Cho­le­risch? Unbequem? – Weg­ge­sperrt ohne Urteil: Eine Ein­weisung in die Psych­iatrie kann jeden treffen – der Fall Walter Eichelburg (+Video)

Gustl Mollath, ein Fall der Schlag­zeilen machte, hatte fähige Ver­bündete und schaffte es, her­aus­zu­kommen aus der „Klapse“. Das gelingt wenigen. Der Mann hatte den Mut, Schwarz­geld­ge­schäfte einer sehr großen deut­schen Bank (die heutige Unicredit Bank) zur Anzeige zu bringen. Daran war dum­mer­weise nichts Straf­bares, aber Gustl Mollath musste aus dem Verkehr gezogen werden. Über Bezie­hungen gelang es, ihn kalt­zu­stellen, indem die Justiz ihn in die Psych­iatrie steckte.

Der Fall machte Schlag­zeilen. Wer einmal nach­voll­ziehen möchte, wie ein anstän­diger Mann, der sich nichts hat zuschulden kommen lassen, einfach so, womöglich lebenslang, in die Psych­iatrie weg­ge­sperrt wird, der kann sich diese her­vor­ra­gende Doku­men­tation mit Gustl Mollath aus 2013 in der ARD ansehen. Auch da gibt es bis­weilen sehr gute Beiträge.

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Es ist innerhalb der Justiz ein offenes Geheimnis, dass manche Gut­achter Gefäl­lig­keits­gut­achten machen. Wenn dann auch noch der Richter mit­spielt, ist der „Stö­ren­fried“ ver­loren. Das war anscheinend auch im Fall Gustl Mollath so – und er ist kein Ein­zelfall. Die anderen machen nur nicht solche Schlagzeilen.

Manchmal trifft es Men­schen, die hoch­ste­henden, ein­fluss­reichen Per­sonen mit ihrem Hin­ter­grund- oder Tat­wissen Schwie­rig­keiten machen könnten, denen man straf­rechtlich aber nichts anhaben kann. Oft trifft es Men­schen, die schwierig, viel­leicht que­ru­la­to­risch und lästig sind. Die jemanden „stören“ und das obstinat. Viel­leicht noch etwas „abwegige“ oder „krude“ Ansichten pflegen, aber weder gewalt­tätig sind noch Straf­taten begehen. Sie werden erschre­ckend schnell und leicht auf Betreiben von Per­sonen mit guten Bezie­hungen und unter Miss­brauch der foren­si­schen Psych­iatrie ein­ge­sperrt, womöglich noch mit Fixierung und harten Psy­cho­pharmaka miss­handelt, wenn sie dagegen heftig aufbegehren.

Psych­ia­trie­miss­brauch ist auch kei­neswegs auf Dik­ta­turen, „rück­ständige“ Länder oder auf die Ver­gan­genheit beschränkt, sondern es gibt ihn fast überall, quasi ein zeit­loses Phä­nomen. Natürlich auch in Deutschland. Die Macht braucht Helfer, um ver­meint­liche Gegner oder Unbot­mäßige kalt zu stellen oder zu dis­zi­pli­nieren. Und genau hierfür scheint sich die Psych­iatrie – damals wie heute – bestens zu eignen.“

Walter Eichelburg ist einer, auf den das in meh­reren Punkten zutrifft. Ihm wurde vom psych­ia­tri­schen Sach­ver­stän­digen eine „vor­lie­gende höher­gradige geistig-see­lische Abnor­mität“ attes­tiert. Der Sach­ver­ständige stufte Walter Eichelburg als unzu­rech­nungs­fähig ein, aber auch als so gefährlich, dass er weg­ge­schlossen gehöre. „Im Hin­blick darauf käme es nicht über­ra­schend, würde die Staats­an­walt­schaft zeitnahe einen Antrag auf vor­läufige Unter­bringung gemäß § 429 StPO stellen, um dem Mann die Mög­lichkeit zur wei­teren Ein­schüch­terung von Regie­rungs­ver­tretern zu nehmen.“

So schrieb das linke, öster­rei­chische Blatt „die Presse.com“ am Freitag, den 4. August 2020 sehr zufrieden. Der Artikel ist heute dort nicht mehr auffindbar.

Die Gefähr­lichkeit des damals etwa 68-Jäh­rigen leitete man aus seinen Kom­men­taren ab, die tat­sächlich oft deftig aus­fielen. Walter Eichelburg war eine der meist­ge­le­senen Blogs, auf dem ständig Links und Quellen zu Bei­trägen des Zeit­ge­schehens gepostet wurden, sor­tiert nach The­men­ge­bieten, stets aktuell, mehrmals täglich upge­datet. 590 Mil­lionen Aufrufe hatte seine Seite „hartgeld.com“ ins­gesamt. Davon träumen die Qua­li­täts­medien nur.

