Bild Pixabay

Den Brief des Teufels knacken: Die ver­schlüs­selte Bot­schaft einer Nonne aus dem 17. Jahrhundert

Haben Sie sich jemals gefragt, was der Teufel sagen würde, wenn er einem Men­schen einen Brief schreiben könnte? Nun, Sie sind nicht allein.

Im Jahr 1676 behauptete eine sizi­lia­nische Nonne namens Maria Cro­ci­fissa della Con­ce­zione, sie habe einen solchen Brief vom Fürsten der Dun­kelheit per­sönlich erhalten.

Der Brief war in einem mys­te­riösen Code geschrieben, der Gelehrte jahr­hun­der­telang ver­wirrte, bis vor kurzem ein For­scherteam eine im Dark Web gefundene Software nutzte, um ihn zu entschlüsseln.

Was haben sie gefunden? Und was sagt es uns über die Nonne, den Teufel und die Geschichte der Kryptographie?

Die Nonne und der Brief

Maria Cro­ci­fissa della Con­ce­zione wurde 1645 als Isa­bella Tomasi geboren. Sie war eine Nach­fahrin der Adels­fa­milie Tomasi, zu der auch der berühmte Schrift­steller Giu­seppe Tomasi di Lam­pedusa gehörte.

Im Alter von 15 Jahren trat sie in das Bene­dik­ti­ner­kloster Palma di Mon­te­chiaro auf Sizilien ein, wo sie den Namen Maria Cro­ci­fissa annahm. Sie galt als talen­tierte Musi­kerin und Malerin, neigte aber auch zu Visionen und hys­te­ri­schen Anfällen. Sie glaubte, oft vom Teufel besessen zu sein, der ver­suchte, sie von ihrem Glauben abzubringen.

Am 11. August 1676 wurde sie bewusstlos in ihrer Zelle auf­ge­funden, mit Tin­ten­flecken auf Händen und Gesicht und einem Brief auf ihrem Schreib­tisch. Der Brief wurde in einem unbe­kannten Alphabet geschrieben, bestehend aus 14 Sym­bolen und 500 Buchstaben.

Sie behauptete, der Brief sei ihr während einer ihrer Beses­senheit vom Teufel dik­tiert worden und sie habe keine Ahnung, was er bedeute. Sie und ihre Mit­schwestern glaubten, dass der Brief eine Falle Satans sei, um sie dazu zu bringen, auf Gott zu verzichten.

Der Brief wurde jahr­hun­der­telang zusammen mit anderen Schriften und Gemälden von Maria Cro­ci­fissa im Archiv des Klosters auf­be­wahrt. Es war einer von meh­reren ver­schlüs­selten Briefen, die sie im Laufe ihres Lebens pro­du­zierte, aber der einzige, der überlebte.

Viele Gelehrte und Kryp­to­grafen ver­suchten, den Code zu knacken, aber keinem gelang es.

Der Code und die Software

Im Jahr 2017 erhielt eine Gruppe von For­schern des Wis­sen­schafts­zen­trums Ludum auf Sizilien eine Kopie des Briefes und beschloss, einen neuen Ansatz auszuprobieren.

Sie nutzten eine Software, die sie im Dark Web gefunden hatten und von der sie annahmen, dass sie von Geheim­diensten zum Code­knacken ver­wendet wurde.

Die Software nutzte künst­liche Intel­ligenz und Deep Learning, um die Symbole im Buch­staben mit ver­schie­denen Alpha­beten und Sprachen zu vergleichen.

Die For­scher berei­teten die Software mit antiken grie­chi­schen, ara­bi­schen, latei­ni­schen und runi­schen Alpha­beten sowie einigen erfun­denen Sym­bolen vor. Dann gaben sie ihm den Text des Briefes und war­teten auf die Ergebnisse.

Zu ihrer Über­ra­schung gelang es der Software, 15 Zeilen des Briefes zu ent­ziffern, wobei eine Mischung aus Sprachen und Refe­renzen zum Vor­schein kam.

Die Bot­schaft und die Bedeutung

Der ent­schlüs­selte Text des Briefes ent­hüllte eine bizarre und wider­sprüch­liche Bot­schaft voller Got­tes­läs­te­rungen und Belei­di­gungen gegen Gott, Jesus und den Hei­ligen Geist.

