Von Rainer Lück 1RL.de - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0 de, Link

Wieder ein Bruch des Grund­ge­setzes: AfD-naher Stiftung wurden jah­relang zu Unrecht Gelder verweigert

660 Mil­lionen Euro erhielten die sechs par­tei­nahen Stif­tungen im Jahr 2019 aus dem Bun­des­haushalt, wie es so üblich ist. Nur eine ging leer aus: Die der AfD. Der Bun­destag ver­wei­gerte die gebo­tenen Zuschüsse ohne jede Begründung. Das sei eine Grund­ge­setz­ver­letzung, befand das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt — und bestä­tigte damit die ein­ge­reichte Organ­klage des AfD. Aller­dings ordnete das Gericht keine Nach­zahlung der Zuschüsse an.

Jede der grö­ßeren Par­tei­stif­tungen, die im Bun­destag ver­treten sind, erhält einmal im Jahr einen Zuschuss aus dem Bun­des­haushalt. Die Konrad-Ade­nauer-Stiftung ist poli­tisch in der Nähe der CDU ange­siedelt, die Hanns-Seidel-Stiftung bei der CSU, die Friedrich-Naumann-Stiftung bewegt sich im Umfeld der FDP, die Friedrich-Ebert-Stiftung ist der Begleiter der SPD und die Rosa-Luxemburg-Stiftung ist natürlich der Partei der Linken zuge­ordnet. Auch die Grünen sind mit einer Stiftung ver­bandelt, der Heinrich-Böll-Stiftung und die AfD die Desi­derius-Erasmus-Stiftung. Alle bekamen sie ihre Mil­li­önchen, nur eine nicht: die AfD. Wen wundert’s.

Die Gelder gehen in ver­schiedene Pro­jekte. Sti­pen­diaten werden unter­stützt und wechseln nach dem Studium meist erst einmal für eine erste Anstellung in die Par­tei­arbeit. Einiges fließt auch in zivil­ge­sell­schaft­liche Aus­lands­pro­jekte. Etwa 130 Mil­lionen wurden den Stif­tungen für „Glo­bal­zu­schüsse“ gegeben. Das sind alle mög­lichen Ver­wen­dungs­zwecke, wie Bera­ter­firmen, poli­tische oder gesell­schaft­liche For­schungen oder poli­tische Bildung, Druckerzeug­nisse, Ver­an­stal­tungen etc.

2019 hatte die AfD, wie alle anderen Par­teien auch, Zuschüsse für die Desi­derius-Erasmus-Stiftung (DES) bean­tragt. Vor­sit­zende dieser Stiftung ist Erika Steinbach. Die Dame war immer stark in der Ver­trie­benen-Frage enga­giert und war 30 Jahre lang CDU-Bun­des­tags­ab­ge­ordnete. 2022 trat sie in die AfD ein.

Der Bun­destag igno­rierte die DES-Stiftung einfach per­manent. Jedes Jahr wurden die Zuschüsse aus­schließlich für die AfD-nahe Orga­ni­sation ver­weigert. Die erste  Antrags­ab­lehnung der AfD ver­brämte man damit, dass die AfD mög­li­cher­weise nur eine vor­über­ge­hende Kraft im Bun­destag ist und bei der nächsten Wahl wieder ver­schwinde. Doch als die AfD auch bei der nächsten Bun­des­tagswahl wieder eine statt­liche Anzahl Sitze eroberte, fand man fix eine andere Lösung: Plötzlich sollten par­teinahe Stif­tungen nur dann bezu­schusst werden, wenn es keine Zweifel an ihrer Ver­fas­sungs­treue gibt. Damit war aber nicht die Linke und ihr extremer Antifa-Flügel gemeint, auch nicht die kriegs­trei­be­ri­schen Grünen mit ihren Kli­ma­ter­ro­risten, sondern natürlich die AfD.

Dass das Ver­fas­sungs­ge­richt nun auf die Klage der AfD hin fest­stellen muss, dass es der ach-so-ver­fas­sungs­treue Bun­destag ist, der die Ver­fassung bricht, indem er einfach ohne weitere Begründung einer Par­tei­stiftung die Zuschüsse ver­weigert, hin­ter­lässt einen sehr schlechten Nach­ge­schmack. Denn damit sind eigentlich die eta­blierten Par­teien allesamt nicht ver­fas­sungstreu und wollten das „Schmud­delkind“ AfD einfach nicht an die Fleisch­töpfe lassen.

Die AfD wie­derum hat geschlafen und wird wahr­scheinlich wieder in die Röhre gucken. Denn ver­handelt wurde vor dem Karls­ruher Gericht aus­schließlich das Jahr 2019. Die Frist, auch die Zuschüsse für die Jahre 2020 und 2021 ein­zu­klagen, hatte die AfD schlicht verpennt.

Und auch für die Zuschüsse für 2022 stellte die Partei den Antrag erst zwei Wochen vor der münd­lichen Ver­handlung zum Jahr 2019, die Ende Oktober stattfand. Daher wurde das Ver­fahren abge­trennt und muss extra ange­setzt werden. Grund: Die Bun­des­re­gierung habe sich aus Zeit­mangel nicht genügend vor­be­reiten können. Daher konnte auch nicht klar­ge­stellt werden, ob eine plötzlich und will­kürlich gefor­derte Prüfung der Ver­fas­sungs­treue der AfD über­haupt so zulässig war.

