Sogar die regierungsaffine New York Times berichtete am vergangenen Samstag, dass Israel in einer noch nie dagewesenen Menge und Geschwindigkeit palästinensische Zivilisten tötet. Das Mittel sind die Bombardierungen, die nur noch Trümmerwüsten zurücklassen, unter denen die Leichen von Männern, Frauen, Kindern und alten Leuten liegen. Die 1000-Kilo-Bomben der Amerikaner auf das dicht besiedelte Gebiet Gaza Stadt und andere Städte im Gaza-Streifen, töten im industriellen Maßstab. Wer das anprangert, wird gleich mit dem Stigma „Antisemit“ zu sein behaftet. Zu Unrecht, denn auch unter den Israelis und den jüdischen Gemeinden in der Welt macht sich großer Zorn wegen dieses Völkermordes laut bemerkbar.
Die schlimmsten flächendeckenden Bombardements seit dem Zweiten Weltkrieg gegen Deutschland
Der Sender Al Jazeera berichtet, dass die Israelische Luftwaffe sogar „Bunkerbusters“ – also Bunkerbrecher-Bomben in Gaza einsetzt, um die Tunnel der Hamas zu zerstören, die den Hamas-Kämpfern ermöglichen, immer noch an Waffen, Treibstoff, Munition, Medikamente und Lebensmittel zu kommen. Diese Bomben dringen vor dem Detonieren tief in den Boden ein, um Strukturen im Untergrund komplett zu zerstören. Diese Art von Bomben wurden erstmals im Zweiten Weltkrieg eingesetzt, um deutsche unterirdische Raketenfabriken zu sprengen. Dabei wird unterirdisch, wie auch auf der Erdoberfläche, im Umkreis von 500 Meter alles restlos zerstört. Die dort befindlichen Häuser fallen zu Geröll-und Schutthalden zusammen und begraben die Menschen unter sich.
Weiter berichtet Al Jazeera, dass Israel im Jahr 2021 das neueste GBU-72-Modell bei den USA anforderte. Der GBU-72 ist eine 2270 Kilo schwere Bombe, ist der fortschrittlichste Bunkerbrecher und kann 30 m (100 ft) Erde oder 6 m (20 ft) Beton durchdringen, alles im weiten Umkreis auslöschen und eine Schockwelle verursachen. Auch weiter vom beabsichtigten Ziel entfernte, unterirdische Strukturen werden dabei sehr wahrscheinlich zerstört. Dieser Handel zwischen Israel und den USA soll aber noch nicht abgeschlossen sein. Ob Israel wegen der neuen Situation diese Waffen bekommen hat, ist unklar.
Nach der Genfer Konvention darf eine Hochleistungsmunition, wie eine bunkerbrechende Bombe ausschließlich unter „extremen Umständen der Selbstverteidigung“ verwendet werden. Der Einsatz in Gebieten mit dichter Zivilbevölkerung ist ausdrücklich verboten.
Patrick Bury, ein auf Kriegsführung und Terrorismusbekämpfung spezialisierter Dozent an der Bath University sagte gegenüber Al Jazeera, dass Israel „sich wahrscheinlich keine Sorgen wegen der Kollateralschäden“ macht: „Israel hat sie (Bunkerbrecher) und wird sie einsetzen. Ich glaube nicht, das ihnen Kollateralschäden wichtig sind.“
Israels Ansehen in der Welt hat erheblich gelitten
Vor unseren Augen spielte sich ein abstruses Theater ab, was aber todernst in den Medien gefeiert wurde. Jeder weiß, dass die USA und Israel geradezu siamesische Zwillinge sind. Es ist müßig zu spekulieren, wer da der jeweils anderen Seite etwas vorschreiben kann oder nicht. Israel ist Amerikas Außenposten im Nahen Osten und gleichzeitig seine Schutzmacht. Wenn also der US-Präsident Joe Biden erst einmal Israel den Rücken stärkt und alles, was Israel tut, nicht kritisiert werden darf, dann aber plötzlich derselbe US-Präsident Joe Biden auf Israel Druck macht, endlich eine „humanitäre Waffenruhe“ auszusprechen, dann nicht, weil Präsident Biden plötzlich und zu seinem Entsetzen erfahren hat, dass da Zivilisten massenhaft sterben. Sondern weil der Ansehensschaden für die USA nicht mehr beherrschbar war.