Herr Eichelburg war ein Edel­me­tallfan und pro­gnos­ti­zierte viele Jahre den Welt­finanz- und Welt­wirt­schaft­s­crash, gegen den man sich nur mit Gold und Silber wappnen könne. Wer das nicht so sah, war ein Idiot. Er war ganz und gar kein Freund mus­li­mi­scher Zuwan­derung, für Femi­nis­tinnen hatte er auch nichts übrig. Vieles von dem, was er als Ent­wicklung pro­gnos­ti­zierte, trifft aller­dings auch nach und nach ein.

Leser kamen auf seiner Seite mit eigenen Beob­ach­tungen zu Wort. Wenn zum Bei­spiel alar­mie­rende Ent­wick­lungen von den Medien klein­ge­redet wurden, wie Unter­neh­mens­pleiten etc., konnte man auf dieser Seite von den Lesern aus ihrer eigenen Erfahrung vor Ort, Datum, Fir­men­namen, Beschäf­tig­ten­zahlen usw. die wahren Umstände erfahren.

Die Freie Presse, Web­blogs und Face­book­seiten (also wir „Schwurbler“) waren immer froh, wenn ihre Bei­träge auf Hartgeld.com gelistet wurden. Sofort explo­dierten dadurch die Zugriffs­zahlen auf ihren Seiten.

Irgendwann muss Herr Eichelburg in Kontakt mit Leuten gekommen sein, die ihm den Floh ins Ohr setzten, dass eine Revo­lution „von oben“ im Gange sei, den ganzen Fehl­ent­wick­lungen ein Ende zu setzen und wieder Glanz und Glorie des Kai­ser­reiches zu restau­rieren. Diese Leute machten ihn glauben, dass sie zum inneren Kreis des zukünf­tigen Herr­schers gehören. So eine Art Kaiser-QAnon, nur ohne Rät­sel­raten. Und dass dieser Kaiser aus dem Hause Habsburg ihn, Walter Eichelburg, zum Grafen adeln werde für seine Ver­dienste, Stand­haf­tigkeit und kai­ser­treue Haltung. Herr Eichelburg glaubte das fel­senfest. Er berief sich oft mit seinem „Hintergrundwissen“auf seine kai­ser­lichen Quellen. Kein Monat, in dem er nicht ganz sicher mit Datum und Uhrzeit die Revo­lution durch die Kai­ser­treuen ankün­digte – die ebenso ganz sicher jedesmal gerade nochmal abge­blasen werden musste. Und doch hielt er in bewun­derns­werter Frus­tra­ti­ons­to­leranz fest zum Kaiser.

Man kann das oft bei Men­schen beob­achten, die umso fester an ihren wahren, guten und rich­tigen Weg glauben, je mehr sie ange­feindet und ver­lacht werden. Das ist der Stoff, aus dem Mär­tyrer, Ter­ro­risten, Spinner und Helden sind.

Ja, er und seine Getreuen hofften auf die Revo­lution und dass die wütende Revo­luz­zer­menge die Täter aus den Kreisen der Macht bestrafen würden, sogar von „Later­nen­orden am han­fenen Bande“ war immer wieder die Rede. Das ist absolut nicht richtig, so etwas schreibt man nicht – nur war daraus nie abzu­leiten, dass Herr Eichelburg beab­sich­tigte, Poli­tiker zu ermorden. Es war das Ventil der Frus­trierten, die machtlos zusehen müssen, wie die Dinge einen Lauf nehmen, der in einer Kata­strophe münden muss und die sich im geschützten Raum des Blogs ihre Angst, Wut und Frust von der Seele schimpfen. Er war selber nie eine Gefahr für andere und er ani­mierte auch nicht dazu. Er hat geschildert, was pas­sieren wird, wenn die Revo­lution kommt – und das hatte er, so, wie es sich anhörte, von seinen „Kai­ser­quellen“.

Diese Äuße­rungen war eher so etwas die „klamm­heim­liche Freude“, die der „Göt­tinger Mes­calero“ alias Klaus Hül­brock, Dozent für Deutsch als Fremd­sprache, 1977 in seinem Nachruf zum Mord an Sieg­fried Buback in der Asta-Zeitung zum Aus­druck brachte. Nur mit dem Unter­schied, dass dieser einen tat­sächlich began­genen Mord damit gut­ge­heißen hatte, während Herr Eichelburg und seine Freunde eine mög­liche Revo­lution her­bei­sehnten, in deren Verlauf sie erwar­teten, dass die ihrer Ansicht nach schänd­lichen Urheber allen Übels vom revol­tie­renden Mob abge­straft werden würden. Klaus Hül­brock wurde dafür weder inhaf­tiert noch jah­relang in die Psych­iatrie geschlossen.

