Karl May Spiele in Bad Segeberg, WIkimedia Commons, Hinnerk11, CC BY-SA 4.0

„Win­netou“ ist jetzt auch schon rassistisch

Ja, richtig gelesen. Der Woke-Irrsinn macht vor nichts halt. Jedem noch klar Den­kenden fliegen dabei die Augen­brauen in den Haar­ansatz: „Waaas??? Diese Bücher sind eine einzige Hommage an die Indianer!“ — Oh! Nein! Ohgott! Pardon! Indianer darf man ja auch nicht mehr sagen! Also „Ame­rican First Nations“. Nicht einmal Kinder dürfen sich jetzt noch als „Ame­rican First Nations“ ver­kleiden. Dabei war es gerade der Apa­chen­häuptling Win­netou, der uns als Kindern ein leuch­tendes Vorbild war: Uner­schrocken, auf­recht, tapfer, gerecht, mit­fühlend, ein echter Freund, weiser Beschützer seines Volkes. Tragen wir ihn nicht auch heute noch in unseren Herzen als eine Richt­schnur noblen Geistes? Aber das ist, wie wir heute wissen, reiner, ver­dam­mungs­wür­diger Rassismus.

In der Saga dieses per­fekten Helden stirbt dieser, indem er sich sogar vor seinen Freund Old Shat­terhand wirft und die töd­liche Kugel des Ver­bre­chers abfängt, die Old Shat­terhand töten sollte. Keiner von uns, der nicht Rotz und Wasser geheult hätte dabei. Wir kannten die  Namen – ich weiß sie heute alle noch — von Win­netous Vater (Intschu Tschuna, die gute Sonne) und Schwester (N’scho-tschi, schöner Tag), der Pferde von Win­netou (Iltschi, Wind) und Old Shat­terhand (Hat­a­titla, Schwalbe) usw. Die Filme kamen später im Fern­sehen und waren für jung und alt Gas­sen­feger. Die Straßen waren leer wie an Hei­lig­abend. Unser „Indianer-Ehrenwort“ war das Höchste, was man geben konnte und stand weit über „Schwören“. Jam­merten wir als Kinder wegen einer kleinen Ver­letzung, reichte eine Erin­nerung an „Indianer“ und wir  ver­kniffen uns jeden Pieps. Drückten wir uns vor unan­ge­nehmen Dingen, brachte uns allein der Gedanke an die Ehren­haf­tigkeit Win­netous dazu, uns allem zu stellen, wovor uns am liebsten gedrückt hätten.

Offenbar wollte man jetzt an diese Erfolge anschließen, und am 11. August kam ein neuer Film heraus. „Der junge Häuptling Win­netou“, der Sohn unseres Idols. Dazu gab es dann auch ein Buch. Ein Shit­storm pras­selte auf den Verlag Ravens­burger her­nieder: Ras­sismus und kul­tu­relle Aneignung! Der Verlag zieht das Buch zurück und winselt im besten „Woke-Sprech“ um Vergebung:

„Unsere Redakteur*innen beschäf­tigen sich intensiv mit Themen wie Diver­sität oder kul­tu­reller Aneignung. Die Kolleg*innen dis­ku­tieren die Folgen für das künftige Pro­gramm und über­ar­beiten Titel für Titel, unser bestehendes Sor­timent. Die Ent­scheidung, die Titel zu ver­öf­fent­lichen, würden wir heute nicht mehr so treffen. Wir haben zum dama­ligen Zeit­punkt einen Fehler gemacht und wir können euch ver­si­chern: Wir lernen daraus!“

Unfassbar. Das erinnert fatal an die gute, alte, sozia­lis­tische Selbst­be­schul­digung und Unter­werfung vor den Tri­bu­nalen der Par­tei­größen, um sich vor dem Gulag zu retten.

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Was ist denn daran eigentlich rassistisch?

Ursprünglich ver­stand man unter Ras­sismus die Ein­stellung, den Wert eines Men­schen nach seiner Haut­farbe / Men­schen­rasse zu bemessen. Dabei ver­stand man diese Untugend von vor­ne­herein als eine nur von „Weißen“ aus­ge­hende Ver­achtung aller anderen  Haut­farben / Men­schen­rassen. Was zu Kai­sers­zeiten und im Natio­nal­so­zia­lismus auch weit­gehend zutreffend und sehr zu ver­ur­teilen war. Umge­kehrt darf aber von gewissen radi­kalen und gewalt­be­reiten Kreisen von „People of Colour“ (Farbige) gegen Weiße gehetzt werden und zu Gewalt­taten und Mord auf­ge­rufen und das auch umge­setzt werden, ohne dass the­ma­ti­siert wird, dass das wohl die übelste Form des Ras­sismus ist.