In vielen großen Städten, auch in den USA gab es Proteste von Zigtausenden, die ein Ende des Schlachtens einforderten. Viele Muslime, die ihre Glaubensbrüder unterstützen – und dabei gibt es seltene Einigkeit unter Schiiten und Sunniten. Aber auch Menschenrechtler, die die brutale Vorgehensweise der israelischen Regierung Netanyahu verurteilen.
Vor allem in den muslimischen Ländern gingen und gehen Massen auf die Straßen. Insbesondere amerikafreundliche Regierungen, wie Saudi-Arabien oder die Vereinigten Emirate bekamen den Zorn ihrer Bürger zu spüren, die ihrer Führung geradezu Verrat an den palästinensischen, muslimischen Glaubensbrüdern vorwerfen. US-Diplomaten in den muslimischen Ländern bekommen die aufgebrachte Stimmung zu spüren. Selbst, wenn es gegen die Interessen der Regierungen in dieser Region geht – sie können nicht anders, als Stellung gegen Israel und die USA zu nehmen. Die dort lebenden US-Diplomaten warnen die Biden-Administration nun davor, jeglichen Einfluss und Relevanz der USA in der arabischen Region zu verspielen. Das mühsam in vielen Jahren Erreichte werde in kürzester Zeit geradezu pulverisiert, berichtet unter anderem der US-Nachrichtensender CNN. Das könne zum „Verlust der arabischen Öffentlichkeit für eine ganze Generation“ führen.
„Wir verlieren auch den Informationskrieg“, befürchtet die US-Vertretung in Oman, das habe sich in vielen Gesprächen mit verlässlichen, kundigen und sachlichen Quellen im Oman herauskristallisiert. Die US-Botschaft in Ägypten warnt ebenfalls dringend vor einem besorgniserregenden Stimmungsumschwung, der die Massen erfasst. In einer staatlich ägyptischen Zeitung heißt es in einem Kommentar: „Die Grausamkeit und Missachtung der Interessen der Palästinenser durch Präsident Biden übertrifft alle vorherigen US-Präsidenten.“
Es besteht sogar die Gefahr, dass der ganze Konflikt aus dem Ruder läuft. Denn der Gaza-Krieg kann leicht außer Kontrolle geraten und zu einem größeren Konflikt ausarten. Angriffe pro-iranischer Milizen gegen US-Kräfte im Irak und Syrien nahmen in den vergangenen Wochen deutlich zu. Das US-Militär versucht, durch größtmögliche Abschreckung und durch die Verlegung von Ausrüstung und Hunderten Soldaten in die Region, zu verhindern, dass die USA kurz vor der Wahl in einen neuen, unbeherrschbaren Krieg hineinschlittert.
Daher musste Präsident Biden schleunigst seinen Kurs ändern. Hatte er erst einen „humanitären Waffenstillstand“ entschieden abgelehnt, hieß es plötzlich, er habe die Regierung Netanyahu dazu gezwungen, diesen Waffenstillstand auszurufen.
Auch Juden protestieren heftig gegen den Genozid an den Palästinensern
Immer noch bedient insbesondere die deutsche Regierung das moralische Klischee-Gesetz, dass jede Kritik an irgendwem, der Israeli ist oder dem jüdischen Glauben angehört, sofort ein Beweis für Antisemitismus ist. So einfach ist das: Die abscheulichen Massaker der Hamas an Israelis rechtfertigen Massaker an palästinensischen Zivilisten und Kindern, und jeder, der das missbilligt, ist ein Nazi und Antisemit. Doch so einfach ist das eben nicht (mehr). Gerade die Juden in der Diaspora stehen nun auf und fordern das Ende des Völkermordes an den Palästinensern
Die „Times of Israel“ berichtet: Im Zentralbahnhof in New York versammelten sich Tausende amerikanische Juden von der Organisation Jewish Voice for Peace (die jüdische Stimme für den Frieden), eine antizionistische Gruppe, die gegen die israelischen Vergeltungsangriffe und Luftschläge protestierte. Eine Gruppe von etwa 60 blockierte die Treppe zu Haupthalle. Sie forderten mit Sprechchören lauthals einen Waffenstillstand im Gazastreifen und skandierten „nicht in unserem Namen“ und „Palästinenser sollten FREI sein“. Mit schwarzen T‑Shirts und der Aufschrift „Jews say Cease Fire NOW“ (Juden sagen Waffenstillstand JETZT) blockierten sie die Haupthalle des wichtigsten Bahnhof der Riesenmetropole. Auf einem langen Transparent Stand zu lesen „Trauert um die Toten und kämpft wie die Hölle um die Lebenden“
Die Polizei rückte an und nahm Hunderte New Yorker Juden fest. Sie wurden aber nur kurz in Gewahrsam genommen, vorgeladen und dann sofort wieder freigelassen. Es soll um die 200 Festnahmen gegeben haben.
