Montage aus Bildern von Pixabay von Niki Vogt

1.147 plötzlich ver­storbene Sportler in zwei “Impf­jahren”: Versuch einer Ein­ordnung des Phänomens

Haben Sie sich bereits an Mel­dungen, wie die fol­genden gewöhnt?


Die Kol­legen von “Good­sci­encing” sammeln solche Daten, werten sie aus und prä­sen­tieren regel­mäßig eine Fort­schreibung der Anzahl Ath­leten, die nach ihren Erkennt­nissen ent­weder ein plötzlich auf­tre­tendes Herz­leiden erlitten haben oder daran ver­storben sind. Ver­storben sind im Jahr 2021 405 und im Jahr 2022 742 Atlethen – d.h. die Kol­legen haben die ent­spre­chende Anzahl von Berichten in Medien gefunden, geprüft und als einen Fall, in dem ein Sportler an Herz­still­stand ver­storben oder an einem Herz­leiden erkrankt ist, kategorisiert.

Die resul­tie­rende Abbildung ist dem einen oder anderen viel­leicht bekannt:

Source: Good Sci­encing

Die Frage, die sich mit solchen Daten ver­bindet, ist immer die gleiche: Was bedeuten sie?
Wir ver­suchen diese Frage zumindest ansatz­weise zu beant­worten, und zwar dadurch, dass wir diese Ergeb­nisse mit den Ergeb­nissen wis­sen­schaft­licher Studien kon­fron­tieren, und zwar anhand einiger Para­meter, die als Aus­gangs­punkt dienen:

1147 ver­storbene Ath­leten ohne Altersbeschränkung
Zeitraum: 2021 bis 2022
Ort des Ereig­nisses: Weltweit
Nachweis des Ereig­nisses: Zeitung oder Online-Medium
Durch­schnitt pro Jahr: 574

Was dieser Durch­schnitt bedeutet, ob er eine erheb­liche Abwei­chung nach oben ist, das wollen wir nun ansatz­weise klären. Sicher, viele von uns haben den sub­jek­tiven Ein­druck, dass die Mel­dungen, die den plötz­lichen Tod eines Ath­leten oder sein Aus­scheiden aus dem aktiven Sport, weil er ein Herz­leiden ent­wi­ckelt hat, zum Gegen­stand haben, deutlich zuge­nommen haben. Indes, die Frage ist, ob diese Zunahme auf eine erhöhte Auf­merk­samkeit zurück­zu­führen ist, ein Phä­nomen, das Sozi­al­psy­cho­logen “Salience” nennen: wenn man für etwas sen­si­bi­li­siert ist, dann ist die Wahr­schein­lichkeit, dass man Mel­dungen die dieses Etwas zum Gegen­stand haben, zur Kenntnis nimmt, höher, oder nicht.

Ver­suchen wir also auf Basis vor­han­dener For­schung einen Ver­gleichs­maßstab zu schaffen:

Egger, Florian, Jürgen Scharhag, Andreas Kästner, Jiří Dvořák, Philipp Bohm, and Tim Meyer (2022). “FIFA Sudden Death Registry (FIFA-SDR): a pro­s­pective, obser­va­tional study of sudden death in worldwide football from 2014 to 2018.” British journal of sports medicine 56(2): 80–87.

211 Fuss­ball­spieler, die an einem plötz­lichen Herz­ver­sagen ver­storben sind, keine Altersbeschränkung;
Zeitraum: 2014–2018
Ort des Ereig­nisses: 69 Länder
Nachweis des Ereig­nisses. FIFA Datenbank
Durch­schnitt pro Jahr: 42,2 Verstorbene

Lear, Aaron, Niraj Patel, Chanda Mullen, Marian Simonson, Vince Leone, Con­stan­tinos Koshiaris, and David Nunan (2022). Inci­dence of sudden cardiac arrest and death in young ath­letes and military members: a sys­te­matic review and meta-ana­lysis. Journal of Ath­letic Training 57(5): 431–443.

183 Ath­leten im Alter von 14 bis 39 Jahren, die an einem plötz­lichen Herz­ver­sagen ver­storben sind
Zeitraum: 1986–2020
Ort des Ereig­nisses: weltweit
Nachweis des Ereig­nisses: 40 wis­sen­schaft­liche Beiträge
Durch­schnitt pro Jahr: 5 Verstorbene

Schluss­fol­gerung:

“The worldwide inci­dence of SCD [Sudden Cardiac Death] is rare.

Peterson, Danielle F., Kristen Kucera, Leah Cox Thomas, Joseph Male­s­zewski, David Siebert, Martha Lopez-Anderson, Monica Zigman, Jared Schat­tenkerk, Kim­berly G. Harmon, and Jonathan A. Drezner (2021). Aetiology and inci­dence of sudden cardiac arrest and death in young com­pe­titive ath­letes in the USA: a 4‑year pro­s­pective study. British journal of sports medicine 55(21): 1196–1203.

173 Ath­leten im Alter von 11 bis 29 Jahren, die an einem Herz­still­stand ver­storben sind
Zeitraum: 2014 bis 2018
Ort des Ereig­nisses: USA
Nachweis des Ereig­nisses: Datenbank und Autopsieberichte
Duch­schnitt pro Jahr: 43,3 Verstorbene

Maron, Barry J., Tammy S. Haas, Aneesha Ahlu­walia, Caleb J. Murphy, and Ross F. Gar­berich (2016). Demo­gra­phics and epi­de­miology of sudden deaths in young com­pe­titive ath­letes: from the United States National Registry. The Ame­rican journal of medicine 129(11): 1170–1177.

