Bild Fotomontage, Bildquellen: Screenshot Youtube der Konferenz re:publica, Olaf Scholz, Bundesregierung/photothek.net/Thomas Köhler & Thomas Imo, Seifenblasen: pixabay,

re:publica 2022: Bühne frei für Olaf Scholz – gekaufte PR, alles ver­patzt und auch noch auf­ge­flogen damit (+Video)

Bun­des­kanzler Olaf Scholz hat’s nicht leicht. Nicht nur, dass er ein durch die kata­stro­phale Corona-Politik gespal­tenes, krankes und wirt­schaftlich gebeu­teltes Deutschland übernahm. Er legte sich auch noch mit den Grünen und ihrer woken Selbst­zer­stö­rungs-Agenda ins Bett, um an die Macht zu kommen. Umfragen zu seiner Ampel­re­gierung sind eine Kata­strophe. Washington setzt ihm die Pistole auf die Brust, Deutschland im Krieg für den Erhalt der Vor­macht­stellung Ame­rikas zu ver­heizen. Da will er endlich mal ohne Sperr­feuer auf großer Bühne punkten. Dazu kaufte er sich für seinen Auf­tritt auf derre:publica“ eine beliebte Fern­sehfrau als Inter­viewer ein — und ver­mas­selte alles.

Der Auf­tritt im Sommer des letzten Jahres auf der „re:publica“, Europas größter Digi­tal­kon­ferenz, wurde dennoch nicht zum Gewinn für ihn. Seine Rede und das anschlie­ßende Gespräch wurden durchweg nicht gut auf­ge­nommen. Die Wirt­schafts­woche ätzte schon im Antexter ihres Berichtes: „Olaf Scholz’ Rede auf der Digi­tal­messe Re:publica war hart an der Grenze zur Respekt­lo­sigkeit. Über einen äußerst ana­logen Auf­tritt des Bundeskanzlers.“

Eigentlich, so das Wirt­schafts­blatt, sollte der Auf­tritt des Regie­rungs­chefs die Digi­tal­kon­ferenz mit Regie­rungs­glanz auf­werten und dem digi­tal­be­geis­terten Publikum zeigen, wie wun­dervoll und rei­bungslos alles mit dem rasant sich ent­wi­ckelnden Digi­tal­zeit­alter werden wird. Aber: Bauch­klat­scher! — möchte man da sagen, denn schon bei der ersten Frage, in dem Gespräch nach seiner Rede, wann denn man denn „nun endlich den Digi­tal­ausweis bean­tragen könne“ wit­zelte der Kanzler: „Das möchte ich Ihnen nicht so genau sagen, weil ich die Abläufe der Deut­schen Ver­waltung kenne.“ Das müsse halt erst einmal in den 11.700 Gemeinden Deutsch­lands durch­dis­ku­tiert werden. Nicht witzig, befand das Publikum.

Die Wirt­schafts­woche bewertete die Ein­las­sungen des Kanzlers über­haupt als „inhaltsleer“ und geradezu „respektlos gegenüber der digi­tal­po­li­ti­schen Debatte“. Nicht nur, dass er offen­sichtlich nichts von Digi­tal­po­litik ver­steht und gerade als Kanzler in einer Zeit der Digi­ta­li­sierung mit Ahnungs­lo­sigkeit bril­liert. Nein, er gibt einem Thema breiten Raum, das aber gar nicht Gegen­stand der Kon­ferenz ist: Er schwa­dro­niert über den Ukrai­ne­krieg. Die Wirtschaftswoche:

„Über Soli­da­rität und Zusam­men­arbeit der Staaten. Mit der Zukunft des Digi­talen hat das wenig bis nichts zu tun, Scholz hätte solche Sätze auch bei jedem belie­bigen SPD-Orts­verein sagen können.“

Und die Wirt­schafts­woche nörgelt weiter:

