FRA: Erfolg­reiche Ter­ror­abwehr am Flughafen

Eine Bom­ben­at­trappe sollte von einem Messer ablenken? — Der „Ter­rorist“ wollte im Ausland „unter­tauchen“! — Ter­rorist ent­puppte sich schließlich als Tourist 

(eine Glosse von Albrecht Künstle)

Ter­ro­risten reisen nicht nur übers Meer ein, sondern auch per Flieger. Nun wurde am Frank­furter Flug­hafen ein mut­maß­liches Terror-Duo bei der Aus­reise aus dem Verkehr gezogen. Wie das? Die beiden hatten sich bei der Kon­trolle des Hand­ge­päcks an zwei benach­barte Bänder begeben. Der „Mann“ ver­suchte es mit einem geschickten Ablen­kungs­ma­növer. In seinem Bord­köf­ferchen führte er, auf dem Monitor erkennbar, zwei Bomben mit. Beim Öffnen des Koffers, unter einem Auflauf von Sicher­heits­per­sonal, waren die zwei Bomben als Tauch­lampe getarnt. Raf­fi­niert war am Schein­wer­ferteil eine Unter­was­ser­kamera mon­tiert; der Akku war weg­ge­schraubt, wie es die Flug­ge­sell­schaften gerne haben. Doch die genauere Über­prüfung ergab, es war tat­sächlich eine Tauch­lampe. Alle Auf­regung in der Abteilung Gepäck­kon­trolle umsonst? Nein, das durfte nicht sein. Dann aber…

Das eigent­liche Instrument des Attentats war unauf­fällig in einem Etui ver­steckt – ein Messer! Aber kein gewöhn­liches: Es sah zwar aus wie ein stink­nor­males Taschen­messer. Doch bei der näheren Inspektion stellte sich heraus, es war ein Spring­messer! Womit sich der Ter­ror­ver­dacht erhärtete. Die ver­meint­liche Bombe sollte von diesem Mord­werkzeug also nur ablenken. Sofort wurde eine Expertin her­bei­t­e­le­fo­niert, die eine Skala ablesen konnte. Die Mes­ser­klinge war 6,5 cm lang! Bis zu diesem Zeit­punkt waren fünf Per­sonen invol­viert. Der Mann am Monitor, weiter ein Her­bei­ge­ru­fener, die aber beide gerade Schich­tende hatten. Dann die zwei Mann Ablösung, die gleich­zeitig als Zeugen fun­gierten. Weiter die Expertin mit dem Metermaß, die dem mut­maß­lichen Ter­ro­risten erklärte, dass sie jetzt die Bun­des­po­lizei anrufen müsse. Diese kam nicht zu zweit, sondern zu dritt. Damit beschäf­tigte das Messer bis zu diesem Zeit­punkt acht Leute.

Der „Ter­rorist“ wurde von zwei wei­teren Sicher­heits­kräften abge­führt. Und ab ging es auf die Bun­des­po­li­zei­in­spektion II (die Kom­plizin durfte sich zum Gate des Fluges begeben). Auf der Wache waren ca. zehn Poli­zisten jeden Geschlechts ver­sammelt – ver­mutlich eben­falls Schicht­wechsel, da es beim Kaffee so viel zu besprechen gab. Dann erfolgte die Ver­nehmung des Terrorverdächtigen.

Warum ein angeb­licher Taucher ein so kleines Messer mit sich führe? Man wisse bei der Polizei aus alten Filmen, dass „richtige Taucher“ Messer von ca. 15 cm Länge bei sich führen würden. Der Ver­nommene erwi­derte, dass diese jedoch ver­boten worden seien. Denn ein Hai hatte sich beim Fressen eines Tau­chers an dem langen Messer ver­letzt. Das geht natürlich gar nicht, meinten die Umwelt­schützer. Haie seien schüt­zenswert, Taucher zu ent­waffnen. Und so geschah es, große Tau­cher­messer lan­deten auf der roten Liste von grünen Verordnungsgebern.

