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Moral in Selen­skijs Armee schrumpft rapide: Ver­schwin­dende Kampf­moral in der Ukraine

Nach zwei­einhalb Jahren Zer­mür­bungs­krieg sinkt die Moral in der ukrai­ni­schen Armee nun rapide, berichtet CNN. Ukrai­nische Poli­tiker sind nun gezwungen, Zuge­ständ­nisse zu machen bei den­je­nigen, die beim ersten Mal deser­tieren: sie gehen straffrei aus.

Der Sender hat mit meh­reren Sol­daten gesprochen, die es satt haben, das Sterben und Töten an der Front zu sehen. Dima, ein ehe­ma­liger Batail­lons­kom­mandeur, der 800 Mann anführte, ist ein Bei­spiel für Männer, die einfach müde wurden. Seine Einheit nahm an einigen der blu­tigsten Schlachten teil, zuletzt in der Nähe der stra­te­gisch wich­tigen Stadt Pokrowsk in der Ost­ukraine, die nun kurz davor steht, in rus­sische Hände zu fallen.

Nachdem Dima mit ansehen musste, wie die meisten seiner Sol­daten starben oder schwer ver­letzt wurden, verließ er die Front und nahm einen Schreib­tischjob in Kiew an. »Ich konnte es nicht länger ertragen, den Tod meiner Männer zu sehen«, sagte Dima gegenüber CNN, während er vor seinem neuen Büro ket­ten­rau­chend stand.

Besonders kri­tisch ist die Lage in Pokrowsk und an anderen Teilen der Ost­front. Mehrere ukrai­nische Ein­heiten wurden durch die anhal­tende Offensive Russ­lands dezi­miert, und da nur wenige Ver­stär­kungen zur Ver­fügung stehen, sind die Sol­daten erschöpft und demo­ra­li­siert. Die neu rekru­tierten Sol­daten, die oft jung und uner­fahren sind, haben sich fast nie frei­willig für den Krieg gemeldet, wurden aber in der Praxis oft von den Behörden auf den Straßen ukrai­ni­scher Städte ent­führt. Für sie sind die Kämpfe über­wäl­tigend geworden.

»Wenn neue Sol­daten die Menge an feind­lichen Drohnen, Artil­lerie und Gra­nat­werfern sehen, ver­lassen sie ihre Stel­lungen oder weigern sich, in die Schlacht zu ziehen«, sagt ein anonymer Kom­mandant, der immer noch bei Pokrowsk kämpft. Ukrai­nische Poli­tiker waren zu Zuge­ständ­nissen gezwungen, da immer mehr Men­schen sich wei­gerten, sie zu ver­tei­digen. Eine Geset­zes­än­derung ermög­licht es Sol­daten, die ohne Erlaubnis deser­tieren oder ihren Posten ver­lassen, beim ersten Mal einer Bestrafung ent­gehen zu lassen. Viele Kom­man­deure haben sich jedoch dazu ent­schieden, Deser­teure gar nicht erst zu melden, in der Hoffnung, dass die Sol­daten frei­willig zurückkehren.

Andriy Horetskyi, ein ukrai­ni­scher Offizier, der sich auf die psy­cho­lo­gische Unter­stützung der Truppen spe­zia­li­siert hat, hat diese mora­li­schen Pro­bleme aus nächster Nähe gesehen. »In der Mono­tonie des Krieges können kleine Pausen vom Alltag, wie eine richtige Dusche oder ein Sprung in einen See, einen großen Unter­schied machen«, sagt Horetskyi gegenüber CNN. Aller­dings haben die Kämpfe nicht nur die Moral geschwächt, sondern auch interne Pro­bleme innerhalb der ukrai­ni­schen Streit­kräfte geschaffen. Man­gelnde Kom­mu­ni­kation zwi­schen den Ein­heiten hat dazu geführt, dass einige Posi­tionen unge­schützt waren, und in einigen Fällen hat die Signal­störung der Ukraine selbst die Koor­di­nierung auf dem Schlachtfeld behindert.

Trotz der sich ver­schlech­ternden Lage an der Ost­front ver­sucht die Ukraine wei­terhin, ihre Streit­kräfte durch Offen­siven zu stärken, wie bei­spiels­weise die jüngste Ope­ration südlich der rus­si­schen Region Kursk. Obwohl dieser Einsatz die Moral im Land stärkte, sind viele Sol­daten vor Ort skeptisch.

Soge­nannte Pio­niere, ukrai­nische Kampf­pio­niere, die für die Minen­räumung und die Vor­be­reitung von Ver­tei­di­gungs­stel­lungen ver­ant­wortlich sind, stehen der Stra­tegie skep­tisch gegenüber. »Es fühlt sich seltsam an, auf rus­si­schem Boden zu kämpfen, wenn wir eigentlich unser eigenes Land ver­tei­digen sollten«, sagt einer von ihnen, erschöpft nach einer langen Mission. Dima, der darüber nach­denkt, in den Kampf zurück­zu­kehren, erklärt, dass er in Zukunft keine emo­tio­nalen Bin­dungen zu seinen Sol­daten auf­bauen werde. »Ich habe beschlossen, mich emo­tional nicht mehr an Men­schen zu binden. Es sei eine schlechte Stra­tegie, aber die ver­nünf­tigste«, meint er gegenüber CNN.

Zuerst erschienen bei freiewelt.net.