Für diejenigen, die nicht wissen, was das ist: Die Sternsinger sind eine christlich-katholische Tradition. Sie gehen in den ersten Januartagen von Haus zu Haus und schreiben das neue Jahr links und rechts neben die Anfangsbuchstaben der biblischen drei Könige (Caspar, Melchior, Balthasar), die dem neugeborenen Jesuskind ihre Gaben in den Stall zu Bethlehem brachten: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Dazwischen stehen immer Sternchen. Das sieht für dieses Jahr so aus: 20*C*M*B*24.
Scheinheiligkeit und der Schuss ins eigene Knie
Wunderhübsch: Die katholische Kirche, die sich nicht zierte, in Mittel- und Südamerika massenhaft unter den eigentlichen Herren des Landes und den dort ansässigen Völkern einen Massenmord nach dem anderen zu begehen: Die katholischen, spanischen Conquistadores (Eroberer) garrottierten den letzten König dort und jeden anderen, der sich nicht zum katholischen Glauben bekannte. Ganze Völkerschaften wurden grausamst abgemurkst. Massenhaft.
Das ist die höchste Form des Rassismus, einer anderen Ethnie ihre Lebensform, ihre Religion, ihre Gesellschaftsform und ihr Recht auf Leben einfach so abzusprechen und zu vernichten, wenn sie nicht den katholischen Glauben annehmen und so leben und glauben, wie die neuen Herrscher. Sie haben dort damals eine hochstehende Kultur radikal vernichtet und versklavt.
Und nicht nur da, auch in Afrika. Und das alles mit der Attitüde und durch nichts belegte Überzeugung, die besseren und wertvolleren Menschen zu sein. Das zumindest, glauben sie heute noch. Welch grandiose Selbsttäuschung.
Dasselbe machte dieselbe katholische Kirche, die dem Gebot der Nächstenliebe Jesu folgend, vom Mittelalter bis in die Neuzeit massenhaft (Hunderttausende wenn nicht insgesamt Millionen) Frauen als Hexen und Teufelshuren auf dem Scheiterhaufen lebendig verbrannte. Die letzte Hexe, die 15-jährige Veronika Zerritsch, wurde 1756 auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Man gewährte ihr die Gnade, vorher geköpft zu werden. Das stand auf Gotteslästerung, Ketzerei, Zauberei und Aberglauben.
Also nichts da mit „grauer Vorzeit“. Die katholische Kirche war hier ganz vorne dabei, wie sie auch bei der berüchtigten Inquisition die Täterin war. Und meistens ging es den Frauen an den Kragen. Der wahre Grund: Die Weisen Frauen kannten von alters her Methoden, eine ungewollte Empfängnis zu verhüten, Schwangerschaft zu beenden, Frauen beim Gebären zu helfen, Wunden zu heilen, Krankheiten zu kurieren. Das stand Frauen nicht zu. Insbesondere nicht die Geburtenkontrolle. Denn es ermöglichte den Frauen, selbst zu entscheiden, wie viele Kinder sie gebären wollte. Das ging wider Gottes Wille und das Gesetz, die Frau sei dem Manne untertan.
Ausgerechnet die katholische Kirche, bzw. die katholische Jugend, wirft der AfD, die eine Frau als Parteichefin hat, Misogynie (Frauenfeindlichkeit) vor. Brüller, kann man dazu nur sagen.
Bis heute darf eine Frau kein Priesteramt in der katholischen Kirche innehaben. Seit Jahrhunderten zwingt das Zölibat den Priestern und deren „de-facto-Ehefrauen“ ein Leben in Lüge auf. Der Priester muss ledig und zölibatär leben, seine Frau wird in die Position der von der Kirche angestellten Haushälterin gedrängt. Von den Kindesmissbrauchsfällen in der Katholischen Kirche ganz zu schweigen, die diese Stellvertreter Gottes auf Erden sorgsam vertuscht haben und noch immer möglichst vertuschen. Die Opfer müssen um ihre Entschädigung auch noch kämpfen. Die massenhafte Abwanderung der Gläubigen hat ihre Gründe.
