Sabine W.* (60) dachte nichts Schlimmes, als sie am 26. Oktober 2020 vom Hermann-Ehlers-Platz kommend in die Schlossstraße in Steglitz einbog. Dort wurde sie just von der Mitarbeiterin F.* des Ordnungsamtes angesprochen. Sabine trug keine Maske, obwohl in dieser Straße – am Anfang der Pandemie-Maßnahmen durchaus üblich – eine Maskenpflicht angeordnet war. Das vorläufiger Ende der Geschichte: Sabine W. muss ab dem 3. Februar, in den Knast: JVA Lichtenberg in der Alfredstraße.
Während Sabine erklärte, dass sie von einer Maskenpflicht nichts gelesen habe, kramte sie in ihrer Tasche, um eine OP-Maske hervorzusuchen und aufzusetzen. Frau F. vom Ordnungsamt herrschte sie währenddessen an, ob sie kein Fernsehen schaue, dort würden alle Maßnahmen besprochen und bekannt gegeben werden. Sabine wandte sich ab, da sie keine entsprechende Aufklärung erreicht hatte. Kaum hatte Sabine die Maske aufgesetzt und sich zum Weitergehen abgewendet, wurde sie von hinten gepackt und in einer nahestehenden Tür neben einer Bäckerei festgeklemmt. Ein Zeuge (Manfred T.*) bestätigt diesen Verlauf.
Nachdem die Personalien durch Polizeibeamte eines herbeigerufenen Mannschaftswagen aufgenommen worden waren, erhielt sie wenig später eine postalische Anhörung, die sie unter Angabe des Zeugen zurücksandte. Als Antwort erhielt sie darauf einen Bußgeldbescheid über 328,50 €. Auf telefonische Nachfrage beim Ordnungsamt, wie denn ein solcher Bußgeldbescheid berechnet werde, wurde ihr geantwortete, die Einstufung erfolge nach jeweiliger „Einsicht“ des Beschuldigten.
Anzeige wegen Verleumdung eingestellt
Zwischenzeitlich erhielt die mittlerweile verzweifelte Frau einen neuen Zahlungsbescheid: Sie sollte 329,50 € Lohnausfall für die Ordnungsamtsmitarbeiterin überweisen, weil sich diese bei ihrem Einsatz verletzt habe („Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches“). Nach ihrem Einspruch suchte sie den zuständigen Abschnitt der Polizei auf, um sich den für sie nicht nachvollziehbaren Hintergrund erklären zu lassen. Dort riet man ihr, das Ordnungsgeld zu überweisen, da sie sonst einen negativen Eintrag bei der SCHUFA (Schutzgemeinschaft für das Kreditwesen) erhalten würde. Daraufhin zahlte Sabine W. diesen Betrag „unter Vorbehalt“ an das BezA. Steglitz-Zehlendorf, um weiteren Nachteilen zu entgehen. Gleichzeitig zeigte sie die Ordnungsamtsmitarbeiterin wegen Verleumdung an. Das Verfahren wurde allerdings wenig später eingestellt.
Geraume Zeit später, zwischen Weihnachten und Neujahr 2021 wurde Sabine W. mitgeteilt, sie habe einen Rechnungsbetrag über 2.800 € nicht gezahlt. Nach eingeholter Auskunft beim zuständigen Gericht sollte es sich dabei um ein Vollstreckungsverfahren handeln. Die Steglitzerin wies darauf hin, nie einen Strafbefehl (angeblich durch die PIN-Post) erhalten zu haben. In ihrer Not und auch Empörung suchte Sabine die Hilfe einer Anwältin (Name liegt der Redaktion vor). Diese konnte Sabine allerdings nicht helfen, lediglich die Akte konnte sie beschaffen und ihrer Mandantin zur Einsicht vorlegen. Nach deren Inhalt sollte Sabine der Ordnungskraft so zugesetzt haben, dass diese sich arbeitsunfähig schreiben lassen musste. In der Akte war allerdings bei Frau F. die Spalte „arbeitsfähig“ angekreuzt x.
Sabine W. wies vorsorglich darauf hin, dass sie nicht bereit sei, der Zahlungsaufforderung durch das Vollstreckungsverfahren nachzukommen, das zudem für sie nur durch eine Mahnung bekannt geworden war. Die Steglitzerin beantragte zusätzlich den „Verzicht auf Vollstreckung“, dem die Staatsanwaltschaft allerdings nicht nachkam. Es kam nie zu einer von Sabine W. angestrebten Verhandlung in der Sache.
Zugedachte Strafe durch Inhaftierung ausgleichen
In einem folgenden Schreiben teilte im Januar 2022 eine Abteilung „Soziale Dienste der Justiz“ mit, dass Frau W. die auferlegte Geldstrafe durch „freie Arbeit“ ableisten könne. Sabine W. lehnte auch dieses Ansinnen ab: „Arbeit macht frei“ hatten wir schon einmal, erwiderte die empörte Frau.
Vor vierzehn Tagen erhielt Sabine W. nun die ultimative Aufforderung, den Strafbefehl zu bezahlen oder aber – nach 14 Tagen Verzug – sich spätestens zum 3. Februar vor den Toren des Strafvollzuges in der JVA Lichtenberg einzufinden. Dort könne sie anstelle der ausstehenden Zahlung ihre zugedachte Strafe durch Inhaftierung ausgleichen. Sollte Sabine nicht erscheinen, würde ein Haftbefehl erwirkt und vollstreckt werden.
* Namen der Redaktion bekannt.
Kommentar
Gestern erklärte Bundesgesundheitsminister Lauterbach einer erstaunten TV-Zuschauerschaft, nicht alle Maßnahmen der Behörden während der CORONA-Pandemie seien richtig, sondern eher falsch gewesen. Dies müsse man im Nachhinein feststellen und für die Zukunft vermeiden.
Der Beitrag erschien bei Hohenecker Bote.
Erstveröffentlichung auf dem Blog von David Berger www.philosophia-perennis.com
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.