Bundeskanzler Olaf Scholz hat’s nicht leicht. Nicht nur, dass er ein durch die katastrophale Corona-Politik gespaltenes, krankes und wirtschaftlich gebeuteltes Deutschland übernahm. Er legte sich auch noch mit den Grünen und ihrer woken Selbstzerstörungs-Agenda ins Bett, um an die Macht zu kommen. Umfragen zu seiner Ampelregierung sind eine Katastrophe. Washington setzt ihm die Pistole auf die Brust, Deutschland im Krieg für den Erhalt der Vormachtstellung Amerikas zu verheizen. Da will er endlich mal ohne Sperrfeuer auf großer Bühne punkten. Dazu kaufte er sich für seinen Auftritt auf der „re:publica“ eine beliebte Fernsehfrau als Interviewer ein — und vermasselte alles.
Der Auftritt im Sommer des letzten Jahres auf der „re:publica“, Europas größter Digitalkonferenz, wurde dennoch nicht zum Gewinn für ihn. Seine Rede und das anschließende Gespräch wurden durchweg nicht gut aufgenommen. Die Wirtschaftswoche ätzte schon im Antexter ihres Berichtes: „Olaf Scholz’ Rede auf der Digitalmesse Re:publica war hart an der Grenze zur Respektlosigkeit. Über einen äußerst analogen Auftritt des Bundeskanzlers.“
Eigentlich, so das Wirtschaftsblatt, sollte der Auftritt des Regierungschefs die Digitalkonferenz mit Regierungsglanz aufwerten und dem digitalbegeisterten Publikum zeigen, wie wundervoll und reibungslos alles mit dem rasant sich entwickelnden Digitalzeitalter werden wird. Aber: Bauchklatscher! — möchte man da sagen, denn schon bei der ersten Frage, in dem Gespräch nach seiner Rede, wann denn man denn „nun endlich den Digitalausweis beantragen könne“ witzelte der Kanzler: „Das möchte ich Ihnen nicht so genau sagen, weil ich die Abläufe der Deutschen Verwaltung kenne.“ Das müsse halt erst einmal in den 11.700 Gemeinden Deutschlands durchdiskutiert werden. Nicht witzig, befand das Publikum.
Die Wirtschaftswoche bewertete die Einlassungen des Kanzlers überhaupt als „inhaltsleer“ und geradezu „respektlos gegenüber der digitalpolitischen Debatte“. Nicht nur, dass er offensichtlich nichts von Digitalpolitik versteht und gerade als Kanzler in einer Zeit der Digitalisierung mit Ahnungslosigkeit brilliert. Nein, er gibt einem Thema breiten Raum, das aber gar nicht Gegenstand der Konferenz ist: Er schwadroniert über den Ukrainekrieg. Die Wirtschaftswoche:
„Über Solidarität und Zusammenarbeit der Staaten. Mit der Zukunft des Digitalen hat das wenig bis nichts zu tun, Scholz hätte solche Sätze auch bei jedem beliebigen SPD-Ortsverein sagen können.“
Und die Wirtschaftswoche nörgelt weiter:
„Geht es anschließend dann doch irgendwann einmal um dieses Internet, findet der Kanzler ein analoges Beispiel nach dem anderen. Mal vergleicht er die Gesetzgebung für große Internetkonzerne mit dem deutschen Mieterschutz, mal spricht er über privat betriebene Straßen, um über den Breitbandausbau zu argumentieren. Hätten diese Beispiele eine konkrete Pointe gehabt, wären sie in Ordnung gewesen. Stattdessen aber münden sie in Plattitüden, die der Kanzler, mit Verlaub, auch auf einer Re:publica vor zehn Jahren schon hätte äußern können.“
Seine Rede berührte immerhin einige Aspekte und Probleme der digitalen Welt. Klar, dafür hat man ja seine Redenschreiber. Man merkt aber, dass er seine Rede nur mal so durchgelesen hat, denn der neue Begriff „Splinternet“ ist ihm nicht geläufig, und er verhaspelt sich daran. (Splinternet aus englisch „to split“ = spalten und „Internet“, also das Phänomen der Verschärfung der Spaltung der Gesellschaft durch den Marktplatz der teils aggressiv vorgetragenen Meinungen im Netz.)
