Sahra Wagenknecht fordert einen Untersuchungsausschuss. Ein neuer Skandal dervon einem Skandal in der Bundesregierung poppt auf und kaum jemanden interessierts’s. Kein Wunder, die Ampel stolpert von einem Skandal in den anderen, da kann man schonmal die Übersicht verlieren. Dass an der Nordstream-Geschichte irgendetwas oberfaul war, das merkte schon Klein-Fritzchen. Nun taucht eine völlig neue Geschichte auf. Ob diese Geschichte nun stimmt? Wenn ja – und so sieht es aus, wäre das unter normalen Umständen ein sofortiger Rücktrittsgrund: Die Deutsche Regierung soll laut Wall Street Journal bereits im Vorhinein vor der geplanten Sprengung gewusst der Ölpipeline Nordstream2 gewusst haben.
Eine Neuauflage der alten Geschichte vom Segelboot-Wunderknaben-Attentat
Wie? Was? Es hieß doch erst, der Russe war’s, dann waren es ein paar durchgeknallte Ukrainer, die mit einer gemieteten Yacht auf eigene Faust zielsicher an eine Stelle geschippert sind, wo man einfach in die Tiefe taucht und mit untrüglicher Orientierung in den Weiten des Meeresbodens auch die Nordstream2-Pipeline findet und einfach so sprengt. Kriegt man alles im Baumarkt, ein paarmal MacGyver-Videos gucken und dann fluppt das mit der Pipelinesprengung. In Deutschland fabulierte ein besonders qualifizierter Top-Journalist, dass die Täter „pflanzenförmigen“ Sprengstoff an die Pipeline angebracht hätten, weil er nicht wusste, dass das englische „to plant“ auch „platzieren“ heißt. Die Sprengmeister ließen dann auch noch die gemietete Yacht mit allem möglichen Zeugs und Unmengen von Spuren einfach im Hafen stehen, wie Sprengstoffspuren, Fingerabdrücke und DNA-Proben der Besatzung und waren verschwunden. So schlampig sie im Spuren-hinterlassen waren, so meisterhaft waren sie im „in-Luft-auflösen“. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
CIA informierte den deutschen Bundesnachrichtendienst im Vorfeld
Das Wall Street Journal (WSJ)berichtete am 14. August, dass man in den oberen Etagen des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) bereits vor dem Anschlag informiert gewesen sei, dass ein Sprengstoffattentat auf die Ölpipeline aus Russland geplant ist. Die CIA habe, so die WSJ, nachdem sie von dem Plan durch den Geheimdienst der Niederlande erfuhr, daraufhin die Deutschen Kollegen informiert. Angeblich haben sowohl die Deutschen, als auch die Amerikaner das der WSJ bestätigt.
Da kommen Fragen auf. WENN die Amerikaner das wussten, warum haben sie den Ukrainern nicht die Pistole auf die Brust gesetzt und unmissverständlich klar gemacht, dass die Ukraine seeehr große Probleme bekommt, wenn sie so etwas ohne Rückendeckung der US-Regierung einfach machen. Die Lösung liegt wohl auf der Hand. Unvergessen der Auftritt von US-Präsident Joe Biden in einer Pressekonferenz des Weißen Hauses, in der er klipp und klar zu verstehen gab, dass man diese Öl-Pipeline zwischen Deutschland und Russland nicht dulden werden und dass man sehr wohl in der Lage sei, das auch zu verhindern.
Und WENN der BND es gesteckt bekommen hat, was da passieren wird, dann wusste es sofort auch die Regierung. Und warum hat sie nicht protestiert? Warum hat sie das nicht empört der Welt mitgeteilt? Sie wissen es, lieber Leser. Wir wissen es.
Wie ein paar Lamettaträger der ukrainischen Armee einen ganz tollen Plan ausgeheckt haben
Wie kamen denn die Ukrainer überhaupt auf die Idee? Das WSJ schildert das Zustandekommen folgendermaßen (Übersetzung durch mich):
„Eine Schnapsidee, wie sie kurz vor der Sperrstunde in einer Bar geboren worden sein könnte. Im Mai 2022 trafen sich eine Handvoll hochrangiger ukrainischer Militärs und Geschäftsleute, um auf den bemerkenswerten Erfolg ihres Landes bei der Eindämmung der russischen Invasion anzustoßen. Getragen von Alkohol und patriotischem Eifer schlug jemand einen radikalen nächsten Schritt vor: die Zerstörung von Nord Stream.Schließlich brachten die beiden Erdgaspipelines, die russisches Gas nach Europa transportierten, der Kriegsmaschinerie des Kremls Milliarden ein. Wie könnte man es Wladimir Putin besser für seinen Angriff heimzahlen? Knapp vier Monate später, in den frühen Morgenstunden des 26. September, registrierten skandinavische Seismologen Signale, die auf ein Unterwasserbeben oder einen Vulkanausbruch Hunderte von Kilometern entfernt nahe der dänischen Insel Bornholm hindeuteten. Auslöser waren drei gewaltige Explosionen und der größte jemals registrierte Ausstoß von Erdgas, der dem jährlichen CO2-Ausstoß Dänemarks entspricht.