Warum über­haupt ein Messer und dann noch so ein kleines Klapp­messer? Worauf die Antwort kam, dass ein offenes Messer im Jackett dieses beschä­digen und das bezweckte Tarieren außer Funktion setze. Und dass es nicht schön sei, in ein Fischernetz zu geraten und als Beifang an Bord eines Trawlers zu Fisch­futter ver­ar­beitet zu werden. Um dem vor­zu­beugen durch­schneide man das Netz mit dem Messer. Und weil die andere Hand viel­leicht die teure Kamera oder den noch wert­vol­leren Tauch­partner fest­halte, nehme man so ein Spring­messer, das mit einer Hand zu öffnen sei.

Weder die Ver­neh­mungs­be­amtin noch der Ver­neh­mungs­beamte wussten so recht, was sie von diesen Erklä­rungen halten sollten, zumal sich der angeb­liche Ter­rorist ein ver­schmitztes Lächeln nicht ver­kneifen konnte. Aber die Story klang plau­sibel. Worauf Beamtin und Beamter bei einer höheren Stelle anfragten, ob der Tat­ver­dächtige bereits etwas auf dem Kerbholz habe. Die Antwort kam relativ schnell – nein, das habe er nicht. Noch nicht einmal eine gewöhn­liche Mes­ser­ste­cherei an Land sei ihm anzu­lasten. Das konnte doch nicht sein!

„Jetzt freuen wir uns, dass uns endlich einmal ein Mann ins Netz ging, der einen wasch­echten deut­schen Pass besitzt, weil er vor 72 Jahren in Deutschland geboren wurde.“ Denn nor­ma­ler­weise seien unsere Mes­ser­männer der deut­schen Aus­drucks­weise weniger mächtig, haben dafür aber krause Haare auf dem Kopf, meistens einen Bart und dunkler Haut­farbe, nicht nur im Gesicht. Aber dieser Tat­ver­dächtige war ein Bleich­ge­sicht mit alters­be­dingt weniger Haaren aus­ge­stattet. Dass die Mes­ser­stecher-Sta­tistik so ein­seitig bleibe, werde die Sta­tis­tiker gar nicht freuen.

Bier ist Bier, Schnaps ist Schnaps, und Spring­messer seien inzwi­schen ver­boten – was auch nicht? Der Ter­ror­ver­dacht werde aber nicht auf­recht­erhalten, dennoch müsse man den Fall nach oben melden. Es werde ein Ver­fahren ein­ge­leitet, obwohl das vor­lie­gende Delikt nicht einmal in dem Fra­ge­bogen mit ca. 50 Punkten Straf­tat­be­ständen ent­halten war, die ange­kreuzt hätten werden können. Ein solches Spring­messer dürfe nicht mit­ge­führt werden, es sei jedoch nicht ver­boten, damit zu Hause Äpfel zu schälen.

Zu guter Letzt: Der Ter­ror­ver­däch­tigte erreichte noch auf den letzten Drücker seinen Flieger und dachte auf dem Flug über die Sache nach. Wie schön wäre es doch, diese ins­gesamt zwölf bisher mit dem Fall befassten und wohl noch weitere, die aus der Anzeige eine Strafe auf den Weg bringen und zustellen, würden auf Deutsch­lands Straßen Dienst tun dürfen. Sie waren alle recht freundlich, wirklich. Sie haben nicht auf den Ver­däch­tigen ein­ge­schlagen oder ihn gar mit dem Knie am Hals fixiert, wie die „Bullen“ typi­scher­weise dar­ge­stellt werden. Beamte vom Feinsten, jedoch am fal­schen Platz eingesetzt.

Der Ter­ror­ver­dächtige war der Autor dieser Glosse selbst auf dem Weg nach Thailand. Er wird sich dort ein neues Messer aus Edel­stahl kaufen müssen, weil ihm das Corpus Delicti abge­nommen wurde.

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