Soweit bekannt – und auch nicht bezweifelt – hat Herr Eichelburg nie zu Gewalt­taten auf­ge­rufen oder selbst welche geplant oder aus­ge­führt. Mehr­fache Pro­zesse wegen Volks­ver­hetzung ver­liefen ergeb­nislos. Auch in Deutschland wurde er mehrfach ange­zeigt und es liefen Ermitt­lungen gegen ihn. Dann wurde er eines Tages einem Amtsarzt vor­ge­stellt. Über all das berichtete er auch frei­mütig in seinem Blog. Auch, dass man ihm androhte, dass er in die Psych­iatrie ein­ge­wiesen werden würde, wenn er seine Hetze nicht ein­stellen würde. Das focht ihn aber alles nicht an. Wahr­scheinlich wähnte er sich unter dem Schutz der Kai­ser­treuen. Dann machte der Staat Öster­reich aber plötzlich Ernst und Herr Eichelburg war weg vom Fenster. Niemand wusste wo.

Eigentlich hätte man gegen diese „Quellen“ wegen Ver­hetzung ermitteln sollen. Mög­li­cher­weise war das aber eine eiskalt geplante Sache, den alten Herrn in einer Psy-Op mit genau den Parolen zu ködern, von denen man wusste, er würde darauf abfahren und ihn immer weiter hin­ein­zu­treiben, bis er den Bogen in ver­meint­licher Unan­greif­barkeit qua „kai­ser­lichem Schutz“ über­spannt. Und damit konnte man das Tot­schlag­ar­gument „Unzu­rech­nungs­fä­higkeit“ und „Gefahr für andere/sich selbst“ akti­vieren und ihn einfach wegschließen.

Dazu muss nicht mal ein ordent­liches Gerichts­ver­fahren abge­halten werden. Es gibt auch keine Ankla­ge­schrift, keine Beweis­führung, keine Zeugen, keine Ver­tei­digung kein Geständnis, nicht einmal eine defi­nierte Länge der „Haft­strafe“. Die foren­sische Psych­iatrie kann jemanden lebenslang ein­sperren, niemand weiß, wo man ist und es ist sehr schwer bis unmöglich, den Fall noch einmal aufzurollen.

Drin ist man schnell in der „Klapse“. Aber raus kommt man nur sehr schwer. Das zeigt der Fall der jungen, freien Jour­na­listin Nellie Bly, die schon 1887 als Ein­stieg einen Under­co­verjob in der Frau­en­psych­iatrie „Women’s Lunatic Asylum on Blackwell’s Island“ machen sollte. Eine Ehre, für die renom­mierte Tages­zeitung „New York World“ von Joseph Pulitzer zu schreiben. Nun, es sollten ja auch nur ein paar Tage sein.

Die 23-Jährige nimmt an, spielt in einem Hotel die Wahn­sinnige und ratzfatz ist sie drin in der Frau­en­psych­iatrie, kein Problem. Sie sieht die fürch­ter­lichen Bedin­gungen, sie findet ent­setz­liche Zustände und Ver­wahr­losung, sieht mit eigenen Augen grausame Miss­hand­lungen und Bru­ta­li­täten. Kurz nach ihrer Auf­nahme in die Anstalt gab Bly jeden Vorwand einer Geis­tes­krankheit auf und begann sich so zu ver­halten, wie sie es nor­ma­ler­weise tun würde. Das Kran­ken­haus­per­sonal regis­trierte gar nicht, dass sie nicht mehr „geis­tes­krank“ war und meldete statt­dessen ihr ganz nor­males Ver­halten als Sym­ptome ihrer Geis­tes­krankheit. Sogar ihre Bitten um Frei­lassung wurden als weitere Anzeichen einer psy­chi­schen Erkrankung gedeutet. Durch Gespräche mit ihren Mit­pa­ti­enten war Nellie Bly über­zeugt, dass einige so normal und geistig gesund seien wie sie. Sie begreift, dass sie in einer Art „Hotel Cali­fornia of Hell“ gelandet ist. Nur die Inter­vention der Zeitung bewahrte sie davor, in dem Irrenhaus gefangen zu bleiben. Sie schrieb ein Buch darüber „Ten Days in a Mad-House“ – Zehn Tage im Irrenhaus.

Nun, im Fall Eichelburg zeichnet sich mög­li­cher­weise eine Lösung ab. Die Ära „Hartgeld.com“ ist zu Ende. Es heißt, Walter Eichelburg habe einem Publi­ka­ti­ons­verbot zuge­stimmt. Er wird die Seite nicht wieder betreiben und auch keinen neuen Blog. Er könnte dem­nächst wieder als freier Mann nach Hause gehen. Egal, wie man zu seinen dama­ligen Ver­laut­ba­rungen steht: Es war Unrecht, ihn weg­zu­schließen. Und es wird höchste Zeit, es zu beenden.

Möge er bald wieder „draußen“ sein und ein gutes Leben haben.


Quelle: schildverlag.de