„Geht es anschließend dann doch irgendwann einmal um dieses Internet, findet der Kanzler ein ana­loges Bei­spiel nach dem anderen. Mal ver­gleicht er die Gesetz­gebung für große Inter­net­kon­zerne mit dem deut­schen Mie­ter­schutz, mal spricht er über privat betriebene Straßen, um über den Breit­band­ausbau zu argu­men­tieren. Hätten diese Bei­spiele eine kon­krete Pointe gehabt, wären sie in Ordnung gewesen. Statt­dessen aber münden sie in Plat­ti­tüden, die der Kanzler, mit Verlaub, auch auf einer Re:publica vor zehn Jahren schon hätte äußern können.“

Seine Rede berührte immerhin einige Aspekte und Pro­bleme der digi­talen Welt. Klar, dafür hat man ja seine Reden­schreiber. Man merkt aber, dass er seine Rede nur mal so durch­ge­lesen hat, denn der neue Begriff „Splin­ternet“ ist ihm nicht geläufig, und er ver­haspelt sich daran. (Splin­ternet aus eng­lisch „to split“ = spalten und „Internet“, also das Phä­nomen der Ver­schärfung der Spaltung der Gesell­schaft durch den Markt­platz der teils aggressiv vor­ge­tra­genen Mei­nungen im Netz.)

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Des Bun­des­kanzlers Reden­schreiber spult dann das Arsenal der Plat­ti­tüden über die Gefahren der Digi­ta­li­sierung ab, die wahr­scheinlich auch jeder im Publikum längst sattsam kennt. Die meisten davon hätten wohl aus dem Steh­greif einen qua­li­fi­zier­teren Vortrag zu den Themen halten können. Aber wozu bezahlt man denn mit seinen Steu­er­geldern soge­nannte Recher­chen­etz­werke, wie das rnd? Dieses schreibt dienstbeflissen:

„Immer häu­figer werden digitale Tech­no­logien als geo­po­li­ti­sches Macht­in­strument miss­braucht, teils auch gezielt für Des­in­for­ma­ti­ons­kam­pagnen“, warnte Scholz. Dazu kämen Cyber­an­griffe durch Staaten oder kri­mi­nelle Orga­ni­sa­tionen. „Darauf werden wir uns besser ein­stellen“, kün­digte Scholz an. Etwas stol­perte Scholz über das Wort „Splin­ternet“ in seiner Rede, der Abschottung des Netzes durch Zensur und Über­wa­chung wie in China und Russland. „Eine offene und demo­kra­tische Debatte ist immer noch die stärkste Ver­tei­digung, die wir zustande bringen können“, betonte Scholz.“

Na, wun­derbar. Dann sind wir also nicht nur ver­tei­di­gungslos was unsere Bun­deswehr betrifft, sondern auch, was die offene und demo­kra­tische Debatte betrifft. Dieser Satz von Herrn Bun­des­kanzler ist reiner Hohn in den Ohren derer, die ihre Youtube-Kanäle gelöscht bekamen, weil sie impf­kri­tische Fakten pos­teten und Wis­sen­schaftler zu Wort kommen ließen, deren Behaup­tungen heute als Fakten aner­kannt werden mussten. Wer sich nicht impfen lassen wollte, war eine aso­ziale Viren­schleuder, ja ein Mas­sen­mörder. Impf­schäden waren Ver­schwö­rungs­theorien. Wir sind nur durch eine Bun­des­tags­ab­stimmung gegen eine Impf­pflicht (vorerst) davon­ge­kommen. Und trotz der immer bekannter wer­denden Impf­schäden und dem Über­sterb­lich­keits-Todeszoll seit Impf­beginn, schlägt die SPD jetzt mit Lars Brocker noch einen dezi­dierten Impf­pflicht-Ver­fechter als Richter am Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt vor. Unfassbar.

Jeder Einwand, dass Moskaus Stand­punkte nicht gehört werden, obwohl auch diese ihre Berech­tigung haben, führt zu Löschungen von Posts, Accounts und Kanälen. Nein, Herr Bun­des­kanzler Scholz, sie stehen ganz und gar nicht für eine offene, demo­kra­tische Debattenkultur.

