Ölpreis­grenze, Sank­ti­ons­krieg, nächste Runde: Putins Gegen­schlag und Europa geht in die Knie

Kaum hat am Montag die EU Putin mutig die Ölpreis­grenze auf den Tisch geknallt, kommt natürlich die Gegen­re­aktion. Der Sprecher des Prä­si­denten, Dmitri Peskow ließ die Welt gestern wissen, man habe da ver­schiedene Mög­lich­keiten der Reaktion im Köcher, und man werde die Ent­scheidung ver­öf­fent­lichen, sobald sie gefallen ist. Die Spre­cherin des rus­si­schen Außen­mi­nis­te­riums, Maria Sacharowa, kom­men­tierte gelassen, Russland sei an Straf­maß­nahmen gewöhnt. Schon jetzt ist klar: Russland wird damit umgehen können, die EU nicht.

Im Prinzip, so mutmaßt die rus­sische Wirt­schafts- und Finanz­zeitung „Wedo­mostyi“, gibt es drei Mög­lich­keiten für Russland zu reagieren, um die Situation in den Griff zu bekommen. Einmal ein „dann eben gar nicht“ und Russland liefert gar nichts mehr an Länder, die Russland sank­tio­nieren. Das könnte leicht durch ein Export­verbot für rus­sische Ölge­sell­schaften bewerk­stelligt werden.

Das wirkt aber nur, wenn auch der Import durch Dritt­länder blo­ckiert wird. Die Euro­päi­schen Raf­fi­nerien und Händler drosseln schon ihre Akti­vi­täten und redu­zieren ihre Bestel­lungen. Die Russen stört das freilich nicht. Die rus­si­schen Öltanker fahren fröhlich weiter aus den Häfen – aller­dings in Richtung Asien. China und Indien kaufen heute zwei Drittel des Rohöl Russ­lands. Ein Teil davon ist die Hälfte des Rohöls aus Russ­lands Pipe­lines, die nach China geliefert wird.

Oder Russland könnte Ölex­porte mit eigenen Ober- oder Unter­grenzen belegen. Das gälte natürlich für die EU und die G7-Gruppe. Oder, als dritte Mög­lichkeit, einen Art Begüns­ti­gungs-Ziel­preis auf der Basis des Brent-Ölpreises defi­nieren oder Rabatte ein­zu­räumen. Ver­käufer der rus­si­schen Ölsorte „Urals“ können dann nicht mehr als einen Rabatt gegenüber dem Welt­markt­preis für die Nord­see­sorte Brent geben. Letz­teres wäre ein Mittel, befreun­deten Staaten günstig Öl anzu­bieten und seinen Preis je nach Kunde relativ frei zu gestalten. Laut US-Nach­rich­ten­agentur Bloomberg hat Moskau noch keine Maß­nahmen ausgeschlossen.

Auf keinen Fall aber wird sich die rus­sische Führung dieser Preis­ober­grenze fügen. Das hat Moskau auch gar nicht nötig. Es kann ruhig abwarten, denn es hat genügend andere Kunden. Man darf nicht ver­gessen, dass Russland ein pro­mi­nentes Mit­glied der OPEC+ ist. Dieser Verbund ölför­dernder Staaten reprä­sen­tiert fast die Hälfte der glo­balen Ölför­derung. Sie agieren zusammen und schützen sich gegen­seitig. Und sie pro­fi­tieren von den stei­genden Ölpreisen. So hat die OPEC+ schon unmiss­ver­ständlich klar gemacht, dass niemand von ihnen die Ver­sor­gungs­lücke schließen wird, wenn Russland nicht mehr liefern will.

Die Deut­schen Wirt­schafts­nach­richten schreiben:

„Alle Ver­suche des Westens, Russland im Ener­gie­sektor zu schaden, haben bisher vor allem den Bürgern in Europa geschadet, welche die höheren Ener­gie­preise zahlen müssen. Russland pro­du­ziert und expor­tiert wei­terhin riesige Mengen und erzielt daraus enorme Profite. In der Folge wird Russ­lands Leis­tungs­bi­lanz­über­schuss dieses Jahr vor­aus­sichtlich 265 Mil­li­arden Dollar erreichen. Nur China schafft vor­aus­sichtlich noch mehr.“

Eins ist sicher: Russland hat viele Unter­stützer. Die BRICS nehmen neue Länder auf und stehen hinter Russland. Ein Blick auf die Welt­karte zeigt, dass die russ­land­freund­lichen Gebiete der Welt wesentlich größer sind, als die USA-freund­lichen. Im Prinzip sind es fast nur die NATO-G7-Länder, die die Kon­fron­tation mit Russland unterstützen.