Was die Wellen der Kreuzzüge in den Nahen Osten betrifft, ist auch das kein Ruhmesblatt der Römisch-Katholischen Kirche. Es waren Eroberungszüge, die viele, viele Menschenleben kostete und noch heute nachwirkt. Die Völker dort haben die Schlachterei nicht vergessen.
Wer eine solch vorbildliche Tradition an Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Achtung vor dem Leben vorweisen kann, ist wahrlich berufen, der AfD wegen Misogynie, Hass und Extremismus die ganze Verachtung, deren man fähig ist, um die Ohren zu hauen? Das ist einfach nur peinlich.
Seit Jahren Blackfacing bei den Sternsingern
Nun muss man wissen, dass einer von den drei Königen ein Schwarzer war, angeblich war’s Melchior. Jedenfalls der Überlieferung nach. Darüber herrscht aber unter den Gelehrten keine Einigkeit. Also malt sich immer einer der drei Jungs, die da durch die Gegend ziehen, das Gesicht mit schwarzem Karnevals-Fettstift schwarz. Das nennt man blackfacing. Es kommt aus dem Amerikanischen, wird als rassistisch verurteilt und kann hier nachgelesen werden.
Heute, im Zeitalter des weißen Hypermoralismus wird das Schwarze Gesicht des Melchior der katholischen Kirche irgendwie doch peinlich. Die Seite katholisch.de schreibt im Oktober 2020:
„Sie sind seit jeher aus der Krippe nicht wegzudenken: Die heiligen drei Könige. Je nach örtlichen Gegebenheiten wandern sie an den Weihnachtstagen durch die Kirche, bis sie am sechsten Januar vor der Krippe stehen. Das fällt dieses Jahr in Ulm aus, dort muss die Krippe ohne die drei Könige auskommen. Grund dafür ist der als Schwarzer dargestellte Melchior, der – nicht zuletzt angeregt durch die Black-Lives-Matter-Proteste und das gestiegene Feingefühl für solche Sachverhalte – als Verkörperung kolonialrassistischer Stereotype betrachtet wird. Ähnliche Kritik müssen sich Sternsinger mit schwarz angemalten Gesichtern gefallen lassen, die den Melchior (andernorts ist es auch Caspar) porträtieren wollen.“
Im Grunde spricht die Bibel bei diesen Personen nur von Sterndeutern oder Magier. Und das spezifizierte sich im Lauf der Zeit zu den Heiligen drei Königen. Ist ja auch griffiger und farbenfroher, warum nicht? Erst im sechsten Jahrhundert kamen die Namen auf, und dann wurden sie zum Sinnbild der drei Menschenalter: Jugend, Erwachsener und Alter. Dazu kam dann noch, dass man den drei Figuren noch die drei im Mittelalter bekannten großen Teile der Erde, Europa, Asien und Afrika zuschrieb. Und deshalb wurde Melchior schwarz. Als Vertreter Afrikas. Also eigentlich in den Augen der damaligen Europäer eine stolze Aufgabe für ihn und kein Rassismus.
Wie auch immer: Die drei Buben (das spricht ja wohl auch schon Bände, dass ein Mädchen nicht mitmachen darf?), die diese „Heiligen drei Könige“ mimen, laufen also von Haus zu Haus, sagen ihr Segenssprüchlein auf und malen mit Kreide oben auf die Haustür ihr Signet (Siehe oben im Text). Leider kommt die Unsitte auf, dass statt von Hand und mit Kreide nach alter Väter Sitte zu tun, Einfach einen schwarzen Aufkleber mit dem entsprechenden Aufdruck in Kreide-Optik oben an die Tür zu pappen und dafür Geld zu kassieren.
Irgendwie verschwinden selbst die noch liebenswerten Seiten des Katholizismus.