Die Wirt­schafts­woche bietet ein sehr nüch­ternes Fazit der Kanz­lerrede:

„Bun­des­kanz­lerin Angela Merkel erntete einst viel Spott für ihren Aus­druck, das Internet sei für Viele ‚Neuland‘ – wenigstens wirkte sie bei Digi­tale­vents meist so, als hätte sie sich hin und wieder mit der Materie beschäftigt. Sogar gemessen an diesem nied­rigen Standard ent­täuschte Scholz. Die Re:publica kann auf Reden wie diese jeden­falls gut verzichten.“

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Noch offen­sicht­licher wurde die kri­tiklose Kuschel­dar­stellung des Kanzlers in dem daran anschlie­ßenden Wohl­fühl­ge­spräch mit Linda Zer­vakis. Sogar beim rnd (Redak­ti­ons­netzwerk Deutschland) kommt da etwas Unwohlsein auf (im oben ein­ge­bet­teten Video ab Minute 18:19):

Beim anschlie­ßenden Gespräch mit Mode­ra­torin Linda Zer­vakis wurde Scholz eher geschont – „wir wollen hier ja auch gute Stimmung ver­breiten“, meinte Zervakis.

Frau Linda Zer­vakis, ehemals Spre­cherin der Tages­schau der ARD ist heute Nach­rich­ten­spre­cherin und Mode­ra­torin bei Pro­Sieben. Ihre über Charme und Höf­lichkeit deutlich hin­aus­ge­hende Schonung des Gesprächs­partners Olaf Scholz, ver­wun­derte all­gemein. Die linke TAZ hatte den Mumm, das zu tun, was eigentlich einmal die Domäne des Spiegels war, der vor langer Zeit – die Älteren von uns mögen sich erinnern — als das „Sturm­ge­schütz der Demo­kratie“ gefeiert wurde. Die TAZ wit­terte Bezahlung hinter der allzu zahmen und lie­be­vollen Behandlung durch Frau Zer­vakis und bohrte nach. Es dauerte, aber am 27. Januar 2023 konnte das (sehr oft aus­ge­sprochen lesens­werte!) Blatt den Ver­dacht belegen:

„Scholz hat sich die Inter­viewerin selbst mit­ge­bracht. Wie taz-Recherchen ergeben, wurde Mode­ra­torin Zer­vakis vom Kanz­leramt aus­ge­sucht und enga­giert, nicht vom Ver­an­stalter. Kom­mu­ni­ziert wurde das nicht. Es sollte aus­sehen wie ein Gespräch mit einer unab­hän­gigen Mode­ra­torin. (…) Anhand von internen Unter­lagen aus dem Kanz­leramt, die die taz mit Hilfe des Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setzes erlangt hat, und Gesprächen mit Insidern, lässt sich die PR-Aktion nach­zeichnen.“ 

Was die TAZ aus­gräbt, wirft ein bezeich­nendes Licht auf die Art, wie Politik und Medien und Ver­bände arbeiten. Kurz: Politik und Mei­nungs­mache arbeiten Hand in Hand und dabei wäscht die ein auch die andere. Denn bei allen Mög­lich­keiten, die die TAZ auch ein­setzte, wieviel, wann und wie das Geld geflossen war für diesen (dane­ben­ge­gan­genen) PR-Auf­tritt des Kanzlers auf der re:publica, konnte nicht wirklich auf­ge­klärt werden. Nicht, dass man Frau Zer­vakis das nicht gönnen würde, aber es sollte offen­gelegt werden, und man muss es ein­ordnen können. Es war eben eine bezahlte PR-Aktion. Kanzler Scholz hat die ganze Aktion ver­semmelt und sollte daher seinen Auf­tritt aus eigener Tasche zahlen.

