Ich persönlich lege heute nicht viel Wert auf den Muttertag. Ich weiß, dass meine erwachsenen Kinder mich lieben. Und doch habe ich die kleinen DIN A5 Heftchen meiner Kinder aus dem Kindergarten aufgehoben und schaue sie auch hin und wieder nochmal an. Und ich erinnere mich, wie stolz sie mit den gebastelten und gemalten Bildern ihre „Dankesbriefchen“ präsentierten. Sie wussten, dass das etwas Wichtiges war, das sie da gemacht haben und freuten sich, mir etwas zu schenken, womit sie sich Mühe gemacht haben. Und ich meinerseits freute mich, wie stolz sie immer waren, mir das präsentieren zu können.
Heute zeigen mir meine Enkel ebenfalls heimlich ihre „Kunstwerke“ zum Muttertag, obwohl die älteren schon längst in der Schule sind. „Glaubst du, Oma, dass Mama sich darüber freut?“
Warum bringt man jemandem Blumen mit? Warum schenkt man etwas zum Geburtstag? Warum macht man sich die Mühe mit kleine Aufmerksamkeiten seine Wertschätzung und Sympathie oder Liebe zu zeigen? Weil es das Leben schöner macht. Weil es demjenigen zeigt, dass man ihn mag, ihm eine Freude machen möchte, ihn achtet. Das machen Kinder auch gerne, und es hat etwas mit Kultur und dem Erwerb sozialer Kompetenz zu tun, mit Achtung, Dankbarkeit und Wertschätzung.
Nun hat der CDU-Politiker Tilman Kuban das Verbrechen begangen, eine Kindertagesstätte zu kritisieren, die mit einem Brief an die Eltern der Kinder kundtat, dass es dieses Jahr keine Muttertags-Bastelgeschenke gibt. Weil in der heutigen Zeit die „Diversität einen immer höheren Stellenwert erhält“ und weil man keinen Menschen ausschließen wolle, werde man keine Muttertagsgeschenke mit den Kindern gestalten.
Diese Begründung der Kindertagesstätte ist ein Zeugnis dieser Zeit, die alles und jedes mit Tabus und politischer Korrektheit bis zur Atomisierung der menschlichen Gesellschaften überlastet. Ja, es ist nicht jeder Mensch eine Mutter. Aber jeder Mensch hat eine Mutter und könnte ihr einmal seine Liebe zeigen, sofern er findet, dass sie es verdient hat. Und nur, weil man nirgendwo niemanden nicht ausschließen darf, dürfen die Kinder nun keine Muttertagsgeschenke mehr basteln.
Mit dieser Logik darf man auch keine Geburtstagsgeschenke, Hochzeiten, Skiabfahrtsrennen, Essenseinladungen, Kegelabende und Sex haben, denn es kann ja nicht überall jeder dabei mitmachen. Umgekehrt dürften dann aber eben nicht nur LBGTQ+Leute riesige Christopher-Day-Demos durch die Städte veranstalten, sondern auch die Normalo-Heteros dürfen ihren Mann-Frau Sex feiern, zu Millionen durch die Straßen ziehen und lautstark ihre Lebensweise propagieren, gell?
Abgesehen davon, dass ich diese Begründung der KiTa auch nicht nachvollziehen kann, ist an den Äußerungen des Herrn Kuban nichts festzustellen, was da hasserfüllt oder hetzerisch wäre. Er findet es eben „ziemlich cool, wenn man Kindern beibringt, seiner Mutter einfach mal Danke zu sagen für ihren Megaeinsatz Tag für Tag“. Was ist daran Hetze?
Es ist wenigstens mal ETWAS, was Müttern eine gewisse Dankbarkeit signalisiert. Ich darf mal schüchtern anmerken, dass es immer noch fast immer die Mütter sind, die für ihre Kinder ihre Karriere aufgeben oder hintenan stellen – und damit materiell deutlich schlechter stehen. Nicht nur während der Erziehungszeit, sondern auch, was ihre Altersversorgung angeht. Da ist die Gesellschaft nämlich überhaupt nicht so divers. Das ist dann eben knallhart ihr ganz persönliches Problem. Für die Erziehungszeiten bekommt eine Mutter später in der Rente nur ein paar schäbige Hunger-Euro. So sieht der Dank der wundervoll-diversen Gesellschaft aus.