Katholische Bischöfe: „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar“
Soso, die katholische Kirche grenzt sich vom Rechtsextremismus scharf ab. Ahja. Es gab damals mutige und selbstaufopfernde Widerständler gegen das Naziregime aber auch Mitläufer und Nationalsozialisten und Sympathisanten in der katholischen Kirche. Anfangs verbot die Kirche ihren Gläubigen, Mitglied bei der NSDAP zu werden. Doch nachdem die Nationalsozialisten in der Regierungsverantwortung waren, änderte sich die Lage:
„Eine Wende der katholischen Position trat im Januar 1933 ein; dem Jahr, in dem die NSDAP Regierungsverantwortung übernahm. Die Kirche stand vor einer neuen Situation, da sie sich gemäß Kapitel 13 des Römerbriefs trotz des ideologischen Gegensatzes zur Treue gegenüber der Staatsmacht verpflichtet sah. Zentrales Datum einer neuen Bewertung des Nationalsozialismus durch die katholischen Bischöfe war der sogenannte «Tag von Potsdam» am 24.03.1933, an dem Hitler in seiner oben zitierte Regierungserklärung der Kirche weitgehende kulturpolitische Zugeständnisse versprach und sich auf die christlich abendländische Tradition berief. Die Bischöfe antworteten auf dieses «Friedensangebot Hitlers», indem sie das Verbot für Katholiken, Mitglied der NSDAP zu sein, aufhoben. (…) Die wesentlichen Standpunkte der Kirche, wie sie in der Fuldaer Erklärung zum Ausdruck kommen, gelten für die ganze Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft: Die katholische Kirche erkannte die nationalsozialistische Regierung als die rechtmäßige Obrigkeit an und leistete ihr staatsbürgerlichen Gehorsam. Trotzdem hielt sie daran fest, jegliches umstürzlerische Verhalten gegenüber dem Staat zu verurteilen. So erreichte Hitler noch 1944 ein Telegramm von Seiten Kardinal Bertrams (Bischof von Breslau und Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz), welches seine Freude über das Misslingen des Attentats auf ihn zum Ausdruck brachte. Staatsbürgerlichen Gehorsam leisteten die Katholiken auch in Hitlers Krieg. Katholisch motivierte Kriegsdienstverweigerung gab es praktisch nicht.“
Die (schein)Heilige, Katholische Kirche sollte sich mehr an Jesus ausrichten
Man würde es sich zu leicht machen, der Kirche anzukreiden, dass sie sich mit den Nationalsozialisten arrangierten und nicht geschlossen gegen die Nationalsozialisten in den aktiven Widerstand gegangen sind. Obwohl viele Priester aus tiefster Überzeugung das konsequent getan haben und einige es mit ihrem Leben bezahlt haben. Sich heute, wo alle Welt nur noch in den großen Chor der überall gefeierten, woken Übergutmenschen einstimmt, weil man dann hofiert und gelobt wird, so zu äußern und Vorteile bekommt … das ist genau das, was man „Gratismut“ nennt. Das ungute Gefühl entsteht, dass das heilige Fähnchen in den günstigen Wind gedreht wird.
Jesus selbst verzieh den beiden gekreuzigten Verbrechern rechts und links neben sich ihre Sünden. Es stünde der katholischen Kirche mit ihrer hier nur grob skizzierten Geschichte gut an, ihren Hochmut etwas zu zügeln und nicht arrogant und pharisäerhaft Menschen aus ihren Reihen auszuschließen, die das, was sie tun, für gut und richtig halten und keine Straftaten begangen haben, deretwegen man sie aus den Reihen der Gläubigen ausstoßen könnte – nur, weil man heute dafür Applaus bekommt.
Die Geschichte der katholischen Kirche ist – weiß Gott – nicht fleckenlos. Es stünde ihr besser, nicht von so weit oben herab zu verurteilen, was sie selbst als katholische Kirche in ihrer Geschichte verbrochen hat.
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