Mitt­ler­weile heißt es in Woken Kreisen, es gebe über­haupt keine „Rassen“ beim Men­schen. Ahso. Es gibt Pfer­de­rassen, Hun­de­rassen, Kat­zen­rassen u.v.a.m.. Das sind Unter­arten von Pferden, Hunden und Katzen. Man erkennt sie an der Fell­farbe und ‑zeichnung, Größe, Kör­perbau, ver­schie­denen ana­to­mi­schen Merk­malen. Aber beim Men­schen gibt es keine Rassen, weil das nicht in die Ideo­logie passt.

Es ist übrigens kein Scherz, dass Kar­nevals-India­ner­kostüme für Kinder nicht poli­tisch korrekt sind. Die Kölner Jusos haben allen Ernstes einen Antrag ver­ab­schiedet, dass Indianer-Kar­ne­vals­kostüme nicht mehr zulässig sind, denn die Parole lautet: „Ras­sismus raus aus dem Karneval!“

Deutsche Kar­ne­va­listen im rea­lis­ti­schen Outfit ver­schie­dener Prärie-Indianer, Düs­seldorf 2017. Bild: Wiki­pedia, gemeinfrei

Die Cancel-Culture ufert täglich weiter aus. Fehlt nur noch die Bücher­ver­brennung, aber das wird sicher auch noch kommen. Und wie lange wird es dann dauern, bis endlich die neue, inqui­si­to­rische Fana­tiker-Riege der Bevor­mundung, Pseudo-Tugend, Unter­drü­ckung, Bespit­zelung und Volks­u­mer­ziehung aus ihren Ämtern gejagt wird? Und fragen dann wieder alle ganz betroffen, wie es denn so weit kommen konnte?

Und was soll der Vorwurf der „kul­tu­rellen Aneignung“? Was ist dieses ideo­lo­gische Kon­strukt über­haupt? Fragen wir mal Wikipedia:

„Kul­tu­relle Aneignung (eng­lisch cul­tural appro­priation) wird die Über­nahme von kul­tu­rellen Aus­drucks­formen oder Arte­fakten, Geschichte und Wis­sens­formen von Trägern einer anderen Kultur oder Iden­tität bezeichnet. Im engeren Sinn wird als „kul­tu­relle Aneignung“ ange­sehen, wenn Träger einer „domi­nan­teren Kultur“ Kul­tur­ele­mente einer „Min­der­heits­kultur“ über­nehmen und sie ohne Geneh­migung, Aner­kennung oder Ent­schä­digung in einen anderen Kontext stellen. Die ethische Dimension kul­tu­reller Aneignung wird in der Regel nur dann the­ma­ti­siert, wenn die über­nom­menen Kul­tur­ele­mente einer Min­derheit ange­hören, die als sozial, poli­tisch, wirt­schaftlich oder mili­tä­risch benach­teiligt gilt.“

Also, da stellen sich doch einige Fragen. Wann und wo sind die Betref­fenden eine Minderheit?

Eine öster­rei­chische Reggae-Band, deren Musiker teil­weise Dre­ad­locks als Haar­tracht tragen, musste ihren Auf­tritt abbrechen, weil das „kul­tu­relle Aneignung“ sei. Auch die ehr­liche Antwort der Musiker, «Unsere Musik hat nichts mit kul­tu­reller Aneignung zu tun, sondern mit Inspi­ration» galt nicht. Es waren Kon­zert­be­sucher, die sich beim Ver­an­stalter beschwert haben. Das Denun­zieren als Beweis kor­rekter poli­ti­scher Ein­stellung ist unaus­rottbar. Und der Ver­an­stalter zog auch sofort, wie ein geprü­gelter Hund, ängstlich den Schwanz ein und brach das Konzert ab. Kurz darauf sagte ein anderer Ver­an­stalter schon im vor­aus­ei­lenden Gehorsam und mit dem­selben Argument der „Kul­tu­rellen Aneignung“ einem anderen Musiker wegen dessen Dre­ad­locks ab. Der betroffene Musiker, Mario Parizek, von Jugend an links und anti­fa­schis­tisch ein­ge­stellt, ver­steht die Welt nicht mehr. Er geht damit an die Öffent­lichkeit. Den Ver­ant­wort­lichen wirft er – zu Recht — eine „mehr oder weniger faschis­tische Ein­stellung“ vor. Seine Dre­ad­locks habe er seit seiner Jungend, um in einem „rechten Dorf auf­zu­zeigen, dass es auch andere Men­schen gebe“. Dafür werde er jetzt von der “linken Ecke” dis­kri­mi­niert. Er schreibt: „Weiß und Dreads – wir müssen draußen bleiben“. „Ich habe keine Worte dafür“, so Mario Parizek.

