Noch im August erzählte man uns die gar erstaunliche Geschichte, dass es das ukrainische Militär war, das auf eigene Faust und mit minimalen Mitteln diese Gaspipeline gesprengt habe. Nachdem das völlig unwahrscheinliche Märchen von den „fünf Mann (eine Frau) in einem Segelboot“ von jedem Marinetaucher als völlig unwahrscheinlich abgetan wurde, zumal das Boot voller Fingerabdrücke und Überbleibsel etc. im Hafen einfach stehengelassen wurde und vor platzierten Indizien nur so strotzte, musste ja ein anderes Narrativ her. Nun waren es Ukrainische Militärs, die die Nordstream 2 gesprengt haben sollen. Jetzt aber kommen neue Beweise ans Licht, dass es eben doch die US-Navy gewesen sein muss.
Fünf Mann auf einem Boot, Version 2.0
Wir hier auf den Unbestechlichen hatten ja diese neuerliche Geschichte aus dem August ein bisschen abgeklopft und je tiefer man grub, desto weniger hielt das Narrativ das Wasser. Das Wall Street Journal berichtete damals die Geschichte so:
„Eine Schnapsidee, wie sie kurz vor der Sperrstunde in einer Bar geboren worden sein könnte. Im Mai 2022 trafen sich eine Handvoll hochrangiger ukrainischer Militärs und Geschäftsleute, um auf den bemerkenswerten Erfolg ihres Landes bei der Eindämmung der russischen Invasion anzustoßen. Getragen von Alkohol und patriotischem Eifer schlug jemand einen radikalen nächsten Schritt vor: die Zerstörung von Nord Stream. Schließlich brachten die beiden Erdgaspipelines, die russisches Gas nach Europa transportierten, der Kriegsmaschinerie des Kremls Milliarden ein. Wie könnte man es Wladimir Putin besser für seinen Angriff heimzahlen? Knapp vier Monate später, in den frühen Morgenstunden des 26. September, registrierten skandinavische Seismologen Signale, die auf ein Unterwasserbeben oder einen Vulkanausbruch Hunderte von Kilometern entfernt nahe der dänischen Insel Bornholm hindeuteten. Auslöser waren drei gewaltige Explosionen und der größte jemals registrierte Ausstoß von Erdgas, der dem jährlichen CO2-Ausstoß Dänemarks entspricht.“
Interessanterweise sollen die Amerikaner versucht haben, diesen Plan zu stoppen und Selenskyj unter Druck gesetzt haben, aber die Sache lief schon und konnte nicht gestoppt werden: Präsident Selenskyj habe den Plan sogar zuerst gebilligt, erzählt ein „Offizier“. Doch dann habe die CIA davon erfahren und Selenskyj „aufgefordert“, den Geldhahn für dieses Unternehmen zuzudrehen. Daraufhin habe der ukrainische Präsident angeordnet, das Unterfangen zu stoppen. Doch Selenskyjs Oberbefehlshaber Valeriy Salushniy, weigerte sich und machte angeblich auf eigene Faust weiter. Wer’s glaubt …
Denn es gibt immer Leute, die so etwas beurteilen können. Da schrieb unter dem WSJ-Artikel ein Profi-Taucher:
„Ich war Beta-Taucher für Oceanic und habe 300+ 100-Fuß-Tauchgänge gemacht … mit Druckluft. Tagestauchgänge, keine Probleme. Nachttauchgänge können verwirrend sein … jetzt kommen fette, betrunkene Typen in Neoprenanzügen, ein schwankendes Segelboot, Plastiksprengstoff und Zünder dazu. Und vergessen wir nicht, dass dieselbe Geheimdienstbruderschaft, die die Details dieses Märchens ausgeplaudert hat, auch die russische Desinformations-Falschmeldung ersonnen hat. Diese Geschichte ist totaler Schwindel. Mit dem traditionellen „weder bestätigen noch dementieren“ wäre sie schmackhafter gewesen. Ein weiterer Risikofaktor sind die Strömungen in diesem offenen Wasser. Sie müssen heftig sein. Das Boot würde sich wälzen und schwanken, ganz zu schweigen von den Tauchern in der Tiefe, die versuchen, stabil zu bleiben. Keine Chance.“
„Es ist nichts so fein gesponnen, dass es nicht kommt ans Licht der Sonnen“
Also, die Segelyacht-Version mit fünf Mann Besatzung inklusive einer Alibi-Frau hat niemand geglaubt. Also musste was Neues her. Weil auch niemand an die Erstversion vom bösen Putin geglaubt hat, gab es nicht viele Möglichkeiten. Also musste man die Version 2.0, Boot mit ukrainischen Tätern etwas aufpeppen. Das bot sich schon deshalb an, weil man jede erwünschte Aussage von den Ukrainern maßgeschneidert bestellen konnte. Die konnten gar nicht anders, als alles zu bestätigen, was die USA ihnen vorgaben. Außer General Salushniy. Der ist heute ukrainischer Botschafter in Großbritannien – und damit vor Strafverfolgung sicher. In einer SMS-Unterredung sagte er, er wisse nichts von so einer Operation und „jede gegenteilige Behauptung sei reine Provokation“. Die ukrainischen Streitkräfte seien gar nicht befugt, Auslandseinsätze durchzuführen und er sei deshalb auch gar nicht daran beteiligt gewesen. Da schert offenbar einer aus der ihm zugedachten Rolle aus.