Der Shitstorm, der über Tilman Kuban hereingebrochen ist, wird in der Frankfurter Rundschau als Heldentat gefeiert. Gut, der Mann ist erwachsen und muss wissen, was er tut. Aber das, was da gepostet wird, ist bei weitem hetzerischer und hasserfüllter als das, was Tilman Kuban selbst gepostet hat. Man unterstellt ihm auf Twitter sogar, dass seine „Gier auf Hetze soweit gehe, dass er Menschen in Gefahr bringt“, er sei peinlich, armselig, feige, heuchlerisch, ein „stochastischer Terrorist“, ein widerlicher Hetzer, eine bodenlos unverschämte, unsägliche Person, eine Schande für den Bundestag und trage die Verantwortung für (nicht stattgefundene) Straftaten gegenüber den Kindern und den Beschäftigten dieser KiTa.
Tilman Kuban hat allerdings eben doch den A… in der Hose, den ihm ein Tweet absprechen will. Er zieht den Tweet nicht zurück und will das ausdiskutieren, was er gesagt hat. Und er weist darauf hin, dass auch andere Medien den Brief bereits veröffentlicht hatten, die deshalb nicht dermaßen mit Hass überschüttet wurden. „Um nicht einem Fake aufzusitzen habe ich mich vor Ort informiert, dass es sich um ein Original handelt“, sagte Tilman Kuban gegenüber der Frankfurter Rundschau. Das bedeutet im Klartext, dass er eben nicht derjenige war, der den Elternbrief zuerst veröffentlichte.
Dass es aber leider auch einen „Shitstorm“ gegen die KiTa gab, ist vielleicht doch auch ihm zuzuschreiben, auch dann wenn andere Medien den Brief schon veröffentlicht hatten. Das trifft die Kleinen wirklich zu Unrecht und sie bekommen Angst. So etwas geht einfach nicht. Er hätte die Adresse von Anfang an schwärzen müssen.
Hier gebührt dem linken Tagesspiegel Respekt. Dieses Medium ist als einziges so fair zu berichten, dass es sehr fraglich ist, ob das Zerbrechen der Glasscheibe dem Tweet des CDU-Jungpolitikers überhaupt zugerechnet werden kann:
„Ob die Tat in einem Zusammenhang mit dem Elternbrief stehe, sei Gegenstand der Ermittlungen, sagte eine Sprecherin der Polizeidirektion Marburg-Biedenkopf. Der Elternbrief sei am Freitag bekannt gewesen, die Berichterstattung darüber habe aber erst in den vergangenen Tagen eingesetzt. Da der Tatzeitraum am Wochenende liege, sei unklar, ob Reaktionen in den Medien oder sozialen Medien zu der Tat geführt haben könnten.“
Auch hier wird durch die Polizei klargestellt, dass dieser Elternbrief schon am Freitag „bekannt“ geworden ist, diese Glasscheibe am Wochenende zu Bruch gegangen ist – und die Berichterstattung erst in der folgenden Woche eingesetzt habe.
Tilman Kuban bekräftigte seinen Standpunkt gegenüber der Frankfurter Rundschau: „Dass Kinder nicht mehr für ihre Eltern basteln sollen halte ich für eine unglaubliche Entwicklung. Die Mütter in Deutschland leisten Großartiges und ihnen sollte man am Muttertag auch Danke sagen“, so Kuban.
„Es geht nicht darum, jemanden persönlich anzugreifen, denn auch Erzieherinnen und Erzieher machen einen tollen Job. Wir sollten aber eine inhaltliche Debatte dazu führen, ob Kinder noch für Väter und Mütter basteln sollen.“
Diese inhaltliche Debatte wird nicht geführt werden, denn es geht eben letztlich genau darum, die menschheitsalte Keimzelle jeder Gesellschaft zu zerbrechen: Die Familie aus Mutter und Vater, Kindern und vielleicht noch Großeltern. Diese Familie, wie sie als zu schützende und gottgewollte Institution auch in unserem Grundgesetz steht.
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