Aktivisten einer christlichen Gemeinde stürmten mit 50 Männern in Auckland (Neuseeland) eine Lesung der Drag-Community. Diese Lesung fand in einer Stadtbibliothek statt. Auf Videos in den sozialen Netzwerken ist zu sehen, wie Männer der „Man Up Brotherhood“ in das Gebäude eindringen und auf einer Treppe die Wachen der Veranstaltung wegdrängen. Bevor sie sich jedoch zu den Türen des Lesesaals voranarbeiten konnten, kam die vom Veranstalter herbeigerufene Polizei dazu und eskortierte die Gruppe hinaus.
Diese Lesung eines „Drag-Kings“ einem Vorort von Auckland fand in der Bibliothek eines Gemeindezentrums statt. Ein Drag-King ist das Äquivalent zur Drag-Queen. Letztere ist ein biologischer Mann in Frauenkleidern, der zumeist sehr kostümhaft übertrieben und überschminkt auch übertrieben klischeehafte, weibliche Attitüden aufführt, meistens nur zu Auftritten in Varietés oder anderen Shows. Im „normalen“ Leben sind die meisten gar nicht irgendwie auffällig. Der entsprechende „Drag-King“ ist demzufolge eine biologische Frau, die sich zu Auftritten betont männlich kostümiert und überzogen-männliche Verhaltensweisen zeigt. Dieser Drag-King, um den es hier geht, las in der Bibliothek aus einem Kinderbuch vor.
Das ganze fand im Rahmen der Pride-Festtage statt, wo für Dia Akzeptanz und die Rechte queerer Menschen geworben werden soll. In der Bibliothek wurden in bunten Verkleidungen Bilder über das Wetter und den Himmel gezeigt und aus einem Kinderbuch vorgelesen.
„Rising Fathers to Save Our Children“ — Väter erheben sich um unsere Kinder zu retten …
… steht auf den T‑Shirts der ca. 50 Männer. Zum Glück wurde das alles mitgefilmt. Denn die Medien überschlagen sich in Abscheu über diese „gewalttätigen Schläger“ (violent thugs) und hier in Deutschland wird in der Presse auch richtig vom Leder gezogen.
Eine Zwanzigjährige und ihre sechzehnjährige Schwester hörten die Rangelei und den Tumult am unteren Treppenabsatz vor der Bibliothek. Sie liefen von einem Dodgeballspiel weg und zu der Treppe und versuchten zu helfen, dass die „Rising Fathers“ nicht durchkamen. Dabei erlitt die Sechzehnjährige eine Gehirnerschütterung und die ältere Schwester Prellungen – was bei solchen Rangeleien absehbar vorkommen kann.
Das Video von diesem Geschehen ist eindeutig. Die Männer die sich einfach durch Drücken und Durchzwängen ihren Weg bahnen, haben nicht einmal die Arme gehoben. Die Drängelei war sicher für alle sehr unangenehm und man kann auch sicher diskutieren, dass die Gruppe christlicher Männer da zu weit gegangen ist. Nur ist es, wenn man zu viert oder fünft ist, eine 50-köpfige entschlossene Männergruppe aufzuhalten, eine aussichtslose Sache. Da wäre es besser, gleich die Polizei zu rufen.
Hier das Video:
🚨 Inside todays violent protest committed by thugs from Destiny Church’s Man Up & Legacy groups who stormed the Te Atatu Peninsula Community Centre this afternoon in an unsuccessful bid to shut down a children’s show hosted by drag king artist Hugo Grrrl billed as a “musical,… pic.twitter.com/qhUaeGRIFJ
— Kelvin Morgan 🇳🇿 (@kelvin_morganNZ) February 15, 2025
Ein Haka und dann Abmarsch … aber weltweite Empörung
Als eindrucksvolle Einlage führen die „Man up!“-Christen dann noch den Kriegstanz der eingeborenen Maori vor, um ihre Empörung zu zeigen. Auf Neuseeland ist das eine Volkstradition, die praktisch von allen Spielmannschaften vor Wettkämpfen aufgeführt wird. Jede Gruppe hat ein eigenes Haka, mit dem man den Gegner einschüchtert und einen Text entgegenruft, der ihm klar machen soll, wie einig, stark, überzeugt, furchtlos und kampfbereit man ist, untermalt mir gräßlichen Fratzen, rollenden Augen, Gebrüll, Zunge zeigen und ausladenden Gesten. Das ist da Folklore und das kennen auf Neuseeland auch schon kleine Kinder.
Die Polizisten eben auch, sie stehen ruhig da und lassen die Show laufen, wissend, dass da gar nichts passiert. Man sieht ja, dass die Kirchenmitglieder am Ende nach ihrem Auftritt friedlich an den Polizisten wieder vorbeiziehen und gehen.