Auch das WSJ schreibt:
„Ein hochrangiger Beamter des wichtigsten ukrainischen Geheimdienstes SBU bestritt, dass seine Regierung etwas mit den Sabotageakten zu tun habe, und sagte, dass insbesondere Selenskyj „die Durchführung solcher Aktionen auf dem Territorium von Drittstaaten nicht gebilligt und keine entsprechenden Befehle erteilt habe“.
So ist das eben mit erfundenen und erlogenen Geschichten. Sie sind nie wirklich perfekt und es braucht nur einer auszuscheren oder jemand hat etwas gesehen, schon fällt man über die eigenen Füße, wenn man das mit hektisch schnell erfundenen Behauptungen wieder reparieren muss – und sich dabei in immer größer werdende Widersprüche verwickelt. Auch, wenn nur die Bescheid wissen, die direkt daran beteiligt sind: Es gibt immer jemanden, den man nicht eingeweiht hat, der sich aber auskennt und weiß, dass die offizielle Geschichte nicht stimmen kann.
Ein dänischer Hafenmeister gibt den entscheidenden Hinweis
John Anker Nielsen ist ein erfahrener Hafenmeister auf der dänischen Insel Christiansø. Die Insel liegt vor Bornholm in der Nähe der Stelle, an dem die Anschläge, auf die NordStream-Pipeline verübt wurden.
In den ersten Tagen durfte er nichts sagen, aber jetzt, nach einiger Zeit kann er verraten, dass in den Tagen vor den Anschlägen Schiffe an der Insel vorbeigefahren sind, die ihre Funkgeräte ausgeschaltet hatten. Es stellte sich heraus, dass es sich um amerikanische Marineschiffe handelte.
Als Nielsen mit der Rettungsbrigade in die Nähe der Schiffe kam, wurde er brüsk aufgefordert, umzukehren, schreibt die dänische Zeitung Politiken. Niemand durfte sich nähern:
Listen to this man:
“For the first few days, the harbor master said he was “not allowed to say a thing”. But today, John Anker Nielsen can reveal that four or five days before the Nord Stream blasts, he was out with the rescue service on Christiansø because there were some… pic.twitter.com/t6euaNH01c
— Erik Andersson 🐘 (@Erkperk) September 27, 2024
Hafenmeister Nielsen sieht es genauso, wie der berühmte amerikanische Journalist Seymour Hersh, der die USA für die Täter der Sabotage hält.
Und dann kümmert sich ein emsiger Rechecheur auch noch um die Sache
Laut einem User auf „X“, Erik Andersson, handelte es sich um einen Konvoi, der von der USS Kearsarge angeführt wurde. Er stellte fest, dass die Rettungsmannschaften am 21. September 2022 um 18.43 Uhr den Hafen verließen und sich auf den Weg zum Ort der Angriffe machten. Auf halbem Weg drehte das Rettungsboot plötzlich um. Und der Hafenmeister könne das nicht erfinden, meint Andersson, denn er war nicht allein auf dem Rettungsschiff, und es wurde ihm befohlen, sich von den amerikanischen Kriegsschiffen fernzuhalten. In der Folge zeigt Erik Andersson in mehreren Tweets auf, was dafür spricht, dass es amerikanische Kriegsschiffe waren, die die russische Gaspipeline gesprengt haben:
I found a rescue vessel which left Christiansö late afternoon on the 21:st of Sept 2022, and headed in the direction of the northern explosions sites. It stopped half way for about 10 minutes (yellow pin) , 730PM before turning back. pic.twitter.com/YblsVsAuWq
— Erik Andersson 🐘 (@Erkperk) September 27, 2024
Der Text unter zum oberen Teewt mit dem Rettungsboot-Foto:
„Das kleine Rettungsboot von Christiansø wollte nur nach ein paar Schiffen sehen, weil die keine Signale sendeten und nicht auf Funkrufe antworteten. Das war etwa um dieselbe Zeit, als der US-Navy-Konvoi, angeführt von der USS Kearsarge, vorbeifuhr, aber diese Schiffe fuhren volle Fahrt voraus und hatten ihr AIS eingeschaltet. (AIS steht für “Automatic Identification System” und ist ein Kommunikationssystem, das über registrierte Kanäle im maritimen mobilen VHF Band als selbstorganisiertes Zeitschlitzverfahren operiert.)