Sie wehren sich in Straßenprotesten und fordern ein sofortiges Ende des Tötens. Der junge Mann in dem Video sagt: „Es gibt keine Rechtfertigung unbewaffnete Menschen zu töten. Es gibt keine Rechtfertigung, das Land der Palästinenser zu besiedeln“.
New York ist nach Tel Aviv die zweitgrößte jüdische Stadt der Welt, schreibt die „taz“:
„Doch in der einst bedingungslose Unterstützung der 1,1 Millionen Juden in der Stadt für die israelische Regierung zeichnen sich tiefe Risse ab. Neben Friedensdemonstrationen von jüdischen und palästinensischen Gruppen, die gegen den Krieg in Gaza demonstrieren, tauchte die neue Gruppe IfNotNow auf. Sie veranstaltet Kaddisch-Trauergebete für die Opfer beider Seiten.“
Sie tun das öffentlich und tragen jüdische Klagelieder vor, immer abwechselnd spricht einer vor und der Chor nach. In diesen traditionellen Totenklagen wird aber nicht nur der getöteten Juden gedacht und um sie getrauert, sondern auch der palästinensischen Opfer.
„Die 23-jährige Sarah Kaplan Gould ist entsetzt über das, was sie das ‚Versagen der jüdisch-amerikanischen Organisationen‘ nennt. Über deren kritiklose Unterstützung für Israel. Sie prangert die institutionellen Freunde Israels in den USA an: die Organisation AIPAC (American Israel Public Affairs Committee), die christlichen Zionisten bis hin zur Rüstungsindustrie und zur US-Regierung. Sarah Kaplan fordert eine Verhandlungslösung im Nahen Osten. (…) Die 33-jährige Carinne Luck arbeitete in Washington und New York für „J Street“. Die liberale jüdische Organisation versucht bereits seit 2008, Israel zum Stopp des Siedlungsbaus und zu diplomatischen Lösungen zu bewegen.
Auch jüdische Gemeindemitglieder aus dem US-Bundesstaat Minnesota versammelten sich in Minneapolis und forderten eine Deeskalation statt einen Völkermord. Jetzt müsse humanitäre Hilfe zu den Gepeinigten kommen, die von Wasser, Elektrizität, Lebensmitteln und medizinischer Versorgung abgeschnitten waren. Der US-Sender Fox9 berichtete, das Hunderte Mitglieder der jüdischen Gemeinde Minnesota einen offenen Brief dazu unterschrieben, der dann mit einem Protestmarsch zum Büro der US-Senatorin Amy Klobuchar gebracht und abgegeben wurde. Der Marsch wurde von den beiden jüdischen Organisationen „Jewis Voice for Peace“ und „IfNotNow! Gesponsert.
„Zudem kursieren im Netz Videos, die nach Angaben der User bei einer Anti-Kriegs-Demo New Yorker Juden entstanden seien. In einem nicht verifizierten Video, das am 14. Oktober auf der Plattform X (vormals Twitter) veröffentlicht wurde, ist ein Protest zu sehen, bei dem gegen die US-Unterstützung Israels bezüglich des Gaza-Angriffs demonstriert wird. Ein Sprecher hält mit den Tränen kämpfend eine Rede und zeichnet ein Bild der Situation in Gaza. “In einem Freiluft-Gefängnis, in dem 2,2 Millionen Menschen leben, wovon fast die Hälfte Kinder sind, gibt es jetzt kein Essen, Wasser, keine Elektrizität und kein Benzin mehr. Und sie werden bombardiert. Über sie wird weißes Phosphor geschüttet. Sie sind gefangen. Das ist Genozid. Das ist Genozid. Als jüdische New Yorker sind wird hier um zu sagen: ‘Nicht in unserem Namen!’ ”, sagt er. Das Publikum reagiert mit Applaus.“
Und die Menge wiederholt es mehrfach: „Nicht! In! Unserem! Namen!“
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