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Faschis­toide Hülsen aus dem DIW-Berlin: Claudia Kemfert und der “Fetisch des Privateigentums”

Er liegt schon etwas länger auf der Halde dessen, was an Arbeit auf uns wartet: der Beitrag von Claudia Kemfert, die Steu­er­zahlern beim Deut­schen Institut für Wirt­schafts­for­schung zur Last fällt, der über­schrieben ist mit: “Drei Schritte vor, zwei zurück: Die schwere Trans­for­mation zur gerechten Welt“. Der Tages­spiegel hat sich dafür her­ge­geben, diesen Text zu ver­öf­fent­lichen, der bereits in der Über­schrift die kognitive Beschränktheit, die ihn durch­zieht, erkennen lässt.

Gerech­tigkeit ist kein empi­ri­sches Datum, das sich, wie der End­punkt des Lebens im Tod, erreichen lässt. Gerech­tigkeit ist, wenn man so will, eine Ord­nungs­vor­stellung und als solche ein Ide­al­typus, wie ihn Max Weber beschrieben hat. Eine Vor­stellung über einen per­fekten Zustand, von dem die Rea­lität, weil sie von Men­schen und anderen unbe­re­chen­baren Dingen gestaltet wird, mehr oder weniger abweichen wird. Wer die “Trans­for­mation zur gerechten Welt” angehen will, der hat deshalb nicht nur ein Ver­ständ­nis­problem, der hat vor allem ein tief­sit­zendes kogni­tives Problem, das ihn nicht erkennen lässt, dass die Welt weder sta­tisch noch zu 100% beeinfluss‑, steuer- und kon­trol­lierbar ist. Und natürlich ein Problem mit Demo­kratie, denn, was Gerech­tigkeit, immerhin ein abs­traktes Konzept, sein soll, muss aus­ge­handelt, nicht von Kemfert, der Grö­ßen­wahn­sin­nigen, bestimmt werden.

Indes, seit beim DIW Ideo­logie betrieben und Quoten über die Besetzung von Posi­tionen ent­scheiden, muss man der­ar­tigen Blödsinn aus der Ber­liner Moh­ren­straße, wo selbst Mohren blass werden, ob des Unfugs, der von dort kommt, kommentieren.

Der Beitrag als solcher ist nicht weiter inter­essant. Er ist eine Mischung aus Geschimpfe auf die “fossile Industrie”, die dem Einzug ins Öko-Paradies im Wege steht und leer­for­mel­hafter Beschwörung die ihren Höhe­punkt mit der fol­genden Sequenz erreicht:

“Zum ethisch-öko­no­mi­schen Grad­messer wird dabei fol­gender Leit­ge­danke: An die Stelle des Gewinn­strebens Ein­zelner auf Kosten aller anderen tritt fortan eine Gemeinwohl-Öko­nomie, von der alle pro­fi­tieren. Und damit auch jeder und jede Ein­zelne. Dafür gibt es zwei unbe­dingt ein­zu­hal­tende Grenzen: das soziale Minimum und das öko­lo­gische Maximum. Dazwi­schen muss und kann alles getan werden, was soziale Spaltung ver­meidet und gleich­zeitig die Ein­haltung der pla­ne­taren Grenzen garantiert.
Dafür brauchen wir ver­bind­liche und ver­pflich­tende Nachhaltigkeits‑, Umwelt- und Kli­ma­ziele, nach­haltige Finanz­an­lagen sowie nach­haltige Sozi­al­ver­träge. Pri­vat­ei­gentum und indi­vi­du­eller Profit darf nicht zum Fetisch werden, dem wir unseren Pla­neten, unsere Lebens­grundlage opfern. Wir brauchen mehr soziales Unter­neh­mertum, mehr Unter­neh­mens­ethik, mehr Ver­ant­wortung für das große Ganze.
Dazu gehören auch neue wis­sen­schaft­liche Mess­in­stru­mente. Das her­kömm­liche Brut­to­in­lands-Produkt (BIP) ist als gesamt­ge­sell­schaft­liches Wohl­fahrtsmaß unge­eignet. Nach dem BIP wäre es wert­voller, wenn mir der Nach­barssohn beim Ball­spiel die Fens­ter­scheibe kaputt­schießt, als wenn ich ihm bei den Mathe­haus­auf­gaben helfe. Das ist widersinnig.” 