Hier der Text zu unterem Tweet mit dem Wasserbild. Wenn man auf das Bild drückt, erscheint ein größeres Bild von Christiansø und die zwei kleinen roten „Vulkan-Icons“ sind die Explosionen der einen Stelle:
„Ich habe ein Rettungsschiff gefunden, das am späten Nachmittag des 21. Septembers 2022 die Insel Christiansø verließ und in Richtung der Explosionsstelle von Nordstream 2 fuhr. Es hielt auf dem halben Wege für etwa 10 Minuten an (gelber PIN), 7:30 Nachmittags, bevor es wieder zurückfuhr.“
Also, das Rettungsschiff mit John Anker Nielsen war tatsächlich zu dieser Zeit in Richtung der Sprengstelle gefahren, weil die Hafenwache dort „verdunkelte“ Schiffe bemerkt hatte und gucken wollte, was da los war und ob jemand in Seenot geraten war. Sie wurden aber von dem amerikanische Kriegsschiff-Convoi brüsk abgewimmelt.
Wer suchet, der findet!
John Anker started his trip towards the American war ships at 6:43PM on September 21, 2022. USS Kearsarge was “dark” at the time, and about 40 km away IF it held the same course and speed as it did after turning on AIS at 7:13PM. Where was Kearsarge when dark? John must have… pic.twitter.com/DuwqG4wM4B
— Erik Andersson 🐘 (@Erkperk) September 28, 2024
Die Rettungsfahrt von John Anker Nielsen führte ihn tatsächlich nah an den USS Kearsage-Konvoi und die US Navy-Schiffe schalteten ihr AIS etwa eine Viertelstunde nach dieser Begegnung wieder ein. Das belegt der nächste Tweet, allerdings muss man sich da etwas hineinfuchsen. Fachleute werden es erkennen.
Das Bild darunter belegt laut dieser offiziellen Aufzeichnung, mit Uhrzeit und Position, dass, wie der Text besagt, John Anker seine Fahrt auf die Amerikanischen Kriegsschiffe am 21, September 2022 um 18:43 antrat. Zu diesem Zeitpunkt war die USS Kearsarge „dunkel“ (also nicht auf dem Funk) und etwa ungefähr 40 Kilometer weit weg, FALLS es denselben Kurs und dieselbe Geschwindigkeit hielt, wie sie bereits hatte, nachdem sie das AIS um 19:13 einschaltete. Wo war die Kearsarge, als sie „dunkel“ war? John Anker muss das auf seinem Radar gesehen haben oder auf einem anderen Weg davon erfahren haben, bevor er losgefahren ist.
Und noch etwas erscheint rätselhaft. Erik Andersson hat tief gegraben und das nächste Rätsel dazu gefunden. Im oberen Tweet gibt es ein Video, wie die USS Kearsarge den Hafen von Danzig verlässt. „Das geschah am 19. September. Die Fahrt zu der Stelle, wo sie wieder das AIS angeschaltet hat, wäre bei normaler Fahrtgeschwindigkeit in 12 Stunden erreicht. Aber sie (die Kearsarge) brauchte 60 Stunden, um an diese Stelle zu kommen. Da war Zeit genug für andere Aktivitäten.“
Eingebettet in den Tweet ist ein Video von der Abfahrt der USS Kearsarge aus Danzig.