Denn eine solche „Wür­dig­keits­prüfung“ ist über­haupt nicht im Gesetz vor­ge­sehen, und es haftet ihr daher der Ruch der Will­kür­lichkeit an – und dass der wahre Grund der ist, dass man der ver­hassten AfD keinen Euro gönnen will.

Doch es bedarf einer gesetz­lichen Grundlage, die klare Regeln für alle auf­stellt, unter welchen Bedin­gungen eine Bezu­schussung der Par­tei­en­stiftung ver­weigert werden kann. Und das Karls­ruher Gericht konnte nicht umhin fest­zu­stellen, dass die Ver­wei­gerung der Finanz­hilfe für eine bestimmte par­teinahe Stiftung ein rechts­widriger Ein­griff in die Rechte der Partei AfD als solche ist und die ver­fas­sungs­rechtlich gebotene Chan­cen­gleichheit verletzt.

Denn gerade die Arbeit dieser Stif­tungen ist eine große Unter­stützung für den Erfolg einer Partei. Es darf aller­dings keine Ver­mi­schung geben. Die Mit­glieder der Stif­tungen dürfen keine aktiven Par­tei­mit­glieder sein und umge­kehrt. Die Stif­tungen dürfen sich auch nicht an Wahl­kämpfen betei­ligen. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, die Welt­sicht und die Ansichten der Par­teien dar­zu­stellen und zu ver­breiten. Sie unter­mauern die prak­tische Poli­tik­arbeit der Partei mit Bil­dungs­po­litik und Wis­sen­schaft. Darüber hinaus besteht die Aufgabe der Par­tei­en­stif­tungen in der gezielten För­derung junger Leute, auch mit Sti­pendien, um sie an sich zu binden und so qua­li­fi­zierten Nach­wuchs her­an­zu­ziehen. Nicht jeder davon schlägt die par­tei­po­li­tische Laufbahn dann auch ein. Aber dort, wo der­jenige einen Wir­kungs­kreis ent­faltet, wird auch sein erwor­benes Gedan­kengut wirksam.

Der Tenor des Gerichtes stellt in den Mit­tel­punkt, dass ein Ver­weigern der Zuschüsse gegenüber einer Partei nur auf­grund einer ent­spre­chenden Geset­zes­vor­schrift möglich ist. Die dann auch für alle Par­teien im Bun­destag zu gelten hat. Eine Lex AfD ist eine will­kür­liche Begründung ohne exis­tie­rende gesetz­liche Grundlage, daher unwirksam und überdies ein Ver­fas­sungs­bruch. Damit sei eine Ver­letzung der Rechte der Partei AfD gegeben.

Nun muss ent­weder ein Gesetz her, dass allen Par­teien jedes Jahr den Beweis ihrer Ver­fas­sungs­treue abver­langt, oder man kann der AfD-nahen Stiftung die Zuschüsse nicht ver­weigern. Die Frage ist die der Beweislast: Muss die Partei ihre Ver­fas­sungs­treue beweisen – oder der Bun­destag die Illoya­lität zur Ver­fassung nachweisen?

In der Begründung des Urteils heißt es wei­terhin:

„… der ver­fas­sungs­recht­liche Status der Par­teien gewähr­leiste das Recht, gleich­be­rechtigt am poli­ti­schen Wett­bewerb teil­zu­nehmen. Dabei garan­tiere das Grund­gesetz den poli­ti­schen Par­teien nicht nur die Freiheit ihrer Gründung und die Mög­lichkeit der Mit­wirkung an der poli­ti­schen Wil­lens­bildung, sondern auch, „dass diese Mit­wirkung auf der Basis gleicher Rechte und gleicher Chancen erfolgt“. Jede Ein­wirkung von Staats­or­ganen „zugunsten oder zulasten ein­zelner am poli­ti­schen Wett­bewerb teil­neh­mender Par­teien“ sei damit grund­sätzlich unver­einbar. Daher betreffe auch die Zuweisung staat­licher Finanz­mittel an poli­tische Par­teien das Recht auf Chancengleichheit.“

Das Gericht eröffnete noch eine weitere Mög­lichkeit: Auch ein Gesetz, dass die Vergabe von Geldern an die Par­tei­en­stif­tungen davon abhängig macht, dass es sich bei der Partei um eine „dau­er­hafte, ins Gewicht fal­lende Grund­strömung handelt“. Das dürfte kein sehr aus­sichts­reicher Weg für die (Un)demokraten im Bun­destag sein, denn die Zustim­mungs­werte der AfD in den Umfragen werden besser und besser für die in Berlin Ungeliebten.

Es komme, so die Karlsruher Ver­fas­sungs­richter, aber auch der „Schutz der demo­kra­ti­schen Grund­ordnung in Betracht“. Bingo, das ist eine Steil­vorlage, um die als „rechts“ und damit „unde­mo­kra­tische“ AfD auf­grund aller mög­lichen und unmög­lichen Unter­stel­lungen von allen staat­lichen Fleisch­töpfen fern­zu­halten und aus­zu­hungern. Aber es enthält auch die Mög­lichkeit, den Spieß her­um­zu­drehen und den eta­blierten Par­teien ihre stän­digen Ver­stöße gegen unsere Demo­kra­tische Grund­ordnung um die Ohren zu hauen.