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INSA: 78 Prozent der Deut­schen haben Angst, ihre Meinung frei zu äußern

Seit vielen Jahren fallen die Umfra­ge­er­geb­nisse zur Lage der Mei­nungs­freiheit in Deutschland immer erschre­ckender aus. Mit der neu­esten Mei­nungs­er­hebung des INSA-Insti­tutes erreicht diese für Demo­kratie und Rechts­staat erschüt­ternde Ent­wicklung einen neuen Höhe­punkt: Eine deut­liche Mehrheit von 78% ist über­zeugt, dass Per­sonen aus Angst vor Kon­se­quenzen ihre Mei­nungen nicht frei sagen. INSA-Chef Hermann Binkert kommentiert.

Mich per­sönlich hat das Ergebnis unserer Umfrage erschreckt, bei der fast vier von fünf Befragten (78 Prozent) sagen, dass sie glauben, manche Per­sonen äußerten ihre Mei­nungen nicht, weil sie Angst vor Kon­se­quenzen hätten.

Nur jeder Neunte (11 Prozent) sieht das anders. Unab­hängig von ihrem Geschlecht, ihrem Alter, der poli­ti­schen Prä­ferenz, der Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rigkeit oder des Bun­des­landes glaubt jeweils eine deut­liche Mehrheit, dass Per­sonen aus Angst vor Kon­se­quenzen ihre Mei­nungen nicht frei sagen.

Eigene Erfah­rungen der Befragten

Wenn man dann konkret fragt, ob der Befragte selbst schon einmal ein Erlebnis hatte, in welchem er das Gefühl hatte, seine Meinung nicht frei äußern zu können, ist das Ergebnis gespalten: 43 Prozent der Befragten hatten ein solches Erlebnis schon einmal, 43 Prozent hatten ein solches Erlebnis noch nicht. Absolut-mehr­heitlich kannten nur Wähler der AfD (74 Prozent) und des BSW (57 Prozent) aus eigener Erfahrung dieses Erlebnis.

Auch die unter 40-Jäh­rigen (je 53 Prozent) haben absolut-mehr­heitlich selbst schon negative Erfah­rungen mit einer freien Mei­nungs­äu­ßerung gemacht, bei den 40- bis 49-Jäh­rigen sagt das noch die relative Mehrheit der Befragten (49 Prozent) und unter den 50 bis 69-Jäh­rigen hat nur eine Min­derheit von je 43 Prozent diese Erfahrung gemacht. Bei den über 70-Jäh­rigen nicht einmal jeder Vierte (24 Prozent).

Freie Gesell­schaft am Sterben

90 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass das Recht auf freie Mei­nungs­äu­ßerung zu den Bestand­teilen einer freien Gesell­schaft gehört, aber nur 60 Prozent denken, dass das Recht auf freie Mei­nungs­äu­ßerung in Deutschland gewähr­leistet ist. 36 Prozent sehen dieses Recht in Deutschland nicht gewährleistet.

In West­deutschland sehen 62 Prozent das Recht auf freie Mei­nungs­äu­ßerung garan­tiert, in Ost­deutschland 52 Prozent.  Außer bei AfD (25 Prozent gewähr­leistet, 74 Prozent nicht gewähr­leistet) und BSW (39 Prozent gewähr­leistet, 59 Prozent nicht gewähr­leistet) sieht eine Mehrheit der Wähler aller anderen im Bun­destag ver­tre­tenen Par­teien das Recht auf freie Mei­nungs­äu­ßerung in Deutschland als gewähr­leistet an (71 bis 87 Prozent).

Mit­wir­kungs­pflicht

Wir Mei­nungs­for­scher achten immer auf soziale Erwünschtheit. Es ist mir darüber hinaus aber auch ein per­sön­liches Anliegen, dass niemand im gesell­schaft­lichen Diskurs Angst davor hat, seine Meinung zu sagen. Artikel 5 des Grund­ge­setzes schützt das Mit­wir­kungs­recht jedes Bürgers an der Mei­nungs­bildung. Ich selbst ver­stehe dieses Mit­wir­kungs­recht aber sogar als Mitwirkungspflicht.

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Quelle: INSA-NEWS Ausgabe 485, 48. KW, 29.11.2024

Der Artikel erschien zuerst hier: philosophia-perennis.com