Kemfert will Ökonom sein, hat aber den ersten Basissatz der Öko­nomie nicht ver­standen: das Gewinn­streben Ein­zelner ist nichts, das als solches auf Kosten anderer geht, schon weil jemand, der nach Gewinn strebt und dabei über die Leichen der­je­nigen geht, die mit ihm Geschäfte machen oder für ihn arbeiten, nicht lange im Geschäft bleiben wird. Wer Gewinn machen will, wird sich not­wen­di­ger­weise mit anderen zu einer Koope­ration bereit­finden müssen, und Koope­ration ist etwas, das auf Gegen­sei­tigkeit und Frei­wil­ligkeit basiert, sofern die Koope­ration nicht gesetzlich erzwungen wird, wozu ein Rogue-State, ein Räuber-Staat not­wendig ist. Profit wird nur dann zu einem Schaden für Dritte, wenn der­jenige, der ihn erreicht, vor den Folgen seines Tuns geschützt ist, vor den Folgen der Schäden, die er anrichtet, was er in der Regel nur dann sein wird, wenn ihm von Staaten, z.B. mit Ver­trägen, die eine Haftung für COVID-19 Spritz­brühen für deren Her­steller aus­drücklich aus­schließen, der Rücken frei­ge­halten wird.

Aus­ge­rechnet diesem Staat, den sich Kemfert als großen Papa oder viel­leicht auch als gestählten Mus­kelmann erträumt, will sich Kemfert anver­trauen, um die Hülsen zu füllen, die sie absondert: Die Gemeinwohl-Öko­nomie, vor der alle pro­fi­tieren, schon – so muss man ergänzen – weil es keine Gemeinwohl-Öko­nomie wäre, wenn nur wenige davon pro­fi­tierten, dann wäre es qua defi­ni­tionem eine rent-seeking-Öko­nomie, in der wenige auf Kosten vieler pro­fi­tieren. Gordon Tullock hat das Konzept des Rent See­kings umfang­reich aus­ge­ar­beitet, und gezeigt, dass Rent Seeking auf Dauer nur mit Hilfe von Regie­rungen funk­tio­nieren kann. Aber Tullock ist Ökonom. Kemfert hat es nicht so mit Öko­nomie. Sie hat es mehr mit Floskeln:

“Dafür gibt es zwei unbe­dingt ein­zu­hal­tende Grenzen: das soziale Minimum und das öko­lo­gische Maximum. Dazwi­schen muss und kann alles getan werden, was soziale Spaltung ver­meidet und gleich­zeitig die Ein­haltung der pla­ne­taren Grenzen garantiert.”

Was ein soziales Minimum ist, weiß Kemfert so wenig wie alle anderen und was ein öko­lo­gi­sches Maximum ist, das weiß sie mit Sicherheit auch nicht. Beides sind kon­zep­tio­nelle Begriffe ohne empi­ri­schen Gehalt, ver­gleichbar der For­derung nach einem Intel­ligenz-Minimum bei ein­zu­hal­tendem Bullshit-Maximum. Die Bestimmung solch hohler Floskeln obliegt in der schönen Welt des Mus­kel­manns, die Kemfert bewohnt, dem Staat, dem guten Helden, der auf seinem weißen Gaul den Acker der Kin­der­träume bear­beitet. Und natürlich müssen wir soziale Spaltung ver­meiden, indem wir die pla­ne­taren Grenzen ein­halten. Falls es also Pläne gibt, die Erde über ihre der­zei­tigen Außen­grenzen ins All zu erweitern, diese Pläne bitte auf Eis legen, bis Kemfert zustimmt, was schwierig sein dürfte, das sie auf absehbare Zeit mit der Suche nach dem Dazwi­schen, dem, was zwi­schen sozialem Minimum und öko­lo­gi­schem Maximum liegt, beschäftigt sein wird. Ver­mutlich liegt zwi­schen beidem ein anderes Konzept, die Mez­zanine-sozial-öko­lo­gische Maximin-Funktion.

Und als wäre dieser ein­drucks­volle Nachweis nicht vor­han­dener Denk­fä­higkeit nicht schon genug, schreibt sich Kemfert weiter in Rage:

“Dafür brauchen wir ver­bind­liche und ver­pflich­tende Nachhaltigkeits‑, Umwelt- und Kli­ma­ziele, nach­haltige Finanz­an­lagen sowie nach­haltige Sozi­al­ver­träge. Pri­vat­ei­gentum und indi­vi­du­eller Profit darf nicht zum Fetisch werden, dem wir unseren Pla­neten, unsere Lebens­grundlage opfern. Wir brauchen mehr soziales Unter­neh­mertum, mehr Unter­neh­mens­ethik, mehr Ver­ant­wortung für das große Ganze.”

