicht im ‚Isla­mis­ti­schen Staat‘ leben zu müssen. Wir wissen zu wenig über das System Assad, aber ob die Men­schen- und ins­be­sondere die Frau­en­rechte in Katar und Saudi-Arabien (alles keine sog. Schur­ken­staaten) mehr geachtet werden, darf massiv infrage gestellt werden. Der Ein­fluss von Frau Assad ist insofern auch für uns als Besucher offen­sichtlich, indem zunehmend (junge) Frauen ohne Kopftuch feminin und selbst­be­wusst auf­treten – wie es in den o.g. ara­bi­schen Staaten undenkbar wäre. Wir haben es hier mit Erich Kästner gehalten: “Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“.