Der Brief brachte auch einige phi­lo­so­phische Gedanken über die mensch­liche Natur, den freien Willen und das Böse zum Aus­druck. Hier einige Auszüge aus dem Brief:

– „Gott glaubt, er könne Sterb­liche befreien“
– „Dieses System funk­tio­niert für niemanden“
– „Viel­leicht ist sich Styx jetzt sicher“
– „Die Heilige Drei­fal­tigkeit sind tote Gewichte“
– „Niemand kann uns bezahlen“
– „Ihr seid alle Flammen“
– „Ihr seid alle Feuer“
– „Ihr seid alle brennend“

Die For­scher kamen zu dem Schluss, dass der Brief nicht wirklich vom Teufel geschrieben wurde, sondern von Maria Cro­ci­fissa selbst.

Sie ver­mu­teten, dass sie über gute Sprach­kennt­nisse ver­fügte, die es ihr ermög­lichten, den Code zu erfinden, und dass sie mög­li­cher­weise an einer Geis­tes­krankheit wie Schi­zo­phrenie oder einer bipo­laren Störung litt, die sie dazu brachte, sich Dialoge mit dem Teufel vorzustellen.

Sie stellten auch fest, dass einige der Sätze in dem Brief denen in anderen his­to­ri­schen Texten ähnelten, bei­spiels­weise „Der Fürst“ von Niccolò Machia­velli oder „Die Stadt Gottes“ des Hei­ligen Augustinus.

Dies deutete darauf hin, dass Maria Cro­ci­fissa belesen war und von ver­schie­denen Quellen beein­flusst wurde.

Die For­scher ver­öf­fent­lichten ihre Ergeb­nisse in einem Artikel mit dem Titel „The Devil’s Letter: A Cryp­to­graphic Mystery from 1676“.

Sie erhielten auch viele Anfragen von Neu­gie­rigen und sata­ni­schen Sekten, die mehr über den Brief wissen wollten.

Das Geheimnis und die Geschichte

Der Brief von Maria Cro­ci­fissa gibt einen Ein­blick in die Geschichte der Religion, Kultur und Psy­cho­logie im Europa des 17. Jahrhunderts.

Zu dieser Zeit erlebte Europa große soziale und poli­tische Ver­än­de­rungen, wie den Auf­stieg des Abso­lu­tismus, Natio­na­lismus und Kolo­nia­lismus, den Nie­dergang des Feu­da­lismus und die Folgen des Drei­ßig­jäh­rigen Krieges.

Es war auch eine Zeit wis­sen­schaft­licher und künst­le­ri­scher Inno­va­tionen sowie reli­giöser Kon­flikte und Verfolgung.

Die katho­lische Kirche stand vor Her­aus­for­de­rungen durch die pro­tes­tan­tische Refor­mation, die Auf­klärung und den Auf­stieg des Säku­la­rismus. Sie reagierte mit der Gegen­re­for­mation, die darauf abzielte, die Kirche von innen heraus zu refor­mieren und Häresie und Anders­den­kende zu bekämpfen.

Die Kirche för­derte auch den Hei­ligen- und Reli­qui­enkult sowie die Praxis des Exor­zismus und der Hexenjagd.

In diesem Zusam­menhang erlebten viele Men­schen reli­giöse Visionen, Wunder und Besitz­tümer, die oft als Zeichen gött­lichen oder dämo­ni­schen Ein­greifens gedeutet wurden.

Einige dieser Men­schen wurden als Heilige oder Mys­tiker verehrt, während andere als Ketzer oder Hexen ver­ur­teilt wurden.

Einige von ihnen beschäf­tigten sich auch mit der Kryp­to­graphie, ent­weder um ihre Nach­richten vor Feinden zu ver­bergen oder um mit über­na­tür­lichen Wesen zu kommunizieren.

Maria Cro­ci­fissa war eine dieser Men­schen. Sie lebte in einer Zeit und an einem Ort, in dem die Grenzen zwi­schen Rea­lität und Fan­tasie, zwi­schen Glauben und Ver­nunft, zwi­schen Gott und dem Teufel ver­schwommen und umstritten waren.

Ihr Brief ist ein Zeugnis ihres per­sön­lichen Kampfes sowie der grö­ßeren his­to­ri­schen Kräfte, die ihre Welt geprägt haben.

Dieser Beitrag erschien zuerst hier: anti-matrix.com