Des Bundeskanzlers Redenschreiber spult dann das Arsenal der Plattitüden über die Gefahren der Digitalisierung ab, die wahrscheinlich auch jeder im Publikum längst sattsam kennt. Die meisten davon hätten wohl aus dem Stehgreif einen qualifizierteren Vortrag zu den Themen halten können. Aber wozu bezahlt man denn mit seinen Steuergeldern sogenannte Recherchenetzwerke, wie das rnd? Dieses schreibt dienstbeflissen:
„Immer häufiger werden digitale Technologien als geopolitisches Machtinstrument missbraucht, teils auch gezielt für Desinformationskampagnen“, warnte Scholz. Dazu kämen Cyberangriffe durch Staaten oder kriminelle Organisationen. „Darauf werden wir uns besser einstellen“, kündigte Scholz an. Etwas stolperte Scholz über das Wort „Splinternet“ in seiner Rede, der Abschottung des Netzes durch Zensur und Überwachung wie in China und Russland. „Eine offene und demokratische Debatte ist immer noch die stärkste Verteidigung, die wir zustande bringen können“, betonte Scholz.“
Na, wunderbar. Dann sind wir also nicht nur verteidigungslos was unsere Bundeswehr betrifft, sondern auch, was die offene und demokratische Debatte betrifft. Dieser Satz von Herrn Bundeskanzler ist reiner Hohn in den Ohren derer, die ihre Youtube-Kanäle gelöscht bekamen, weil sie impfkritische Fakten posteten und Wissenschaftler zu Wort kommen ließen, deren Behauptungen heute als Fakten anerkannt werden mussten. Wer sich nicht impfen lassen wollte, war eine asoziale Virenschleuder, ja ein Massenmörder. Impfschäden waren Verschwörungstheorien. Wir sind nur durch eine Bundestagsabstimmung gegen eine Impfpflicht (vorerst) davongekommen. Und trotz der immer bekannter werdenden Impfschäden und dem Übersterblichkeits-Todeszoll seit Impfbeginn, schlägt die SPD jetzt mit Lars Brocker noch einen dezidierten Impfpflicht-Verfechter als Richter am Bundesverfassungsgericht vor. Unfassbar.
Jeder Einwand, dass Moskaus Standpunkte nicht gehört werden, obwohl auch diese ihre Berechtigung haben, führt zu Löschungen von Posts, Accounts und Kanälen. Nein, Herr Bundeskanzler Scholz, sie stehen ganz und gar nicht für eine offene, demokratische Debattenkultur.
Die Wirtschaftswoche bietet ein sehr nüchternes Fazit der Kanzlerrede:
„Bundeskanzlerin Angela Merkel erntete einst viel Spott für ihren Ausdruck, das Internet sei für Viele ‚Neuland‘ – wenigstens wirkte sie bei Digitalevents meist so, als hätte sie sich hin und wieder mit der Materie beschäftigt. Sogar gemessen an diesem niedrigen Standard enttäuschte Scholz. Die Re:publica kann auf Reden wie diese jedenfalls gut verzichten.“
Noch offensichtlicher wurde die kritiklose Kuscheldarstellung des Kanzlers in dem daran anschließenden Wohlfühlgespräch mit Linda Zervakis. Sogar beim rnd (Redaktionsnetzwerk Deutschland) kommt da etwas Unwohlsein auf (im oben eingebetteten Video ab Minute 18:19):
Beim anschließenden Gespräch mit Moderatorin Linda Zervakis wurde Scholz eher geschont – „wir wollen hier ja auch gute Stimmung verbreiten“, meinte Zervakis.
Frau Linda Zervakis, ehemals Sprecherin der Tagesschau der ARD ist heute Nachrichtensprecherin und Moderatorin bei ProSieben. Ihre über Charme und Höflichkeit deutlich hinausgehende Schonung des Gesprächspartners Olaf Scholz, verwunderte allgemein. Die linke TAZ hatte den Mumm, das zu tun, was eigentlich einmal die Domäne des Spiegels war, der vor langer Zeit – die Älteren von uns mögen sich erinnern — als das „Sturmgeschütz der Demokratie“ gefeiert wurde. Die TAZ witterte Bezahlung hinter der allzu zahmen und liebevollen Behandlung durch Frau Zervakis und bohrte nach. Es dauerte, aber am 27. Januar 2023 konnte das (sehr oft ausgesprochen lesenswerte!) Blatt den Verdacht belegen:
„Scholz hat sich die Interviewerin selbst mitgebracht. Wie taz-Recherchen ergeben, wurde Moderatorin Zervakis vom Kanzleramt ausgesucht und engagiert, nicht vom Veranstalter. Kommuniziert wurde das nicht. Es sollte aussehen wie ein Gespräch mit einer unabhängigen Moderatorin. (…) Anhand von internen Unterlagen aus dem Kanzleramt, die die taz mit Hilfe des Informationsfreiheitsgesetzes erlangt hat, und Gesprächen mit Insidern, lässt sich die PR-Aktion nachzeichnen.“
Was die TAZ ausgräbt, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Art, wie Politik und Medien und Verbände arbeiten. Kurz: Politik und Meinungsmache arbeiten Hand in Hand und dabei wäscht die ein auch die andere. Denn bei allen Möglichkeiten, die die TAZ auch einsetzte, wieviel, wann und wie das Geld geflossen war für diesen (danebengegangenen) PR-Auftritt des Kanzlers auf der re:publica, konnte nicht wirklich aufgeklärt werden. Nicht, dass man Frau Zervakis das nicht gönnen würde, aber es sollte offengelegt werden, und man muss es einordnen können. Es war eben eine bezahlte PR-Aktion. Kanzler Scholz hat die ganze Aktion versemmelt und sollte daher seinen Auftritt aus eigener Tasche zahlen.