Es handelte sich um einen der kühnsten Sabotageakte der modernen Geschichte und verschärfte die Energiekrise in Europa – ein Angriff auf kritische Infrastrukturen, der nach internationalem Recht als Kriegshandlung gewertet werden könnte. Es gab zahlreiche Theorien darüber, wer dafür verantwortlich war. War es die CIA? Könnte Putin selbst den Plan in die Tat umgesetzt haben?
Jetzt können zum ersten Mal die Umrisse der wahren Geschichte erzählt werden. Die ukrainische Operation kostete nach Angaben von Beteiligten rund 300.000 Dollar. Beteiligt war eine kleine gemietete Jacht mit einer sechsköpfigen Besatzung, darunter ausgebildete zivile Taucher. Eine davon war eine Frau, deren Anwesenheit dazu beitrug, die Illusion zu erzeugen, es handele sich um eine Gruppe von Freunden auf einer Vergnügungskreuzfahrt.“
Einer der Offiziere, der an der Pipeline-Verschwörung teilgenommen hat, erzählte dem WSJ fröhlich, er müsse immer lachen, wenn die Medien spekulieren, was für eine riesige Operation da gestartet worden sei: Geheimdienste, U‑Boote, Drohnen und Satelliten … das Ganze sei aus einer durchzechten Nacht entstanden und aus der „eisernen Entschlossenheit einer handvoll Leute, die den Mut hatten, ihr Leben für ihr Land zu riskieren“.
Die Amerikaner sollen versucht haben, den Plan zu verhindern und Selenskyj unter Druck gesetzt?
Präsident Selenskyj habe den Plan sogar zuerst gebilligt, erzählt ein „Offizier“. Doch dann habe die CIA davon erfahren und Selenskyj „aufgefordert“, den Geldhahn für dieses Unternehmen zuzudrehen. Daraufhin habe der ukrainische Präsident angeordnet, das Unterfangen zu stoppen. Doch Selenskyjs Oberbefehlshaber Valeriy Salushniy, weigerte sich und machte angeblich auf eigene Faust weiter.
Das klingt nicht besonders überzeugend. Die Ukraine ist in der Hand der USA. Die USA bestimmen, was da passiert, ohne die USA hört die Ukraine ziemlich sofort auf, zu existieren. Die USA nötigt den Rest der „Westlichen Welt“ dazu, den Ukrainern Waffen zu liefern und riesige Geldsummen zukommen zu lassen. Nichts geht da gegen den Willen der Amerikaner. Ja, vielleicht kleinere Maggeleien, aber nicht ein Unternehmen dieser Größenordnung. Valeriy Salushniy und seine kleine Haudegentruppe wäre tot gewesen, bevor sie überhaupt richtig angefangen hätten. Und die Sprengung der Pipeline liegt einhundert Prozent im Interesse der US-Politik.
Braucht die US-Regierung eine bessere Geschichte, als ein paar Ausflügler auf dem Segelboot?
Ich mag ja völlig falsch liegen, aber das Ganze liest sich, als ob die US-Regierung eine wasserdichte Geschichte zu ihrer Entlastung braucht. Das mit dem privaten Segelboot-Anschlag hat keiner so wirklich geglaubt. Die Situation in der Ukraine ist nicht so, wie die US-Politik sich das vorgestellt hat. Die NATO-Verbündeten fangen im Geheimen an, an der ganzen Mission zu zweifeln. Russland lässt sich weder einschüchtern, noch aushungern. Im Gegenteil. Die russische Wirtschaft wächst. Eine klare Überlegenheit der USA lässt sich nicht erkennen. Die Ukraine ist ausgeblutet und hat keine Leute mehr, die an der Front kämpfen wollen und der Todeszoll ist enorm. All das kratzt arg an der westlichen Führungsmacht USA.
Unter der Hand denkt doch jeder, dass es die USA waren – oder Großbritannien oder beide, die die Schlagader des wertvollen Öls nach Deutschland aufschlitzen wollten. Dass sie dabei vielleicht ukrainische Militärs benutzt haben, ja, warum nicht. Aber das die US-Regierung den Ukrainern das Spreng-Unterfangen verboten haben, das ist sehr, sehr schwer zu glauben. Aber man konnte jetzt nicht mehr mit noch einer völlig anderen Geschichte daherkommen. Niemand hätte laut etwas gesagt, aber keiner hätte es geglaubt. Daher müssen Zeugen und begleitende Geschichten abgesprochen werden, die sich zwar ziemlich abgedreht anhören, das ist nicht zu vermeiden, aber auch nicht zu widerlegen. Und das reicht den USA eigentlich immer, wie wir seit 9/11 wissen.