842 Ath­leten im Alter von 13 bis 25 Jahren, für die eine Obduktion einen Tod durch Herzversagen/Herzstillstand ergeben hat.
Zeitraum: 1980 bis 2011
Ort des Ereig­nisses: USA
Nachweis des Ereig­nisses. Datenbank
Durch­schnitt pro Jahr: 26,3 Verstorbene

Maron, Barry J., Tammy S. Haas, Caleb J. Murphy, Aneesha Ahlu­walia, and Ste­phanie Rutten-Ramos (2014). Inci­dence and causes of sudden death in US college ath­letes.” Journal of the Ame­rican College of Car­diology 63(16): 1636–1643.

64 Stu­denten im Alter von 18 bis 22 Jahren
Zeitraum: 2002 bis 2011
Ort des Ereig­nisses: USA
Nachweis der Ereig­nisse: Datenbank
Durch­schnitt pro Jahr: 6 Verstorbene

Zusam­men­fassung:

“In college student-ath­letes, risk of sudden death due to car­dio­vas­cular disease is rela­tively low, with mor­tality rates similar to suicide and drug abuse, but less than expected in the general popu­lation, alt­hough highest in African-Ame­rican athletes.”

Maron, Barry J., Joseph J. Doerer, Tammy S. Haas, David M. Tierney, and Fre­derick O. Mueller (2009). Sudden deaths in young com­pe­titive ath­letes: ana­lysis of 1866 deaths in the United States, 1980–2006.” Cir­cu­lation 119(8): 1085–1092.

1049 Ath­leten im Alter von 8 bis 39 Jahren
Zeitraum: 1980–2006
Ort des Ereig­nisses: USA
Nachweis der Ereig­nisse: Datenbank
Durch­schnitt pro Jahr: 66 Verstorbene

Beson­derheit: Zunahme der Fälle über Zeit

“The highest number of sudden car­dio­vas­cular death events recorded in any single year was 76 (in 2005 and 2006), fol­lowed by 66 in 1997 and 2002 and 64 in 1996 and 2001. Over the most recent 6 years of reporting (2001 to 2006), the average number of car­dio­vas­cular deaths per year was 66 (range 50 to 76).”

Bille, Karin, David Figueiras, Patrick Scha­masch, Lukas Kap­pen­berger, Joel I. Brenner, Folkert J. Mei­jboom, and Erik J. Mei­jboom (2006). Sudden cardiac death in ath­letes: the Lau­sanne Recom­men­da­tions.” European Journal of Pre­ventive Car­diology 13(6): 859–875.

Ath­leten, die an einem plötz­lichen Herr­still­stand ver­storben sind – ohne Altersbeschränkung
Zeitraum: 1970–2004
Ort des Ereig­nisses: Weltweit
Nachweis des Ereig­nisses: Wis­sen­schaft­liche Bei­träge in Fachzeitschriften
Durch­schnitt pro Jahr: 31,5 Verstorbene

Die Zusam­men­stellung hat das gezeigt, was man in wis­sen­schaft­lichen Bereichen dann, wenn man ver­sucht, sich einen Über­blick zu ver­schaffen, regel­mäßig antrifft: Durch­ein­ander, unter­schied­liche Kri­terien der Auswahl des Unter­su­chungs­ge­gen­stands, unter­schied­liche Zeit­räume, Bezugs­ge­biete und vieles mehr erschweren den Vergleich.

Indes kann man als Ergebnis fest­stellen, dass alle Studien, in manchen haben wir es zitiert, in anderen nicht, zu dem Ergebnis kommen, dass Herz­still­stand und gar Tod durch Herz­still­stand im Sport ein sehr sel­tenes Ereignis ist, eines, das je nach unter­suchter Gruppe und Breite des Unter­su­chungs­ge­biets zwi­schen 5 und 66 Fällen pro Jahr für Tod durch Herz­ver­sagen variiert. In den meisten Fällen ist ein ange­bo­renes Herz­leiden die Ursache des Herz­still­stands, gefolgt von Pro­blemen mit der Blut­ver­sorgung in der Herzarterie.

In keinem Fall kommen die Autoren auch nur in die Nähe eines Durch­schnitts von auch nur 100 Fällen von Herz­still­stand in ihren Daten, so dass man, da wir von einem Durch­schnitt aus­gehen, der bei 574 an Herz­still­stand ver­stor­benen Ath­leten liegt, mit einiger Berech­tigung zumindest fest­stellen kann, dass die Anzahl der Ath­leten, die an einem Herz­still­stand in den Impf-Jahren 2021 und 2022 ver­storben sind, erheblich über der Anzahl ver­gan­gener Jahre liegt, jeden­falls im Datensatz der Kol­legen von Good Sciencing.

Kurz: Wir sind derzeit Zeuge eines bislang nicht gese­henen Ath­leten-Sterbens. Und eigentlich sollten die Ver­treter von Sportlern, ihre Ver­bände, die Sportler selbst ein Interesse daran haben, die Ursachen dieses bislang nicht gese­henen Sterbens aufzuklären.


Quelle: sciencefiles.org