Hier eine kurze Zusammenfassung der Rechercheergebnisse der TAZ (was macht eigentlich das für Recherchearbeiten steuerfinanzierte RedaktionsNetzwerkDeutschland „rnd“?):
Der Organisator der re:publica, Markus Beckedahl schickt im Dezember 2021 einen Brief an das Büro des Kanzlers. Auch Ex-Kanzler Dr. Angela Merkel hat solche Einladungen bekommen, kam aber nie. Herr Beckedahl fragte an, ob der Kanzler eine Rede zum „Stand der Digitalisierung in Deutschland“ halten wolle. Im Kanzleramt sah man darin die Chance für den angeschlagenen Kanzler (Cum-Ex-Skandal mit Erinnerungslücken, Ukraine-Krieg, Covid-Pandemie und Lockdowns, wirtschaftlicher Niedergang und die diversen „Wummse“, Energiepreise, Inflation, Lieferschwierigkeiten …). Scholz könne auf „dieser gut besuchten und anerkannten Konferenz“ auf einem weniger verminten Themengebiet die „digitalpolitischen Ziele der Bundesregierung präsentieren“. Allerdings wären die Erwartungen an den Auftritt sehr hoch. Zu hoch, wie es scheint.
Dabei schwante der Leiterin des Referats „Grundsatzfragen der Digitalpolitik“ wohl schon, dass die Aktion nach hinten losgehen könnte. „Unscharfe Formulierungen“ – vulgo: ahnungsloser Politiker-Dummfug – könnte anschließend viral gehen. Man sagte zu, aber unter der Bedingung, dass das Kanzleramt entscheidet und organisiert, wer das Gespräch mit Kanzler Scholz führt. Das ist sehr ungewöhnlich. Die Konferenzorganisatoren hatten aber den Kanzler-Auftritt schon fest eingeplant und akzeptierten.
Die TAZ ist ziemlich befremdet von diesem Ablauf:
Am 19. Mai 2022 fragt die zuständige Referentin im Bundeskanzleramt bei Zervakis’ Management an, ob sie das Gespräch auf der Republica moderieren wolle. „Die inhaltliche Vorbereitung mit Ihnen würden wir natürlich eng begleiten“, heißt es in der Mail. Zervakis hat Interesse, ihr Management schickt ein „Angebot“, das Kanzleramt sagt zu. Unklar ist, was Zervakis für die Moderation bekommen hat. Kann Linda Zervakis eine vom Kanzleramt bezahlte Moderation mit ihrer journalistischen Unabhängigkeit vereinbaren und beim nächsten Mal wieder den Kanzler im TV interviewen, als sei nichts gewesen? Und wieso wurde die Sache nicht zumindest transparent kommuniziert? Zervakis will nicht mit der taz sprechen. Ihr Manager beantwortet die meisten Fragen nicht. Zervakis habe für die Moderation kein Honorar erhalten, schreibt er. Das Bundeskanzleramt habe „lediglich die Frau Zervakis im Zusammenhang mit der Teilnahme entstehenden Kosten erstattet“. Was für Kosten das in welcher Höhe waren, will er nicht sagen.
Warum Geheimnisse, wenn doch alles mit rechten Dingen zugeht, fragt die TAZ. Aber auch das Bundespresseamt beantwortet die Anfrage nicht.
Zwei Wochen nach Scholz’ Auftritt auf der Republica schickt eine Mitarbeiterin von Zervakis’ Management per E‑Mail eine Rechnung an die „Liebe Franziska“ im Bundeskanzleramt. „Ich habe bisher nur Positives über das Gespräch gehört“, schreibt sie „und hoffe, das ist bei euch ebenfalls der Fall gewesen“.
Hmmm … wo haben die denn das gehört oder gelesen? Sogar dem regierungsfinanzierten und stets diensteifrigen „rnd“ stieß die allzu wohlwollende Gesprächsführung der Dame Linda Zervakis sauer auf.
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