Unter dem WSJ-Artikel schreibt ein Leser (Übersetzung durch mich):
„Ich war Beta-Taucher für Oceanic und habe 300+ 100-Fuß-Tauchgänge gemacht … mit Druckluft. Tagestauchgänge, keine Probleme. Nachttauchgänge können verwirrend sein … jetzt kommen fette, betrunkene Typen in Neoprenanzügen, ein schwankendes Segelboot, Plastiksprengstoff und Zünder dazu. Und vergessen wir nicht, dass dieselbe Geheimdienstbrudershaft, die die Details dieses Märchens ausgeplaudert hat, auch die russische Desinformations-Falschmeldung ersonnen hat. Diese Geschichte ist totaler Schwindel. Mit dem traditionellen „weder bestätigen noch dementieren“ wäre sie schmackhafter gewesen. Ein weiterer Risikofaktor sind die Strömungen in diesem offenen Wasser. Sie müssen heftig sein. Das Boot würde sich wälzen und schwanken, ganz zu schweigen von den Tauchern in der Tiefe, die versuchen, stabil zu bleiben. Keine Chance.“
Dazu passt auch die Reaktion von General Valeriy Salushniy. Der ist heute ukrainischer Botschafter in Großbritannien – und damit vor Strafverfolgung sicher. In einer SMS-Unterredung sagte er, er wisse nichts von so einer Operation und „jede gegenteilige Behauptung sei reine Provokation“. Die ukrainischen Streitkräfte seien gar nicht befugt, Auslandseinsätze durchzuführen und er sei deshalb auch gar nicht daran beteiligt gewesen. Da schert offenbar einer aus der ihm zugedachten Rolle aus.
Weiter berichtet das WSJ: „Ein hochrangiger Beamter des wichtigsten ukrainischen Geheimdienstes SBU bestritt, dass seine Regierung etwas mit den Sabotageakten zu tun habe, und sagte, dass insbesondere Selenskyj „die Durchführung solcher Aktionen auf dem Territorium von Drittstaaten nicht gebilligt und keine entsprechenden Befehle erteilt habe“.
Das ist ein typisches Problem, das bei abgesprochenen Geschichten auftritt. Nicht alle halten sich an ihre vorgesehene Rolle. Und wenn jemand gefragt wird, der nicht eingeweiht ist, aber Bescheid weiß, sprengt derjenige die schöne Erzählung. Es ist kein Beweis dafür, dass es eine Fake-Geschichte ist, aber es riecht sehr intensiv danach.
Muss die US-Regierung ihren angekratzten Führungsstatus wieder festigen?
Da es den USA als dem Klassenbully eigentlich komplett egal sein könnte, was man ihm glaubt oder nicht, erscheint es möglich, dass sich vielleicht Risse im westlichen Bündnis zeigen. Die Völker Europas wollen keinen Krieg mit Russland. Die Opfer und Kosten des Ukrainekrieges werden zu hoch. Es verunsichert vielleicht auch andere westliche Länder zu sehen, wie die USA mit einem treu ergebenen NATO-Mitglied wie Deutschland umgeht. Blüht ihnen so etwas im Zweifelsfall auch? Und auch die zerstörte Ukraine könnte bei einigen NATO-Ländern die Frage aufwerfen, ob es eine so gute Idee war, den Euro-Maidan anzuzetteln und diese Konfrontation seitdem immer weiter hochzukochen. Wird es am Ende in Europa so aussehen, wie in den ukrainischen Kampfgebieten?
Also musste vielleicht eine wilde Geschichte her, die die Rolle der USA bei der Nordstream2-Sprengung in einem guten Licht erscheinen lässt – und die Ukraine spielt mit, weil sie muss. Gleichzeitig musste ein militärischer Erfolg her, um die Moral in den Vasallenländern der NATO wieder hoch zu bekommen. Ständige Geländeverluste und Zigtausende Tote für nichts, das verbreitet Pessimismus. Wie also die Moral wieder heben?
Das könnte das Geheimnis hinter dem Husarenstück auf Kursk sein. Denn Videos und Berichte zeigen, dass dort westliche Truppen in ukrainischen Uniformen tummeln und sich englische Befehle zubrüllen. Der Erfolg wird gefeiert, die Moral steigt wieder – und die Gefahr, dass da Zweifel unter den NATO-Ländern aufkommen ist erst einmal gebannt.
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