Nach­haltig.
Nach­hal­tig­keits­ziele sind ver­pflichtend und ver­bindlich, viel­leicht auch ver­bindlich und ver­pflichtend, in jedem Fall aber nach­haltig, so wie die Umwelt­ziele, die Kli­ma­ziele und die Finanz­an­lagen und die Sozi­al­ver­träge nach­haltig sind, wie nach­haltig, so nach­haltig, min­destens so nach­haltig, es gilt das soziale Minimum bei der Nach­hal­tigkeit von Sozi­al­ver­trägen ein­zu­halten und mit dem öko­lo­gi­schen Maximum nach­hal­tiger Finanz­an­lagen zu kom­bi­nieren. Offen­kundig ist Kemfert Anhänger des aka­de­mi­schen Dada­ismus, eine Art Mimikry, die dazu dient, etwas vor­zu­täu­schen, was nicht da ist, Wis­sen­schaft, Wissen, Kenntnis, so ziemlich alles.

Und dann wird es faschistoid, denn Kemfert verfügt, dass wir Pri­vat­ei­gentum und indi­vi­du­ellen Profit, offen­kundig zwei Reiz­worte für die Steu­er­geld­ab­hängige, nicht zum Fetisch werden lassen, dem wir unseren Pla­neten und unsere Lebens­grundlage opfern. Die Front­stellung aus gut und böse, gut ist alles, was Kemfert mit sozial und Gemeinwohl in Ver­bindung bringt, böse alles, was indi­vi­duelle Rechte und die Mög­lich­keiten, sich ein bes­seres Leben aus EIGENER Kraft zu erar­beiten, umfasst, kommt so deutlich zum Vor­schein, dass man keinen Exor­zisten benötigt, um die Fratze kom­mu­nis­ti­scher Ideen zu sehen.

Natürlich ent­scheidet in der Welt von Kemfert “der Staat” darüber, wann der “Fetisch Pri­vat­ei­gentum” geopfert werden muss, um “den Pla­neten” zu retten. Wie dumm muss jemand sein, der glaubt, er könne “den Pla­neten retten”? Nun gibt es den Staat natürlich nicht. Es gibt nur mehr oder weniger, derzeit eher mehr als weniger kor­rupte Akteure, die Posi­tionen des poli­ti­schen Systems besetzen und dazu aus­nutzen, ihre poli­ti­schen Grillen auf Kosten aller anderen aus­zu­leben. Diese kor­rupten Gesellen ver­schmelzen in der Welt von Kemfert zum Zerrbild des guten Hirten, der seine Schafe auf die beste aller Gemein­schafts­weiden führt, um sie dort vom besten Gemein­schaftsgras zu ernähren und dann zum eigenen Verzehr zu schlachten. Das Problem, das sich mit der “All­mende” ver­bindet, die Kemfert hier beschwört, ist seit Garrett Hardin seine Tragik der All­mende [Tragedy of the Commons] Ende der 1960er Jahren ver­öf­fent­licht hat, hin­rei­chend bekannt. Das neue Tal der voll­kommen Ahnungs­losen muss in der Moh­ren­straße in Berlin liegen.

Aber selbst Kemfert liefert Anlass zum Lachen.
Das BIP müsse als Maß gestrichen werden.
Es sei nicht zeitgemäß:

“Nach dem BIP wäre es wert­voller, wenn mir der Nach­barssohn beim Ball­spiel die Fens­ter­scheibe kaputt­schießt, als wenn ich ihm bei den Mathe­haus­auf­gaben helfe. Das ist widersinnig.”

Eine klas­siche falsche Dichotomie.
Während die kaputte Fens­ter­scheibe, weil sie ersetzt wird, einen gesell­schaft­lichen Mehrwert pro­du­ziert, pro­du­ziert Kemfert, wenn sie dem Nach­barssohn bei den Mathe­haus­auf­gaben hilft, vor­her­sehbar einen gesell­schaft­lichen Schaden, schon dadurch, dass einmal mehr ein Nach­barssohn durch Nach­hilfe seine Liebe zu und sein Ver­ständnis von Mathe­matik ver­loren hat.

Mal ehrlich: Würden Sie ihrem Sohn von Claudia Kemfert Nach­hilfe in Mathe­matik erteilen lassen?
Eben.

Schon erstaunlich, dass immer die­je­nigen, die nichts können, denken, gerade sie könnten anderen helfen.

Der Beitrag erschien zuerst hier: sciencefiles.org