Dürfte er denn eigentlich auf Jamaika spielen mit seinen Dre­ad­locks (Dreads)? Da wäre er ja in der Min­derheit. Oder dürfen nur Weiße keine „kul­tu­relle Aneignung“ begehen?

Was ist mit anderen Völkern, die sich „weiße Kultur“ aneignen? Dürfen Chi­nesen und Japaner über­haupt Bach, Mozart und Beet­hoven auf­führen? Oder nur in Europa? Und dürfen wir über­haupt Jeans tragen? Oder dürfen Schwarz­afri­kaner Jeans und Anzüge tragen? Warum regt sich keiner auf, dass schwarze Frauen in Namibia vik­to­ria­nische Kleider tragen?

Frauen in Namibia in vik­to­ria­ni­schem Klei­dungsstil. Bild: Wiki­pedia, GlynD, Bild­lizenz.CC BY-SA 4.0

Nun gab es ja seit Men­schen­ge­denken immer „kul­tu­rellen Aus­tausch“. Was gut und schön war und sich bewährte, über­nahmen andere auch und man musste nicht fragen. Das ist seit Zig­tau­senden von Jahren in der Mensch­heits­ge­schichte so gewesen. Nur jetzt kommen die Links­grünen und stellen hier mit pseu­do­mo­ra­li­scher Ver­bis­senheit ein Verbot nach dem anderen auf. Das merken sie anscheinend selbst auch und daher wird dann wieder krampfhaft nach Recht­fer­ti­gungen gesucht. Also, so richtig ver­werflich ist die kul­tu­relle Aneignung, wenn sie zur Ware gemacht wird:

Kul­tu­relle Aneignung müsse gemäß dieser Defi­nition von „kul­tu­rellem Aus­tausch“ abge­grenzt werden: Bei kul­tu­reller Aneignung würden die über­nom­menen Bestand­teile kul­tu­reller Iden­tität zur Ware gemacht und damit tri­via­li­siert. Zudem würden die ange­eig­neten Kul­tur­ele­mente oftmals falsch oder ver­zerrt repro­du­ziert, was zur För­derung von Ste­reo­typen führen könne. Kul­tu­reller Aus­tausch dagegen basiere auf Wert­schätzung und Respekt und finde meist im Rahmen eines gegen­sei­tigen Ken­nen­lernens der Träger der unter­schied­lichen Kul­turen statt.“

Ahja. Also die Dre­adlock-Musiker haben sich ja offen­sichtlich doch sehr mit dieser Kultur beschäftigt, ver­stehen sich auch als Bot­schafter dieser Musik­richtung. Mehr Wert­schätzung und Respekt geht ja kaum. Und doch dürfen sie nicht?

Aber China-Restau­rants mit der ste­reo­typen Spei­se­karte „Schwei­ne­fleisch süß­sauer, Peking-Ente und Früh­lings­rolle“ ist in Ordnung? Wer in China in ver­schie­denen Kan­tonen war (ich war da), weiß, dass das, was hier in Europa in den Chi­na­re­stau­rants auf den euro­päi­schen Geschmack zurecht­ge­bogen wird, sehr wenig mit der unglaublich unter­schied­lichen, facet­ten­reichen Küche Chinas zu tun hat. Und in Japan (ich war da) laufen die Leute alle nor­ma­ler­weise in west­lichen Kla­motten herum. Das ist aber in Ordnung. Man kommt sich gut und edel vor, Alt­kleider für Afrika zu spenden und denkt über­haupt nicht darüber nach, dass das dort die Klei­dungs­in­dustrie mit ihren wun­der­schönen auto­ch­tonen Trachten ver­nichtet hat.

Müssen wir jetzt tür­ki­schen Döner, indische Restau­rants, die ita­lie­nische Piz­zeria, das Chi­na­re­staurant um die Ecke und den Sushi-Laden meiden, um nicht der kul­tu­rellen Aneignung bezichtigt zu werden? Ins­be­sondere, da das ja alles zu Geld gemachte Ware mit ste­reo­typen Zube­rei­tungen ist, die kaum noch etwas mit den ori­gi­nalen Rezepten zu tun hat? Also bleibt uns nichts übrig als unser Bier zu saufen, Schweins­haxen zu essen, deutsche Wurst auf deut­sches Brot, Sau­er­kraut und Kartoffeln.

Oh! Kar­toffeln! Geht ja auch nicht! Die ist ja von den Indianern hierher gekommen… ääähhh … Ver­gebung! … den indi­genen Völkern des Kon­ti­nents, den weiße Ras­sisten heute als Amerika bezeichnen. Eine Bezeichnung, die man auch abschaffen muss, denn das ist der Name, den spa­nische, also Weiße, dem Kon­tinent ver­passt haben.