Hier eine kurze Zusam­men­fassung der Recher­che­er­geb­nisse der TAZ (was macht eigentlich das für Recher­che­ar­beiten steu­er­fi­nan­zierte Redak­ti­ons­Netz­werk­Deutschland „rnd“?):

Der Orga­ni­sator der re:publica, Markus Beckedahl schickt im Dezember 2021 einen Brief an das Büro des Kanzlers. Auch Ex-Kanzler Dr. Angela Merkel hat solche Ein­la­dungen bekommen, kam aber nie. Herr Beckedahl fragte an, ob der Kanzler eine Rede zum „Stand der Digi­ta­li­sierung in Deutschland“ halten wolle. Im Kanz­leramt sah man darin die Chance für den ange­schla­genen Kanzler (Cum-Ex-Skandal mit Erin­ne­rungs­lücken, Ukraine-Krieg, Covid-Pan­demie und Lock­downs, wirt­schaft­licher Nie­dergang und die diversen „Wummse“, Ener­gie­preise, Inflation, Lie­fer­schwie­rig­keiten …). Scholz könne auf „dieser gut besuchten und aner­kannten Kon­ferenz“ auf einem weniger ver­minten The­men­gebiet die „digi­tal­po­li­ti­schen Ziele der Bun­des­re­gierung prä­sen­tieren“. Aller­dings wären die Erwar­tungen an den Auf­tritt sehr hoch. Zu hoch, wie es scheint.

Dabei schwante der Lei­terin des Referats „Grund­satz­fragen der Digi­tal­po­litik“ wohl schon, dass die Aktion nach hinten los­gehen könnte. „Unscharfe For­mu­lie­rungen“ – vulgo: ahnungs­loser Poli­tiker-Dummfug – könnte anschließend viral gehen. Man sagte zu, aber unter der Bedingung, dass das Kanz­leramt ent­scheidet und orga­ni­siert, wer das Gespräch mit Kanzler Scholz führt. Das ist sehr unge­wöhnlich. Die Kon­fe­renz­or­ga­ni­sa­toren hatten aber den Kanzler-Auf­tritt schon fest ein­ge­plant und akzeptierten.

Die TAZ ist ziemlich befremdet von diesem Ablauf:

Am 19. Mai 2022 fragt die zuständige Refe­rentin im Bun­des­kanz­leramt bei Zer­vakis’ Management an, ob sie das Gespräch auf der Repu­blica mode­rieren wolle. „Die inhalt­liche Vor­be­reitung mit Ihnen würden wir natürlich eng begleiten“, heißt es in der Mail. Zer­vakis hat Interesse, ihr Management schickt ein „Angebot“, das Kanz­leramt sagt zu. Unklar ist, was Zer­vakis für die Mode­ration bekommen hat. Kann Linda Zer­vakis eine vom Kanz­leramt bezahlte Mode­ration mit ihrer jour­na­lis­ti­schen Unab­hän­gigkeit ver­ein­baren und beim nächsten Mal wieder den Kanzler im TV inter­viewen, als sei nichts gewesen? Und wieso wurde die Sache nicht zumindest trans­parent kom­mu­ni­ziert? Zer­vakis will nicht mit der taz sprechen. Ihr Manager beant­wortet die meisten Fragen nicht. Zer­vakis habe für die Mode­ration kein Honorar erhalten, schreibt er. Das Bun­des­kanz­leramt habe „lediglich die Frau Zer­vakis im Zusam­menhang mit der Teil­nahme ent­ste­henden Kosten erstattet“. Was für Kosten das in welcher Höhe waren, will er nicht sagen. 

Warum Geheim­nisse, wenn doch alles mit rechten Dingen zugeht, fragt die TAZ. Aber auch das Bun­des­pres­seamt beant­wortet die Anfrage nicht.

Zwei Wochen nach Scholz’ Auf­tritt auf der Repu­blica schickt eine Mit­ar­bei­terin von Zer­vakis’ Management per E‑Mail eine Rechnung an die „Liebe Fran­ziska“ im Bun­des­kanz­leramt. „Ich habe bisher nur Posi­tives über das Gespräch gehört“, schreibt sie „und hoffe, das ist bei euch eben­falls der Fall gewesen“.

Hmmm …  wo haben die denn das gehört oder gelesen? Sogar dem regie­rungs­fi­nan­zierten und stets dienst­eif­rigen „rnd“ stieß die allzu wohl­wol­lende Gesprächs­führung der Dame Linda Zer­vakis sauer auf.