Seems like Arlington came from the North, having visited Visby the day before (September 20, 2022). https://t.co/A9zVSn9M4G
— Erik Andersson 🐘 (@Erkperk) September 30, 2024
Erik Andersson hat noch etwas gefunden, was darunter steht:
„Wie es scheint, kam die Arlington aus dem Norden, nachdem sie am Tag vorher Visby besucht hat (20. September 2022)“
Darunter einen Ausschnitt aus der schwedischen Zeitung : „Während des Dienstags bekam VISBY einen Besuch als das amerikanische Amphibien-Angriffsschiff USS Arlington einen Besuch abstattete. (Das stand in der schwedischen Zeitung „Expressen Nyheter“)
If Kearsarge just wanted to go home from Gdansk, it would have been closer to go south of Bornholm like the US military tanker McKinney did around the same time. pic.twitter.com/EgFUwRE0jp
— Erik Andersson 🐘 (@Erkperk) September 30, 2024
Dass die USS Kearsarge eine Aufgabe dort zu erledigen hatte, liegt auch nahe. Denn, wie Erik Andersson schreibt und mit einem offiziellen Bild (oben) aus den erfassten Schiffsbewegungen illustriert:
„Wenn die Kearsarge nur von Danzig nach Hause wollte, wäre es näher gewesen, südlich von Bornholm zu fahren, so, wie es der US-Militär-Tanker Mount McKinney ungefähr zur selben Zeit machte.“
Hier kann man auch noch einmal sehen, wie das Boot von John Anker Nielsen von dem kleinen Inselchen Christiansø (schräg rechts oben vor Bornholm, was in der Mitte des Bildes liegt) in Richtung Kearsarge geschippert ist. Mit Klick auf das Bild vergrößert sich die Ansicht.
Erik Andersson hat John Anker Nielsen gefragt. Der sagte nur, dass er über das, was er der Zeitung „Politkken“ sagte, nichts hinzuzufügen habe.
Und hier schreibt Erik Andersson noch:
„Nur zur Vollständigkeit. Der US-Raketen-Zerstörer USS Paul Ignatius war am Tag der Explosionen (26. September) in Gdynia (direkt neben Danzig in Polen). Dann fuhr (die USS Paul Ignatius) in Richtung des Tatortes, wobei sie sich in den AIS Meldungen als ein griechisches Containerschiff ausgab. Siehe die roten Punkte in der Grafik unten.
We know that it was Paul Ignatius “guarding the crime scene” because a reporter on board the danish investigator dive boat wrote “they could hear the radar cranking on Paul Ignatius” https://t.co/WCnAaCER88
— Erik Andersson 🐘 (@Erkperk) October 1, 2024
Reger Verkehr und seltsame Betriebsamkeit von Schiffen der Anrainerstaaten
Dann gibt es einen weiteren gut informierten User auf X, Mads Korsager, den Journalisten, der sich alles ansah, was da an diesem Tag und danach um den Tatort „Nordstream 2“ herumwimmelte. Zum Beispiel schreibt er zu dem Tweet unten: „Assist“ bei der Arbeit in der Nordzone bei den (Nordstream-Explosionsstellen) am Montag. Das Spezialgebiet des Schiffes sind Offshore-Unterwasserarbeiten. Am Wochenende lag es über dem südlichen Leck näher an Bornholm.
“Assister” på arbejde i den nordlige zone ved #NordstreamLeaks mandag. Fartøjets ekspertise er off-shore undervandsarbejde. I weekenden lå det over sydlige læk tættere på #Bornholm — @Energistyr kender ikke noget til skibet @forsvaretdk tier af operative hensyn stille (1/6) pic.twitter.com/801ac4gi9Q
— Mads Korsager (@MadsKorsager) October 11, 2022
Dass die USS Paul Ignatius die den „Tatort bewachte“ wissen wir daher, dass dieser Reporter, ebenjener Mads Korsager, auf einem dänischen Ausforschungs-Tauchschiff geschrieben hat: „Sie konnten das Radar auf der Paul Ignatius hören.
Mads Korsager berichtet ebenfalls auf „X“:
„Am Montag befand sich auch der Raketenzerstörer „USS Paul Ignatius“ in der Nähe von „Assister“. Wir konnten das Summen des Radars über unsere Gegensprechanlage hören. Zusammen mit einem Versorgungsschiff steuerte es etwa zur gleichen Zeit die (Stelle der Explosionen) in der Ostsee an.
Und ein deutsches Schiff hielt sich auch im Umkreis auf.
Desweiteren kreuzte auch eine schwedische Corvette der Yisby-Klasse in der Umgebung aund weiter weg in der Umgebung, Richtung Bornholm, lagen die Fregatten.
Was auch immer all die Schiffe dort zu suchen hatten, eines scheint doch gewiss zu sein: Ein Boot mit einigen ukrainischen Kampftauchern an dieser Stelle wäre todsicher aufgefallen. Es wäre gar nicht bis zu dieser Stelle gekommen. Also: Beerdigung erster Klasse für die Geschichte „Fünf Mann auf einem Boot, Version 2.0“.
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