Die Bevöl­kerung der EU wird es aus­baden. Sehr viele EU-Bürger können sich die Gas­preise – selbst, wenn genug Gas da wäre – gar nicht leisten. Das­selbe gilt für die Ölpreise. Auch die Ölhei­zungen werden nur sehr sparsam in den Pri­vat­haus­halten ein­ge­setzt. Wer sich im Bekann­ten­kreis umhört, der weiß, dass die Leute mit Ölhei­zungen teil­weise Unsummen in ihre Heizöl-Tanks geladen haben. Manche haben sogar ihre Konten stark über­zogen. Und trotzdem müssen alle fürchten, kalt zu sitzen, wenn der Strom aus­fällt – denn die Brenner dieser Hei­zungen fallen dann auch aus.

Die Meteo­ro­logen sagen einen harten, kalten Winter voraus. Außerdem weht auch noch lediglich schwacher, aber eisiger Wind. Laut der Wet­ter­seite „windy.com“ säuselt der Wind lahm dahin. In den Höhen der großen Wind­ro­toren braucht man eine Wind­ge­schwin­digkeit von Minimum 5 Meter/Sekunde, um Strom zu erzeugen. Richtig gut wird es erst um 15 Metern/Sekunde (zuviel darf es aber auch nicht werden). Selbst die wind­reichen Regionen mit einer hohen Dichte an Wind­kraft­an­lagen stehen prak­tisch still, denn die Tief­druck­winde, die nor­ma­ler­weise um diese Zeit über Nord­deutschland und die Bene­lux­länder bis Frank­reich hinein wehen, bleiben aus. Die schwachen Winde, die von Nord­osten kommen, drücken statt­dessen die kalte Luft nach Europa hinein. Wahr­scheinlich auf Befehl Prä­sident Putins.

Leider ist Bes­serung auf absehbare Zeit laut Wet­ter­be­richte nicht wahr­scheinlich. Dazu kommt: Wir haben sowieso schon ein mas­sives Ener­gie­problem. Gleich­zeitig ist prak­tisch jeder Tag trüb und wol­ken­ver­hangen. Wir haben eine Anomalie, eine Mega-Dun­kel­flaute. Das lässt die gerade nach­las­senden Ener­gie­preise wieder kräftig steigen. Am letzten Freitag waren daher die  Strom­preise an den Ener­gie­börsen bereits wieder auf 361 €/Megawattstunde gestiegen, nachdem sie Mitte November auf erfreu­liche 108 €/Megawattstunde abge­sunken waren. Kaum wurde das Wetter kälter, gingen auch die Gas­preise wieder hoch.

Wir sind noch nicht fertig: Überdies sind die Gas­speicher nicht so voll, wie man uns weis­machen will. Es ist nur ein Teil der Gas­speicher fast voll, andere sind nicht einmal halbvoll. Wir müssen uns im wahrsten Sinne des Wortes „warm anziehen“. Dafür haben es die Freunde Russ­lands aber schön. China und Indien kaufen rus­si­sches Öl fast für den halben Preis, wie wir. Dafür sind wir aber mora­lisch weit überlegen.

Die Tank­stellen werden bald zu Gro­schen­gräbern werden. Sprit­preise um die drei bis vier Euro wären möglich. Was bedeutet das für Pendler? Wer kann sich das leisten? Aber keine Angst, liebe Mit­bürger. In Euren kalten Woh­nungen werdet Ihr Euch sowieso ständig erkälten und könnt Euch krank melden. Wenn wir nicht sowieso Blackout haben und gar nichts mehr geht. Dann sitzen wir zur käl­testen Jah­reszeit in eis­kalten Zimmern ohne Wasser, Toi­lette und Heizung und bestrafen zit­ternd Putin und die Russen. Die sitzen derweil in gut geheizten Woh­nungen, betrachten glücklich ihre leuch­tenden Weih­nachts­bäume und singen rus­sische Weihnachtslieder.

Das woke Europa lernt gerade, dass erneu­erbare Energien das rus­sische Gas eben nicht ersetzen können. Jetzt kommen die Bruch­linien der „kli­ma­neu­tralen“ EU-Energie-Infra­struktur schmerzhaft zur Wirkung. Wir haben uns von der unsteten Sonne-und-Wind-Energie abhängig gemacht, bevor wir belastbare Spei­cher­tech­no­logien für die Über­ka­pa­zi­täten hatten. Diese Tech­no­logien sind teuer und es braucht bis zu vier Jahren, bis sie imple­men­tiert sind. Dass wir plötzlich kein Gas aus Russland mehr beziehen, war bisher nicht vor­ge­sehen. Und nun wurden wir sprich­wörtlich davon „kalt erwischt“. Glücklich ist, wer einen Kaminofen oder eine Küchenhexe hat. Und Holz.