„Kinder mussten verbarrikadiert werden, Frauen wurden verletzt“
Schreibt die Berliner Morgenpost. Man muss diese Art von Protest keinesfalls gutheißen. Aber eben auch nicht, wie diese Zeitung, das Ganze zu einer grauenvollen Gewaltorgie hochstilisieren. „Gewalttätige Schläger“ ist weit übertrieben, aber es zeigt wieder einmal, wie mit zweierlei Maß gemessen wird.
Der Tumult vor der Saaltür veranlasste die Menschen drinnen dazu, die Tür einfach zu verriegeln. Das war natürlich vernünftig. Sie wussten wahrscheinlich gar nicht wer da draußen randalierte. Vollkommen nachvollziehbar. Aber den Frauen und Kindern wäre nichts passiert. Und auch die queeren Darsteller hätten sich nur ein paar geharnischte Vorwürfe der Eindringlinge anhören müssen. Wie gesagt, man kann das Vorgehen der Protestler nicht gutheißen, sollte aber auch keinen gerade noch abgewendeten Massenmord draus machen, wie die Berliner Morgenpost insinuiert.
Männer die auch noch gegen „Queer“ sind, sind per se „rechts“ und dann auch noch christlich! Sicher, sie hätten draußen eine Demo abhalten und Schilder hochhalten können und es war überzogen, was da abging. Nur: Hätten das Queere gemacht, um eine Zusammenkunft dieser Tiefchristlichen gegen z.B. Abtreibung zu stören, wäre das kaum irgendwo erwähnt worden und wenn, dann hätte man den „Protest“ der Regenbogen-Community irgendwie doch als gut und richtig entschuldigt. Und es hätte Solidaritätsadressen von allen möglichen LGBTQ+-Communities gegeben.
Oder was wäre passiert, wenn aufgebrachte Muslime dort aufgekreuzt wären, weil ihre Kinder dort im Rahmen einer Schulveranstaltung diese Drag-Show mitansehen sollten (zugegeben, ist unwahrscheinlich, das würde sich keine Institution trauen, man wüsste ja im Vorhinein, dass dann die Hölle platzt). Das brauche ich hier gar nicht auszumalen, was dann los gewesen wäre.
„Fundamentaler Pastor rief zu Gewalt auf“
… ist die nächste Kapitelüberschrift. Der tief christliche Kirchenführer Brian Tamaki sei ein bekannter Fundamentalist und habe zu der Tat aufgerufen, heißt es da. In einem Livestream sagte er: „Ich will dass ihr die Bibliothek stürmt und es beendet.“ Angeblich soll seine Kirche ganz gezielt Männer mit psychischen Problemen „anwerben“, um sie zu indoktrinieren. Der Fundamental-Pastor habe schon immer wieder gegen Drag-Personen und die Rechte der LGBTQ-Community „gewettert“.
Seine „MAN UP!“-Anhänger führten auch noch auf der Straße einen Haka auf, wobei auch Frauen da mitgemacht haben. Die Polizei bildete eine Barriere zwischen den gegnerischen Gruppen:
A New Zealand Christian men’s group protests the “Rainbow Parade” and drag story hour with a Haka in the street, and clash with policepic.twitter.com/HyUlCh6Ivm
— The Post Millennial (@TPostMillennial) February 16, 2025
Der Text in dem Post über dem Video demaskiert sich selbst: „A New Zealand Christian men’s group protests the “Rainbow Parade” and drag story hour with a Haka in the street, and clash with police“
Zu Deutsch: „Eine christliche Männergruppe in Neuseeland protestiert gegen die Regenbogen-Parade und die Stunde der „Drag Story“ mit einem Haka und Zusammenstößen mit der Polizei“
Was wir aber in dem Video sehen ist, dass die Protester ihr Haka aufführen, direkt vor der Polizei aber nicht den kleinsten Versuch machen, die Polizei anzugreifen und auch nicht angegriffen wird. Also nix da mit „clash with police“.
Dann wird sich in den Medien Neuseelands und auch hier in Europa darüber aufgeregt, dass der fundamentale Pastor seine Schäfchen auch noch lobt für ihren Protest.
Wenn aber fundamentalistische Imame hier im Westen ihre Gläubigen bewaffnen und gegen die Ungläubigen aufhetzen herrscht dröhnende Stille in den Medien und den Reihen der Woken. Da gibt es jeden Tag irgendwo in Europa Messerangriffe, Gruppenvergewaltigungen. Terroranschläge, aber auf die Straße gehen die Omas gegen rechts. Hat jemand schon einmal gehört, dass da die Imame aufstehen und ihren Gläubigen verbieten, Christen anzugreifen?
Doch es ändert sich gerade einiges. Das hier ist eine Aufnahme eine Trauerzuges für den 14-jährigen Alex, der von einem afghanischen Migranten erstochen wurde. Einer unter vielen. Und langsam, langsam werden es immer mehr und die Wut immer größer. Es sind keine Plakate zu sehen, kein Geschrei. Nichts, was man den Leuten anhängen könnte. Aber die riesige schweigende Menge ist eine Warnung an die Regierungen und die lauten Wokeisten.
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